Protokoll der Sitzung vom 27.08.2008

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem nun klar geworden ist, dass es eine Anhörung geben soll, auf die aus unserer Sicht auch hätte verzichtet werden können – aber das ist Ihre Entscheidung –, möchte ich die Position der Landesregierung kurz vortragen.

Das Gesetz aus dem Jahr 1994, am 29. November verabschiedet, ist zu Recht weder erneuert noch aktiviert worden; denn die Ziele, die mit diesem Gesetz verknüpft waren, wurden nicht erreicht. Außerdem haben sich in der Zwischenzeit die tatsächliche Situation und ihre Rahmenbedingungen geändert.

Das damalige Gesetz ging von mehreren Voraussetzungen aus, von denen ich nur zwei nennen will. Als Begründung wurde damals z. B. angeführt, dass der Abbruch von Wohnraum zum Wegfall von Wohnungen führt. Tatsächlich diente aber der Abbruch von Wohnraum in der Regel der Errichtung neuen, hochwertigeren Wohnraums auf dem jeweils aktuellen Stand. Das war also eine Fehleinschätzung.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller?

Ich möchte mich jetzt kurz fassen; vielleicht am Ende. – Außerdem wurde angenommen, dass günstiger Wohnraum in Büroraum umgewandelt wird. Das ist auch nicht mehr der Fall. Das ist eben schon deutlich gesagt worden. Selbst wenn man glaubt, das sei ein zutreffendes Argument gewesen: Die Situation auf dem Büroraummarkt ist inzwischen dadurch gekennzeichnet, dass ein Überangebot herrscht.

Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Ein solches Gesetz könnte einen auch daran hindern – vorübergehend zumindest –, Büroraum in Wohnraum umzuwandeln und dann wieder eine Umwidmung vorzunehmen. Diese Flexibilität wird durch ein solches Gesetz beseitigt.Auch aus diesem Grund ergibt es wenig Sinn.

Wie gesagt, all das führte dazu, dass sich die Erkenntnis breitmachte, dass ein solches Gesetz, wonach man durch Bürokratie zu mehr Wohnraum kommt, nicht das geeignete Instrument ist. Vielmehr kommt es darauf an, dass dort, wo ein Wohnraummangel herrscht, wo also die Nachfrage größer als das Angebot ist, dieses Problem durch den Bau neuer Wohnungen gelöst wird.

Deswegen setzt die Landesregierung darauf – die Möglichkeiten, die wir in der Förderung haben, nutzen wir im großen Umfang dazu –, dass vor allem in den Ballungsgebieten, also dort, wo es eine Nachfrage gibt, etwas getan

wird. Es geht also nicht darum, nach dem Gießkannenprinzip überall etwas zu machen, sondern darum, sich schwerpunktmäßig auf das Rhein-Main-Gebiet zu konzentrieren. Dort sollen sowohl für den Neubau als auch für die Modernisierung von Wohnungen und insbesondere unter dem Gesichtspunkt Barrierefreiheit großzügig Unterstützungsleistungen gezahlt werden. Diese Zahlungen werden insbesondere von den Wohnungsbaugesellschaften in Anspruch genommen, die in den Ballungsräumen umfangreiche Investitionen in den Geschosswohnungsbau tätigen.

Vor allem leitet uns natürlich die verfassungsrechtliche Bewertung eines solchen Gesetzes. Art. 45 Abs. 1 Satz 1 der Hessischen Verfassung, in dem es um die Gewährleistung des Rechts auf Privateigentum geht, ist schon zitiert worden. Deswegen muss, wenn ein solches Gesetz überhaupt greifen soll, besonders geprüft werden, ob der Eingriff verhältnismäßig ist.

Meine Damen und Herren, wir haben erlebt – die Zahlen dokumentieren es –, dass sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt seit dem Auslaufen des Gesetzes nicht verändert hat. Sie hat sich nicht ins Negative gewendet.

Deshalb können wir die Situation so betrachten, wie es eben formuliert worden ist: Ein solches Gesetz wird auch in Zukunft keine Wirkung zeigen. Wir müssen andere Maßnahmen ergreifen. Die gezielte Schaffung von Wohnraum und die weitere Förderung von Wohnungsbau sind geeignetere Maßnahmen, die den Menschen dienen. Zwang und Regulierung dagegen sind nicht geeignet. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Bei der Gelegenheit darf ich auf Folgendes hinweisen. Wir sind zeitlich im Verzug. Ich frage die parlamentarischen Geschäftsführer, ob wir beim nächsten Tagesordnungspunkt die vereinbarte Redezeit von zehn Minuten etwas verkürzen können. Ich bitte Sie, das zu erörtern.

(Günter Rudolph (SPD): Fünf Minuten!)

Fünf Minuten. – Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Kollege Schaus das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss gestehen, ich bin etwas verwirrt. Herr Milde – –

(Clemens Reif (CDU):Der Kollege Milde ist bei einer Besuchergruppe! Ich vertrete ihn!)

Ja. – Als Herr Milde sagte, ihm zieht es die Schuhe aus, dachte ich daran – wir haben gestern gemeinsam Fußball gespielt –, dass er noch seine Fußballschuhe anhat.

Ich bin auch deshalb verwirrt,

(Clemens Reif (CDU): Sie müssen nicht verwirrt sein!)

weil er gesagt hat – so habe ich das doch richtig verstanden? –, die CDU habe diesen Gesetzentwurf eingebracht, und Sie, Herr Lenders, dann von „purem Sozialismus“ gesprochen haben.Ich muss gestehen,ich bin etwas verwirrt.

(Clemens Reif (CDU): Sehr!)

Wer ist denn jetzt für den puren Sozialismus zuständig oder verantwortlich? Das müssten Sie vielleicht einmal interfraktionell klären.

Mir geht es nur darum, noch einmal festzustellen, dass es sich unserer Intention nach hierbei um eine Kannbestimmung handelt – so weist es § 1 des Gesetzentwurfs aus –, die vor allem für die Großstädte eine Option darstellt,von diesem Gesetz Gebrauch zu machen.

Wir haben die entsprechenden Diskussionen geführt und sehr unterschiedliche Antworten bekommen. Ich sage es einmal so. Auf der politischen Seite gab es eher die Tendenz, zu sagen: Wir brauchen ein solches Gesetz nicht. – Auf der Seite der Fachleute, also derer, die aus Erfahrung mit dem Thema umgehen, wurde uns ein anderes Signal gegeben.Deshalb erschien es uns wichtig,das noch einmal aufzugreifen.

Ich kenne die Situation. Herr Milde hat es vorhin angesprochen. Ich meine damit die Historie des Frankfurter Westends. Der Kettenhofweg war in den Siebzigerjahren eine berühmte Straße. Da ging es um Wohnraumzweckentfremdung. Das betraf insbesondere das Frankfurter Westend.

Es ist sicherlich richtig, dass diese Situation jetzt nicht mehr in diesem Maße besteht. Dennoch denke ich, dass man darauf sehr genau achten muss. Man darf nicht hergehen und aufgrund dessen, dass wir momentan in vielen Großstädten, auch in Frankfurt, erheblichen Leerstand an Büroräumen haben, sagen: Das regelt sich schon von selbst und ganz automatisch. – Es geht sehr wohl darum, zu schauen, wie die Infrastruktur in den einzelnen Stadtteilen ist und welche Notwendigkeiten und Möglichkeiten es da gibt. Insbesondere dann, wenn der Leerstand dazu führen könnte, dass in erheblichem Maße in die Infrastruktur eingegriffen wird, sollen die kommunalen Behörden die Möglichkeit haben, das Instrument einzusetzen. Nach unseren Vorstellungen sollen sie selbstständig darüber entscheiden. Wir wollen ihnen das Instrument an die Hand geben.

Insofern hoffen wir, dass die Anhörung dazu führen wird, dass wir hier ein modernes, der jetzigen Zeit entsprechendes neues Wohnraumzweckentfremdungsgesetz werden verabschieden können, das dann auch für Hessen zukunftsweisend sein kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält nun Frau Hölldobler-Heumüller das Wort.

Herr Präsident, ich werde mich kurz fassen. Da der Minister aber leider nicht auf meine Zwischenfrage antworten wollte, wollte ich doch noch einmal die Gelegenheit nutzen, auf etwas hinzuweisen.

Sie haben gesagt, das Gesetz sei nicht wirksam gewesen, es sei unsinnig und einiges andere mehr gewesen. Dazu kann ich nur sagen:Zu diesem Thema gibt es zwei sehr unverdächtige Kronzeugen.

Herr Lenders, zu Ihrer Bemerkung, dies sei der pure Sozialismus, kann ich Folgendes sagen:Aus dem Jahr 2004 liegen uns Briefe der Oberbürgermeisterin Roth und des

Oberbürgermeisters Hildebrand Diehl vor, in denen sie energisch darum gebeten haben, das Wohnraumzweckentfremdungsgesetz aufrechtzuerhalten. Sie sagten, es sei sehr wohl wirkungsvoll gewesen – Sie sollten sich also mit Ihren eigenen Parteifreundinnen und -freunden unterhalten. Dann könnten Sie feststellen, wie das beurteilt wird.

Herr Schaus, ich möchte Ihnen noch einen kleinen Hinweis geben. Es wäre hilfreich, wenn Sie den Text Ihres eigenen Gesetzentwurfs noch einmal lesen würden. Denn dort ist nicht vorgesehen, dass die Gemeinden selbst entscheiden können, was sie tun.

Ich glaube, in der Beratung im Ausschuss und in den weiteren Lesungen steht uns noch einiges an Arbeit bevor. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Stimme der Vernunft!)

Vielen Dank. – Für die FDP-Fraktion erhält nun Herr Lenders das Wort.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das wird dann zum Sozialismus, wenn die Grundlage dafür fehlt. Ich habe eingehend versucht, das zu erklären. Das, was hier versucht wird, ist der Ritt auf der Rasierklinge. Das Bundesverfassungsgericht hat ganz klare, enge Rahmenbedingungen dafür festgelegt,dass dieser schwere Eingriff in das Eigentumsrecht vorgenommen werden darf.

Dafür ist also die Grundlage nicht mehr vorhanden. Alle Versuche, an diesem Gesetz wieder herumzudoktern, laufen Gefahr, höchstrichterlich kassiert zu werden. Wenn die Grundlage dafür nicht mehr vorhanden ist, handelt es sich nicht um ein Instrument der sozialen Marktwirtschaft, zu der wir uns ausdrücklich bekennen. Vielmehr wird es dann zum puren Sozialismus.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herzlichen Dank. – Meine Damen und Herren, damit ist die erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE für ein Hessisches Gesetz zur Bekämpfung der Zweckentfremdung von Wohnraum erfolgt. Der Gesetzentwurf hat die Drucksachennummer 17/289.

Es ist vereinbart, den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung dem Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr zu überweisen. Dem wird nicht widersprochen? – Dann wird so verfahren.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 7 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Einbeziehung hessischer Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richter in die allgemeine Einkommensentwicklung des öffentlichen Dienstes – Drucks. 17/365 –

Weiterhin rufe ich Tagesordnungspunkt 17 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Besoldungs

und Versorgungsanpassungsgesetzes 2007/2008 zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften – Drucks. 17/505 –

Ich erteile Herrn Kollegen Rudolph zur Einbringung des Gesetzentwurfs das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf wollen wir in der Tat erreichen, dass die Beamtinnen und Beamten des Landes Hessen, aber auch die kommunalen Beamtinnen und Beamten die Einkommenserhöhung erhalten, die die nach Tarif Beschäftigten erhalten haben.