Ein Gutes hatte das Ganze. Es hat eine bundesweite Debatte über Deutsch als Schulhofsprache ausgelöst. Die FDP ist der Auffassung, dass das positive Vorbild der Herbert-Hoover-Schule auch in Hessen Schule machen sollte und freiwillige Vereinbarungen zur Verwendung der deutschen Sprache auf dem Schulgelände an möglichst vielen Schulen angeregt werden sollen.
Es geht dabei auch nicht um alle Schulen.Aber es können sich durchaus alle Schulen einmal mit dem Thema Deutsch als Muttersprache befassen.
Die FDP hat als erste Fraktion diesen Antrag eingebracht. Wir haben auch den etwas provokanten Titel bewusst gewählt: „Wir sind Deutschland – wir sprechen Deutsch“.Natürlich habe ich dabei überhaupt nicht an die Internetseite der NPD gedacht, sondern an die Reklame von Bundeskanzler Schröder in der ehemaligen Regierung: „Du bist Deutschland.“ Wir hätten auch sagen können: Du bist Deutschland – du sprichst Deutsch. – Wir haben es aber andersherum gesagt.
Wir haben diesen Titel gewählt, um deutlich zu machen, dass das Verwenden und Beherrschen der deutschen Sprache Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Leben in Deutschland ist, und um damit um Akzeptanz für Deutsch auf dem Schulhof zu werben. Die Verwendung der Landessprache in den Schulen sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Die Realität ist leider eine andere, wie vermehrte Probleme gerade in so genannten Brennpunktschulen zeigen. Der FDP geht es überhaupt nicht um die Einführung einer Deutschpflicht an den Schulen. Ich betone: Es muss sich um freiwillige Vereinbarungen zwischen Eltern, Schülern und Lehrern han
deln, damit diese Regelung von allen auch wirklich innerlich akzeptiert wird. Auch Sanktionen ergeben keinen Sinn.Sie erhöhen nämlich nicht die Akzeptanz.Die Schulgemeinde soll sich über die Notwendigkeit des Sprechens einer gemeinsamen Sprache, die alle verstehen können, bewusst werden.Darüber sollte im Unterricht,auf Elternabenden und in der Schulkonferenz diskutiert werden.
Die Landesregierung kann und muss dabei einen Anstoß an alle Schulen geben, damit solche freiwilligen Vereinbarungen an möglichst vielen Schulen getroffen werden können. Darüber hinaus sollten nach Meinung der FDP solche oder ähnliche Vereinbarungen auch in Jugendeinrichtungen, die von Sozialarbeitern betreut werden, getroffen werden. Denn auch dort treffen Jugendliche unterschiedlicher Nationalitäten aufeinander, und auch dort können Freundschaften nur geschlossen werden, wenn eine reibungslose Verständigung der jungen Menschen funktioniert.
Nur dann,wenn alle die gleiche Sprache sprechen,können sie miteinander und nicht nur übereinander oder aneinander vorbei reden.
Mein lieber Faschingsprinz, hier hast du noch nicht das Wort. Hier hast du nämlich noch nicht das Parlament erobert.
Wenn alle Schüler, Lehrer und Eltern ausschließlich Deutsch auf dem Schulgelände, auf Klassenfahrten und im gesamten öffentlichen Leben sprechen, wird die Kommunikation erleichtert, Missverständnisse werden vermieden, aus Nichtverstehen resultierende Aggressionen werden verhindert, und alle üben den Gebrauch der Sprache,die als offizielle Heimat- oder Amtssprache in Hessen gesprochen wird. Dies trägt bei allen zu einer Verbreiterung des Wortschatzes bei und fördert die Integration. Sprache lernt man eben in erster Linie durch das Sprechen.
Gerade angesichts des vorgestrigen Tages der Muttersprache, der für Deutschland auch gezeigt hat, dass der Wortschatz der jungen Menschen immer kleiner wird und dass selbst deutsche Schüler nicht mehr in der Lage sind, ein Verb richtig zu konjugieren, muss als Forderung ein verstärkter Gebrauch der deutschen Sprache erhoben werden. Die aktuellen Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchung in Wiesbaden haben gezeigt, dass jedes vierte Kind Defizite beim Sprechen aufweist und viele deutsche Kinder nicht über einen altersgemäßen Wortschatz verfügen.
Der ständige Gebrauch der deutschen Sprache im Alltag und auf dem Schulhof hilft somit allen Kindern – deutschen Kindern und Kindern mit Migrationshintergrund. Begleitend ist natürlich auch eine Intensivierung des Deutschunterrichts in der Schule wichtig, wie der Deutsche Lehrerverband gerade gefordert hat. Allerdings muss auf eine richtige Verwendung der deutschen Spra
che nicht ausschließlich im Deutschunterricht, sondern auch in allen anderen Fächern und darüber hinaus im Umgang miteinander Wert gelegt werden.
Eine Forderung nach freiwilligen Vereinbarungen für Deutsch bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass die FDP die Muttersprache für Migrantenkinder verbieten will.Wir Liberalen sind aber der Auffassung, dass Schüler mit Migrationshintergrund in Deutschland nur dann eine Chance auf beruflichen Erfolg haben, wenn sie die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrschen.Dieses Vermögen ist der Problempunkt für ausländische Kinder im deutschen Schulsystem schlechthin. Das zeigt leider die große Zahl der Schulversager mit Migrationshintergrund. Jeder Dritte verlässt die Schule ohne Abschluss.
Uns ist durchaus bewusst,dass die Muttersprache auch für das Erlernen weiterer Sprachen von zentraler Bedeutung ist. Aber wir sind der Auffassung, dass die Muttersprache von Migranten in den Familien gelernt und angewendet werden sollte – auch in den jeweiligen Kulturvereinen und den jeweiligen Kirchen. Darüber hinaus muss es aber ein klares Bekenntnis zu Deutsch als öffentlicher Sprache geben.
Auch die CDU setzt sich für freiwillige Vereinbarungen für Deutsch als Schulsprache ein. Allerdings waren wir mit unserem Antrag eine Woche schneller. Netterweise haben Sie ihn dann zum Setzpunkt gemacht. Wir fordern ausdrücklich die Einbeziehung der Jugendeinrichtungen, da wir auch da den Gebrauch der deutschen Sprache für sehr wichtig halten. Der Fraktionsvorsitzende der CDU hat schon angeboten, dass man sich eventuell auf einen gemeinsamen Antrag verständigen könnte. Das wäre sehr schön. Denn die in dem CDU-Antrag genannten Maßnahmen, die wir noch gemeinsam auf den Weg gebracht haben, unterstützen wir voll und ganz.
Den Antrag der GRÜNEN werden wir ablehnen. Er lässt wieder einmal keine klare Linie erkennen.Die GRÜNEN scheinen wieder einmal zwischen der Notwendigkeit des Deutschlernens und dem undifferenzierten Festhalten an der Muttersprache hin- und hergerissen zu sein.
Ich habe die Klingel gehört. Darf ich nur ganz kurz noch ein Zitat vortragen? – Prof. Esser hat gesagt:
Wer keine Kontakte hat, lernt die Sprache nicht. Wer die Sprache nicht beherrscht, kann nur schwer Kontakt aufnehmen. Wichtig ist für den Beruf eigentlich nur die Zweitsprache, also das Deutsch. Hier gilt: je früher, desto besser. Bilinguale Programme oder die Förderung der Muttersprache schaden bestenfalls nicht. Sie nutzen aber auch nichts. Denn Sprache ist zwar nicht alles, aber ohne Sprache ist alles nichts.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Henzler, ich will mit einem Ihrer letzten Argumente beginnen,über das wir uns wahrscheinlich auch alle einig sind. Ein erfolgreicher Bildungserwerb in unserem Land ist an den Erwerb der deutschen Sprache gekoppelt. Für alle hier lebenden Menschen ist die Beherrschung der deutschen Sprache die Grundlage für eine Teilhabe an der Gesellschaft und für eine erfolgreiche Berufsperspektive. Deshalb ist es selbstverständlich, dass die Unterrichtssprache mit Ausnahme eines guten Fremdsprachenunterrichts an deutschen Schulen Deutsch ist.
Dazu aber bedarf es keiner Anträge und Appelle. Dieser Aufgabe haben sich alle Schulen mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund ohnehin gewidmet. Darüber hinaus sollte es der Verantwortung der Schulen und Schulgemeinden überlassen bleiben, ob sie für den Umgang der Zweisprachigkeit ihrer Schüler und Schülerinnen weitere Regelungen treffen.
Vorgaben und Initiativen des Landes, Deutsch auf den Schulhöfen während der Pausen oder auf Klassenfahrten als Pflichtsprache einzuführen, sind deshalb unnötig und falsch.
Herr Irmer, es lohnt sich, sich etwas differenzierter mit dem Konzept der Hoover-Schule in Berlin zu beschäftigen. Denn dann wird sehr schnell deutlich, dass der Tenor Ihrer Anträge letztlich an der Sache vorbeigeht.
Die oft zitierte Schulordnung stand dort am Ende der systematischen Entwicklung eines Schulkonzepts zur Deutschförderung. Das begann dort schon im Jahr 2000. Die Schule selbst nennt sich inzwischen Schwerpunktschule für Deutsch mit erweitertem Nachmittagsprogramm. Das geht folgendermaßen ab: Mit der Aufnahme an der Hoover-Schule werden Spracheingangstests durchgeführt, und aufbauend auf den Ergebnissen werden Kleingruppen von 16 Schülern eingerichtet, die zwei zusätzliche Deutschförderstunden in der Woche erhalten. Dies geschieht nach einem individuellen Förderansatz, der bewusst auf heterogene Leistungsgruppen setzt. Deutschschwache und deutschstarke Schüler werden in einer Gruppe zusammengestellt.Hier liegt nämlich das eigentliche Geheimnis der verbesserten Deutschleistungen der Berliner Realschüler – zwei zusätzliche Deutschstunden und ein individuelles Förderkonzept, für das die Schule auch die notwendigen Lehrerstunden zur Verfügung stellen kann.
Die Regelung der Schulordnung, auf die sich die Anträge von FDP und CDU beziehen, wurde erst vor einem Jahr beschlossen und ergänzt lediglich ein pädagogisches Angebot, das auf die Förderung des einzelnen Kindes setzt. Nicht wegen der Deutschpflicht sprechen die Kinder besser Deutsch, sondern deshalb, weil ihnen zusätzliche Angebote die Möglichkeit geben, sich besser in der Unterrichtssprache zu bewegen.
Hier sieht die SPD-Fraktion den eigentlichen Handlungsauftrag an die Politik in Hessen. Richtig wäre es, die Lehrerzuweisung nach sozialen Indikatoren wie Migrantenanteil, Sozialhilfedichte oder Arbeitslosenquote konsequent zu verstärken. Richtig wäre es auch, durch eine bes
sere Ausstattung der Vorschuleinrichtungen früher mit der Förderung zu beginnen. Durch die Einführung eines verbindlichen und für die Eltern gebührenfreien Vorschuljahres können alle Kinder früher mit einem ganzheitlichen Förderkonzept erreicht werden. Dazu gehört die Sprachförderung. Dazu gehören aber auch alle Aspekte der Persönlichkeits- und Lernentwicklung eines Kindes. Denn die Bildungsbenachteiligung eines Viertels unserer Kinder hat nicht isoliert etwas mit der Sprachbeherrschung und mit dem Migrationshintergrund zu tun. Förderung muss den Erwerb und den Umgang mit der deutschen Sprache beinhalten, aber darf sich nicht darauf beschränken. Deshalb sind Vorlaufkurse allein als Konzept gegen ungleiche Bildungschancen zu kurz gegriffen.
Die Herbert-Hoover-Schule in Berlin ist ein Beispiel dafür, dass individuelle Fördereinsätze nicht nur vor dem Schuleintritt nötig sind, sondern die Schullaufbahn jedes Kindes begleiten und ergänzen müssen. Dazu bedarf es auch der notwendigen Ressourcen. Wenn Schulgemeinden zusätzlich in einem demokratischen Prozess Regelungen über den Gebrauch der deutschen Sprache im Schulhof erarbeiten, sollte die Politik ihnen dies nicht verbieten.
Politik sollte aber durch entsprechende Anträge nicht den Anschein erwecken, dass sich aus der individuellen Regelung der Berliner Hoover-Schule ein Problemlösungsmodell für sprachliche Integration ableiten lässt.
Deshalb können wir als SPD-Fraktion uns der am 26.01. in der „Frankfurter Rundschau“ veröffentlichten ersten Stellungnahme aus dem Hessischen Kultusministerium inhaltlich voll anschließen. Dort sagte Tanja Schruttke, Sprecherin von Kultusministerin Karin Wolff, sie gehe davon aus, „dass unsere Lehrerinnen und Lehrer es auch ohne bürokratische Maßnahmen schaffen, gute Sprachkenntnisse zu vermitteln“. Darauf folgt ein Satz über die Vorlaufkurse. Den lasse ich weg.