In der CDU-Logik bleiben heißt doch, sofort schlechtere Löhne zu zahlen – die Arbeitnehmer können ja aufstocken. Ich frage Sie: Wer soll das am Ende bezahlen? Wir privatisieren die Gewinne, und die Kosten dafür sozialisieren wir. Ganz zu schweigen davon, wie wir mit der Würde der arbeitenden Menschen umgehen. Von Arbeit muss man leben können.
Deshalb fordern wir die geschäftsführende Landesregierung auf, eine Bundesratsinitiative zur Einführung von Mindestlöhnen zu ergreifen, aber auch zur Zurückdrängung von 1-c-Jobs, die umgehend in versicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse umgewandelt werden müssen. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die geringfügige Beschäftigung wieder auf ein Maß zurückgeführt wird, das nicht reguläre Arbeitsplätze gefährdet, sondern dafür sorgt, dass nur noch Menschen, die in ganz geringfügigem Maß arbeiten, von der Sozialversicherungspflicht befreit sind. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Für die Landesregierung hat Frau Staatsministerin Lautenschläger das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nachvollziehen, dass die SPD-Fraktion heute sagt:Wir machen einen Setzpunkt zu diesem Thema und versuchen, wieder nach vorne zu kommen.Denn die letzte Forsa-Umfrage,die die SPD immerhin bei 20 % sieht, nur noch 5 Prozentpunkte vor der LINKEN mit 15 %, ist natürlich ein Tiefpunkt gewesen.
(Axel Wintermeyer (CDU): So ist es! Das ist die Wahrheit! – Gegenruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD):Wie war das am 27. Januar?)
Frau Kollegin Müller-Klepper hat schon deutlich gemacht, dass dort dringend Frischzellen notwendig wären.
Herr Kollege Schmitt,es ist besser,wenn ich Ihnen heute nicht sage, was ich den Zeitungen entnehmen konnte. Zu Ihrem eigenen Verhalten hat Ihre Fraktion in den letzten Tagen ja genug gesagt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Dann muss es ja stimmen, wenn es in der „Bild“-Zeitung steht! Wenn das Ihre Informationsquellen sind, dann gute Nacht, Landesregierung!)
Frau Kollegin Ypsilanti, wie ich schon sagte, Frischzellen sind da vielleicht ein Thema. Aber der Demagogie von Herrn Lafontaine als SPD-Fraktion immer weiter nachzulaufen, scheint ja nicht gerade ein erfolgreiches Rezept für die Fraktion dieses Hauses zu sein. Es scheint eher immer mehr zum Absterben von vernünftigen Ideen und zum Anwachsen der LINKEN zu führen, was vielleicht die ganz linke Seite dieses Hauses freut.
Bei Männern ist die Zustimmung zu beiden Parteien schon gleich, bei 17 %.Aber für die Probleme, die Sie auf die Tagesordnung gesetzt haben – darüber wollen wir uns heute eigentlich unterhalten –,haben Sie keine Lösungen. Das Spannende daran ist – auch das haben zwei meiner Vorredner schon angesprochen –, dass wir den Höchststand der Arbeitslosigkeit im Jahr 2005 hatten. Am Ende der rot-grünen Regierung waren dort die größten Probleme vorhanden.Im Übrigen bezieht sich Kollege Scholz mit seinem Armuts- und Reichtumsbericht, den er auf Bundesebene vorgelegt hat, auf genau diese Zahlen im Zeitraum zwischen 2002 und 2005.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD und den GRÜNEN, das müsste Ihnen durchaus zu denken geben. Sie haben damals nicht über das Thema Mindestlöhne gesprochen, weil Sie genau wussten, dass Sie Arbeitsplätze vernichten.
Aber Sie hatten die größte Arbeitslosigkeit.Wenn wir uns den Armutsbericht ansehen, den Sie heute sehr bewusst außen vor gelassen haben, um auf andere Themenfelder abzulenken, dann stellen wir fest, dass Sie auch sehr bewusst die Entwicklung seit dem Jahr 2005 ausgeblendet haben. Denn gleichzeitig haben wir jetzt endlich wieder einen Zuwachs an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und dort den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung.
Wir haben dort also in den letzten Jahren eine ganze Menge erreicht, sowohl in Hessen als auch im übrigen Bundesgebiet. Dazu hat z. B. die Zeitarbeit einen ganz wichtigen Anteil beigetragen. Deswegen finde ich es schon bedauerlich, dass wir dieses Thema im Hessischen Landtag zwar nun zum wiederholten Male auf der Tagesordnung haben – –
Herr Kollege Wintermeyer,das ist zutreffend,weil es der einen Seite dieses Hauses schlichtweg nicht um Problemlösung geht.
Problemlösung würde bedeuten, dass wir anerkennen, dass die Arbeitslosigkeit nach SGB III massiv zurückgegangen ist,
wir aber gleichzeitig nach wie vor ein Problem bei der Langzeitarbeitslosigkeit haben, also nach SGB II, und dort nach wie vor auf einem hohen Niveau verharren.Wir müssen uns hier über die unterschiedlichen Gründe dafür unterhalten und überlegen, wie wir diesen Menschen helfen können, aus der Langzeitarbeitslosigkeit herauszukommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dazu gehört eben auch das Instrument der Zeitarbeit. Denn wie das IAB der Bundesagentur für Arbeit feststellt, spielen beim Thema Zeitarbeit die gering Qualifizierten – und das sind die Langzeitarbeitslosen – die größte Rolle. Diejenigen, die in Zeitarbeit tätig sind, waren zum größten Teil in den letzten Monaten davor arbeitslos und haben durch die Zeitarbeit überhaupt erst ein Sprungbrett in den normalen Arbeitsmarkt bekommen. Gering Qualifizierte erhalten durch die Zeitarbeit eine Chance, auf dem Arbeitsmarkt wieder mitzubestehen, auch wenn zum Teil noch staatliche Zuschüsse fließen müssen.
Aber vielleicht sollten wir an dieser Stelle wieder einmal darauf stolz sein, dass wir ein soziales Sicherungssystem haben, das genau in solchen Fällen Armut verhindert, indem es staatliche Zuschüsse zahlt und den Menschen eine Brücke aus der Abhängigkeit zurück in die Unabhängigkeit schafft. Um das Armutsrisiko zu senken, sind staatliche Zuschüsse notwendig. Die Menschen sollen nicht in Armut bleiben, und wir bauen ihnen eine Brücke aus der Arbeitslosigkeit heraus.
Ich will auch einmal festhalten, dass ungefähr ein Drittel der Leiharbeitnehmer im Anschluss an das Leiharbeitsverhältnis eine unbefristete Beschäftigung erlangt. Das ist durchaus ein großer Erfolg und hat natürlich etwas damit zu tun, dass in den letzten Jahren die Leiharbeit angestiegen ist und dass überhaupt nur in diesem Segment Langzeitarbeitslose wieder eine Chance hatten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPDFraktion, wenn Sie hier heute über den Mindestlohn oder über das Thema Tariftreue sprechen, dann wissen Sie genau:Wir haben letztes Jahr ein Gesetz gemacht, aber dazu hat der Europäische Gerichtshof sehr deutlich gesagt, dass alle in Deutschland bestehenden Gesetze so nicht
möglich sind. Jetzt reden wir darüber: Gibt es Brücken, über die man noch einen Teil davon retten kann, oder gibt es sie nicht? Wie muss man damit umgehen? Auf der anderen Seite haben wir heute schon die Instrumente des Entsendegesetzes und auch der Tarifparteien, wenn sie Anträge auf Allgemeinverbindlichkeit stellen.
Wenn Sie hier immer Gespenster an die Wand malen – was Sie mit dem Thema Zeitarbeit, die Sie auch gerne nur als Leiharbeit bezeichnen, machen –, hat das genau damit zu tun, dass Sie schlichtweg nicht wollen, dass Menschen in diesem Bereich neue Chancen bekommen.
Das lehnen wir ab.Wir wollen, dass dieses Segment bleibt und dass wir weitere Türen öffnen, um Langzeitarbeitslose besser zu fördern.
Interessant ist – das gehört auch zur Wahrheit –, dass Ihre rot-grüne Bundesregierung mit uns als Landesregierung damals die Lösung „Leistung aus einer Hand“ angestrebt hat, die alle für richtig gehalten haben, um besser zu fördern und zu fordern, aber eben auch demjenigen, der Hilfe braucht, allumfassend einen Fallmanager als Ansprechpartner zu geben.
Was passiert nun auf der Bundesebene? Der Kollege Scholz, seines Zeichens SPD, macht Vorschläge, das alles wieder zu trennen, anstatt mit den Ländern gemeinsam vernünftige Modelle zu suchen. Das ist die Rolle rückwärts. Sie hilft keinem einzigen Langzeitarbeitslosen, und da helfen auch Ihre Schaufensteranträge überhaupt nicht weiter.
Natürlich gehört auch dazu, dass wir dort in einem Teilbereich nach wie vor große Probleme haben. Das sind die geringfügig Beschäftigten, die Langzeitarbeitslosen, die jetzt in 400-c-Jobs verharren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Kollegin Ypsilanti, dazu, wie Sie damit umgehen wollen, habe ich von Ihnen kein einziges Wort gehört. Wir haben dazu längst Vorschläge gemacht. Was das Verharren in diesem Bereich angeht, so ist der Zuverdienst bei den 400-c-Jobs ein Problem. Es lohnt sich für den Betroffenen nicht, das Sprungbrett einer Ganztags- oder einer anderen Beschäftigung anzunehmen. Dort brauchen wir dringend Veränderungen.
Das ist nicht neu, das haben wir schon mehrfach diskutiert.Ich kenne aber keine Initiative der SPD dazu,die genau diese Probleme, die die Wirtschaftsweisen regelmäßig in den Berichten des Sachverständigenrats darstellen,aufgenommen hat. Weder auf Bundesebene noch im Hessischen Landtag ist die SPD bereit, genau über diese Probleme zu sprechen, um Menschen aus der dauerhaft geringfügigen Beschäftigung herauszuführen und ihnen wieder vernünftige Chancen zu bieten.
Selbstverständlich gehört auch mit dazu, wenn wir über unterschiedliche Chancen sprechen, dass wir uns anschauen müssen, für wen es bei der Langzeitarbeitslosigkeit am schwierigsten ist. Das sind die Alleinerziehenden, Familien mit mehr als drei Kindern, die besondere Schwierigkeiten haben, weil das Thema Kinder zu einem erhöhten Armutsrisiko führt. Die Kollegin von der Leyen will auf Bundesebene den Kinderzuschlag genau deswegen umbauen, weil dieses Problemfeld erkannt ist und wir dort zielgerichtet Zuschüsse brauchen, um Familien
mit mehreren Kindern zu helfen. Gleichzeitig müssen wir als Hessische Landesregierung unsere Hausaufgaben machen – im Vergleich mit den anderen westlichen Bundesländern haben wir einen Spitzenwert bei der Kinderbetreuung –
und den Ausbau vorantreiben. Wir müssen Alleinerziehende weiter unterstützen und auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen.
Meine Damen und Herren, sehr geehrte Frau Kollegin Ypsilanti, ich will noch einmal darauf hinweisen: Nur Schaufensteranträge zu stellen, um wieder auf der politischen Bühne präsent zu sein, und Herrn Lafontaine, einem Demagogen, hinterherzulaufen, das bringt unser Land nicht weiter.
Wir müssen gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen, dass für diejenigen Gruppen, für die es in unserem Land immer noch eine sehr schwierige Lage gibt, das sind Menschen mit Migrationshintergrund, Alleinerziehende und die Mehrkindfamilien in ganz besonderem Maß, eine Besserung eintritt.Wir müssen gemeinsame Lösungen für sie finden, um über die Kinderbetreuung, den Familienzuschlag, die unterschiedlichen flexiblen Möglichkeiten wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Aber auch das, was die Landesregierung in den letzten Jahren für Kinder mit Migrationshintergrund auf die Beine gestellt hat, nämlich frühe Sprachförderung, Abbau der Quote der Hauptschulabbrecher, um bessere Bildungsabschlüsse zu erreichen, waren wichtige Schritte. Das alles hat sich in den letzten Jahren sehr deutlich gezeigt und kann sich sehen lassen.
Diesen Weg wollen wir weitergehen. Dazu erwarte ich von Ihnen dezidierte Vorschläge, wie wir uns gemeinsam um die Geringstqualifizierten und die Langzeitarbeitslosen kümmern, und nicht, dass Sie schöne Programme ankündigen, sie nicht finanzieren und gleichzeitig immer noch versuchen,