Herr Boddenberg, man könnte es ja mit Adenauer halten, der sagte: Was interessiert mich mein dummes Geschwätz von gestern? Aber er hat wenigstens zugegeben, dass es dummes Geschwätz war, und nicht erklärt, dass alles richtig gewesen sei.
Herr Ministerpräsident, wir haben es einmal ausgerechnet. Durch die Blockadehaltung, die Sie als Verantwortlicher im Bundesrat mitzuverantworten hatten, haben wir einen jährlichen Ausfall von 22,9 Milliarden c zu verzeichnen,weil Maßnahmen nicht ergriffen wurden,die Sie jetzt selbst einführen werden, die Sie aber noch vor einem Jahr als den Untergang des Abendlandes kommuniziert haben.
Betrachtet man nur die zweijährige Blockade seit der Landtagswahl – d. h. seit dem Steuervergünstigungsabbaugesetz –, bedeutet dies, dass diesem Staat 45,9 Milliarden c unwiederbringlich verloren gegangen sind, Herr Boddenberg.
Weil Sie die Eigenheimzulage erst jetzt abschaffen, werden wir die nächsten acht Jahre weiter zahlen müssen,weil nämlich zweimal eine volle Jahreswirkung verloren gegangen ist.
Das bedeutet, dass wir allein in Hessen 1,5 Milliarden c mehr Schulen gemacht haben, als wir hätten machen müssen, wenn Roland Koch in der Lage gewesen wäre, das, was er jetzt für richtig hält, schon vor zwei Jahren umzusetzen. Nur damit Sie es wissen: Die Senkungen durch Koch/Steinbrück haben wir davon schon abgezogen. Angesichts einer solchen Bilanz sind die Anträge, die den Koalitionsvertrag hier loben, mehr als fehl am Platz.
nämlich das, was sich hier in Hessen als absolut falsch erwiesen hat, auf Bundesebene jetzt nicht für gut zu befinden.
Wenn auf Bundesebene, nachdem Roland Koch dort mit verhandelt hat, derselbe Unsinn diskutiert wird, den man hier macht, nämlich die eigenen Ministerien zu verscherbeln, um sie dann für teures Geld zurückzumieten, kann ich zur Hessen-SPD nur sagen: Das, was ihr in Hessen für
falsch haltet, kann doch in Berlin nicht richtig sein. In den Koalitionsverhandlungen habt ihr noch etwas zu tun.
Ich sage aber ausdrücklich, dass es in diesem Koalitionsvertrag auch Punkte gibt, die wir nicht schlecht finden. Zum Beispiel finden wir nicht schlecht, dass der Atomkonsens weiter gilt.
Wir erwarten, dass Herr Staatsminister Dietzel spätestens im Jahr 2008 den Schalter bei Biblis A ausstellen wird.Wir sind sehr gespannt darauf, das erleben zu dürfen.
Ich komme auf meinen letzten Punkt zu sprechen. In diesem Koalitionsvertrag gibt es auch den absoluten AntiKirchhof, den ich erwähnen möchte. Wenn die CDU erklärt, die Reichensteuer sei etwas Tolles, haben wir nichts dagegen, wenn sich die Einnahmebasis des Staates verbreitert. Dass wir aber statt einer Flat Tax einen Sprung von 42 % auf 45 % oberhalb einer bestimmten Grenze haben,ist aus Sicht der CDU ein wenig inkonsequent,und es ist aus Sicht der GRÜNEN auch deshalb inkonsequent, weil es besser gewesen wäre, schlicht zu sagen: Wir erhöhen den Spitzensteuersatz wieder um 3 Prozentpunkte. Wir lassen diese populistische Überschrift und führen etwas ein, was wirklich wieder Geld in die Kasse bringt.
Herr Landtagspräsident, ich möchte einen allerletzten Satz anfügen. Das Grundproblem dieser Koalitionsvereinbarung ist, dass Sie denselben Fehler gemacht haben, den wir 2002 gemacht haben. Sie haben Haushaltsverhandlungen geführt, die Sie nachher Koalitionsverhandlungen genannt haben. Deswegen haben Sie keine Vision davon,wo dieses Land im Jahr 2009 stehen soll.Wir haben damals schmerzlich erleben müssen, wie schwierig es war, im März 2003 eine Agenda 2010 nachschieben zu müssen, nachdem wir uns im Koalitionsvertrag nicht darauf verständigt hatten. Ich hoffe, dass es denjenigen, die jetzt für vier Jahre die Verantwortung tragen, gelingen wird, zu sagen, wie ihre Vision von Deutschland im Jahre 2009 aussehen soll. Ich glaube, dass dieser Koalitionsvertrag die Menschen nicht mitnimmt, jedenfalls nicht dahin, wo ihnen Hoffnung gegeben wird,und das wäre dringend nötig. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Seit gestern haben wir eine neue Bundesregierung. Wir stellen fest, dass nach sieben Jahren Stillstand unter Rot
Grün ein Projekt beendet wurde, das dieses Land nicht weitergebracht hat, sondern diesem Land große Probleme bereitet hat. Da vieles von dem, was in dem Koalitionsprogramm der großen Koalition als Ziele, als Programme, als Einzelmaßnahmen geschrieben steht, auch Länderinteressen betrifft, ist es nur selbstverständlich, dass wir hier im Hessischen Landtag ebenso darüber reden wie über die Frage, wie jeder für sich mit dieser neuen Konstellation im Bund umgeht. Das Wichtigste ist zunächst, dass wir als Landtagsfraktion und als Hessischer Landtag, wie ich hoffe, gemeinsam feststellen, das gleiche Interesse daran zu haben wie all diejenigen, die in Berlin Verantwortung tragen, dass Deutschland endlich wieder zu einer Spitzennation im Konzert der großen Industrienationen wird und vom Schlusslicht innerhalb der Europäischen Union wegkommt.
Diese neue Bundesregierung unter der Bundeskanzlerin Angela Merkel hat viele Chancen. Sie hat diese Chancen auch verdient. Sie hat allerdings auch eine große Verantwortung übernommen mit den Schwerpunktzielen, die da lauten, mehr Beschäftigung, mehr Wachstum und eine bessere und nachhaltigere Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme zu erreichen. Vorwegnehmen möchte ich, Herr Al-Wazir: CDU wie SPD – aber ganz besonders die CDU – haben diesen Auftrag der Wähler vom 18. September wahrgenommen. Aber die CDU ist nicht vor den Problemen weggelaufen, wie Sie und Ihre Fraktion das in Berlin getan haben. Das muss an dieser Stelle gesagt werden.
Sie wissen, dass es anfangs andere Konstellationen und andere Mehrheiten hätte geben können und dass die GRÜNEN als Erste sagten: Das alles geht nicht.Wir sind zu weit auseinander. – Ich möchte das nur einmal in Erinnerung rufen, damit die hehren Ziele und die Integrität von Politikern auf der Seite der GRÜNEN nicht zu sehr in ein falsches Licht gerückt werden, Herr Al-Wazir.
Wir haben das Instrument der Kurzintervention. Ich lade Sie ein, davon Gebrauch zu machen, Herr Al-Wazir.
Ich stelle durchaus fest – ich bin sehr bei dem, was Sie heute Morgen mehrfach eingefordert haben –, dass es notwendig ist, über die Sache zu reden. Ich stelle ebenfalls fest, dass es eine Reihe von Kritikpunkten gibt, die aus meiner Sicht völlig in Ordnung sind, wenn sie sich mit der Sache beschäftigen. Es ist allerdings nicht in Ordnung, wenn vor Beginn der Arbeit der Bundesregierung am heutigen Tage so getan wird, als sei alles das, was sich die Regierung vorgenommen hat, am Ende das Gegenteil dessen, was die Parteien vorher besprochen haben, und als habe die Regierung deshalb keine Chance, erfolgreich zu sein. Insofern halte ich mich zunächst an das, was der Bundespräsident gestern gesagt hat: Das Wichtigste sei, dass die Menschen ihr Vertrauen in die Politik wieder zurückgewinnen. Das Wichtigste, was wir jetzt erreichen müssen, ist – hier bitte ich alle, sich daran zu beteiligen, an welchem Platz auch immer –, dass diese neue Bundesregierung nicht nur die Chance bekommt, das abzuarbeiten, was sie in ihrem Programm niedergelegt hat, sondern dass
Mit Blick auf die Gesamtkonstellation erinnere ich daran, dass es nicht wenige Menschen in diesem Land gab und auch heute noch gibt, sogar zunehmend gibt, die eine große Koalition wollen. Die Einzigen, die nie eine große Koalition wollten, sind diejenigen, die sich jetzt in dieser großen Koalition gemeinsam den Herausforderungen zu stellen haben.Wir haben das vor dem Wahltag gesagt. Ich kann mich jedoch an niemanden in der SPD erinnern, der gesagt hat, das sei genau das, was die SPD vor dem 18. September mit großer Verve verfolgt hätte. Es gab jedoch viele, die die große Koalition als einzige Chance angesehen haben, um die großen Herausforderungen zu bewältigen. Ich erinnere an die Unternehmer und Unternehmerverbände wie auch an die Wählerinnen und Wähler, die schon im März dieses Jahres zu weit über 40 % gesagt haben, nur diese Konstellation sei in der Lage, große Herausforderungen zu bewältigen. Insofern müssen diejenigen, die das wollten – das Wahlergebnis spricht nun einmal für diese Lösung –, jetzt in Kauf nehmen, dass ein wenig Geduld dazugehört, wenn sich eine solche Konstellation, mit dem heutigen Tag beginnend, findet.
Herr Al-Wazir, ich bin jetzt bei dem, was Sie bemängeln. Sie haben das Wahlbetrug genannt. Ich möchte auf Ihren Antrag zu sprechen kommen,in dem Sie eine gewisse Diskrepanz feststellen zwischen dem,was vor dem Wahltag in den Programmen stand, und dem, was jetzt in der Koalitionsvereinbarung steht. Dem will ich ausdrücklich nicht widersprechen, Herr Al-Wazir. Im Gegenteil: Sie selbst haben gesagt, Sie vermuteten, dass das auch unsere Analyse sei. Ich frage Sie aber, was Sie erwartet haben, nachdem wir im Wahlkampf diametral unterschiedliche Auffassungen vertreten haben.
Was haben Sie erwartet, nachdem SPD und CDU seit 36 Jahren – 1969 war der letzte Zeitpunkt – nicht mehr so zusammengearbeitet haben, nach zehn Legislaturperioden, in denen wir uns als politische Gegner begegnet sind? Was haben Sie erwartet, in wie viel Zeit man all das hat bereinigen können und zu Kompromissen hat finden können?
Insofern will ich zunächst einmal sagen: Ich finde beachtlich, was dort geleistet worden ist. Ich will ausdrücklich den Hessischen Ministerpräsidenten an dieser Stelle noch einmal ins Spiel bringen und darauf hinweisen, dass er einer derjenigen war, die aus dieser Situation das Beste gemacht haben, was man erwarten konnte.
Herr Al-Wazir, da Sie so viel von Redlichkeit gesprochen haben, will ich mich jetzt nur auf einen Punkt konzentrieren. Sie sagen, es steht vieles in Programmen, was sich jetzt ganz anders darstellt. Sie haben die Mehrwertsteuer und andere Punkte mehr angesprochen. – Ich will sagen, worin der große Unterschied besteht zwischen dem, was wir jetzt haben, und dem, was wir in der Vergangenheit hatten. In der Vergangenheit hatten wir Haushaltspläne des Bundesfinanzministers Eichel, die im Vollzug immer völlig anders aussahen als zu dem Zeitpunkt, zu dem sie aufgestellt wurden, und zwar wider besseres Wissen.
Hans Eichel, die SPD und auch die GRÜNEN wussten sehr wohl,was jeweils im Vollzug passieren würde.Ich will an den letzten Haushalt erinnern,den Haushalt des Jahres
2004. Damals war eine Neuverschuldung von 22 Milliarden c geplant. Es sind aber 40 Milliarden c geworden.
Herr Schmitt, jetzt machen wir gemeinsam – verantwortlich dafür sind nicht zuletzt Roland Koch und Peer Steinbrück – etwas ganz anderes: Wir sagen im Bund vorher, wie die Situation ist. Wir sagen vorher, dass für das Jahr 2006 als Schlussbilanz der rot-grünen Regierungszeit ein strukturelles Defizit in einer solchen Größenordnung aufgelaufen ist. Das wird sich beim besten Willen innerhalb weniger Wochen nicht bereinigen lassen.
Fritz Kuhn, den Sie kennen, hat noch vor wenigen Tagen wortwörtlich gesagt – Herr Präsident, ich zitiere, wenn ich darf –:
Es wurde ja jeweils die Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichtes ausgerufen. Deshalb war der Haushalt nicht verfassungswidrig,...