Protokoll der Sitzung vom 23.11.2005

Damit sind wir endlich beim wirklichen Problem.Die parlamentarische Demokratie lebt von der Kritik der Opposition. Das Parlament lebt aber auch von der Substanz seiner Debatten. Es lebt daher auch von der Substanz der Beiträge der Opposition. Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der Opposition: Glauben Sie im Ernst, dass Sie dem Ansehen des Hessischen Landtags einen Dienst

erweisen, wenn Sie mit symbolischen Anträgen bei einem staatspolitisch wichtigen Anlass versuchen, eine Show zu veranstalten? Glauben Sie wirklich im Ernst,dass Sie dem Ansehen des Hessischen Landtags nützen,wenn Sie in der Debatte und auch im Vorfeld der Debatte mit wahrheitswidrigen Behauptungen auftreten, z. B. behaupten, dass der neue Justizminister eine Stellenvermehrung in seinem Hause vorgenommen habe? Diese Behauptung ist schlichtweg unwahr. Mit dem Wechsel von Herrn Banzer in das Justizministerium wird nicht eine einzige zusätzliche Stelle in diesem Haus geschaffen.

Meine Damen und Herren, ich frage Sie außerdem: Halten Sie es wirklich für seriös und niveauvoll, wenn Sie bei jeder bedeutungsvollen Personalveränderung in der Landespolitik oder im Verhältnis zwischen dem Land und dem Bund stereotyp behaupten, dieser oder jener Kollege ergreife die Flucht? Ich bin stolz darauf, dass mein Vorgänger im Amt des Fraktionsvorsitzenden jetzt Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland ist.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Ich bin stolz darauf, dass der bisherige Pressesprecher der CDU-Landtagsfraktion Hessen künftig als Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Fulda vertritt.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin stolz darauf, dass ein führender Ministerialbeamter aus der Staatskanzlei jetzt eine wichtige Funktion in der hessischen Wirtschaft innehat. Sie behaupten stereotyp, diese Persönlichkeiten seien aus der Landespolitik geflohen. Jetzt wird auch mir vorgehalten, ich sei aus dem Justizvollzug geflohen.

(Heiterkeit)

Das ist wohl mehr unter kabarettistischen Gesichtspunkten zu sehen. Spaß beiseite:Wenn ich mir ansehe, dass die GRÜNEN eine Aktuelle Stunde zum Thema Weihnachtsgeld beantragt haben, dann weiß ich nicht, ob es wirklich dem Niveau und der Bedeutung des Landtags entspricht, wenn Sie derartige Showanträge stellen.

(Beifall bei der CDU)

All das wird an den Haaren herbeigezogen.Es riecht nach Klamauk. Ich will hinzufügen: Der beste Beleg für meine Behauptung, dass hier zumindest von der Fraktion der GRÜNEN permanent der Versuch unternommen wird, das Niveau herunterzuziehen, war der Beitrag des parlamentarischen Geschäftsführers Kaufmann heute Morgen an dieser Stelle.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kaufmann,als parlamentarischer Kollege sage ich es Ihnen nicht gerne coram publico, aber wenn ich mir Ihren heutigen Beitrag ansehe – wie auch Ihre Beiträge der letzten Monate und Jahre in diesem Hause –, dann schwanke ich immer zwischen der Einschätzung, ob es bei Ihnen wirklich total ungehörig ist oder ob Sie es zuweilen karnevalistisch meinen. Jedenfalls sind Ihre Beiträge in aller Regel völlig unangemessen und dem Niveau dieses Hauses nicht entsprechend. Dies muss in aller Klarheit und Deutlichkeit einmal gesagt werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will nicht den Auftritt von Frau Kollegin Hofmann kommentieren. Ich hatte das Gefühl, sie meinte, sie sei in einer rechtspo

litischen Debatte, nicht in einer Debatte um die Vertrauenserklärung für diese Landesregierung.

(Zurufe von der SPD)

Ich erwarte von der Opposition nicht Zustimmung zu unserem Antrag. Ich fordere Sie aber auf: Beenden Sie endlich Ihre einfallslose Ritualopposition. Das nützt niemandem.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie ernsthaft:

(Michael Siebel (SPD): Das sind ärmliche Argumente, die Sie hier vortragen!)

Kehren Sie – hier meine ich insbesondere die GRÜNEN – zurück zu einem Wettbewerb der besten Ideen für die Zukunft unseres Landes. Das würde dem Ansehen des Hessischen Landtags und nicht zuletzt auch dem Ansehen der GRÜNEN-Fraktion am besten dienlich sein.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das entscheiden wir schon selbst!)

Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, ich verspreche Ihnen:Wir werden dieses Thema permanent weiter behandeln – wenn Sie auf diesem Niveau wie in den letzten Jahren das Ansehen des Hessischen Landtags und seiner Debatten beschädigen.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich werde meine ganze Kraft dafür einsetzen, dass wir im Rahmen der Debatten künftig wieder mehr das Sachliche, das Ganze im Auge behalten, auf persönliche Diffamierungen verzichten

(Norbert Schmitt (SPD):Sie haben von Plottnitz als „Terroristenanwalt“ bezeichnet! – Weitere Zurufe von der SPD)

und – wie ich bereits sagte – wirklich darum kämpfen, wie wir konstruktiv und erfolgreich die Zukunft unseres Landes Hessen gestalten können.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU)

Es liegen mir zwei Meldungen für Kurzinterventionen vor, zunächst vom Kollegen Al-Wazir. – Herr Dr.Wagner, Sie entscheiden selbst, ob Sie einzeln antworten wollen oder nachher im Sammelpack.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Oder überhaupt nicht! – Zurufe von der SPD)

Oder überhaupt nicht, richtig. – Herr Al-Wazir, bitte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wagner, eine Debatte über das Niveau hier im Landtag führen wir mit Ihnen jederzeit und gerne.

Aber ich sage Ihnen noch etwas. Sie sind ja nicht aus dem Justizvollzug, sondern aus dem Kabinett geflohen.Als Jurist und Verantwortlicher haben Sie durchaus etwas mit dem Begriff der tätigen Reue zu tun gehabt. Sehr verehrter Herr ehemaliger Justizminister und vor allem ehemaliger rechtspolitischer Sprecher einer Oppositionsfrak

tion, zur tätigen Reue würde gehören, dass man seine früheren Taten wenigstens anerkennt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ich glaube, von Plottnitz ist daran schuld! – Zuruf des Abg. Volker Hoff (CDU))

Herr Wagner, deswegen sage ich Ihnen: Es gibt einen ehemaligen Justizminister – Ihren Amtsvorgänger –, den Sie jahrelang als „Terroristenanwalt“ diffamiert haben.

(Norbert Schmitt (SPD): Genau so ist es nämlich!)

Es gibt in Ihrer jetzigen Fraktion einen Abgeordneten, in dessen „Wetzlar-Kurier“ Gedichte veröffentlich wurden mit dem Refrain: „Kinderschänder, Mörder, Dieb – alle haben Plottnitz lieb“.

(Lachen bei der CDU)

Ja, da lachen Sie noch heute. Ich sage Ihnen: Wenn man hier lacht, dann hat man die Debatte über das Niveau dieses Parlaments bis heute nicht verstanden.

(Lebhafter anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und lebhafter Beifall bei der SPD – Volker Hoff (CDU): Wie sieht denn Ihre tätige Reue aus? „Kriminelle Vereinigung“! Vogelzeigen! Wie sieht denn Ihre tätige Reue aus?)

Deswegen meinen wir unseren Antrag auch ernst.

Ihre Redezeit ist zu Ende. Es ist eine Kurzintervention.

(Zuruf des Abg.Volker Hoff (CDU))

Herr Präsident, letzter Satz.

(Zuruf des Abg.Volker Hoff (CDU))

Ganz am Anfang hat Herr Grüttner gesagt, dass er immer Abgeordneter bleibt.

(Volker Hoff (CDU): Sich hier so aufzuspielen!)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Sie haben am Beginn dieser Legislaturperiode jemanden mit 75 % seiner Bezüge in den Ruhestand geschickt, nämlich Herrn Beermann – und dann rechnen Sie bitte noch einmal das nach, was Sie hier eben vorgerechnet haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)