Protokoll der Sitzung vom 26.01.2006

Es ist durchaus ganz spannend und bezeichnend, wenn Frau Kollegin Fuhrmann Hessen mit Sachsen-Anhalt vergleicht. Es ist nicht ganz neu und wir wissen es eigentlich alle, dass der gesamte Westen Deutschlands Nachholbedarf beim Ausbau der Betreuung der unter Dreijährigen in den Tagesbetreuungsangeboten hatte, aber selbstverständlich auch bei den Ganztagsangeboten in der Schule.

(Petra Fuhrmann (SPD):Wir sind Mittelmaß!)

Es ist spannend,dass Sie auf ein Land wie Sachsen-Anhalt eingehen und nicht auf ein rot-grünes Hessen bis 1999 oder ein bis zum vergangenen Jahr rot-grün regiertes Nordrhein-Westfalen – zum Glück heute nicht mehr – und sich dort die Zahlen anschauen. Denn dann würden Sie sehen, was wir in den vergangenen Jahren in Hessen bei den Drei- bis Sechsjährigen, in der Grundschulkinderbetreuung mit dem Ausbau der Betreuungszeiten verändert haben.Wenn Sie die Probleme der Eltern kennen und wissen, wie Eltern heute weiterführende Schulen aussuchen, stellen Sie fest, dass an vielen der weiterführenden Schulen schon heute ein Mittagessen angeboten wird und es an immer mehr Schulen dazu kommt, weil die Landesregierung genau dort einen Schwerpunkt gesetzt hat.

(Petra Fuhrmann (SPD): Über sechs Jahre!)

Sehr geehrte Frau Kollegin Fuhrmann,das Gleiche gilt für die unter Dreijährigen sowie für die Kindergartenkinder. Wir haben dort forciert, dass altersübergreifende Gruppen eingerichtet werden, wo Plätze frei werden. Sie können in Hessen aber nicht alles gleich machen,denn wir haben landauf, landab eine völlig unterschiedliche Landschaft. Zum Teil werden in großem Stil Kindergartenplätze in Plätze für unter Dreijährige umgewandelt, weil dort zu wenige Kinder vorhanden sind, während im Ballungsraum gleichzeitig neue Kindergärten gebaut werden, weil dort nach wie vor Bedarf an zusätzlichen Plätzen vorhanden ist.

Ich kann Ihnen versichern, dass wir diesen Weg sehr zielgerichtet weitergehen, um ganz klar deutlich zu machen: Wir unterstützen die Kommunen, aber vor allem die Eltern, wenn es darum geht, mehr Angebote für die Kinderbetreuung zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu bekommen. Ich halte es für Unsinn, wenn wir uns hier heute weiter über gesellschaftliche Modelle streiten. Es soll Wahlfreiheit für die Eltern geben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Eltern brauchen Wahlfreiheit. Deswegen brauchen wir mehr Angebote, damit sie überhaupt wählen können. Alles Weitere ist keine Entscheidung des Staates, sondern eine Entscheidung der Eltern. Aber noch sind wir nicht dort, dass sie tatsächlich wählen können, weil wir in vielen Bereichen noch nicht genügend Angebote haben. Deswegen stocken wir die Mittel gerade für die Betreuung der unter Dreijährigen auf.

Ich will die Zahlen noch einmal richtig darstellen. Frau Kollegin Fuhrmann, Sie rechnen gerne ohne die weiteren Plätze, die dazugekommen sind, und auch ohne die Tagesmütter. Sie wissen, dass wir in Hessen sowohl auf die Krippe als auch auf die altersübergreifenden Gruppen im Kindergarten setzen, genauso aber auch auf die Tagesmütter, die wir qualifizieren.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das habe ich Ihnen vorgerechnet!)

Wir stellen Mittel für Qualifikationen und die Vermittlung zur Verfügung, damit die Eltern die Angebote auch annehmen. Da sind wir ein ganzes Stück weitergekommen. Bei den Plätzen in Kinderkrippen und bei Tagesmüttern liegen wir bei einem Versorgungsgrad von 8,4 %.

(Petra Fuhrmann (SPD): Sie können doch nicht Tagesmütter als Ganztagsplätze nehmen!)

Das ist noch nicht genug. Aber es ist ein ganz wichtiger Beitrag, um mehr Flexibilität zu schaffen und die Möglichkeit für Eltern zu schaffen, von unterschiedlichen An

geboten auszuwählen. Denn das ist die Frage, die die Eltern entscheiden müssen.

Ich stimme Ihnen zu, dass die Tagesmütter in vielen Bereichen noch teurer sind. Deswegen werden wir als Land unseren Zuschuss bei der Offensive noch einmal aufstocken. Das heißt aber auch, dass auch die Kommunen erkennen müssen, dass Tagesmütter ein gleichberechtigtes und gleichwertiges Angebot sind und sie genauso einen Zuschuss bekommen, wie es vielerorts inzwischen zum Glück schon ist, wie ihn andere Einrichtungen auch bekommen. Dann ist es auch eine sehr gute Möglichkeit, um Kinderbetreuung zu organisieren, wenn wir dort die qualifizierten Angebote, die Beratungen, wie sie in Hessen üblich sind, unterstützen.

Ich will noch eine Bemerkung zum Thema Tagesmütter machen. Es wird immer gefragt, für was sie alles da sind. Sie sind selbstverständlich ein Baustein bei der Betreuung der unter Dreijährigen. Alles andere ist für die Eltern hauptsächlich der Kindergarten bzw. später die Schule.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch einmal betonen: Bei dem Thema Bildung und Betreuung spielt für die Hessische Landesregierung der Bildungsanteil im Bildungs- und Erziehungsplan von null bis zehn Jahren eine genauso große Rolle – mit den Qualifizierungsangeboten, den Weiterbildungen, die wir in diesem Zusammenhang für die Einrichtungen umsetzen, mit der Unterstützung.Die Einrichtungen machen dort begeistert mit.Wir müssen an der einen oder anderen Stelle manchmal noch Kommunen überzeugen, dass diese Schulungen tatsächlich wichtig und richtig sind. Aber die Menschen, die dort mitarbeiten, die Erzieherinnen genauso wie die Lehrerinnen an den Grundschulen, die Tagesmütter, Familienbildungsstätten, Elternschule, die in der Erprobungsphase des Bildungs- und Erziehungsplans beteiligt sind, sind begeistert. Sie machen mit. Sie schreiben auf, wie sie es umsetzen können, und strukturieren zum Teil ihren Kindergartenalltag neu. Sie schauen, ob es mit den Zielen des Plans zusammenpasst, wie man Kinder fördert und nicht nur Defizite feststellen kann.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich halte es für einen ganz wichtigen und entscheidenden Schritt, Betreuung und Bildung in diesen Bereichen zusammen zu sehen und das über viele, viele unterschiedliche Netzwerke weiter auszubauen und Schwerpunkte zu setzen.Denn richtig ist auch, dass wir nicht alles auf einmal machen können. Wir werden es aber konsequent, wie in der Vergangenheit, nach und nach abarbeiten, sodass wir im Jahr 2010 sagen können: Bedarfsgerechte Angebote sind umgesetzt, Bildung und Erziehung gehören zusammen, und keiner kann es mehr wegdenken.

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Kollege Kahl.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Sozialministerin, wenn Sie die Zahlen, die wir vorgelegt haben, bestreiten, liegen Sie falsch.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will das auch ganz klar begründen. Die rot-grüne Landesregierung hat für die Kinderbetreuung und die Unterstützung der Kommunen deutlich mehr Geld ausgegeben, als Sie heute mit Ihren so genannten Offensiven ausgeben.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg.Axel Wintermeyer (CDU))

Jetzt werfen Sie uns vor, es würde mit den Investitionskosten vermengt. Zunächst zum Stichwort Investitionskosten. Die damalige CDU-Bundesregierung hatte den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Drei- bis Sechsjährige beschlossen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Ohne Konnexität!)

Da haben wir sehr viele Investitionsmittel eingesetzt, damit den Kommunen dabei geholfen wurde. Im Schnitt sind 50 % der Kosten vom Land bezahlt worden. Das war im Übrigen eine Investition, die an die halbe Milliarde DM ging, um das auch ganz klar zu sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich komme zum Thema Betriebskostenzuschüsse. Ich will Ihnen sehr klar die Zahlen verdeutlichen. Die Betriebskostenzuschüsse haben wir selbstverständlich in den Kommunalen Finanzausgleich hineingenommen. Sie vergessen aber immer,zu sagen,dass das zum größten Teil zusätzlich mit Verstärkungsmitteln des Landes ausgeglichen worden ist. Ich nenne nur noch einmal die Zahlen für 1998. Betriebskostenzuschüsse für Kindergärten an die Kommunen: 56,4 Millionen c. Das ist aus dem KFA bezahlt worden, aber in den KFA sind zusätzlich 50,4 Millionen c originäre Landesmittel hineingekommen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb haben die Kommunen aus ihren eigenen Mitteln nur 6 Millionen c bezahlt. Sie haben dann in Ihrer Regierungszeit sogar die Summe der Betriebskostenzuschüsse erhöht. Die Betriebskostenzuschüsse betragen jetzt 66,3 Millionen c.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Herr Kollege Milde, das haben die Kommunen aber bis auf den letzten Euro aus dem KFA bezahlt. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Herr Kollege Milde, Verstärkungsmittel an der Stelle: null. Ich will die Zahlen zwischen 1998 und 2005 vergleichen.Verstärkungsmittel für Betriebskostenzuschüsse der rot-grünen Landesregierung: 50,4 Millionen c, Kindersofortprogramm: 7,3 Millionen c. Dann liegen wir bei 57,7 Millionen c. Das ist reines Landesgeld, ohne Mittel aus dem Kommunalen Finanzausgleich. Dem stelle ich entgegen, was Sie im Jahre 2005 ausgeben. Sofortprogramm Kinderbetreuung: 14 Millionen c, und für Sprachförderung: 3,3 Millionen c. Das heißt 17,3 Millionen c, also 57 zu 17 Millionen c – meine Damen und Herren, wenn das kein gewaltiger Unterschied ist, was aus Landesmitteln bezahlt wird.

Frau Sozialministerin, Sie wissen sehr genau, dass Sie mit Ihren Zahlen falsch liegen.Was ich genannt habe, sind genau die richtigen Zahlen. Das bedeutet, dass wir als rotgrüne Landesregierung damals deutlich mehr Geld für die Kommunen aus originären Landesmitteln gegeben ha

ben, als Sie das heute gemacht haben. Das sind die Realitäten.

(Beifall bei der SPD)

Zur Erwiderung hat die Frau Ministerin das Wort.

Sehr geehrter Herr Kollege Kahl, durch weiteres Wiederholen wird es nicht richtiger.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Allein die Offensive für Kinderbetreuung hat originäre Landesmittel in Höhe von rund 23 Millionen c erfordert. Hinzu kommen noch Sprachfördermittel und vieles mehr.

Ich will zurückkommen auf das, was ich Ihnen gesagt habe. Den Zuschuss pro Kindergartenplatz haben wir über das Hessische Kindergartengesetz nicht verändert. Das heißt, die einzelne Kommune hat bei Ihnen pro Platz nicht mehr hinzubekommen. Das ist das Entscheidende.

Was die Steigerungen im KFA ausmacht, sind die Fragen von flexiblen Öffnungszeiten,eines größeren Betreuungsanteils usw.Dadurch steigt der Anteil.Das wissen Sie ganz genau. Die weiteren Zahlen zum KFA müssen wir heute nicht noch einmal wiederholen.Das haben wir bereits gestern in der Debatte über den Haushalt getan.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren,es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir haben über drei Entschließungsanträge abzustimmen.

Ich stelle zunächst den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU,Drucks.16/5142,zur Abstimmung.Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktion der CDU gegen die Stimmen der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP angenommen worden.

Wir stimmen nun ab über den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/5203.Wer stimmt dem zu? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag bei Zustimmung der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der CDU bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP abgelehnt.

Ich lasse nun abstimmen über den Dringlichen Entschließungsantrag der Abg. Fuhrmann, Eckhardt, Habermann, Dr. Pauly-Bender, Dr. Spies, Schäfer-Gümbel (SPD), Drucks. 16/5204. Wer stimmt dem zu? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag bei Zustimmung der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der CDU bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP abgelehnt.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 12 auf: