In der Erhebung der PISA-Studie wird gesagt, dass von diesen 30,4 % 46 % deutschsprachig sind.Weitere 37,2 % sind mehrsprachig, beherrschen also die deutsche wie ihre Heimatsprache in gleichem Umfang. Allein 12,3 % werden als fremdsprachig eingestuft. Um diese Personen geht es,um 12,3 %.Sie wollen über 2.000 Schulen in Hessen damit überziehen, eine solche Debatte zu führen. Das zeigt: Da spielen ganz andere Motive eine Rolle.
Es ist doch völlig unbestritten, dass die Beherrschung der deutschen Sprache die entscheidende Voraussetzung für den Bildungserfolg ist. Das bestreitet niemand im Haus.
Aber dafür, ob die Schülerinnen und Schüler wirklich Deutsch können und ob sie wirklich in der Schule erfolgreich sind, Herr Kollege Irmer, sind die sechs Stunden Unterricht und das, was in diesem Unterricht passiert, sehr viel entscheidender als die 40 Minuten auf dem Schulhof in den beiden großen Pausen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))
Bei dem, was im Unterricht passiert, haben wir in der Tat in Hessen einen großen Nachholbedarf. Herr Kollege Irmer, ich erinnere daran, dass es die CDU-geführte Regierung war, die die Stunden für den muttersprachlichen Unterricht reduziert hat. Das gehört dann auch dazu. Ich erinnere daran, dass uns die PISA-Studie zeigt, dass es auch in Hessen viel zu wenig gelingt, Unterschiede in der sozialen und in der geographischen Herkunft der Schülerinnen und Schüler auszugleichen. Herr Kollege Irmer, deshalb haben wir alle Hausaufgaben im Unterricht zu machen und sollten keine Scheindebatten über Pflichtsprachen auf dem Schulhof führen.
Herr Kollege Irmer, Sie haben viel über Herkunft gesprochen. Aufgrund Ihres Weltbildes haben Sie sehr viel über türkische Herkunft gesprochen.
Herr Kollege Wintermeyer, das hat doch gar nichts mit Multikulti zu tun. – Herkunft ist in unserem Bildungssystem leider sehr wichtig. Aber es ist vor allem die soziale Herkunft, Herr Kollege Irmer, die über den Bildungserfolg entscheidet. Wir lassen es Ihnen nicht durchgehen, dass das eklatante Versagen unseres Schulsystems beim Ausgleich unterschiedlicher sozialer Startbedingungen darauf reduziert wird, dass es ein Migrantenproblem sei. Herr Kollege Irmer, das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Das wird dem Thema absolut nicht gerecht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Hans-Jürgen Ir- mer (CDU): Sie haben überhaupt nicht zugehört!)
Noch ein Wort zur FDP, die sagt: „Wir sind Deutschland – wir sprechen Deutsch“. Dem zweiten Teil der Überschrift Ihres Antrages kann ich vielleicht noch etwas Humoriges abgewinnen, dass es quasi ein Remake des Films von Gerhard Polt „Man spricht Deutsch“ sein soll, mit Jörg-Uwe Hahn in der Rolle von Gerhard Polt, mit Ruth Wagner in der Rolle von Gisela Schneeberger und Florian Rentsch als den quengeligen Heinz-Rüdiger. Dem kann ich vielleicht noch etwas Lustiges abgewinnen. Aber bei dem ersten Teil Ihres Antrages „Wir sind Deutschland“, da sollten Sie aufpassen.
Sie haben es sicher nicht gewusst, und Sie haben es sicher nicht gewollt, aber ich rate Ihnen: Geben Sie im Internet einmal „wir-sind-deutschland.de“ ein, und schauen Sie, auf welcher Seite Sie landen. Sie landen auf einer Seite der NPD. Das haben Sie mit Sicherheit nicht gewollt, aber das zeigt, dass wir in diesen Fragen sensibel sein müssen und dass wir die Grenzen nicht verwischen dürfen, sondern dass wir die Grenzen aufrechterhalten und gucken müssen, wie wir mit Sprache in dieser Frage umgehen.
Im Wiesbadener Stadtparlament, also in diesem Hause, stimmt die CDU bei diesem Thema sogar mit den Republikanern. Sie stimmt nicht nur mit den Republikanern, sondern sie hat nur mit den Stimmen der Republikaner eine Mehrheit dafür bekommen, dass jetzt alle Wiesbadener Schulen über dieses Thema reden müssen. Meine Damen und Herren, ich finde, wir müssen aufpassen, dass die Grenzen bei diesem Thema nicht unklar werden.
Herr Irmer, Sie haben viel über Defizite gesprochen. Nein, Sie haben eigentlich nur über Defizite gesprochen. Aber wir müssen, wenn wir über Mehrsprachigkeit an unseren Schulen sprechen, auch über die Chancen sprechen. Mehrsprachigkeit, die Fähigkeit, die deutsche Sprache zu sprechen und eine weitere und noch mehr, ist in einer globalisierten Welt eine Chance, ist ein Reichtum. Das ist doch etwas, wozu wir Schülerinnen und Schüler ermutigen müssten, und nichts, was wir verbieten müssten oder was wir Schülerinnen und Schülern abgewöhnen sollten. Meine Damen und Herren, das ist doch die richtige Herangehensweise.
Ich möchte mit einem Zitat der heutigen Bundesbildungsministerin Annette Schavan schließen. Als sie das gesagt hat, war sie Präsidentin der Kultusministerkonferenz. Sie sagte im Jahre 2001 – ich zitiere –:
Unterschiedliche Sprachen und Dialekte machen die Vielfalt Europas aus. Zwei Drittel der Menschen in Europa sprechen zwei Sprachen.Wir leben in einer kulturell vielfältigen Gesellschaft in Deutschland. Die Migrantinnen und Migranten verfügen durch ihre Mehrsprachigkeit über Zukunftspotenzial, das wichtig ist für unsere offene und mobile europäische Gesellschaft.
Europa ist stark nicht nur durch seine wirtschaftlichen Erfolge, sondern durch die Vielfalt seiner Kulturen und Sprachen.
Deshalb müssen wir dieser Vielfalt auch gerecht werden und dürfen unsere Schulen nicht mit populistischen Debatten überziehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jetzt bin ich dem Kollegen Wagner sogar sehr dankbar, dass er vor mir gesprochen hat. Dann kann ich auch noch auf ihn eingehen.
Der „Spiegel“ titelte in einer aktuellen Ausgabe als Überschrift: „Die Berliner Herbert-Hoover-Realschule übt Integration – und verursacht einen Skandal“. Mit diesem Titel bringt der „Spiegel“ die Sache auf den Punkt. Eine Schule hat sich vor einem Jahr selbst die Regelung auferlegt, dass zukünftig auf dem Schulgelände ausschließlich Deutsch gesprochen werden soll. Die Schule liegt im Berliner Problembezirk Wedding. Sie hat einen Ausländeranteil von 93 %. In dieser Schule sind Kinder aus über 20 Nationen.
Am 28. Februar 2005 beschlossen Lehrer, Eltern und Schüler, dass in der Schule künftig nur noch Deutsch gesprochen wird, weil eine Verständigung untereinander sonst nicht möglich gewesen wäre.
Es handelt sich um eine freiwillige Vereinbarung der Schulgemeinde, eine Geste, der bei Nichteinhaltung keine Sanktionen folgten. Ein Jahr lang lebte die Schule gut und erfolgreich mit dieser Vereinbarung, bis die Zeitung „Hürriyet“ am 19. Januar dieses Jahres den Tatbestand aufgreift und sich darüber entrüstet. Dann wurde das Thema von Politikern zum Politikum gemacht.
Lieber Herr Kollege Wagner, es waren insbesondere Politiker der GRÜNEN, die das zum Politikum gemacht haben.
Sich dann hierhin zu stellen und zu sagen, wir würden das politisieren, ist eine glatte Unverschämtheit.
Die Entrüstung kam nämlich von einem grünen Lokalpolitiker, der eine Rechtfertigung der Schule verlangte. Als dann der Schulsenator, SPD, die Schule verteidigt, legte Herr Mutlu noch einmal nach.
Die Zeitung unterstellt der Hoover-Schule eine „Verbotsmentalität“, „die Hass und Diskriminierung fördert“. Unter der Überschrift „Unvorstellbare Praxis gegen Migranten in Europa“ lässt Mutlu sich zitieren: „Es ist kein Zufall, dass es nach dem gegen Muslime gerichteten Gewissenstest und dem Wunsch, das Zuwanderungsrecht zu verschärfen, jetzt im Bundesland Berlin ein Verbot gibt, die Muttersprache zu sprechen.“
Doch wie können die Kritiker erklären, dass die vermeintlichen Opfer freiwillig mitmachen? Turgut Hüner, der Vorsitzende des türkischen Elternvereins weiß nur eine Erklärung: Sie müssen wohl hinters Licht geführt worden“ sein. Er muss zwar zugeben, dass ihm keine Klagen von Eltern oder
In dem Drama, das um die Deutschpflicht an seiner Schule inszeniert wurde,fiel Asad Suleman eine ungewöhnliche Rolle zu: Er musste sein Bekenntnis zur deutschen Sprache gegen eine geschlossene Front der Ablehnung verteidigen. Verkehrte Welt: Ein Migrantenkind – Asads Eltern kommen aus Pakistan – stand unerschütterlich gegen seine selbst ernannten Fürsprecher von den GRÜNEN und von den türkischen Verbänden. Asad verteidigte Mal um Mal die Hausordnung seiner Schule, in der festgelegt ist, dass jederzeit Deutsch zu sprechen sei, in den Pausen ebenso wie im Unterricht und auf Klassenfahrten.