Protokoll der Sitzung vom 26.01.2006

Das sind die wesentlichen Vorstellungen, die wir gemeinsam im Laufe dieses Jahres erörtert und diskutiert haben. Wir wären dankbar, wenn dies so schnell wie möglich umgesetzt werden könnte. Der Führerschein mit 17 gilt überall. Wenn man ihn in Niedersachsen und in RheinlandPfalz erwirbt, dann kann man auch durch Hessen beglei

tet fahren. Dann wäre es wohl angeraten, wenn man nicht nur in Hessen begleitet fahren kann, nachdem man in Rheinland-Pfalz ausgebildet ist, sondern dass man die Ausbildung im Wege des begleitenden Fahrens auch in Hessen selbst erwerben kann. Ich bin dankbar, dass die Landesregierung bereit ist, ihre verhaltene Position aus der Vergangenheit aufzugeben, um ein solches Projekt zugunsten von mehr Verkehrssicherheit in Hessen zu realisieren. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank,Herr Kollege Posch.– Das Wort hat der Kollege Wagner, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Kollege Posch hat es schon angesprochen. Wir haben über das Thema „begleitetes Fahren ab 17 „sehr intensiv in diesem Hessischen Landtag debattiert. Wir haben sehr intensiv im Ausschuss darüber beraten. Es gibt eine sehr große Mehrheit in diesem Hause dafür, dass wir dieses begleitete Fahren ab 17 auch machen wollen.Wenn ich das richtig verstehe, gibt es auch innerhalb der Sozialdemokratie viele, die sagen: Im Prinzip finden wir das eine gute Idee; wir wissen noch nicht, ob die empirischen Ergebnisse, die wir haben, ausreichen.

Das ist also kein Thema, das zum politischen Streit taugt. Ich will meine Ausführungen deswegen auch auf wenige Punkte beschränken.

Für uns ist das Wesentliche an dem begleiteten Fahren ab dem 17. Lebensjahr, dass es einen Beitrag zur Verkehrssicherheit darstellt. Die Erfahrungen aus anderen Staaten, aber auch aus anderen Bundesländern haben gezeigt,dass es dadurch gelingen kann, mehr Sicherheit im Straßenverkehr zu schaffen. Es kann gelingen, das Risiko bei den Fahranfängern dadurch zu reduzieren. Die Gruppe der Fahranfänger baut nämlich verhältnismäßig viele Unfälle.

Deshalb sagen wir, die Mitglieder des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, wie auch die Mitglieder der FDP und der CDU: Wenn das so positive Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit hat, dann wollen wir das auch in unserem Land probieren. Denn es ist sicherlich in unserem Interesse, jeden Unfall zu vermeiden, der vermieden werden kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Jörg-Uwe Hahn und Dieter Posch (FDP))

Das begleitete Fahren trägt dazu bei, dass junge Menschen gerade in der Zeit, in der sie noch nicht so erfahren sind, jemanden dabei haben, der ihnen helfen kann. Diese Person kann sie auf schwierige oder gefährliche Situationen hinweisen. Auf diese Art und Weise erwerben sie Fahrpraxis und können dann später, wenn sie ohne Begleitperson das Auto führen dürfen, besser damit umgehen. Denn sie haben mehr Erfahrungen.

Ich möchte aber auf eines hinweisen: Das begleitete Fahren ist zwar ein Beitrag, die Verkehrssicherheit zu erhöhen – das ist richtig –, aber das begleitete Fahren stellt keinen Beitrag zu mehr Mobilität der jungen Menschen dar. Die Bezeichnung „Führerschein ab 17 Jahren“ ist deshalb

auch etwas irreführend.Viele junge Menschen, die unsere Debatten im Landtag verfolgt haben, dachten: Aha, jetzt wollen sie den Zeitpunkt, ab dem ich den Führerschein machen kann, auf das 17. Lebensjahr vorziehen. – Sie müssen dann jedoch etwas enttäuscht feststellen, dass genau das nicht der Fall ist. Denn in der Zeit, in der sie 17 Jahre alt sind, brauchen sie zum Fahren eine Begleitperson. Sie dürfen also nicht, wie es beim normalen Führerschein der Fall ist, selbst alleine fahren.

Wir sollten hier im Hause deshalb sehr klar sagen:Es handelt sich dabei um ein Projekt, mit dem die Verkehrssicherheit erhöht werden soll. Ab dem 17. Lebensjahr darf man in Begleitung fahren. Das bedeutet aber: Für die Selbstständigkeit der jungen Menschen erreicht man damit nicht sehr viel. Denn sie sind weiterhin auf die Begleitung eines ihrer Elternteile angewiesen, wenn sie mit dem Auto mobil sein wollen.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Herr Kollege Boddenberg, ich sage nicht, dass das schlimm ist. Ich sage nur, wie es ist.Wir erreichen also damit – –

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU) – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Boddenberg, ich habe Ihren Zwischenruf leider nicht verstanden. Ich würde aber gerne wissen, was Sie gesagt haben. Herr Boddenberg, wollen Sie es wiederholen?

(Michael Boddenberg (CDU): Ich weiß nicht, ob das stimmt: Wohnen Sie heute noch zu Hause? – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Boddenberg, nein, ich kann Sie beruhigen. Das ist nicht der Fall. Ich fahre auch schon ein paar Jahre selbst Auto.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) – Heiterkeit des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Herr Kollege Boddenberg, ich fahre sogar, ohne eine Ausnahmegenehmigung zu haben, um Regeln der Straßenverkehrsordnung überschreiten zu können. Herr Kollege Boddenberg,dass mir diese Ausnahmegenehmigung fehlt, muss ich manchmal schmerzlich feststellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Mit welchem „Erfolg“ fahren Sie? Wie viele Punkte haben Sie?)

Ich wollte Folgendes sagen:Begleitetes Fahren ab dem 17. Lebensjahr bedeutet für die jungen Menschen, dass jemand von ihren Eltern vom Fahrersitz auf den Beifahrersitz wechselt, für die Mobilität dieser jungen Menschen bedeutet das aber, dass sie weiterhin darauf angewiesen sind, dass ihre Eltern sie entweder irgendwohin fahren oder irgendwohin begleiten können.

Wir haben in unserem Dringlichen Antrag deshalb zweierlei gefordert. Wir haben zum einen gesagt: Wir wollen, dass es einen Modellversuch für begleitetes Fahren gibt. Daneben haben wir aber gesagt:Wir wollen, dass es in unserem Bundesland auch hinsichtlich der Mobilität der jungen Menschen einen richtigen Schritt vorangeht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diesen Schritt hätte man durch Folgendes machen können. Darum haben wir geworben. Leider haben wir dafür bei den Mitgliedern der CDU- und der FDP-Fraktion keine Unterstützung gefunden. Wir wollen, dass in unserem Bundesland ein Schülerticket eingeführt wird, mit dem alle Schülerinnen und Schüler analog dem, was wir bei den Studierenden mit dem Semesterticket haben, alle Busse und Bahnen unseres Landes an 365 Tagen im Jahr

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Herr Kollege Boddenberg, nicht kostenlos, aber zu einem sehr viel günstigeren Preis als heute – nutzen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unserer Meinung nach hätten wir ein sehr gutes Paket zusammengestellt, wenn wir dies beides gemeinsam auf den Weg gebracht hätten. Zum einen wäre das das begleitete Fahren ab dem 17. Lebensjahr gewesen. Damit hätte man die Sicherheit im Individualverkehr erhöht. Gleichzeitig hätte man das Schülerticket einführen können, und hätte damit dem Mobilitätsbedürfnis junger Menschen deutlich besser entsprechen können.Dieses Paket wäre eine runde Sache gewesen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Leider war das mit der CDU und der FDP nicht zu machen.Wir werden an dem Projekt dranbleiben und hoffen, dass wir mit dem Schülerticket die Mobilität junger Menschen noch deutlich erhöhen können. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Wagner, vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Pfaff für die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde hier bereits vorgetragen: Seit einiger Zeit befassen wir uns im Landtag mit dem Thema „begleitetes Fahren ab dem 17.Lebensjahr“.Herr Kollege Posch hat es dargestellt: Vor knapp einem Jahr hat die FDP-Fraktion dazu einen Antrag vorgelegt und sich für die Einführung eines solchen Modellprojekts in Hessen ausgesprochen.

Meine Fraktion hat sich daraufhin sehr ausführlich mit diesem Thema auseinander gesetzt. Herr Kollege Posch, es ist richtig: Zum damaligen Zeitpunkt überwogen in meiner Fraktion durchaus noch die Zweifel, ob das begleitete Fahren die Hoffnungen erfüllen könne, die in dieses Modellprojekt gesetzt würden. Denn zumindest damals lagen so gut wie keine wissenschaftlich evaluierten Erkenntnisse zum begleiteten Fahren in Deutschland vor. Die Ergebnisse aus Österreich und Schweden, wo schon längere Zeit solche Modelle erprobt werden, können nicht unbedingt eins zu eins auf die deutschen Verkehrsverhältnisse bzw. auf das Verhalten der Jugendlichen in unserem Straßenverkehr übertragen werden.

Angesichts der hohen Unfallzahlen mit Todesfolge war unserer Ansicht nach schneller Aktionismus mit Experimentiercharakter nicht angesagt.Vielmehr muss man dieses Thema mit großer Ernsthaftigkeit und Sorgfalt ange

hen.Das muss auf wissenschaftlicher Basis erfolgen.Denn angesichts der Zahl der Unfälle muss es dringend zu einer Verbesserung der Fähigkeiten dieser Altersgruppe kommen. Dieses Vorgehen sind wir auch den anderen Verkehrsteilnehmern schuldig, die ein Interesse an sicherem Straßenverkehr haben.

Es wurde bereits dargestellt: Wir haben dieses Thema nicht zu den Akten gelegt. Wir haben uns im Ausschuss mit diesem Thema sehr intensiv befasst. Parallel dazu haben wir uns auch in unserer Fraktion mit dem Thema auseinander gesetzt.Dabei war es uns wichtig,erst einmal belastbare Erkenntnisse aus den Modellversuchen zu erhalten, um auf dieser Grundlage dann eine Entscheidung treffen zu können.

(Beifall bei der SPD)

Das ist inzwischen der Fall. Mittlerweile liegen gesicherte Ergebnisse aus dem Modellprojekt in Niedersachsen vor. Nach Auswertung der inzwischen vorliegenden Erkenntnisse wird auch die SPD-Fraktion hier im Landtag der Einführung eines Modellprojekts in Hessen zustimmen. Herr Minister Rhiel,gleichzeitig werden wir unterstützen, dass an Sie der Auftrag ergeht, dafür ein Konzept zu entwickeln.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Als wir diese Debatte begonnen haben, lief lediglich in Niedersachsen ein zunächst regional begrenzter Versuch. Später wurde er auf das gesamte Bundesland ausgedehnt.

Auf Anregung des Herrn Kollegen Posch haben wir im Ausschuss eine Art Anhörung dazu durchgeführt.Wir haben Herrn Prof. Dr. Stiensmeier-Pelster von der Universität Gießen eingeladen, der das Modellprojekt in Niedersachsen als Experte wissenschaftlich begleitet. Er hat zunächst einmal eine wissenschaftliche Analyse zur Ist-Situation vorgelegt, mit der hinsichtlich der Risikoeinschätzung der Diskussionsstand, den wir damals im Landtag hatten, voll bestätigt wurde. In der Tat ist es so, dass die Gruppe der 18- bis 24-jährigen Autofahrer und dabei insbesondere die Fahranfänger die Risikogruppe Nummer eins sind.

Ursache dafür sind oft Fahrfehler, die aufgrund fehlender Fahrpraxis entstehen. Genau da setzt aber dieses Modellprojekt an. Durch das begleitete Fahren sollen Fahrfehler vermieden werden. Es soll zum sichereren Fahren beitragen.Vor allen Dingen soll auch vorausschauendes Fahren gelernt werden.

Überaus interessant und nachdenkenswert sind aber auch die Ergebnisse, denenzufolge das Unfallrisiko weiblicher junger Fahranfänger weit unter dem Unfallrisiko junger männlicher Fahranfänger liegt.

(Volker Hoff (CDU): Die brauchen so lange beim Einparken! – Gegenruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na, na, na!)

So hat zwar jeder 48. junge Mann, aber nur jede 115. junge Frau im ersten Quartal nach dem Erwerb des Führerscheins einen bei der Polizei gemeldeten Unfall.Demnach ist Fakt:Junge Frauen fahren weit weniger riskant.Sie fahren weit weniger aggressiv.Außerdem fahren Sie auch mit geringerem Tempo als junge Männer gleichen Alters.

Die Analyse der Ergebnisse hat erneut gezeigt, dass politischer Handlungsbedarf besteht. Alle Möglichkeiten müssen ausgeschöpft werden, damit das Unfallrisiko gesenkt werden kann. Dies ist im Übrigen eine Einschät

zung, die von allen Fraktionen dieses Hauses von Anfang an geteilt wurde.

Als der Professor bei uns im Ausschuss war, lief das Modellprojekt in Niedersachsen seit drei Monaten. Der Professor gab damals eine Prognose ab.Die Prognose lautete, dass die Zahl der Unfälle in dieser Altersgruppe um 15 % gesenkt werden könne.