Protokoll der Sitzung vom 24.11.2005

Ich glaube auch, es ist richtig, dass wir nicht davon ausgehen können, dass Menschen älter werden, nur weil wir heute medizinisch andere Möglichkeiten haben. Das allein ist nicht ausreichend.Wenn Kinder heute kränker als im Durchschnitt vieler Erwachsener sind, dann kann es nicht sein,dass diese Kinder eine Lebenserwartung von 80 bis 90 Jahren haben.Da müssen wir aufklären.Wir müssen nicht mit dem Spiegel herumlaufen: Alle werden älter, macht euch keine Sorgen, wir haben Medikamente, wir haben Medizin.– Das ist sicherlich nicht die Conclusio aus dieser ganzen Diskussion.

Wir als Politiker haben in diesem Bereich viel zu tun. Es gibt gute Ansätze. Das ist unbestritten, das kam auch in dem Bericht zutage. Es wird viel gemacht. Deshalb bin ich da in einigen Bereichen frohen Mutes.Aber ich denke,das reicht noch lange nicht aus.

Ich möchte einmal ein Beispiel aus Wiesbaden nennen.

Florian, sei so lieb, das letzte Beispiel. Die Redezeit ist vorbei.

Ich bin so lieb und nenne das letzte Beispiel. Es ist die Wiesbadener Scholl-Schule, die im Bereich des Vollwertessens einen Preis gewonnen hat, nämlich den Preis der Rainer-Wild-Stiftung, weil sie es geschafft hat, ein Angebot zu machen, das auch angenommen wird und das Kinder auch im privaten Umfeld weiterentwickeln können. Die Kinder verstehen seitdem,dass es nicht ausreicht,sich mittags nur etwas Gesundes zum Essen zu holen, sondern dass da noch ganz andere Komponenten hinzukommen müssen. Dieses Beispiel können wir meines Erachtens auch landesweit zur Nachahmung empfehlen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Abschließend möchte ich sagen:Wir haben viel zu tun. Da bin ich mit den Vorrednern einer Meinung. Ich würde mir wünschen, dass wir gerade im schulischen Bereich hier konkreter werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank. – Das Wort hat die Sozialministerin, Frau Staatsministerin Lautenschläger.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war am Anfang schon fast beängstigt wegen der so großen Übereinstimmung hier im Parlament.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Das muss doch auch mal sein!)

Der Kollege Spies hat mich aber wieder beruhigt, weil dann doch einige Worthülsen vorgetragen wurden, die nicht ganz so viel mit der Realität zu tun hatten.

(Petra Fuhrmann (SPD): Na, na, na!)

Aber ich glaube durchaus, dass wir an dieser Stelle, wenn es um die Gesundheit von Kindern geht, einen großen Konsens haben. Man muss sich natürlich anschauen, welche Ebene an dieser Stelle was leisten kann, wo Familien gestärkt werden können, was in der Vergangenheit verbessert worden ist und wo Prävention tatsächlich ansetzen kann.

Da will ich doch noch einmal deutlich machen, dass es vom Kindergarten bis zu den Schulen eine ganze Menge Punkte gibt, wo sehr flächendeckend daran gearbeitet wird, Kindergesundheit zu verbessern.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Aufmerksamkeit für die Sozialministerin. Herr Kollege Gerling.

Wir haben sowohl im Kindergarten als auch in der Schule Programme,wo das deutlich gestärkt wird.Ein Beispiel ist die „Klasse 2000“.Aber ich würde jedem auch raten, einmal zu schauen, was Lehrer in den Grundschulen mit den Kindern machen. Denn es ist nicht sinnvoll, sich in Frontalunterricht mit Gesundheit und Sonstigem auseinander zu setzen, Herr Kollege Rentsch, sondern es gibt dort sehr viele, die den Kindern nicht einfach Vollwertkost verordnen. Den Kindern muss es schmecken, und den Kindern muss ein Empfinden für Essen, Kochen und vieles mehr vermittelt werden. Das müssen Sie nicht unbedingt in einen Lehrplan einbauen.Wer sich mit Kindern beschäftigt und wer Schulen besucht, der weiß, dass viele Lehrer dort etwas tun – ob das in der Weihnachtszeit oder im Sommer ist. Dort sind in den Lehrplänen in vielen Bereichen entsprechende Möglichkeiten vorhanden.Aber das Interesse daran muss noch geweckt werden, Frau Kollegin Fuhrmann, wie man hier feststellt.

(Petra Fuhrmann (SPD): Ihre Fraktion hört Ihnen nicht zu!)

Meine Damen und Herren, darf ich Sie noch einmal um Aufmerksamkeit bitten?

Es gibt unglaublich viele Initiativen, die von der „Klasse 2000“ ausgehen und die viele Lehrer bereits in ihrem Unterricht umsetzen. Ich glaube, diejenigen, die das im Bereich Prävention schon machen, müssen auch unterstützt werden – sowohl von der Familie als auch von der Gesellschaft. Es gibt Beispiele von der „Klasse 2000“ bis zur Gesundheitsprävention und zu gesundem Frühstück im Kindergarten. Das sind Beispiele, die wir im Übrigen sehr zielgerichtet in bestimmten Bereichen einsetzen, wo wir wissen, dass es wesentlich größere Schwierigkeiten

mit der Kindergesundheit gibt. Das geht so weit, dass wir in Hessen auch die Zahngesundheitspflege in den Kindergärten fest verankert haben. Dort wenden sich Kindergärten auch an Ärzte und sagen:Wir sind ein problematischer Bereich, und bei uns haben wir es mit einer schwierigen Klientel zu tun. – Diese Kindergärten werden dann dauerhaft tatsächlich von Medizinern, die sich freiwillig als Partner zur Verfügung stellen, betreut.

Wir haben aber auch eine flächendeckende Vernetzung – auch sie ist planmäßig erfolgt –, wenn es um die Frühförderung von Kindern und die Zusammenarbeit von Frühförderstellen und Kindergärten geht. Mit dem Projekt QUINT wurde diese noch einmal verbessert, sodass das nun tatsächlich in allen Kindergärten aller Kreise umgesetzt wird. Nur ganz wenige haben sich nicht beteiligt. Dort gibt es eine enge Verzahnung zwischen den Frühförderstellen und den Kindergärten sowie wiederum auch den weiterführenden Schulen.

Wir haben in Hessen die Hessische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitserziehung, die HAGE, die alle hessischen Projekte bündelt, in der die Krankenkassen, die Selbsthilfeorganisationen und die Ärzteschaft vertreten sind. Sie war im Übrigen auch darauf vorbereitet, ein Präventionsgesetz umzusetzen.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Warum haben Sie dann dagegen gestimmt?)

Sehr geehrter Herr Dr. Spies, wir waren uns an einigen Punkten nicht darüber einig, ob man erst neue Institute aufbauen muss oder ob man es direkt an so eine Arbeitsgemeinschaft weitergeben kann, die das in Hessen hätte umsetzen können.

(Zuruf des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD))

Wir werden sehen, ob es eine neue Möglichkeit gibt. Wir sind jedenfalls darauf vorbereitet. Aber, sehr geehrter Herr Kollege Spies, die Bundesregierung hat dort keine Mittel zur Verfügung gestellt, sondern es waren Mittel der Krankenkassen. Darauf möchte ich noch einmal ausdrücklich hinweisen. Es waren Mittel der gesetzlichen Krankenkassen.Auch das stimmt.Es wird sicher weiter zu diskutieren sein, wie alle daran beteiligt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber auch im Bereich Sport und Bewegung wurden flächendeckende Initiativen gestartet – ob das mit den hessischen Sportvereinen, der Sportjugend Hessen, im Kindergarten oder im Schulbereich ist. Dort gibt es die Vernetzung. Das ist einer der ganz wichtigen Punkte, um die Kindergesundheit weiter zu fördern.

Ich möchte schon noch einmal darauf hinweisen, dass Hessen eines der Länder ist, die frühzeitig – bereits bei den Säuglingen – ein Neugeborenenscreening durchführen, um mit Zustimmung der Eltern auf Krankheiten aufmerksam machen zu können. Das geschieht in den ersten fünf Lebenstagen eines Kindes. Dort stellen wir auch Mittel zur Verfügung, um das Hörscreening einzuführen. Denn dort kann tatsächlich etwas verhindert werden. Das ist Prävention im besten Sinne, wenn diese Untersuchung tatsächlich bei einem Neugeborenen gemacht und Abhilfe geschaffen wird.

Auch das Thema Impfen ist eines der ganz wichtigen Themen im Bereich Vorsorge. In diesem Bereich findet regelmäßig gemeinsam mit Ärzteschaft und Krankenkassen eine flächendeckende Aufklärungsarbeit statt. Sie hat

immerhin dazu geführt, dass die Durchimpfungsrate seit 1998, als wir ca. 40 % hatten, inzwischen auf 60 % gestiegen ist. Das ist immer noch zu wenig, weil in diesem Bereich viele auch falsch aufklären. Dort wird im Übrigen auch viel Schindluder getrieben. Aber das Thema Impfen ist immer noch eines der ganz wichtigen, um Krankheiten zu vermeiden und Durchimpfungsraten zu stärken.

(Beifall der Abg.Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Es freut mich, wenn wir beim Thema Kindergesundheit in diesem Haus weiterhin zusammenarbeiten können und uns darüber einig sind, dass Sport, Bewegung und Ernährung im Mittelpunkt stehen müssen. Sie müssen vor allem im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen, denn das wird weder die Schule noch der Kindergarten, noch die Krippe allein lösen können. Dort gehören die Familie, aber auch alle gesellschaftlichen Gruppen weiterhin mit dazu.

Als Landesregierung werden wir die Aufklärungsaktionen weiter durchführen und verstärken. Aber ich will auch vor der Illusion warnen, Sie könnten in diesem Bereich flächendeckend neue Institute aufbauen und vieles mehr tun.Das Ganze ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es hilft auch nichts, etwas in Lehrplänen festzuschreiben, sondern alle müssen daran mitarbeiten, dass gesundes Verhalten und gesunde Ernährung tatsächlich umgesetzt werden. Das fängt bereits bei entsprechenden Planungen an, die dafür sorgen müssen, dass Kinder überhaupt Bewegungsmöglichkeiten haben – gerade in den Großstädten. Das wird auch eine der ganz wichtigen Aufgaben der Stadtplanung in Zukunft sein.

(Beifall des Abg. Michael Denzin (FDP))

Denn wir können uns hier sehr schön mit der Gesundheit von Kindern auseinander setzen. Aber das ist nutzlos, wenn überhaupt keine Bewegungsräume für Kinder vorhanden sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es wäre gut,wenn alle an dem Thema weiter Interesse zeigen und wenn diejenigen, die vor Ort in der Präventionsarbeit tätig sind, unterstützt werden würden. Ich kann zusagen, dass wir als Landesregierung weiterhin breit angelegte Kampagnen machen werden – gleich, ob das mit dem Sport oder den Krankenkassen zusammen ist oder ob es die flächendeckende Einführung des Neugeborenenhörscreenings ist. Das sind wichtige Punkte, und die werden wir auch in Zukunft umsetzen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Es gibt keine Wortmeldungen mehr. Damit ist die Große Anfrage behandelt.

Wir müssen jetzt an die Tagesordnung gehen.

Tagesordnungspunkt 15 wird einvernehmlich ins nächste Plenum geschoben.

Tagesordnungspunkt 17:

Antrag der Abg. Fuhrmann, Dr. Spies, Eckhardt, Habermann, Dr. Pauly-Bender, Schäfer-Gümbel (SPD) und Fraktion betreffend medizinische Versorgung von Personen, die ohne legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland leben – Drucks. 16/4275 –

wird zur abschließenden Beratung an den Sozialpolitischen Ausschuss und den Innenausschuss, federführend, überwiesen.

(Reinhard Kahl (SPD): Sozialpolitischer Ausschuss!)

Sozialpolitischer Ausschuss federführend.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 46 auf: