Wenn die Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht über eine Erhöhung der Preise auf die Verbraucher überwälzt werden kann, dann werden die Margen der Händler und Unternehmen sinken. Sie sollten sich einmal überlegen, welche Margen es im deutschen Handel und Handwerk gibt. Wenn man von dem Umsatz des Handels und des
Handwerks 3 % abzieht, kann man feststellen, dass viele Unternehmen in der Tat unter die Nulllinie fallen werden. Das heißt, sie werden Insolvenz anmelden müssen oder sind von Insolvenz bedroht.
Das alles kann doch nicht im Sinne des Erfinders sein. Mich wundert das schon, dass der Ökonom und Wirtschaftsminister Dr. Rhiel dieser undurchdachten und von reiner Abkassiermentalität getragenen Entscheidung zustimmen kann. Weiß er denn nicht, dass die gerade aufkeimende Konjunktur dadurch geschwächt und der Mittelstand geschädigt wird?
Mir liegen all die Reden vor, in denen gesagt wurde, der Mittelstand erhält die Arbeitsplätze, der Mittelstand schafft Ausbildungsplätze und der Mittelstand hat sichere Arbeitsplätze. Aber der Mittelstand wird doch durch solche Maßnahmen kaputtgemacht.
Herr Präsident, ich hätte noch viel zu sagen. Ich werde mich aber jetzt auf den Schluss meiner Rede konzentrieren.
Sie müssen dabei auch bedenken, dass wir in dem Zeitraum von 2007 bis 2009 nicht nur die Mehrbelastung durch die Mehrwertsteuererhöhung haben werden.Hinzu kommt noch die Abschaffung von Vergünstigungen, sodass sich eine Mehrbelastung in Höhe von 100 Milliarden c ergibt. Diesen 100 Milliarden c steht ein Investitionsprogramm in Höhe von 25 Milliarden c gegenüber. Im Saldo bedeutet dies also, dass sich eine Mehrbelastung von 75 Milliarden c für die deutsche Wirtschaft ergibt.
Gibt es einen Weg, diesen Unsinn zu verhindern? Ja, den gibt es. Die Länder Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und SachsenAnhalt haben sich auf Druck der FDP vorgenommen, der beabsichtigten Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht zuzustimmen.
Wer die Mehrwertsteuererhöhung verhindern will, weiß, was er am 26. März 2006 zu tun hat. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege von Hunnius, ich räume ein:Wir hätten gerne heute in diesem Haus gemeinsam mit Ihnen allen eine Steuersenkung gefeiert.
Aber die Lage unseres Landes stellte sich bereits im vergangenen Jahr so dar, dass keine Steuersenkungen möglich sind. Das Gegenteil ist sogar der Fall: Um die Staatsfinanzen zu stabilisieren, ist es notwendig, eine Steuererhöhung vorzunehmen.
Herr von Hunnius, ich möchte jetzt Ihren Vorwurf zurückweisen, zumindest für den Fall, dass Sie ihn gegen die Union erhoben haben. Sie behaupteten, es habe sich um Wahlbetrug gehandelt.
(Nicola Beer (FDP): Sie haben doch von einer Erhöhung um 2 Prozentpunkte und nicht um 3 Prozentpunkte gesprochen!)
Das war schon eine ungewöhnliche Maßnahme: Wir hatten bereits im vergangenen Jahr vor der Wahl angekündigt, dass die Mehrwertsteuer um – zugegebenermaßen damals angekündigt – 2 Prozentpunkte erhöht werden würde. Wie Sie alle wissen, war das Wahlergebnis so, dass in einer großen Koalition ein Kompromiss gefunden werden musste.
Nun räume ich schon ein, dass dieser Kompromiss bemerkenswert ist. Denn die Ausgangslage war doch die, dass die einen forderten,die Mehrwertsteuer solle nicht erhöht werden, und die anderen wollten eine Erhöhung um 2 Prozentpunkte. Am Ende ist dann eine Erhöhung um 3 Prozentpunkte herausgekommen.
Wenn so etwas bei Tarifverhandlungen geschehen würde, würde das sicherlich das Erstaunen des Publikums hervorrufen.
Aber wir sollten doch bitte nicht so tun, als ob die Erhöhung der Mehrwertsteuer etwas vollkommen Neues, ein Novum, sei. Der Vorläufer der Mehrwertsteuer, die Warenumsatzsteuer, wurde 1916 in Deutschland eingeführt. Damals betrug der Steuersatz 1 %. Die nächsten Stufen waren 2 % und 4,5 %. Es hat immer wieder Erhöhungen gegeben.
1967 wurde die vorsteuerabzugsfähige Mehrwertsteuer eingeführt.Damals begann es mit 10 %.Sie wurde dann in Stufen in den Jahren 1977, 1979, 1983, 1992 und zuletzt im Jahre 1998 erhöht. Dies führte zu dem heute gegebenen Niveau von 16 %.
Dieser Kompromiss ist zustande gekommen, weil eine Abwägung vorgenommen werden musste. Auf der einen Seite besteht die Notwendigkeit, die Staatsfinanzen zu stabilisieren und die Lohnnebenkosten zu senken. Ein Teil des Aufkommens aus der Mehrwertsteuererhöhung wird, wie Sie wissen, zur Senkung der Lohnnebenkosten verwendet werden.
Auf der anderen Seite muss man in die Waagschale werfen, dass man weiß, dass das die anspringende Konjunktur belasten könnte. Das ist uns klar.
Wir müssen aber auch über die Grenzen unseres Landes hinausschauen. Dann werden wir sehen, dass die Anhebung der Mehrwertsteuer ein Beitrag zur Harmonisierung in der Europäischen Union ist.Wenn wir eine Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % haben, werden wir das gleiche Niveau haben, das es in der Slowakei, in Tschechien, in den Niederlanden und auf dem Festland von Griechenland gibt. Bei meiner Recherche habe ich festgestellt, dass
Lassen Sie mich in der gebotenen Kürze noch einmal auf die konjunkturellen Auswirkungen zu sprechen kommen. Herr von Hunnius, nicht alle Experten stehen der Erhöhung kritisch gegenüber. Zum Beispiel hat der Chefvolkswirt der Deutschen Bank eine noch stärkere Mehrwertsteuererhöhung gefordert. Er hat dies allerdings mit der Forderung verbunden, die Lohnnebenkosten müssten dann auch stärker gesenkt werden.
Aufgrund der vergangenen Erhöhungen der Mehrwertsteuer,die ich eben angesprochen habe,wissen wir,dass es nach den jeweiligen Erhöhungen zu kurzfristigen Einbrüchen, konjunkturellen Dellen, gekommen ist. Ich gehe davon aus, dass auch in diesem Fall allenfalls eine konjunkturelle Delle in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2007 zu verzeichnen sein wird.
Frau Kollegin Beer, dieser Einbruch wird aber auch durch das Vorziehen von Investition und das Vorziehen des Kaufs von Konsumgütern zum Ende des Jahres 2006 zum Teil kompensiert werden.
Wir müssen auch noch etwas anderes bei der Abwägung der Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Erhöhung von Ertragssteuern ins Kalkül ziehen. Weil das Bestimmungslandprinzip Anwendung findet, ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Standortentscheidungen in unserem Land unerheblich. Der Abwanderung von Arbeitsplätzen wird dadurch nicht weiterer Vorschub geleistet werden. Bei einer Erhöhung der Lohnnebenkosten wäre das aber zwangsläufig der Fall.
Lassen Sie mich abschließend noch einmal die Frage beleuchten, ob kleinere Einkommen von der Erhöhung der Mehrwertsteuer überproportional belastet werden. Ich behaupte: Das Gegenteil ist der Fall. – Es gibt Untersuchungen, z. B. des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, denen zufolge sich die Verbraucherpreise nur um 1,7 % erhöhen, wenn die Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte erhöht wird.
Lassen Sie mich auch noch Folgendes feststellen.Das wird in dieser Diskussion immer wieder vergessen.Gerade diejenigen, die nur über ein kleines Einkommen verfügen, müssen einen erheblichen Teil ihrer Aufwendungen in den Bereichen leisten, in denen entweder überhaupt keine Umsatzsteuer erhoben wird – wie etwa bei der Miete – oder in denen der abgesenkte Mehrwertsteuersatz von 7 % gilt. Das ist der Fall, wenn sie Lebensmittel einkaufen oder wenn sie den öffentlichen Personennahverkehr in Anspruch nehmen.
(Heiterkeit und Beifall der Abg. Kordula Schulz- Asche und Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Herr Kollege Williges, ich erwarte, dass Sie das akzeptieren.Andernfalls stünde mir eine ganze Reihe an Maßnahmen zur Verfügung.
Herr Präsident, um Sanktionen zu entgehen, möchte ich mit einem Satz schließen. Er lautet: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist unerfreulich, aber leider unvermeidbar.