Das SGB II regelt in seinem § 16 die vom Bund finanzierten sogenannten Eingliederungsleistungen. Es geht also um konkrete Leistungen, die den Langzeitarbeitslosen helfen sollen, schnell zurück ins Erwerbsleben zu gelangen. § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II spricht darüber hinaus von den sogenannten weiteren Leistungen, die für eine Eingliederung erbracht werden können. Das sind also Leistungen, die quasi den Charakter einer Generalklausel haben, um passgenaue Hilfen vor Ort jenen zu bieten, die nicht in das normale Leistungsraster des SGB III passen. Von vielen Rednern ist heute hier schon erwähnt worden, dass es um den Personenkreis geht, der nicht unter die klassischen Instrumente des SGB III fällt, sondern dass es sich um Langzeitarbeitlose mit sehr unterschiedlichen und vor allem multiplen Problemlagen handelt.
Es geht auch nicht darum, dass das besonders innovative Leistungen sein sollen, denn selbstverständlich ist das Nachholen eines Hauptschulabschlusses nichts besonders Innovatives, aber es ist etwas dringend Notwendiges, genauso wie es eine Selbstverständlichkeit ist, dass junge Migranten, denen man eine Chance auf Arbeit geben will, wenigstens die Möglichkeit bekommen müssen, Deutsch zu lernen. Bei Sprachkursen und dem Angebot zum Abschluss der Hauptschule handelt es sich also um Grundvoraussetzung. Es geht aber z. B. auch um Kinderbetreuungsangebote während der Ausbildung, um die betroffenen Menschen wieder in Arbeit zu bringen und solchen Problemlagen gerecht zu werden.
In Hessen werden über die Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II sowohl bei den Arbeitsgemeinschaften also auch bei den Optionskommunen im Schnitt ca. 30 % des Eingliederungstitels gebunden. Das zeigt, wie wichtig diese Instrumente sind, um Menschen wieder in Arbeit zu vermitteln.
Wir hatten von Beginn an,als das neue Gesetz in Kraft getreten ist,einen heftigen Streit zwischen den Ländern,den Kommunalen Spitzenverbänden, den Arbeitsgemeinschaften, den Optionskommunen und dem Ministerium für Arbeit und Soziales, da dort versucht wird, die Generalklausel so auszulegen, dass sie nur in ganz wenigen Fällen eine Ergänzung der Maßnahmen des SGB III darstellt. So kommt es dazu, dass Prüffeststellungen des Rechnungshofs gefertigt werden, aber eben nur deswegen, weil das Bundesministerium vorher eine Anweisung gegeben hat, die dem Rechnungshof sagt, dass das Geld so nicht eingesetzt werden darf. Das muss man immer dazusagen. Würde nämlich das Bundesministerium
eine andere Anweisung herausgeben, würde der Rechnungshof überhaupt nicht beanstanden, dass Bundesmittel angeblich falsch eingesetzt werden.
Nach Auffassung des Bundesministeriums ist es so, dass die Instrumente des SGB III vorrangig anzuwenden sind und Ausnahmen nur in ganz wenigen Einzelfällen möglich sind, z. B. bei der Beschaffung eines Anzugs, damit man entsprechend gekleidet ist. Das war aus unserer Sicht und auch aus der Sicht der anderen Länder ganz sicher nicht die Intention des Gesetzgebers, als er diese Generalklausel geschaffen hat, um vor Ort individuelle und sinnvolle Angebote machen zu können.
Das Interessante daran ist auch, dass die enge Auslegung auf Bundesebene zu relativ absurden Situationen führt. Ich kenne ein Schreiben des Bundesarbeitsministeriums, in dem Maßnahmen zur Eingliederung als „sinnvoll und für die Integration auch notwendig, aber rechtswidrig“ bezeichnet werden. Damit sind z. B. Sprachkurse oder Kurse zur Erreichung des Hauptschulabschlusses gemeint.
Ich denke, wir müssen hier schnell zu einer anderen Handlungsanweisung kommen. Die Länder sind sich an der Stelle einig. Ich denke, auch in diesem Hause besteht eine große Einigkeit darüber, dass wir hier keine Einzelregelung brauchen, die vom Bund vorgegeben wird, sondern dass vor Ort geprüft und entschieden werden soll, was notwendig ist. Das hat nichts damit zu tun, dass wir neue Gesetze brauchen, sondern das Bundesministerium muss schlichtweg seine Handlungsanweisungen zurückziehen, muss gemeinsam mit den Ländern zu einer vernünftigen Auslegung kommen, dann ist das Problem gelöst.
Wir brauchen kein langwieriges Gesetzgebungsverfahren, sondern es ist nur erforderlich, dass dort tatsächlich Vernunft einkehrt und dass das SGB III nicht immer weiter als das Instrument der Wahl angesehen wird.
Es ist auch ganz wichtig, zu sehen, dass z. B. die Förderinstrumente im SGB III ursprünglich im Wesentlichen für schwerbehinderte Jugendliche geschaffen wurden und eben nicht für die Problemgruppen, über die wir sprechen. Das sind diejenigen, die aus ganz anderen Gründen keinen Hauptschulabschluss geschafft haben oder etwa einen Sprachkurs nachholen müssen. Es ist eine Grundfehleinschätzung, zu glauben, dass diese SGB-III-Instrumente Vorrang haben, dass ansonsten gar nichts möglich ist und dass man hohe Rückforderungen stellt.
Daran ist vor allem gefährlich, dass der Einsatz der Instrumente deshalb schon in diesem Jahr – nicht erst, wenn man Änderungen vornimmt – zum Erliegen kommt, dass also weniger vermittelt wird.Es ist sicher so:Der Bund bezahlt es, und wenn er Rückforderungen stellte und die Kommune dafür haften müsste, hieße dass, dass keiner, der schon solche Bescheide bekommen hat, weitere Maßnahmen in diesem Bereich auf den Weg bringt, sodass der Einsatz sinnvoller Vermittlungsangebote und Unterstützungsmaßnahmen, um junge Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, schon in diesem Jahr schlichtweg zum Erliegen käme und den Langzeitarbeitslosen damit überhaupt nicht geholfen wäre.
Vielmehr würde eine absolut andere Richtung eingeschlagen. Somit würde die Langzeitarbeitslosigkeit unter jungen Menschen, mit der das SGB II befasst ist, fast konstant bleiben. Wir könnten viel mehr Erfolg haben, wenn die Mittel weiterhin richtig eingesetzt würden.
Deshalb hat die Sonderkonferenz der Arbeits- und Sozialminister am 8. und 9. Mai einstimmig folgenden Beschluss gefasst:
Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder erwarten von der Bundesregierung, dass die restriktive Auslegung des § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II aufgegeben und die Rechtssicherheit für den ohnehin schwierigen Umsetzungsprozess des SGB II wiederhergestellt wird.
Ich denke, das war eine eindeutige Aufforderung, die alle, die dort anwesend waren, mitgetragen haben. Es muss jetzt schnell gehandelt werden.Sonst ist ein weiteres halbes Jahr verloren – was den jungen Menschen nicht hilft –, nur weil man auf einer restriktiven Auslegung besteht, die, auch im Interesse der Länder, bei der Gesetzgebung niemals so vorgesehen war.
Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Bundesregierung verhindert das wirksame Fördern von Arbeitsuchenden, Drucks. 17/248, soll an den Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen werden. Erhebt sich hiergegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.Dann ist das so beschlossen.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes – Drucks. 17/261 –
Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Erhöhung der Referendariatsplätze – Drucks. 17/327 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Jahre 2005 wurde das Lehrerbildungsgesetz verabschiedet. Es war das erste Mal, dass wir ein Lehrerbildungsgesetz hatten, das alle drei Phasen umfasst hat: von der Studienzeit über die Referendariatszeit bis zur dritten Phase, dem Unterricht.
Relativ schnell nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes hat sich herausgestellt, dass die Lehrer im Vorbereitungsdienst – wie die ehemaligen Referendare heute heißen – während des Referendariats überfordert sind, weil sie eine sehr hohe Unterrichtsbelastung haben, die Zahl der Module sehr groß ist und auch der Inhalt dieser Module sehr umfangreich ist.
Es ist lieb,dass ihr immer so lange klatscht,aber ich habe nur fünf Minuten Redezeit, und das ist angesichts dieses umfangreichen Gesetzentwurfs ein bisschen wenig.
In den Podiumsdiskussionen während des Wahlkampfs ist uns von allen Seiten gesagt worden, dass dieses Gesetz so schnell wie möglich geändert werden sollte. Deshalb legt die FDP-Fraktion Ihnen jetzt einen Gesetzentwurf zur Änderung des Lehrerbildungsgesetzes vor. Im Einzelnen wollen wir Folgendes verändern:
Erstens. Zukünftig sollen die zwei Jahre nicht mehr in vier Semester, sondern in drei Phasen gegliedert werden: eine dreimonatige Einführungsphase, dreimal sechs Monate Hauptphase und eine dreimonatige Prüfungsvorbereitungsphase.
In der Einführungsphase soll kein eigenverantwortlicher Unterricht stattfinden, damit sich die Lehrer im Vorbereitungsdienst erst einmal an den Schulalltag gewöhnen können. Das Gleiche gilt für die letzten drei Monate, also für die Prüfungsvorbereitungsphase. Auch dann soll kein eigenverantwortlicher Unterricht mehr stattfinden, sondern es soll sehr viel Unterricht in der Prüfungsgruppe abgehalten werden, in der hinterher die Lehrerprüfungen abgenommen werden.
Zweitens wollen wir den Umfang des eigenverantwortlichen Unterrichts verringern: von zwölf auf zehn Wochenstunden. Hessen ist das Land mit der höchsten Stundenanzahl beim eigenverantwortlichen Unterricht. In Nordrhein-Westfalen unterrichten die Lehrerinnen und Lehrer im Vorbereitungsdienst nur neun Wochenstunden.
Drittens.Wir wollen eine Flexibilisierung und eine Reduzierung des Modulumfangs. Die starre Unterscheidung zwischen Pflicht- und Wahlmodulen wollen wir aufheben und stattdessen eine Unterscheidung zwischen bewerteten und nicht bewerteten Modulen einführen. Insbesondere die nicht bewerteten Module sollen von den Studienseminaren sehr viel unabhängiger gestaltet werden können. Hier können sie Schwerpunkte setzen.
Die Zahl der bewerteten Module wird von zwölf auf zehn gesenkt.In der Einführungsphase sollen die Module überhaupt nicht bewertet werden.Der Arbeitsumfang wird bei den bewerteten Modulen auf 600 Wochenstunden und bei den nicht bewerteten Modulen auf 300 Wochenstunden reduziert. Die nicht bewerteten Module werden zur besseren Vorbereitung auf die Schulpraxis inhaltlich um allgemeine Ausbildungsthemen ergänzt:z.B.das Führen von Beratungsgesprächen, eine verbesserte Diagnosekompetenz und Elternarbeit.
Wir wollen auch eine Veränderung in der Leistungsbewertung haben.Die Qualität des Unterrichts soll eine größere Bedeutung bekommen. Schlechten Unterricht kann man künftig nicht mehr durch die Mitarbeit in Modulveranstaltungen, durch Referate oder durch die Übernahme von Sonderaufgaben an einer Schule kompensieren.
Das Wichtigste für einen zukünftigen Lehrer ist, dass er gut unterrichten kann. Darauf sollte in der Ausbildung mehr Wert gelegt werden. Auch bei einer Bewertung durch Punkte wollen wir einen etwas strengeren Maßstab anlegen. So gilt jemand bereits als durchgefallen, wenn er
Auch die Verordnung über die Punktzahl der Bewertung – bei der z. B. in der Gesamtsumme nur die Note 2,5 herauskommt, selbst wenn man überall die Höchstpunktzahl erreicht hat – muss geändert werden. Das ist aber eine Verordnung. Das kann man nicht direkt durch eine Gesetzesänderung erreichen.
Wir wollen auch, dass die zweite Staatsprüfung verändert wird, was die Zusammensetzung betrifft. Bisher wurden die bewerteten Module mit 60 % angerechnet, während die Arbeit in der Schule überhaupt nicht in die Note einging.Wir wollen Anteile von 50 % für die bewerteten Module und von 10 % für die Arbeit in der Schule einführen. Wir halten das Engagement eines Referendars in der Schule für sehr wichtig. Also muss es auch in die Prüfungsnote eingehen.
Die schriftliche Arbeit soll weiterhin Bestandteil der Note sein. Sie soll aber nicht mehr über das Bestehen des zweiten Staatsexamens entscheiden. Der zukünftige Lehrer soll hauptsächlich gut unterrichten können. Ich denke, es ist nicht unbedingt wichtig für die spätere Ausübung des Berufs, dass seine große Hausarbeit so gut ist.
Wir wollen die Einstellungstermine auf den 1.Mai und auf den 1. November zurückverlegen. Die bisherigen Termine haben sich auch für die Universitäten als sehr ungünstig erwiesen; denn sie wurden mit der Ausfertigung der Prüfungsunterlagen nicht fertig, sodass die Referendare eine ziemlich lange Wartezeit hatten, bevor sie mit dem Referendariat beginnen konnten.
Die Vorbereitungszeit wird insgesamt besser gegliedert. Wir wollen die Modulinhalte abspecken. Wir wollen den Arbeitsaufwand bei den Modulen verringern. Wir wollen mehr Flexibilität bei den Modulen haben. Wir denken, dass damit die dringend notwendige Entlastung der Lehrer im Vorbereitungsdienst herbeigeführt wird.
Der Fokus soll stärker auf den Unterricht gelegt werden. Ich denke,mit unserem Gesetzentwurf tragen wir zu einer Verbesserung des Lehrerbildungsgesetzes bei. – Vielen Dank.