Protokoll der Sitzung vom 28.08.2008

Es gäbe noch so vieles zu sagen, aber ich muss schließen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Es gäbe vieles zu sagen, da auch Sie offenbar bemerkt haben, dass hier ein Verkehrsminister steht, der weiß, wovon er spricht.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb noch ein letztes Wort.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wer regiert denn?)

Herr Wagner, lassen Sie mich ausreden, sonst ermahnt mich die Vizepräsidentin wieder, und das möchte ich mir ersparen.

Meine Damen und Herren, nun zu meinem letzten Satz. Auch wir sollten die Konsequenzen unseres Handelns überdenken. Da Frau Pfaff, DIE LINKE und leider auch die GRÜNEN fordern, die Mautabgaben nochmalig zu erhöhen, wird das natürlich das Speditionsgewerbe betreffen. Ich sage Ihnen aber, dass manches mittelständi

sche Unternehmen schon heute vor dem Ruin steht. Das sollten wir nicht kleinreden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Jede Mauterhöhung führt letztlich zu einer Erhöhung des Transportanteils, der auf die Preise der Produkte umgewälzt wird, die transportiert werden. Das müssen dann die Leute mit kleinen Einkommen bezahlen, wie auch die Milch- und Obstpreiserhöhungen, die höheren Preise für Kartoffeln bzw. für die Güter des täglichen Bedarfs. Wir müssen damit Schluss machen,dass wir immer dann,wenn Geld gebraucht wird, die Verbraucher belasten. Wir sollten als Land dafür sorgen, dass die Mauteinnahmen, so wie es auch im Gesetz steht, zusätzlich der Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung gestellt werden, damit die Leute nicht noch einmal geschröpft werden. Das ist unsere Position. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Damit ist auch diese Aktuelle Stunde abgehalten.

Wir kommen zu dem Tagesordnungspunkt 76:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Verurteilung aller Formen von Rechtsex- tremismus in Hessen) – Drucks. 17/562 –

Wer möchte dazu von der Fraktion DIE LINKE sprechen? – Frau Kollegin Schott, bitte. Die Redezeit beträgt fünf Minuten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Hessische Landtag verurteilt die brutale Gewalttat von Rechtsextremisten, jüngst begangen unter anderem an einem wehrlosen 13-jährigen Mädchen im Schwalm-Eder-Kreis auf das Schärfste und spricht sich entschieden gegen jede Form von Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus aus.

Der Hessische Landtag fordert alle hessischen Bürgerinnen und Bürger auf, sich aktiv am Kampf gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus und sämtliche seiner Erscheinungsformen zu beteiligen und sich für ein selbstbestimmtes und friedliches Miteinander aller in Hessen lebenden Menschen unterschiedlicher Kulturen einzusetzen.

Meine Damen und Herren,das ist der Antrag,den wir hier heute möglichst einstimmig verabschieden sollten.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich glaube, den traurigen Anlass für diesen Antrag brauche ich hier nicht darzustellen.Aber es gibt ein paar Dinge in diesem Zusammenhang, die zu erörtern mir absolut notwendig erscheint.Wie immer, wenn eine Gewalttat begangen wird, muss man sich auch hier fragen: Wäre es zu verhindern gewesen? – Ich denke, ja. Es wäre zu verhindern gewesen.

Im Frühjahr dieses Jahres gab es so viele rechte Aktivitäten im Schwalm-Eder-Kreis, dass der Elternverein des Schwalmgymnasiums Treysa zu einem Vortrag „Rechte Jugendkulturen“ eingeladen hat. Im Saal saßen neben zahlreichen anderen Teilnehmern auch Mitglieder der

Freien Kräfte Schwalm-Eder und – man beachte – des Staatsschutzes.

Ich möchte es uns allen ersparen, dass ich hier die lange Liste der Aktivitäten von verschiedenen rechten Gruppen aufführe.Aber für diejenigen im Raum,die es interessiert, ist es auf der Internetseite Antimanifest nachzulesen.

Bereits im Verfassungsschutzbericht des Jahres 2005 werden die Freien Kräfte Schwalm-Eder im Zusammenhang mit Gewalt erwähnt. Wenn die Verantwortlichen einschließlich Herrn Bouffier nichts davon gewusst haben wollen, dass es organisierte rechte Gruppen gibt, mutet das mindestens befremdlich an.

Helge von Horn, Mitarbeiter der Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt in Braunschweig,ansässig in Nordhessen, urteilt: „Für alle, die sich professionell mit dem Thema beschäftigt haben, war zu erkennen, dass sich die Situation im Schwalm-Eder-Kreis verschärft.“ Am 5. Oktober 2006 hat er in der Gedenkstätte Trutzhain in Schwalmstadt einen Vortrag zum Thema „Rechte Jugendkulturen – Mode und Strategien“ gehalten. Mitglieder einer rechten Gruppierung, vermutlich der Freien Kräfte Schwalm-Eder, haben die Veranstaltung derart gestört, dass die Polizei eingreifen musste.

Nun zum Täter. Im Polizeibericht heißt es:

Drei der Tatverdächtigen sind der rechten Szene zugehörig. Sie waren bereits zuvor auch bei einer Demonstration der Jugendgruppe solid in Schwalmstadt-Treysa aufgefallen ist, wobei der 19jährige wohnungslose Haupttäter kurzzeitig festgenommen wurde.

Der Überfall auf das Sommercamp wurde nach vorläufigen Erkenntnissen von Tätern verübt, die den Freien Kräften zuzuordnen seien. Das sagt Alexander Eisvogel, Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz. Ob er aus dem Umfeld der örtlichen Kameradschaften stammt oder gar ein Aktivist ist, konnte der Verfassungsschutz allerdings nicht sagen.

Wer zusammen mit Marcel Wöll gearbeitet hat, wer von der Polizei bereits wegen schwerer Körperverletzung gesucht wird, wer unzählige rechte Domains betreibt und Propaganda- und Videomaterial für die rechte Szene erstellt, der soll weder der örtlichen Polizei noch dem Staatsschutz aufgefallen sein?

Am 24. Juni 2007 wurde ein Video mit dem Titel: „Deutscher, Augen auf! Du bist im Krieg!“ veröffentlicht, in dem Schnippkoweit wie in vielen anderen seiner Videos selbst auftrat. In einem wüsten Gemenge aus Rassismus, Ausländerhass und Antisemitismus wird zum Krieg aufgerufen.

Wer mehr über Kevin Schnippkoweit wissen will, sollte sich den Panoramabericht ansehen. Er heißt: „Jeden Tag Nazigewalt – alle schauen weg“. Das Zitat: „Kevin S. ist... immer wieder aufgefallen, drängte sich den Ermittlungsbehörden geradezu auf. Doch gehandelt haben die... nie.“ Es ist merkwürdig, wenn Medien die Ermittlungsarbeit öffentlich kritisieren dürfen, aber ein Abgeordneter der Linksfraktion nicht.

(Florian Rentsch (FDP): Frau Kollegin Schott, es geht nicht um die Frage, das zu kritisieren, sondern dass Sie den Verfassungsschutz diskreditiert haben! Das ist das Problem!)

Es ist mir unbegreiflich, wieso Kevin Schnippkoweit vor diesem Hintergrund nach seiner Festnahme am Tag vor

der Tat wieder auf freien Fuß gesetzt werden musste. Vor diesem Hintergrund muss man eindeutig sagen:

Frau Kollegin Schott, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Ich darf Sie bitten, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.

Es hätte verhindert werden können. – Wenn wir Jugendliche davor schützen wollen, müssen wir ihnen die Werte unserer Demokratie besser vermitteln. Wenn wir sie davor schützen wollen, dass sie in diesen braunen Sumpf geraten, müssen wir darauf achten, dass wir ihnen eine lebenswerte Zukunft anbieten. Denn Armut und Chancenlosigkeit sind der beste Nährboden für Rassismus und Hass.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Wir müssen unserer Jugend Perspektiven für eine lebenswerte Zukunft schaffen. Deshalb muss sich dieser Landtag eindeutig gegen alles rechte Gedankengut äußern,

(Frank Gotthardt (CDU): Und links!)

um deutlich zu machen, hier geht es um eine rechtsmotivierte Straftat,und um deutlich zu machen,dass für diesen braunen Sumpf in diesem Land kein Platz ist.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Frank Gotthardt (CDU): Rechts und links, Frau Schott!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Nächster Redner ist Herr Kollege Beuth für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf vielleicht einleitend für die CDU-Fraktion sagen, dass wir den brutalen Anschlag auf das 13-jährige Mädchen im Schwalm-Eder-Kreis vor einigen Wochen auf das Schärfste verurteilen.Wir lehnen jede Art von politisch motivierter Gewalttat ab. Wir verurteilen das aufs Schärfste. Unser Mitgefühl gilt der Familie und dem Mädchen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und bei Abgeordne- ten der SPD)

Wir tun das aber unabhängig von der Frage, ob es sich um rechtsextremistische oder linksextremistische Gewalt handelt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Kollege Kaufmann, dieser Exkurs muss erlaubt sein. Ich finde, die Debatten gehören zusammen,auch wenn sie getrennt heute Morgen und jetzt geführt worden sind. Ich glaube, mittlerweile haben Sie verstanden, dass das, was Sie hier heute Morgen gemacht haben, nicht besonders klug war. Denn in unseren Reden muss der Maßstab bei der Frage,ob Linksextremismus oder Rechtsextremismus, derselbe sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es geht um die Frage Extremismus und nicht um die Frage, von welchen Geistern er verübt wird. Herr Kollege Kaufmann, insofern war die Rede, die Sie heute Morgen zum Thema Rote Hilfe gehalten haben, wo Sie die Rote Hilfe und alles, was damit zusammenhängt, verniedlicht haben,

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))