Protokoll der Sitzung vom 14.12.2005

(Demonstrativer Beifall bei der CDU)

Das freut die Kolleginnen und Kollegen der Union. – Es versteht sich von selbst, dass der zweite Aspekt, was die Vorzeichen angeht, für die heutige Debatte von nicht unerheblich größerer Bedeutung ist als der erste Aspekt. Trotzdem will ich auch in dieser Debatte noch einmal daran erinnern, dass die Hessische Landesregierung die Einbringung des Haushalts aus rein wahltaktischen Gründen verschleppt hat und dass wir aus diesen Gründen im nächsten Jahr keinen Haushalt am Anfang des Jahres haben werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der hessische Finanzminister, der gute Herr Weimar, hat in der Öffentlichkeit erklärt, er wolle zunächst den Ausgang der Bundestagswahl am 18.09. abwarten, weil dies – so der hessische Finanzminister – die Rahmenbedingungen für den hessischen Haushalt 2006 massiv verändern würde.

(Clemens Reif (CDU): Das war höchst vernünftig!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Finanzminister, diese Aussage war erkennbarer Unsinn.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn selbst bei einer CDU-Alleinregierung hätte sich die Einnahmeseite des Haushaltes 2006 nicht wesentlich verändern können. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, der hessische Finanzminister wusste bereits im Frühjahr dieses Jahres, dass der Haushalt im Jahre 2006 erneut ein Zeugnis der vollumfänglichen Unfähigkeit dieser Landesregierung ist, mit den Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger umzugehen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies führt uns unmittelbar zum Kern der heutigen Debatte. Ich trage dies nicht vor, weil ich der Auffassung bin, dass das Wiederholen alter Vorwürfe besonders originell wäre. Vielmehr ist es schon eine Hausnummer, wenn die CDU-Landesregierung einen Landeshaushalt deshalb nicht rechtzeitig vorlegt, weil sie befürchtet, dass die Vorlage des Haushalts das Wahlergebnis der hessischen Union bei der Bundestagswahl massiv beeinträchtigen würde.

(Lachen bei der CDU)

Ein deutlicherer Beleg, ein deutlicheres Zeichen für die katastrophale Haushaltssituation in unserem Land ist wohl kaum vorstellbar.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Finanzminister, ich würde mich mit der großen Freude ein bisschen zurückhalten. Selbstverständlich komme ich in den einzelnen Punkten noch auf den Haushalt zurück.

Zunächst möchte ich mich aber mit dem zweiten veränderten Vorzeichen des heutigen Tages befassen: der veränderten Konstellation in Berlin.

(Clemens Reif (CDU): Wieso fangen Sie nicht vorne an?)

Wissen Sie, für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten hat sich, jedenfalls auf den ersten Blick, nicht wirklich viel verändert.Wir wurden für die Regierungspolitik in Berlin in Mitverantwortung genommen, und insofern bin ich optimistisch:

(Lachen bei der CDU – Zuruf der Abg. Ruth Wag- ner (Darmstadt) (FDP))

Wir werden auch für den Rest der Legislaturperiode für die Regierungspolitik in Berlin in Mitverantwortung genommen.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben in diesem Hause stets die Reformpolitik von Altkanzler – so will er nicht genannt worden, wobei „Kanzler vor Angela Merkel“ etwas sperrig klingt –

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Aufsichtsratsvorsitzender! – Heiterkeit)

Gerhard Schröder gegen Angriffe von Schwarz-Gelb verteidigt.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Er ist entlassen worden!)

Herr Kollege Wagner, neu ist allerdings, dass mittlerweile auch die Bundesvorsitzende der CDU und deutsche Bundeskanzlerin mehr als lobende Worte für diese Politik findet. In ihrer Regierungserklärung – ich glaube, das war vor exakt 14 Tagen – hat sie sogar die Fortsetzung dieser Politik angekündigt.

(Demonstrativer Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man sich die Beschimpfungen der CDU in den vergangenen Jahren vergegenwärtigt, ist es ein geradezu unglaublicher Vorgang – Franz Josef ist jetzt in Berlin, wir hatten schon darüber gesprochen –, wenn die ehemalige Oppositionsführerin jetzt die Politik ihres Vorgängers ausdrücklich lobt. Ich zitiere Angela Merkel wörtlich aus ihrer Regierungserklärung:

Ich möchte Bundeskanzler Schröder ganz persönlich dafür danken, dass er mit seiner Agenda 2010 mutig und entschlossen eine Tür aufgestoßen hat, eine Tür zu Reformen, und dass er die Agenda gegen Widerstände durchgesetzt hat.

(Beifall bei der SPD – Zurufe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, ich halte es für nicht in Ordnung, wenn ich Ihre Parteivorsitzende zitiere und Sie hineinreden. Hören Sie doch einmal zu.

(Beifall bei der SPD – Dr.Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Das kam doch auch vom linken Flügel!)

Jetzt regen Sie sich nicht so auf. Was ist das für ein Zustand in diesem Haus? Man zitiert Angela Merkel,und die Leute werden unruhig.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Herr Wagner, ich kann nicht ändern, was sie gesagt hat.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Sie sagt in ihrer Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag weiter:

Damit hat er sich um unser Land verdient gemacht.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Was soll sie sonst sagen?)

Nicht zuletzt dafür möchte ich ihm im Namen aller Deutschen danken.

(Beifall bei der SPD)

Sie können einmal sehen: Der Ministerpräsident sieht nicht wirklich glücklich aus bei diesen Worten seiner Parteivorsitzenden.

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Was macht er jetzt bei Gasprom? Schröder gibt Gas! – Allgemeine Heiterkeit und Beifall)

Herr Ministerpräsident, Sie sind auch auf die neue Linie der Union eingeschwenkt. Manche behaupten, dass der Hessische Ministerpräsident seiner Bundeskanzlerin mittlerweile so nahe steht, dass er versucht, sich den Titel des Kanzlerinnenflüsterers zu erarbeiten.

(Heiterkeit des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber, Herr Ministerpräsident, wie gefallen Ihnen diese Worte Ihrer Parteivorsitzenden? Denn die Politik,die Angela Merkel so lobt, ist exakt die Politik, die Sie, Herr Ministerpräsident, über Jahre hinweg im Bundesrat brutalstmöglich bekämpft haben.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe, Herr Boddenberg wird unruhig, ist nicht einverstanden mit dem, was ich sage. Ich sage immer: was zu beweisen ist.

(Michael Boddenberg (CDU): Rhetorikseminar!)

Ich zitiere jetzt aus dem Landtagsprotokoll der Sitzung vom 08.06.2005 aus einer Rede des Hessischen Ministerpräsidenten,

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

wohlgemerkt, vom 08.06.2005, also quasi vorgestern. Da sagt der gute Herr Ministerpräsident wörtlich – Frau Wagner, hören Sie zu, dieser Satz ist spannend –:

Ich werde immer dagegen kämpfen, dass wir die Eigenheimzulage abschaffen, weil ich das für gesellschaftspolitisch falsch hielte.