Protokoll der Sitzung vom 28.08.2008

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs der Landesregierung erhält Herr Staatsminister Grüttner das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat dem Landtag den Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zum Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrag vorgelegt. Dieser Staatsvertrag regelt zwei Tatbestände. Das eine ist etwas, das uns immer sehr erfreut, wenn es um einen solchen Regelungsgehalt geht, nämlich die Fragestellung der Gebührenanpassung für die Gebührenperiode 2009 bis 2013. Auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts haben die Regierungschefs der Länder einen Staatsvertrag unterzeichnet, der den Empfehlungen der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten Rechnung trägt. Damit wird die Gebühr für diese Wahlperiode um 95 Cent auf insgesamt 17,98 c angehoben.

In Anbetracht der Tatsache, dass die KEF Kürzungen bei den Bedarfsanmeldungen um rund 911 Millionen c bei den Rundfunkanstalten vorgenommen hat, scheint mir eine abweichende Meinung zu der Entscheidung der KEF, auch vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, sehr problematisch. Deswegen haben die Regierungschefs der Länder den Staatsvertrag entsprechend unterzeichnet.

Der zweite Tatbestand des Staatsvertrags ist die Fortführung von „jugendschutz.net“, einer wichtigen Einrichtung zum Schutz von Jugendlichen, und die Finanzierung der gemeinsamen Geschäftsstelle. In Anbetracht der umfangreichen Konsultationen der Fraktionen im Vorfeld der Einbringung dieses Zustimmungsgesetzes und der Unterzeichnung des Staatsvertrags gehe ich davon aus, dass die Fraktionen umfangreich über den Regelungsgehalt informiert sind. Die Landesregierung bittet um Zustimmung zu dem Zustimmungsgesetz.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zu dem Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrag,Drucks.17/421,eingebracht. Es wird empfohlen, ihn an den Hauptausschuss zu überweisen.Erhebt sich hiergegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Siebtes Gesetz zur Änderung des Hessischen Feiertagsgesetzes (HFeiertagsG) – Drucks. 17/456 –

Herr Kollege Hahn erhält für die Einbringung des Gesetzentwurfs das Wort.

(Günter Rudolph (SPD): Eine ganz wichtige Angelegenheit! Das sind die Probleme, die Deutschland bewegt!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rudolph, wenn Sie sich entspannt haben, wäre ich gerne bereit, das vorzutragen, was z. B. Ihre Parteifreunde in Rheinland-Pfalz vor zwei Jahren als wichtig erachtet und in das Gesetz hineingeschrieben haben.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD)

Ich glaube schon, dass das für Sozialdemokraten ein Argument ist.Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz ist

derzeit noch SPD-Bundesvorsitzender, Herr Kollege Rudolph. Ich glaube doch, dass das, was er sagt, die Sozialdemokraten in Hessen zur Kenntnis nehmen sollten. Wir wissen, dass Sie es nicht immer umsetzen, vielleicht machen Sie es aber immer öfter.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben sehr bewusst, auch in dieser Situation des Hessischen Landtags, diesen Gesetzentwurf eingebracht, weil wir der Auffassung sind,dass wir die Hoffnung haben können, dass auch in Hessen endlich Menschen vor Automaten vorgezogen werden. Sie wissen genau, dass in einer Vielzahl von Bundesländern, nämlich in neun Bundesländern, die Möglichkeit der Sonntagsöffnung von Videotheken bereits in den Gesetzen steht. In Hessen wurde dies bisher immer abgelehnt, unter anderem mit dem Verweis auf die Rechte von Arbeitnehmern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade von den Fraktionen, die immer lautstark behaupten, sie stünden hinter den Arbeitnehmern, Sie sollten wissen: Solange es das Sonntagsverbot für Videotheken gibt, gibt es keine zusätzlichen Arbeitsplätze in Videotheken, sondern es werden häufig Videotheken genutzt, die schlicht Automaten aufstellen. Es heißt also: Menschen vor Automaten, wenn man den Videotheken die Möglichkeit eröffnet, am Sonntag zu öffnen.

(Beifall bei der FDP)

Darüber hinaus wissen wir, dass wir im Konflikt mit den Lebensabläufen in unserem Land liegen. Wir stehen als Liberale dazu, dass wir zum christlichen Abendland gehören und dass es dazu gehört, den Sonntagskirchgang in keiner Weise einzuschränken. Ich sage in Parenthese: Das ist eine deutsche Entwicklung zwischen Staat und Kirche. In anderen, noch katholischer geprägten Ländern, z. B. im südlichen Teil Europas, wird vom Staat darauf überhaupt keine Rücksicht genommen. Es gibt beispielsweise in Italien Öffnungszeiten an Ostern usw. usf.

Wir sagen als Liberale trotzdem, wir wollen nicht, dass es zu einer Konkurrenz zwischen den Videotheken auf der einen und den Gottesdiensten und Messen der christlichen Kirchen auf der anderen Seite kommt. Wir sagen: Es reicht aus, wenn die Videotheken die Möglichkeit haben, am Sonntag ab 13 Uhr zu öffnen.

Meine Damen und Herren,gerade für diejenigen,die meinen, es handle sich um etwas Böses, möchte ich vortragen, welche Bundesländer Öffnungszeiten am Sonntag für Videotheken haben. Das ist Berlin, wie wir wissen regiert von den Roten und den Ritzeroten. Das ist Bremen, regiert von den Roten und den GRÜNEN. Das ist Brandenburg, regiert von einer Großen Koalition. Das ist Hamburg, regiert von der Union und von den GRÜNEN.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ohne FDP!)

Das ist Mecklenburg-Vorpommern, regiert von einer Großen Koalition. Das ist Niedersachsen, regiert von einer Koalition aus CDU und FDP.Das ist Rheinland-Pfalz, regiert in absoluter Mehrheit von den Sozialdemokraten. Dann haben wir noch die Länder Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.

Meine Damen und Herren, jeder, der hier in diesem Raum sitzt, hat einen Parteifreund oder eine Parteifreundin, die sich für die Sonntagsöffnung von Videotheken in ihrem eigenen Land ausgesprochen haben.

Zusammenfassend meinen wir: Es ist eine Deregulierung, die die Möglichkeit eröffnet, zusätzliche Arbeitsplätze in Hessen zu schaffen. Bisher handelt es sich um einen Wettbewerbsnachteil.Viele von uns wissen,dass Menschen,die im Gebiet um Wiesbaden herum wohnen, häufig die Möglichkeit nutzen, am Sonntag nach Mainz zu fahren, um sich dort Videos auszuleihen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte gerne mit den Worten des Kollegen Rudolph schließen:Es ist wahrlich nicht das zentrale Problem der Politik in Hessen. Es ist aber ein kleiner Fingerzeig, wenn man zeigen will, wie ernst man es meint, wenn man deregulieren und zusätzliche Arbeitsplätze schaffen will. Stimmen Sie bitte diesem Gesetzentwurf der FDP zu.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Für die Fraktion der SPD erhält Herr Kollege Rudolph das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Von der Möchtegern-Regierungspartei FDP werden wir in diesem Plenum mit einem Gesetzentwurf behelligt, für den es überhaupt keinen Grund gibt.

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Herr Hahn,selbst wenn das alle anderen machen und vom Dach springen oder gegen den Baum fahren, müssen wir das doch nicht nachmachen. Was ist das für eine alberne Begründung, die Sie uns hier ernsthaft vorlegen wollen?

(Florian Rentsch (FDP): Ihr fahrt doch zweimal gegen dieselbe Wand!)

Meine Damen und Herren, ich merke, Sie können meiner Argumentation folgen, vielen Dank für den Zwischenruf.

(Allgemeine Heiterkeit)

Im Jahr 2005 hatten wir schon einmal die Ehre dieses Gesetzentwurfs. Die Argumentation war damals genauso dünn wie heute.Sie haben jetzt Gelegenheit,sich samstags bis 24 Uhr Filme auszuleihen, wenn die FDP und ihre vielen Millionen Wähler das denn wollen. Daran will ich Sie gar nicht hindern.

Dann kommen Sie mit dem Argument der wirtschaftlichen Gründe und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Ich nehme nicht an, dass es in den Videotheken mehr und vor allem sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geben wird. Es wird sich eher um 400-c-Jobs oder um Ähnliches handeln. Das ist überhaupt kein Argument, das Sie stichhaltig nachweisen können.

Lassen Sie mich aber etwas Ernstes sagen. Es gibt eine Sonn- und Feiertagsruhe. Sie führen in Ihrem Gesetzentwurf den Wandel in der gesellschaftlichen Anschauung aus. Es mag vielleicht einen Wandel in den einzelnen Gehirnen geben. Es gibt aber ein gesellschaftliches Bewusstsein, dass die Feiertagsruhe ernst zu nehmen ist.

Es gibt sachlich nicht ein einziges Argument, diese Sonntagsruhe aufzulösen und ab 13 Uhr DVDs und Ähnliches auszuleihen. Das können Sie am Samstag bis 24 Uhr machen.Es ist schon fast eine Zumutung,wenn Sie hier einen Gesetzentwurf einbringen und ihn mit kommerziellen Ar

gumenten begründen. Das kann kein Argument sein, die Feiertagsruhe aufzuweichen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Arbeitsplätze!)

Arbeitsplätze sind abzuwägen im Kontext mit dem Feiertagsgesetz. Man sollte wenigstens an einem Tag in der Woche Ruhe und Besinnung haben,um nicht nur wirtschaftlichen, kommerziellen Dingen nachzugehen. Das ist ein Gut, das wägen wir ab. Sie haben eine andere Güterabwägung, sei es drum.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, deswegen können wir es kurz machen. Wir haben das Gesetz 2005 abgelehnt, weil es keine stichhaltigen Argumente dafür gibt. Wir lehnen es auch 2008 ab.Wenn andere Bundesländer das machen, ist das Föderalismus in Deutschland. Das erleben wir auch an anderer Stelle. Es gibt aber keinen sachlichen Grund. Sie haben zu Recht am Schluss gesagt: Hessen hat zurzeit ein paar andere Dinge, die wir vielleicht gemeinsam angehen und lösen sollten. Aber was wir nicht brauchen, sind solche Gesetzentwürfe der FDP. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Rudolph hat schon kurz darauf hingewiesen: Es gibt Dinge, die passieren in diesem Landtag mit ziemlicher Regelmäßigkeit. Schon vor dreieinhalb Jahren hat mein Fraktionsvorsitzender darauf hingewiesen, dass dieser Gesetzentwurf der FDP so regelmäßig wiederkommt, wie die Sonne am Himmel aufgeht.

(Florian Rentsch (FDP): Wir sind verlässlich, Frau Kollegin!)

Ja, und wir haben ein Herz für Parteien, die irgendwie ihre Themen suchen. Deswegen sprechen wir heute wieder über das Thema – kein Problem.

Die Welt hat sich weiterentwickelt, Hessen hat sich weiterentwickelt.

(Michael Boddenberg (CDU): Und die Sonne geht immer noch auf, Gott sei Dank!)

Die FDP hat sich nicht weiterentwickelt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)