Protokoll der Sitzung vom 27.08.2008

Dienst abkoppeln zu wollen. Der grobe Fehler war dann, Tariferhöhungen per Gesetz – wie im letzten Jahr – zu beschließen.

In dem Tarifvertrag, den Sie Anfang Juni mit den Gewerkschaften abgeschlossen haben, haben Sie unterm Strich exakt den Prozentsatz vereinbart – sogar noch ein bisschen mehr –, der es gewesen wäre, wenn man in der TdL geblieben wäre. Herr Innenminister, der Strafrechtler würde hier von einem Anfang tätiger Reue sprechen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Heiterkeit bei der LINKEN – Zuruf des Ministers Volker Bouffier)

Herr Innenminister, der Gesetzentwurf, der jetzt hier vorliegt und der nach dem Gesetzentwurf der SPD eingegangen ist, sagt im Prinzip: Kapitulation auf ganzer Linie. Sie wollen das noch komplett auf die Beamtinnen und Beamten übertragen.

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sage ich ausdrücklich: Wir waren immer der Meinung, dass der Weg, den die Landesregierung in der letzten Legislaturperiode beschritten hat, falsch war.

Wir sind weiterhin dafür, dass das Land Hessen in die Tarifgemeinschaft der Länder zurückkehrt, dass auch die Beamtinnen und Beamten schrittweise gleichgestellt werden und dass gilt: Besoldungsrecht folgt Tarifrecht. Das ist ausdrücklich unsere Position.

Ich will noch einmal die Frage aufwerfen, ob sich das, was von der Landesregierung vorgelegt worden ist, mit der verkündeten Haushaltssperre des Finanzministers verträgt und ob es wirklich der Weisheit letzter Schluss ist. Wir mussten nämlich erleben, dass zunächst einmal eine Vollbremsung gemacht wurde; und als dann bemerkt wurde, dass dies nicht funktioniert, wurde auf Vollgas umgestiegen. In diesem Zusammenhang haben wir als GRÜNE einfach die Befürchtung, dass das Gefährt ins Schleudern geraten könnte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, daher sage ich allen Fraktionen: Wir sind uns anscheinend grundsätzlich darin einig, dass die Beamtinnen und Beamten den Tarifbeschäftigten des Landes gleichgestellt werden sollen. Darüber habe ich Konsens festgestellt. Wir sind uns auch einig, dass es in gewisser Art und Weise rückwirkend geschehen soll. Ich stelle aber durchaus die Frage in den Raum und bitte alle Fraktionen, hierüber nachzudenken, ob bei der dringend notwendigen Beseitigung der Regierung Koch wirklich alle Fehler komplett rückwirkend beseitigt werden können.

(Günter Rudolph (SPD): Das schaffen wir nicht; das dauert Jahre!)

Ich weise darauf hin, dass wir bei der Debatte über die Abschaffung der Studiengebühren beispielsweise heftig darüber gestritten haben, ob es eine rückwirkende Zahlung geben soll oder nicht. Dieses Haus hat sich dann dafür entschieden, diesen Fehler zwar zu beseitigen, aber nicht rückwirkend.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weise auch darauf hin, dass es durchaus einer Überlegung wert sein könnte, eine Sozialstaffel einzuführen, da die Anwärter und der einfache und mittlere Dienst unzweifelhaft jeden Cent dringend brauchen können. An dieser Stelle möchte niemand etwas wegnehmen. Dem gehobenen Dienst geht es zwar besser, doch ist er von Reichtum weit entfernt. Der

höhere Dienst hat unzweifelhaft einen Anspruch darauf, mit den Tarifbeschäftigten gleichgestellt zu werden. Daher stellt sich die Frage,ob wir nicht einer Sozialstaffel nähertreten könnten. Das würde alle Fehler der Regierung Koch beseitigen; und es würde dazu führen, dass die Beamtinnen und Beamten schrittweise den Tarifbeschäftigten endlich wieder gleichgestellt und fair behandelt würden.Wir sind der Meinung, dass es in diesem Zusammenhang durchaus möglich ist, eine Sozialstaffel einzuführen.

Herr Präsident,ich komme zu meinem letzten Satz,indem ich sage: Die Abschaffung der Studiengebühren kostet das Land Hessen im Haushaltsjahr 2008 23 Millionen c. Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung würde das Land Hessen 77,7 Millionen c kosten. Wir glauben, dass es durchaus möglich ist, die Fehler zu beseitigen und mit der Einführung einer Sozialstaffel dafür zu sorgen, dass auch den Haushaltserfordernissen des Landes einigermaßen Rechnung getragen wird. Da wir nun alle in die Ausschussberatungen und in die Anhörung gehen,bitte ich alle Fraktionen darum,zu überlegen,ob man nicht einen gemeinsamen Weg finden könnte. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat Herr Abg. Beuth für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schaus,Klassenkampf ist nicht meine Sache.

(Zurufe von der SPD und der LINKEN: Oh!)

Da Sie den Begriff der Schärfe aber eingeführt haben, möchte ich daran erinnern, was Herr Kollege Rudolph zu Beginn dieser Debatte gesagt hat. Herr Kollege Rudolph, da wir über zwei Gesetzentwürfe sprechen, die die Besoldung der Beamtinnen und Beamten betreffen, und da Sie in Bezug auf den Tarifvertrag zwei Dinge in Abrede gestellt und gar bezweifelt haben, dass diese überhaupt von der Landesregierung erreicht werden könnten, wäre ein wenig Demut schon angezeigt gewesen. Im Übrigen wäre ein bisschen Demut auch an anderer Stelle angezeigt gewesen,statt hier kraftvoll anzutreten und von einer „nacheifernden Regierung“ zu sprechen.

(Günter Rudolph (SPD): Genau so so ist es!)

Ein bisschen Demut wäre auch angezeigt gewesen,gerade wenn man sich die handwerklichen Probleme – um es einmal freundlich auszudrücken – des Gesetzentwurfs der SPD anschaut. Herr Kollege Rudolph, ich bleibe dabei: Ein bisschen Demut wäre angezeigt.

Meine Damen und Herren, nun zur Sache. Die CDUFraktion begrüßt den Gesetzentwurf der Landesregierung.Trotz der Unkenrufe im Vorfeld ist es der Landesregierung gemeinsam mit den Gewerkschaften gelungen, für die Arbeiter und Angestellten des Landes einen Tarifvertrag auszuhandeln,und zwar bereits im Juni dieses Jahres. Das bedeutet für uns den Einstieg in den Hessen-Tarif.Wir sind der Meinung, dass dies eine gute Entwicklung ist, und da unterscheiden wir uns ganz deutlich von Ihnen, Herr Kollege Schaus.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, mit der Eckpunktevereinbarung, die im Juni getroffen worden ist, konnte ein eigener Tarifvertrag erstellt werden. Ich möchte daran erinnern, dass nebenbei auch für die Ärzte sowie Waldarbeiter Tarifverträge geschlossen worden sind. Auch in diesem Zusammenhang haben wir unser Wort gehalten. Wir haben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landes versprochen, dass wir sie an der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung beteiligen wollen – auch das tun wir mit dem Gesetzentwurf, der hier heute vorliegt.

Meine Damen und Herren, „Beamtenrecht folgt Tarifrecht“, so die SPD-Rhetorik des Kollegen Rudolph.

(Günter Rudolph (SPD): Er hat recht!)

Daher haben wir im Prinzip alles richtig gemacht; es ist nur schade, dass wir dies heute nicht von Ihnen zu hören bekommen haben.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben das politische Ziel, den Einstieg in einen Hessen-Tarif zu erreichen. Das haben wir sowohl mit dem Tarifvertrag als auch mit dem Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Daher ist dies für die 97.000 Beamtinnen und Beamten sowie für die 57.000 Versorgungsempfänger unseres Landes eine gute Nachricht.

Es ist bereits vorgetragen worden, dass es eine Erhöhung der Bezüge geben wird.Es ist aber auch richtig,dass wir in diesem Lande Mehrausgaben von knapp 80 Millionen c zu verkraften haben werden. Auch hier können Sie sich von den Gesetzentwürfen dieser Landesregierung eine Scheibe abschneiden, denn die Deckung ist entsprechend vorhanden.Auch das wurde vorgetragen.

(Günter Rudolph (SPD): Und was ist mit der Haushaltssperre?)

Herr Kollege Rudolph, wenn Sie uns schon die Sonderzahlungen vorwerfen, dann frage ich Sie: Warum haben Sie in Ihrem Gesetzentwurf nicht daran gedacht, das Sonderzahlungsgesetz zu verlängern? Es ist schade, dass Sie hieran nicht gedacht haben. Es ist schade, dass Sie dies wiederum versäumt haben, so wie auch in Ihrem Gesetzentwurf an anderer Stelle Versäumnisse zu beklagen sind.

Wir freuen uns auf eine zügige Beratung im Ausschuss,zumindest darauf haben wir uns bereits verständigen können. Wir werden gleich nach der Sitzung damit beginnen, damit die Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richter ihr Geld zügig erhalten. Damit halten wir unser Wort, denn wir haben gesagt: Wir wollen, soweit das möglich ist, die Beamtinnen und Beamten an der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung unseres Landes beteiligen, und das tun wir unter anderem mit diesem Gesetzentwurf. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren,es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich stelle hiermit fest, dass die erste Lesung der Gesetzentwürfe, des Gesetzentwurfs der Landesregierung sowie des Gesetzentwurfs der SPD-Fraktion, im Rahmen der Tagesordnungspunkte 7 und 17 durchgeführt worden ist.

Wir überweisen beide Gesetzentwürfe vereinbarungsgemäß zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Innen

ausschuss. – Dem wird nicht widersprochen, somit wurde dies beschlossen.

Wir kommen nun zu zwei weiteren Gesetzeslesungen. Es handelt sich um eine erste und eine zweite Lesung ohne Aussprache – allerdings mit Berichterstattung.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung verwaltungsvollstreckungsrechtlicher und anderer Rechtsvorschriften – Drucks. 17/368 –

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs hat Herr Innenminister Bouffier das Wort.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Wir schreiten zu einem Höhepunkt des parlamentarischen Schaffens, nämlich zur Novellierung des Verwaltungsvollstreckungsrechts. Das ist eine Materie, deren elektrisierender Gehalt wohl überschaubar ist, dennoch ist es für eine ordentliche Verwaltung unverzichtbar.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Lieber Herr Kollege Rudolph, wir sind uns doch einig – und das meine ich jetzt sehr ernst –: Eine ordentliche Verwaltung ist eine der größten Errungenschaften eines Rechtsstaats und einer entwickelten Demokratie.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der SPD – Günter Rudolph (SPD): Dafür brauchen wir aber nicht nur Juristen!)

Deshalb ist es eine gute Gelegenheit, einmal darauf hinzuweisen, dass es eine Reihe von Vorschriften gibt, die gar nicht im öffentlichen Interesse stehen, die es trotzdem braucht. Die Vollstreckung des Verwaltungsrechts ist eine solche.

Ich bringe es für die Landesregierung in erster Lesung deshalb ein, weil das bestehende Gesetz zum Jahresende ausläuft. Es muss also eine entsprechende Regelung her. Ich will Ihnen das jetzt wirklich nur in sehr kurzen Strichen vortragen. Es geht im Wesentlichen um die Rechtsbereinigung.

Ein großes Ziel ist, gerade im Vollstreckungsrecht – das mögen die Juristen mir jetzt verzeihen – dieses Durcheinander zwischen Zivilrecht, Abgabenordnung, Verwaltungsvollstreckungsrecht ein ganzes Stück zu harmonisieren. Wir versuchen, das Ganze praxistauglicher zu machen.

Sie werden den für die Kommunen sinnvollen Vorschlag finden, dass sich Kommunen in Zukunft zu einer Art Vollstreckungsgemeinschaft, einer Art interkommunaler Zusammenarbeit, zusammenfinden können. Es macht überhaupt keinen Sinn, dass das jeder für sich aufbauen muss.

Drittes Beispiel. Wir führen neu ein, dass die Verwaltungsbehörden, die ermächtigt sind, sich selbst die Vollstreckungsrechtsgrundlage zu schaffen, in Zukunft auch in die Lage versetzt werden, z. B. die sogenannte eidesstattliche Versicherung abzunehmen, und damit nicht mehr zum Amtsgericht gehen müssen. Wir haben das so vorgeschlagen, dass es alternativ möglich ist. Die Behörde kann das tun, muss es aber nicht tun. Sie werden sehen, das zieht sich durch den gesamten Gesetzentwurf.

Ich kann Ihnen vermelden, dass in der Anhörung, die wir dazu durchgeführt haben, die Kommunalen Spitzenverbände, aber auch sämtliche Fachgremien diesem Gesetzentwurf ausnahmslos zugestimmt haben, sodass ich der guten Hoffnung bin, dass auch das Haus dem zustimmen wird. – Ich danke Ihnen.