Protokoll der Sitzung vom 30.03.2006

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben in Darmstadt weniger Stimmen verloren als Sie! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Wählerinnen und Wähler haben eine klare Aussage zu den Notwendigkeiten im Lande Hessen getroffen.

Es gibt ein Wort der Dichterin Ingeborg Bachmann, das lautet: „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.“

(Norbert Schmitt (SPD): Hegel, Kant, Wolff – drei Philosophen!)

Meine Damen und Herren, diese Landesregierung hat im Kommunalwahlkampf keine der wesentlichen Fragen ausgeklammert. Sie hat alle Zukunftsfragen – vom Flughafenausbau über die Bildung bis zur wirtschaftlichen Entwicklung und zur Entwicklung der Innenstädte – auf den Prüfstand gestellt. Ich glaube, dieses ist eindrucksvoll bestätigt und damit auch klargestellt worden, dass wir mit

Fug und Recht an diesen Fragestellungen weiter arbeiten, unser Hessenland weiterhin voranbringen, wie wir das in den vergangenen Jahren bereits getan haben.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Sie sind mit sehr wenig zufrieden! – Norbert Schmitt (SPD): Machen Sie nur weiter so! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist kein Schaden für das Land Hessen, sondern eine großartige Leistung, dass im Aufgabenbereich des Hessischen Innenministeriums, bei der hessischen Polizei, bei einer insgesamt geringeren Zahl von Straftaten – das heißt Verhinderung im Vorfeld – die Aufklärungsquote in einer sehr beachtlichen Weise gestiegen ist.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Deshalb hat die CDU in Darmstadt über 4 % verloren! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist kein Zufall, dass in sozialdemokratisch regierten Ländern die Leistungen im Bereich Bildung sukzessive nach unten gehen, während wir in Hessen in allen Fragestellungen – von PISA über den Mathematikwettbewerb bis zu den Abschlussprüfungen – schrittweise und stetig besser werden.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Staatsministerin, denken Sie bitte an die Redezeit.

Es ist kein Zufall, dass diese Landesregierung – auch unter Inanspruchnahme der Gerichte – stetig dabei ist, viele Verkehrsprojekte im Interesse der Wirtschaft umzusetzen, obwohl es Leute gibt, die immer und immer wieder versuchen, diese Projekte zu verhindern. Es ist kein Zufall,dass das entscheidende Kriterium dafür,wie das Land dasteht,auch darin seinen Ausdruck findet,dass die Frage, ob dieser Ministerpräsident tatkräftig und durchsetzungsfähig ist, von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung mit einem klaren Ja beantwortet wird.

(Norbert Schmitt (SPD): Nein, die sind sehr unzufrieden mit ihm!)

Eine solche Interessenvertretung für das Land Hessen werden wir auch in Zukunft brauchen, und wir werden sie haben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die erste Aktuelle Stunde,Tagesordnungspunkt 71, abgehalten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 72 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Kochs Schulpolitik – da wird sogar die Kanzlerin ausgebuht) – Drucks. 16/5435 –

Das Wort hat der Kollege Wagner, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte meine Rede mit einem Zitat der Bundeskanzlerin beginnen: „Politik beginnt mit dem Wahrnehmen der Wirklichkeit.“

Das ist einer der Lieblingssätze von Frau Merkel. Das ist auch etwas, was ihre Politik prägt und leitet. Die Bundeskanzlerin musste in der vergangenen Woche erfahren,was dieser Satz in Hessen unter der absoluten CDU-Mehrheit bedeutet. Ich zitiere aus einer „dpa“-Meldung über den Wahlkampfhöhepunkt der CDU in der vergangenen Woche in Limburg.

(Zuruf von der CDU: Die haben doch keine Ah- nung davon! – Allgemeine Heiterkeit)

Ich zitiere, und dann diskutieren wir darüber, wer Ahnung von Bildung hat und wer nicht.

Lob für Hessens Schule floppte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) blickte irritiert. Unter den 2.000 CDU-Anhängern in der Limburger Stadthalle erhob sich plötzlich lautes Murren. Dabei hatte Merkel bei ihrem Wahlkampfauftritt am Mittwochabend gerade begonnen, die schulpolitischen Verdienste ihres Parteifreunds Roland Koch aufzuzählen. Doch – Zitat Merkel – „die Tatsache, dass endlich jede Stunde im Stundenplan auch gegeben wird“ gehörte offensichtlich nicht zur Erfahrungswelt der Zuhörer, die ihre Unzufriedenheit spontan äußerten.

Meine Damen und Herren,Politik beginnt mit dem Wahrnehmen der Wirklichkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Meine Damen und Herren von der Union, was ist das in der Bildungspolitik eigentlich für ein Abstieg? Vor sieben Jahren sind Sie hier angetreten und haben gesagt, Sie wollen Hessen zum Bildungsland Nummer eins machen. Sieben Jahre hat Karin Wolff daran gearbeitet. Das Ergebnis ist, dass Ihre eigene Bundeskanzlerin von ihren eigenen Leuten ausgebuht wird, wenn sie sich auf die Schulpolitik dieser Landesregierung bezieht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der CDU: Das ist ja lä- cherlich!)

Herr Ministerpräsident Koch hat am Dienstag zum Kollegen Schmitt in der Debatte über die Kommunalwahl gesagt, die SPD sei als Jagdbomber gestartet und habe als Jammerlappen geendet.

(Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Klatschen Sie nicht zu früh. – Ich kann nur sagen:Wenn Ihre eigene Kanzlerin ausgebuht wird, dann sind Sie in der Bildungspolitik in der Tat als Jagdbomber gestartet und haben als Jammerlappen geendet, meine Damen und Herren von der CDU.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU)

Jetzt ist die Kultusministerin bzw. ihr Haus sich nicht zu schade, Folgendes zu sagen. Ich zitiere noch einmal aus der „dpa“-Meldung: Es gebe ausreichend Pädagogen, um

den Pflichtunterricht abzudecken, sagt Kultusministeriumssprecherin Tatjana Schruttke.

Jetzt kommt ein Zitat von Frau Schruttke: „Aber die Wahrnehmung bei den Eltern ist eine andere.“

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ja,Politik beginnt mit dem Wahrnehmen der Wirklichkeit, meine Damen und Herren von der CDU.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Nicht die Eltern haben die falsche Wahrnehmung, meine Damen und Herren von der CDU, sondern Sie haben die falsche Wahrnehmung. Sie nehmen überhaupt nicht mehr wahr, was an unseren Schulen tatsächlich die Wirklichkeit ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der CDU: Sie haben die falsche Wahrnehmung!)

Dann sagt die Frau Kultusministerin eben: „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.“ Das ist ein sehr richtiges Zitat, Frau Kultusministerin. Sie ist aber auch einer Landesregierung zumutbar. Die Wahrheit in diesem Land ist: Die Unterrichtsgarantie ist bei weitem nicht erfüllt. Diese Wahrheit ist auch dieser Landesregierung zumutbar.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Jetzt versuchen Sie, nachdem Sie sieben Jahre die Unterrichtsgarantie nicht hinbekommen haben, die Verantwortung dafür auf die Schulen abzuschieben. Frau Kultusministerin, wenn Sie es nicht hinbekommen, dann müssen Sie Platz machen für Leute, die es hinbekommen. Aber Sie dürfen nicht die Verantwortung an die Schulen abschieben, Frau Kultusministerin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es kann doch keiner mehr in diesem Land die Parallelen zwischen der zweiten Legislaturperiode von Rot-Grün unter Hartmut Holzapfel und Ihrer zweiten Legislaturperiode unter Karin Wolff übersehen.

(Widerspruch und Zurufe von der CDU)

Es kann doch keiner die Parallelen übersehen.Wir haben in unserer zweiten Legislaturperiode Fehler gemacht. Dazu bekenne ich mich ausdrücklich.

(Michael Boddenberg (CDU): Das war jetzt etwas zu viel!)

Wir haben aus diesen Fehlern in der Schulpolitik gelernt. Ich verstehe nicht, warum diese Kultusministerin in ihrer zweiten Legislaturperiode die gleichen Fehler macht, wie sie Rot-Grün und Hartmut Holzapfel in ihrer zweiten Legislaturperiode gemacht haben. Das verstehe ich wirklich nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU)