Herr Dr.Rhiel,wir haben von Ihnen nicht gehört,mit welchen Instrumenten Sie im Verkehrsmanagement die gleichberechtigten Verkehrsträger zur Integration bewegen wollen. Hierzu haben wir zu Recht in der Regierungserklärung Antworten erwartet, wie Sie diese Aufgaben anpacken wollen. Hessens Wirtschaftslage spricht der Wirtschaftsminister in seiner Regierungserklärung erst gar nicht an. Denn es ist auch nicht zu leugnen, dass Hessen unter Roland Koch und seiner Mannschaft seinen Spitzenplatz in Deutschland verloren hat.
Im Dynamikranking der „Wirtschaftswoche“ vom 06.10.2005 ist Hessen von Platz neun auf Platz zwölf abgefallen, während unser Nachbar Rheinland-Pfalz sich konsequent in den letzten Jahren nach vorn gearbeitet hat. Rheinland-Pfalz steht jetzt auf Platz zwei. Das sind zehn Plätze besser als Hessen.Beim Arbeitsmarkt sind die Zahlen noch schlechter. Hessen ist von Platz sieben auf Platz zwölf abgerutscht.Auch hier ist unser Nachbar deutlich besser. Rheinland-Pfalz kann mit Platz drei um neun Plätze besser als Hessen punkten.
Das Wachstum der hessischen Wirtschaft ist im ersten Halbjahr dieses Jahres deutlich hinter dem der gesamten Bundesrepublik zurückgeblieben, wie die Landesbank Hessen-Thüringen gemeldet hat. Das Bruttoinlandsprodukt Hessens ist von Januar bis Juni 2005 gerade einmal um 0,3 % gewachsen.Damit ist Hessen hinter dem Wachstum der gesamten Bundesrepublik zurückgeblieben. Jetzt
findet sich kein Wort des Wirtschaftsministers in seiner Regierungserklärung, wie er diese Abwärtstrends für das Land Hessen umkehren will.
Herr Minister Rhiel, anstatt hier in großen Aufzählungen das als etwas Neues zu verkaufen, was im Berliner Koalitionsvertrag bereits geregelt ist, sollten Sie sich besser darum kümmern,wie Sie Hessen im Ländervergleich wieder auf einen dem Land gebührenden vorderen Platz bringen. Diese Regierungserklärung war eine defensive Rede voller Allgemeinplätze. Wir haben aber nicht erfahren, wie diese Landesregierung dafür sorgen will, dass Hessen endlich wieder Spitze in Deutschland wird.
Vielen Dank, Herr Frankenberger. – Inzwischen ist noch eingegangen und auf Ihren Plätzen hoffentlich verteilt der Dringliche Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Förderung des ÖPNV auch weiterhin auf hohem Niveau sichern, Drucks. 16/4697, der von Herrn Kahl angekündigt war. Wird die Dringlichkeit hier bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag jetzt Tagesordnungspunkt 73 und mit den bereits aufgerufenen Tagesordnungspunkten 2, 40, 70 und 72 behandelt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nur der Ordnung halber will ich darauf hinweisen, dass wir das ausnahmsweise zulassen.An und für sich ist es üblich,dass auch die Dringlichen Anträge vor Aufruf der verbundenen Tagesordnungspunkte verteilt sind. Denn ansonsten haben die Redner keine Möglichkeit, auf den Dringlichen Antrag Bezug zu nehmen.
Da die Initiativen aber vermutlich sowieso dem Ausschuss überwiesen werden, können wir es dieses Mal so machen, wie es vorgeschlagen wurde.
(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Aber jetzt! Er ist der Namensgeber der Posch-Kommission! – Gegenruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die heißt aber doch die Kotau-Kommission!)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es mit einer Regierungserklärung zu tun, in der die verkehrspolitische Situation des Landes darstellt wurde. Sehr verehrter Herr Minister Rhiel, da ist es selbstverständlich, dass nach dem Motto gehandelt wird:Tue Gutes und rede darüber.
Ich habe sehr sorgfältig zu gehört. Sie haben die einzelnen Maßnahmen dargestellt und mitgeteilt, was mittlerweile realisiert wurde.
Insbesondere wenn es um die Verwirklichung des Baus oder des Ausbaus von Bundesautobahnen oder Bundesfernstraßen und Ortsumgehungen geht, wird das Land im Wege der Auftragsverwaltung tätig. Das impliziert, dass alle diese Maßnahmen nur im Einvernehmen mit dem Bund realisiert werden können.
Ich glaube, es ist dann etwas vermessen, sich die Erfolge ausschließlich ans eigene Revers zu heften.
Ich sage das nicht, weil ich den Wert der einzelnen Maßnahmen gering schätze. Vielmehr sage ich das, weil ich Folgendes glaube:Wenn wir Politiker – da beziehe ich uns alle ein – über Gebühr etwas feiern, was nach 30 Jahren tatsächlich realisiert wurde – ich meine damit gerade Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur –, dann führt das nicht unbedingt dazu, dass das Vertrauen in die Politik gestärkt wird. Ich sage das jetzt einmal sehr offen: Ich empfinde das hinsichtlich des Weiterbaus der A 49 und – Herr Quanz – auch hinsichtlich des Weiterbaus der A 44 so.Wenn ich in dieser Region bin und mit den Leuten spreche, dann sagen die: Es ist schön, dass der Ausbau jetzt kommen soll.Aber manches glauben wir euch einfach nicht mehr.
Ich habe das jetzt sehr selbstkritisch an uns alle gerichtet gesagt. Es ist nicht so, dass die Leute in Jubel ausbrechen, wenn wir dafür gesorgt haben, dass nach 30 Jahren tatsächlich etwas realisiert wird.
Vielmehr ist dann immer ein fader Geschmack dabei. Das treibt mich um. Denn im Grunde genommen führt das dazu, dass die Menschen nicht mehr so recht an die Institutionen glauben, die die Infrastruktur verbessern sollen.
Hinsichtlich der Frage, wann wir uns auf die Schultern klopfen sollten, gilt also, dass weniger manchmal ein bisschen mehr wäre.
Ich sage das sehr deutlich vor dem Hintergrund, dass ich solches in unterschiedlichen Diskussionen und in unterschiedlichen Funktionen erlebt habe. Das wissen Sie.
Ich nehme das jetzt zum Anlass, im Einzelnen auf die Regierungserklärung einzugehen. Ihre Regierungserklärung hat den Titel: „Einfacher planen, schneller bauen – Zukunft sichern“. Ich glaube, wir brauchen niemanden mehr aufzufordern, schneller zu bauen. Die Bauwirtschaft leistet heute Unglaubliches. Im Grunde genommen hat sich das Verhältnis von Planungszeit zu Bauzeit genau umgekehrt. Früher hatten wir kurze Planungs- und lange Bauzeiten. Heute haben wir es genau mit dem Gegenteil zu tun. Ich meine, man muss sich deshalb mit der Frage auseinander setzen, ob einfacher geplant werden sollte. Dazu hätte ich gerne etwas mehr gehört.
Herr Kollege Frankenberger hat das aufgegriffen. Herr Kollege Frankenberger, ich will das deswegen auch etwas intensiver behandeln.
Sie haben eben so getan, als habe die rot-grüne Koalition im Mai letzten Jahres ein Beschleunigungsverfahren in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht, das par excellence sei. Das Essential – heute würde man sagen: der Leuchtturm – besteht darin, dass das Bundesverwaltungsgericht schon in der ersten Instanz zuständig sein soll.
Ich sage Ihnen dazu Folgendes: Das wird für Vorhaben in den neuen Bundesländern relevant sein. In den alten Bundesländern wird das keine Relevanz haben. Denn die Dauer der Verfahren hängt da nicht von der Dauer der Gerichtsverfahren ab. Vielmehr brauchen wir schon 25 Jahre, bevor das überhaupt vor Gericht kommt.
In der Kommission, von der Sie gesprochen haben – ich bedanke mich recht herzlich für die eben erfolgte Würdigung dieser Tätigkeit –, sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass es nicht unbedingt sinnvoll ist, wenn das Bundesverwaltungsgericht schon in erster Instanz zuständig ist. Ich sage das aufgrund einer sehr grundsätzlichen Überlegung. Wenn man nur noch eine Tatsacheninstanz und keine Revisionsinstanz mehr hat, dann muss man auch darüber nachdenken, was das für einen Rechtsstaat bedeutet. Ich halte das aus prinzipiellen Gründen für falsch. Man braucht eine Tatsacheninstanz, die unabhängig von der Revisionsinstanz Recht spricht.
Wir haben das nur für eine Übergangszeit vorgesehen.Ich persönlich habe da Bedenken, ob das aus verfassungsrechtlichen Gründen auf Dauer hält.Abgesehen davon ist das vorgesehene Verfahren nicht sonderlich effizient.
Schauen Sie einmal: Das ist es, was in den alten Bundesländern von dem Beschleunigungsgesetz an Nutzen eigentlich übrig bleibt.
Wir haben uns deswegen auch mit den anderen Fragestellungen auseinander gesetzt. Sie sagten, das stehe alles in der Koalitionsvereinbarung. In der Koalitionsvereinbarung steht so gut wie gar nichts zum Thema Verkehrspolitik. Da finden sich nur Allgemeinplätze.
Das bietet natürlich auch die Chance, dass diese Allgemeinplätze noch mit Inhalt gefüllt werden können. Ich will mich deswegen damit auseinander setzen.
Sie gehen einfach über diese Fragestellung hinweg und sagen: Auf das Raumordnungsverfahren können wir nicht verzichten. – So gut wie nirgendwo anders in der Welt gibt es Raumordnungsverfahren.Trotzdem wird auch dort die Umwelt geschützt.
Heute gibt es eine Vielzahl an Doppelprüfungen. Das kann Ihnen jeder sagen, der sich mit dem Raumordnungsverfahren beschäftigt. Es ist ausreichend, wenn eine Stellungnahme aus Sicht der Landesplanung erarbeitet wird. Wie das dann in den einzelnen Ländern durchgeführt wird, kann durchaus unterschiedlich sein.
Wenn man wirklich die Chance nutzen will, effektiv und grundlegend etwas zu verändern, dann muss man an die grundlegenden Probleme herangehen,die beim Planungsrecht bestehen. Ich erwarte, dass die Koalition die Chancen wirklich nutzt, die darin bestehen.
Wenn Sie sich darauf zurückziehen, zu sagen: „Es muss alles schneller werden“, dann ist damit noch gar nichts getan.
Wir sollten mit einem aufhören: Jeder Politiker, der am Sonntag in einer Rede sagt, die Bürokratie müsse abgebaut werden und es müsse alles schneller gehen, erhält donnernden Applaus. Diesen erhält er aber nur von denjenigen, die entweder nichts davon verstehen oder Parteifreunde sind. Denn in Wahrheit hat sich auf diesem Gebiet viel zu wenig getan. Es handelt sich dabei immer nur um Sprechblasen. Es ist zu keiner effizienten Verkürzung gekommen.
Es wird immer wieder gesagt: Der Umweltschutz und die Bürgerbeteiligung müssen gewährleistet sein.– Wir haben in dieser Kommission das Problem besprochen, ob ein Erörterungstermin tatsächlich sinnvoll ist. Glauben Sie, ein Erörterungstermin, in dem es nur noch darum geht, dass sich die Anwälte produzieren und gegenüber ihren Mandanten verdeutlichen, dass sie erfolgreiche Anwälte sind, entspricht noch der ursprünglichen Intention, die man bei Schaffung der Erörterungstermine hatte?