Wir erfahren weiter aus dem Bericht, dass wir bei den Steuerungsimpulsen noch besser werden müssen, die auf Landesebene in ein System der Weiterbildung oder perspektivisch ein System des lebensbegleitenden Lernens gehen. Beim lebensbegleitenden Lernen – das wird die Hauptaufgabe für die nächsten fünf Jahre der Laufzeit dieses Gesetzes sein – werden wir zusehen, dass wir es schaffen, nach der Fusion der beiden Gesetze – Erwachsenenbildungsgesetz und Volkshochschulgesetz – den nächsten Schritt zu gehen und tatsächlich ein System des lebensbegleitenden Lernens in unserem Bundesland unter Einbeziehung und im Dialog mit den Trägern aufzubauen.
Die Ankündigungen im Regierungsprogramm sind sehr weitreichend, und man muss sich sehr anstrengen, um das auch zu erreichen. Hier könnte die Novellierung an der einen oder anderen Stelle etwas mutiger sein.Wir werden schauen, dass es in der Umsetzung zumindest so mutig sein wird. Denn was steht im Regierungsprogramm?
Wir werden noch in dieser Legislaturperiode damit beginnen, die beruflichen Schulen neben den traditionellen Einrichtungen der Erwachsenenbildung – insbesondere der Volkshochschulen und Bildungseinrichtungen von Kirchen, Wirtschaft und Gewerkschaften sowie sonstiger freier Träger – langfristig zu Zentren lebensbegleitenden Lernens zu entwickeln, in die Menschen selbstverständlich und periodisch zur Weiterqualifizierung gehen.
Ich glaube, wir können alle gemeinsam feststellen, dass es noch ein weiter Weg ist, um das zu erreichen und diese Strukturen zu schaffen. Wir werden uns alle anstrengen und schauen müssen, ob die Mechanismen, die jetzt schon in der Novellierung vorgesehen sind, dafür ausreichen.
Die Bedeutung der Weiterbildung und eines Systems des lebensbegleitenden Lernens kann man in einer sich so rasant wandelnden Welt gar nicht hoch genug bewerten. Es reicht eben nicht mehr, einmal eine Ausbildung zu haben. Es reicht nicht mehr,einmal einen Beruf erlernt zu haben, sondern die Menschen in unserem Lande haben immer wieder den Bedarf,sich fortzubilden,haben immer wieder den Bedarf, in Lebenssituationen unterstützt zu werden, Bildungsangebote gemacht zu bekommen. Deshalb ist die Weiterbildung ein sehr wichtiger Pfeiler, den wir in unserem Lande stärken müssen.
Es gibt einen zweiten Grund, warum die Weiterbildung so wichtig ist. Er hat sehr viel damit zu tun, dass wir es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nicht in ausreichendem Maße geschafft haben, an unseren Schulen genug Menschen oder allen Menschen die Fähigkeiten zu vermitteln, die sie später zur Gestaltung ihres Lebens und zum erfolgreichen Bestehen im Berufsleben bräuchten. Gerade weil wir für die Menschen, die nicht mit dem erhofften Bildungserfolg unser Schulsystem verlassen, eine Bringschuld haben, sie weiter zu qualifizieren und ihnen Angebote zu machen, ist ein System der Weiterbildung und des lebensbegleitenden Lernens wichtig.
In diesem Zusammenhang müssen wir auch über Geld reden. Man muss noch einmal erwähnen, dass es nach dem Regierungswechsel 1999 – damals noch von SchwarzGelb verantwortet – eine sehr drastische Kürzung im Bereich der Weiterbildung
von 30 % gegeben hat. Ich finde, es gehört auch dazu, festzustellen, dass wir im Bereich der Weiterbildung, was die Finanzausstattung angeht, auf einem relativ niedrigen Niveau sind. Die Träger haben durch die Finanzierungsvereinbarung zwar Planungssicherheit. Aber das Niveau der Finanzierung ist insgesamt nicht sehr hoch. Das Gesetzesvorblatt ist in dieser Frage sehr ehrlich. Da lesen wir:
Die Fördersystematik sichert die bestehende Weiterbildung in Hessen,sie ist aber gleichzeitig ein Hemmnis für den Aufbau eines Systems des lebensbegleitenden Lernens, weil die Finanzmittel des Landes nicht in der erforderlichen Höhe für den Aufbau entsprechender Strukturen verwendet werden können.
In der Weiterbildung kann das Land – zumal aufgrund seines bescheidenen Finanzierungsanteils – nur in Übereinstimmung mit der pluralen Trägerlandschaft handeln.
Ich finde das für ein Gesetzesvorblatt sehr ehrlich. Ich glaube, es ist der Anstrengung aller Fraktionen wert, dass wir das, was wir in Weiterbildung investieren – es ist eine Investition –, vonseiten des Landes in den folgenden Jahren erhöhen können. Es ist deshalb wichtig, dass uns das gelingt, weil Bildung, auch Weiterbildung, ein öffentliches Gut und eine öffentliche Aufgabe ist.Weiterbildung kann und darf sich nicht auf marktgängige Angebote reduzieren. Sie darf sich nicht auf das reduzieren, was sich ohnehin von selbst finanziert. Sie darf sich auch nicht allein auf das reduzieren, was man für den Erhalt der Erwerbsfähigkeit oder für die Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit braucht, sondern wir brauchen in der Weiterbildung einen umfassenden Weiterbildungsbegriff, der sowohl berufliche Aspekte wie auch Aspekte der Lebensgestaltung und der Persönlichkeitsentwicklung berücksichtigt. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass wir im Bereich der Weiterbildung eine ausreichende öffentliche Finanzierung haben.
Meine Damen und Herren, das gilt für den Bereich des Landes. Aber es gilt natürlich auch für den Bereich der Kommunen, die über die Volkshochschulen ein sehr wesentlicher Akteur der Weiterbildung sind.Hier ist es wichtig,dass wir uns sehr genau anschauen,was im Bereich der Volkshochschulen passiert.Wir müssen darauf hinweisen, dass es sicher nicht erstrebenswert ist, Volkshochschulen in unserem Lande auf eine reine Selbstfinanzierung umzustellen. Dann kommen wir nämlich von dem Gedanken ab, dass Bildung ein öffentliches Gut ist, und kommen zu rein marktgängigen Angeboten. Das allein kann nicht der Sinn von Weiterbildung sein.
Ich fasse zusammen. Wir haben das Weiterbildungsgesetz 2001 mit einer sehr breiten Mehrheit getragen.Im Großen und Ganzen sind wir auch mit der Novellierung einverstanden. Frau Kultusministerin, wir möchten Sie herzlich ermutigen, dass Sie nicht nur die Weiterbildung ausbauen, sondern dass wir es schaffen, wie es im Regierungsprogramm formuliert ist, tatsächlich bis zum Ende der Legislaturperiode ein tragfähiges System des lebensbegleitenden Lernens aufzubauen. Das wäre wirklich alle Anstrengungen wert. – Ich bedanke mich.
Vielen Dank, Herr Wagner. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Henzler für die FDP-Fraktion zu Wort gemeldet.
(Florian Rentsch (FDP): Endlich etwas mit Sachverstand! – Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Hessische Weiterbildungsgesetz – augenscheinlich bilden wir uns jetzt alle anhand des Weiterbildungsgesetzes besonders für die politische Zukunft weiter – ist in der gemeinsamen Regierungszeit von CDU und FDP entstanden. Es ist wie damals alle Gesetze befristet be
(Die Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Mark Weinmeister (CDU) rufen einander zu.)
Ich will eure Zwiesprache gar nicht stören, aber es wäre doch ganz nett, wenn der Herr Wagner zuhören würde.
Es war damals ein gutes Gesetz. Es ist im Dialog mit allen Trägern in der Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Interessen entstanden. Es hatte eine sehr positive Wirkung auf die Angebotsvielfalt. Obwohl damals Mittel gekürzt wurden, ist durch das Gesetz eine große Innovation entstanden, und die Angebotsvielfalt konnte verbreitert werden. Man kann auch sagen: Manchmal ist eine Kürzung vielleicht auch dazu da, um Innovationen anzuregen.
Herr Wagner, die Zeiten, wo Schulwissen ein Leben lang gereicht hat, sind schon lange, lange vorbei. Sie können Schulen noch so gut ausstatten und noch so gut machen – diese Zeiten werden nie wiederkommen.
In der Fortführung des Gesetzes beabsichtigt die Landesregierung, das Prinzip des lebenslangen Lernens gesetzlich stärker zu verankern und zu strukturieren. Das lebensbegleitende Lernen stärker in den Fokus der Bildungspolitik und damit in die Arbeit dieser Einrichtungen einzubringen wird vonseiten der FDP ausdrücklich unterstützt. Lebenslanges Lernen aller Menschen ist unabdingbar für das Bestehen im internationalen Wettbewerb.
Es ist unerlässlich, dass sich Menschen ihr Leben lang weiterbilden und damit eigenverantwortlich ihre allgemeine sowie berufliche Bildungsqualifikation vorantreiben.
Herr Wagner, schauen Sie einmal. Das ist eine applausfreudige Fraktion, in fast voller Stärke angetreten.
Na, na, na. – Um sich im Leben sowohl privat als auch beruflich umfassend gemäß der eigenen Fähigkeiten und Talente zu qualifizieren, sind Angebote der Weiterbildung bzw. der Erwachsenenbildung zu nutzen.
Es ist daher sinnvoll, diese Notwendigkeit durch die Einführung des Begriffs „lebenslanges Lernen“ in das Weiterbildungsgesetz zu verstärken. Es ist ebenfalls sinnvoll, die Weiterbildungseinrichtungen, sowohl die öffentlichen als auch die privaten, in die Lage zu versetzen, ihre Angebote vernetzt zu machen, um somit Synergieeffekte in der Weiterbildung zu erzeugen. Dass das gewirkt hat, haben wir gesehen.
Die Möglichkeit der Bildung von regionalen Zentren des lebensbegleitenden Lernens zur Bündelung der Aus- und Weiterbildungsangebote aller Träger in der jeweiligen Region wird gesetzlich festgelegt. Die Bildungsangebote in den Regionen sollen damit neu strukturiert und gebündelt werden, ohne dass die staatliche Förderung für die Erwachsenenbildung erhöht wird. Dies ist im Sinne eines verantwortungsbewussten Einsatzes von öffentlichen Mitteln zu begrüßen. Hierfür möchte ich positive Beispiele, wie das Haus des lebenslangen Lernens in Dreieich, nennen. Diese Modelle sollten übernommen werden. Sie sind vorbildlich und wirklich ein erster Schritt
in die richtige Richtung. Ich hoffe, dass sich auch andere finden werden, die in diese Richtung gehen.
Die von der FDP und der CDU im Jahre 2001 eingeführte Finanzierungsstruktur der Weiterbildungsträger bleibt im Grunde unverändert. Allerdings soll jetzt eine Öffnungsklausel geschaffen werden, mit der Modellversuche für die Erprobung neuer Organisations- und Finanzierungsstrukturen ermöglicht werden. Das wird von uns grundsätzlich begrüßt, solange diese Öffnungsklausel nicht zu einer beliebigen Auslegung des gesamten Gesetzes führt. Es muss gewährleistet sein, dass diese Modellversuche als Einzelfälle und nach Vorlage abgestimmter pädagogischer und organisatorischer Konzepte ausgewählt werden.
Die FDP-Fraktion hat zu diesem Gesetzentwurf zwei Punkte kritisch anzumerken. Zum einen geht es darum, dass der Innovationspool erhalten bleibt. Wir haben damals diesen Innovationspool eingerichtet. Zuerst standen 250.000 c für ihn zur Verfügung; nach der „Operation sichere Zukunft“ waren es nur noch 100.000 c. Er hatte zum Ziel, die Entwicklung der hessischen Weiterbildung, vor allem die Qualität der Weiterbildungseinrichtungen und ihrer Programme, voranzubringen.
Die Verwendung der Mittel des Innovationspools für diesen Zweck sowie die Auswahl der Projekte schienen jedoch von Anfang an äußerst fraglich zu sein. Mit einer Kleinen Anfrage vom September 2004 und einem Berichtsantrag vom Januar 2005 hat die FDP-Fraktion erfahren wollen, welche Projekte bis dato ausgewählt wurden,wie hoch die jeweiligen Mittel waren und zu welchem Erfolg das jeweils geführt hat. Dabei stellte sich heraus, dass die Mittel zum Teil immer wieder in dieselben Projekte derselben Anbieter geflossen sind. Diese Anbieter saßen auch noch in der Auswahlkommission, die über die Vergabe des Geldes aus dem Innovationspool zu bestimmen hatte.
Vor diesem Hintergrund ist besonders die Zusammensetzung der so genannten Innovationskommission, die über die Vergabe der Mittel zu entscheiden hat, kritisch zu hinterfragen. Es darf nicht sein, dass eine Kommission Aufträge an Kommissionsmitglieder vergibt.
Veränderungen oder gar eine Steigerung der Qualität der hessischen Erwachsenenbildung hat dieser Pool in den fünf Jahren seines Bestehens nicht bewirkt.
Der Gesetzentwurf sieht an diesem Punkt zwar eine kleine Verbesserung vor, indem in Zukunft nicht nur dem Kultusministerium, sondern auch der Weiterbildungskonferenz über die Mittelvergabe zu berichten ist. Aber da die Weiterbildungskonferenz nur alle zwei Jahre tagt, scheint uns das nicht besonders praktikabel zu sein.Auch die Beteilung des jeweiligen Ressorts an der Auswahl der Mittel halten wir nicht unbedingt für sinnvoll.
Um in Zukunft einer Verschwendung der Mittel vorzubeugen und einen effektiveren Einsatz der Mittel zu ermöglichen, werden wir einen Änderungsantrag einbringen, in dem wir fordern, dass in Zukunft entweder ein unabhängiges Gremium über die Vergabe der Mittel entscheidet oder dass das Kuratorium für Erwachsenenbildung deutlich mehr Mitspracherechte erhält. Eventuell werden wir auch die komplette Streichung des Innovationspools beantragen.
Ja, oh. – Einen Punkt des Gesetzes sehen wir heute kritischer als zur Zeit seiner Entstehung. Deshalb sind wir dafür, dass die berufliche Bildung in Zukunft nicht mehr von diesem Gesetz erfasst wird. Darin sind wir anderer Meinung als Sie, Herr Wagner. Die berufliche Bildung ist im Interesse einer Person, die in ihrem Beruf weiterkommen will. Oder es liegt im Interesse der Firma, bei der dieser Mensch beschäftigt ist, ihn weiter zu fördern. Das sollte nicht unbedingt aus den allgemeinen Steuermitteln bezahlt werden.
Das Hessische Weiterbildungsgesetz sollte sich daher in erster Linie auf Weiterbildungen im Rahmen von außerschulischer Erwachsenenbildung beziehen.Die berufliche Bildung sollte außen vor bleiben. Nur so kann es nicht zu einer Konkurrenz der gewerblichen Bildungswirtschaft mit Anbietern beruflicher Weiterbildung im Sinne des HWBG kommen, deren Maßnahmen mit öffentlichen Fördermitteln subventioniert werden.
Der jetzige Zustand führt aus Sicht der FDP zu einer Wettbewerbsverzerrung. Von dieser Wettbewerbsverzerrung wären nach Schätzung der Industrie- und Handelskammer in Hessen rund 2.000 gewerbliche Weiterbildungsanbieter betroffen. Darunter sind gut 450 leistungsstarke Unternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind.Vor allem im Interesse dieser Branche sehen wir keinen Handlungsbedarf seitens des Gesetzgebers zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Rahmen des Hessischen Weiterbildungsgesetzes.