Jörg-Uwe Hahn
Sitzungen
Letzte Beiträge
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe eben die Zeit für das Herunterfahren des Mikrofons genutzt, um den Ministerpräsidenten darauf aufmerksam zu machen, dass viele hier im Raum ein Problem mit seinem Technikbeispiel haben. Es ist sicherlich richtig, dass man unter einem Schirm nicht nass wird. Aber, Herr Ministerpräsident, Sie haben gerade gesagt, in einem Trockner wird man geschleudert. – Wir haben jetzt eine parteiübergreifende Technikschule gemacht und sind zu der Auffassung gelangt: Egal ob Kondenstrockner oder Ablufttrockner, meist ist darin heiße Luft und keine Schleuder. Das wollte ich für das technische Verständnis all derjenigen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, einmal sagen.
Ich merke, dass es hier viele Fachleute und Kolleginnen und Kollegen gibt, die sich mit dem Thema Trockner und Schleuder auseinandersetzen.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen,nun eine kleine Frage an all diejenigen, die gesagt haben, dass sie den Antrag der FDP-Fraktion nicht unterstützen. Ich gehe doch recht in der Annahme – ich mache es bewusst positiv, Herr Kollege Al-Wazir –, dass die Fraktion der GRÜNEN genauso wie die Fraktion der Sozialdemokraten dafür ist, dass die Finanzhilfe ausschließlich dafür eingesetzt wird, dass ein langfristiger Erhalt hessischer Arbeitsplätze ermöglicht wird.
Zweitens. Herr Kollege Al-Wazir, Herr Kollege SchäferGümbel, ich stimme sicherlich mit Ihnen überein, dass Sie sicherstellen wollen, dass diese Mittel, wenn es irgend geht, in Hessen, jedenfalls in Deutschland verbleiben.
Ich glaube zum Dritten, dass vollkommener Konsens in diesem Haus ist, dass wir wissen: Dies kann man nur erreichen, wenn die Opel GmbH, die keine Adam Opel AG ist, aus dem Cashpool des Konzerns General Motors herausgeholt wird. Das ist die Forderung Nummer drei.
Zum Vierten – insbesondere Herr Kollege Schäfer-Gümbel hat darauf hingewiesen – muss es in diesem Haus Konsens sein, dass auf alle Fälle die Bürgschaft nur dann gegeben werden darf, wenn sie europarechtskonform ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der fünfte Punkt ist auch unstreitig, und jeder von Ihnen hat ihn angesprochen: dass eine Bürgschaft nur dann gegeben werden darf, wenn ein Ausnahmecharakter besteht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nichts anderes hat die FDP-Fraktion in diesem Haus in diesem Antrag zusammengefasst. Ich sage Ihnen eines:Wir haben es deshalb getan, weil wir heute die letzte Sitzung des Hessischen Landtags haben. Wir haben es deshalb getan, weil wir offensichtlich im Gegensatz zu Sozialdemokraten, zu den GRÜNEN und zu den ganz Linken nicht wollen, dass die geschäftsführende Landesregierung ohne eine politische Vorgabe dieses Parlaments in die parlamentsfreie Zeit hineingeht.
Es ist zu greifen. Sie haben in den letzten neun Monaten so viele Beschlüsse in diesem Hause gefasst, bei denen es um viel weniger als 500 Millionen c gegangen ist und bei denen Sie der geschäftsführenden Landesregierung Vorschriften machen wollten.Aber jetzt wollen Sie sich einen schlanken Fuß machen, wenn es darum geht, dass sie bis zu 500 Millionen c Staatsgelder in die Hand nimmt. Das ist der Unterschied.
Wenn der Kollege Al-Wazir meint – das war schon zeitlich falsch, da die Telefonkonferenz am Donnerstag stattgefunden hat;insofern kann der Zeitplan nicht stimmen,den er vorgetragen hat –, eine Erklärung zum Thema Hedgefonds missverstehen zu müssen, so darf ich daran erinnern, dass es vollkommen egal ist, ob es 79 Jahre oder ein halbes Jahr sind. Hedgefonds zeichnen sich dadurch negativ aus, dass sie ihre Finanzierungskosten der Tochter auferlegen. Nichts anderes macht derzeit General Motors. Ihre Finanzierungskosten drücken sie der Opel GmbH auf.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das hat dazu geführt, dass wir sie in dem Punkt vergleichen, da wir denselben Sachverhalt sehen.
Eine vorletzte Bemerkung. Herr Kollege Al-Wazir hat eben genau begründet,warum er sich so verhält.Er hat erklärt, er sei verärgert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, Ärger ist ein ganz schlechter Politikberater, gerade wenn es um Steuergelder in Höhe von 500 Millionen c aus Hessen geht.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Herr Kollege Hahn, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.
Deshalb beantrage ich für die FDP-Fraktion, dass dieser Antrag zur weiteren Beratung und Entscheidung dem Hauptausschuss des Hessischen Landtags überwiesen wird. Ich weise alle, die jetzt meinen, dass die Geschäftsordnung dem entgegenstehe, darauf hin, dass es keine Regelung unserer Geschäftsordnung zu dem Thema gibt, wie ein aufgelöster oder aufzulösender Landtag mit dem Notparlament umgeht.
Die Logik gebietet, alles das, was wir jetzt nicht klären können, was fachlich sowieso dorthin gehört, dorthin zu überweisen. Dann gehört auch der Begleitantrag dorthin.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn es Ihnen wirklich um den sinnvollen Einsatz von Steuergeldern geht, dann sollten wir aufhören, hier nach dem Motto zu spielen: In meinem kleinen Garten ist das mein Förmchen. – Nein, es ist das Geld unserer Bürgerinnen und Bürger, und das müssen wir mit Bedingungen versehen in Bürgschaften bringen. Wir dürfen nicht verärgert reagieren. – Vielen herzlichen Dank.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Als nächster Redner hat Herr Al-Wazir für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Auch Ihnen stehen, wie Sie wissen, fünf Minuten Redezeit zur Verfügung.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Am 4. August 1983, 10. Wahlperiode, und am 17. Februar 1987, 11.Wahlperiode, wurde der Landtag aufgelöst.
In traditioneller Anwesenheit von Karlheinz Weimar haben wir in der 17. Wahlperiode einen Auflösungsantrag und danach – so will ich prognostizieren – die vorzeitige Auflösung des Hessischen Landtags.
Alle drei Daten haben total verschiedene Vorgeschichten. Alle drei Daten sind in total verschiedenen Situationen unseres Bundeslands,der Gesellschaft und der politischen Strukturen in Deutschland geschehen.Alle drei Daten haben aber auch eines gemeinsam: Es wurde jeweils versucht,Rot-Grünes zu stricken,ohne dass die Mehrheit der Menschen in diesem Land dahintersteht. – Deshalb lösen wir auch heute diesen Landtag auf.
Wir haben insgesamt zehn verlorene Monate hinter uns. Das waren keine guten Monate für das Bundesland Hessen. Das waren keine guten Monate für die Arbeitsplätze in diesem Land.
Das waren auch keine guten Monate im Ranking mit anderen Bundesländern, wenn wir die notwendige kraftvolle Vertretung des Landes Hessen betrachten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es waren zuallererst die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, die bereits vor der Sommerpause begonnen haben, darauf hinzuweisen, dass sie ihr Souveränitätsrecht wieder zurückhaben möchten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben sich seit dem Ende der Sommerpause in diesem Parlament bewegt, obwohl eigentlich alle hätten wissen müssen,dass die Wählerinnen und Wähler dies nicht mehr akzeptieren.
Seit September haben wir verlässliche Zahlen darüber, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land ihr Recht, zu wählen, wieder zurückhaben wollen. Deswegen wird es höchste Zeit, dass wir das heute gemeinsam mit 110 Stimmen beschließen.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – (Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))
Ich darf darauf hinweisen, dass die FDP, die Landtagsfraktion genauso wie die Landespartei, offensichtlich als Erste dieses Gefühl der Menschen in diesem Land gespürt hat und es in die politische Diskussion eingebracht hat.
Die FDP hat erstmals am 7. Juni dieses Jahres auf einem Landesparteitag in Limburg darauf hingewiesen, dass es offensichtlich die 110 Abgeordneten dieses Hauses nicht alleine schaffen. Es ist deshalb die sauberste Lösung, dass wir eingestehen:Wir schaffen es nicht, und wir geben das Recht dem zurück, der zu wählen hat, nämlich dem Souverän.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Roten und den GRÜNEN, es ist schon beachtlich, wie lange Sie mit verbundenen Augen durch dieses Hessenland gegangen sind, nur weil Sie unbedingt Rot-Grün in diesem Hessenland, koste es, was es wolle, installieren wollten.
Frau Kollegin Ypsilanti, es stimmte nicht, jedenfalls nicht ab dem Sommer, dass die Menschen in Hessen hinter Ihnen standen und Sie sozusagen in die Staatskanzlei schubsen wollten. Spätestens seit der Sommerpause stand vielmehr die Mehrheit der Menschen zwischen Ihnen und dem Tor der Staatskanzlei, weil die Menschen nicht wollten, dass Sie in diese Staatskanzlei einziehen. Sie hatten keine Mehrheit mehr in der Bevölkerung im Lande Hessen gehabt.
Es ist schon beachtlich, dass sich zwei Parteien, die Roten und die GRÜNEN, im Oktober hinsetzen und Koalitionsverhandlungen führen, obwohl sie wissen, dass zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes diese Koalition mit der Unterstützung der Kommunisten ablehnen.
Tun Sie also bitte nicht so, als ob Ihre Gegner die FDP, die Union oder die Landesregierung sind.
Spätestens seit der Sommerpause sind Ihre Gegner die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande; denn sie wollten das Experiment nicht haben,das Sie eingehen wollten.
Sie haben sich so gravierend gegen die Menschen gestellt. Sie haben so gravierend ignoriert, was Sie alles wussten. Sie sitzen nicht hier in diesem Raum oder in der Fraktionssitzung unter sich, sondern ich weiß, dass Sie aktive Vertreter in den Wahlkreisen sind. Sie wissen ganz genau, dass die Menschen auch in Ihren Wahlkreisen – das gilt für die Sozialdemokraten genauso wie für die GRÜNEN – spätestens seit September immer wieder gesagt haben: Hört mit dem Kram auf, lasst uns neu wählen. – Gott sei Dank entscheidet der Hessische Landtag heute darüber, dass die Wählerinnen und Wähler dieses Recht wieder bekommen.
72 % der Menschen – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – in unserem Bundesland wollen Neuwahlen, und dann dauert es so lange, bis Sie sich endlich bereit erklären, diesen zuerst von meiner Fraktion erkannten und übernommenen Bürgerwillen umzusetzen.
Ich sage Ihnen sehr deutlich: Sie haben dazu auch Bürgeraktionen gegen sich mobilisiert. Die Bürgeraktion „Kein Wortbruch in Hessen“ hat innerhalb von nur einer Woche weit über 13.000 Bekennerworte – nicht einfach nur Klicks – bekommen. Frau Ypsilanti, merken Sie eigentlich, dass Sie in den letzten Monaten vollkommen gegen die Bürgerschaft in diesem Lande agiert haben? Ist Ihnen nicht bewusst,Herr Kollege Al-Wazir,dass es Ihnen um Ministerposten ging und nicht um die Weiterentwicklung dieses Landes mit der bürgerlichen Unterstützung?
Herr Kollege Dr. Wagner hat vollkommen zu Recht darauf hingewiesen, dass Wortbruch wahrlich kein positives Kulturereignis ist. Herr Kollege Schäfer-Gümbel, Sie haben es eben wieder versucht. Ja, ich stehe dazu: Die hessische FDP hat weder als Partei noch als Fraktion nach dem 27. Januar die Notwendigkeit gesehen, in inhaltliche Diskussionen zum Zwecke der Bildung einer Regierung mit den Sozialdemokraten im Lande einzutreten. Damit sind wir aber konsequent. Wir haben den Menschen vor der Wahl gesagt,dass wir nicht Reserverad für Rot-Grün sind. Für uns gilt die Primärtugend immer noch:Was du vor der Wahl sagst, dass hältst du nach der Wahl auch ein. – Das sollte auch wieder Einzug in die Politik in Hessen halten.
Kollege Norbert Schmitt, es ist ein hilfloser Versuch,den noch nicht einmal mehr der wohlgesonnenste Journalist Ihnen abnimmt, wenn Sie jetzt ernsthaft hereinrufen, es habe etwas mit Jamaika zu tun.
Ich nehme aber natürlich als Vorsitzender der hessischen FDP und auch in Nachfolge meines Freundes und Vorgängers Wolfgang Gerhardt, der hier ist, mit Freude zur Kenntnis, dass in diesem Hause ganz offensichtlich bis auf die LINKEN alle mit der FDP koalieren wollten. Das macht erst einmal stolz.Aber wie vorhin bei Opel: Es hat immer etwas mit den Bedingungen zu tun. – Herr Kollege Wagner, Sie haben uns doch angeboten, in eine Ampel zu kommen. Oder warum schütteln Sie den Kopf?
Also, was soll das denn? Wir haben Ihnen gemeinsam mit der Union vorgeschlagen, dass wir in eine Jamaikadiskussion gehen.
Sie haben doch keine Lust gehabt. – Ich finde das so putzig. Ich glaube, über 95 % der Bürger in diesem Lande verstehen nicht den Zusammenhang,den Sie bringen wollen. Nehmen Sie zur Kenntnis: Andrea Ypsilanti ist es in tätlicher Mithilfe von Tarek Al-Wazir gelungen, dass das Wort Wortbruch bei den Sozialdemokraten angedockt ist, und da gehört es leider hin, Frau Kollegin Ypsilanti.
Wir sind hier im Hessischen Landtag und unterhalten uns nicht nur über die Frage, ob der Hessische Landtag aufgelöst wird oder nicht. Ich schaue vielmehr sehr bewusst zu
den Kolleginnen und Kollegen, die Sie jetzt versetzt haben. Wir reden auch über Stil und über Verfassungsrecht in diesem Hause.
Frau Kollegin Ypsilanti, liebe Kolleginnen und Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion, wie Sie mit den vier Persönlichkeiten umgehen, das hat nichts mehr mit Stil zu tun,das ist ein Bruch des freien Mandates.Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist für eine Partei wie die Sozialdemokratische Partei schlicht unwürdig, wie Sie mit Ihren vier Parteifreundinnen und Parteifreunden umgehen.
Das wird Ihnen bitter aufstoßen, weil die Menschen in diesem Lande merken, dass es Ihnen nicht um Solidarität geht. Ihnen geht es vielmehr darum, persönliche Interessen, Eitelkeiten und Ehrgeiz umzusetzen, koste es, was es wolle. Das freie Mandat in diesem Hause war Ihnen vollkommen egal. So geht man nicht mit dem Recht von Abgeordneten um.
Frau Kollegin Ypsilanti, das hatte Methode. Ich erinnere an den 6. März, damit jeder weiß, wann das war. Ich schaue Frau Metzger an und sage: A la bonne heure, wie Sie sich geschlagen haben.Am 6. März – Frau Pauly-Bender, Sie wissen, was jetzt kommt – gab es ein Interview im HR. Ich hatte noch vor Augen, wie Sie da unten im Saal standen. Ich hatte meinen Sohn dabei und habe gefragt: Spinne ich eigentlich, dass eine Kollegin des Landtags das sagt? Das kann vielleicht jemand in der Schule sagen, der nicht weiß, wie man sich benimmt, wie man sich verfassungsrechtlich benimmt. Sie haben gesagt: „Man ist fürs Regieren gewählt und nicht dafür, sein Gewissen zu untersuchen.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine solche Kollegin in diesem Hause zu haben – ich kommentiere es nicht weiter, es spricht nämlich gegen die Kollegin.
Wenn wir über Stil reden, dann rufe ich von diesem Pult aus sehr laut: Wo sind eigentlich die Bündnisgrünen? Ja, Sie haben einmal eine kleine Erklärung abgegeben und haben einmal gesagt, dass Sie das nicht so besonders chic finden, wie die SPD mit den vier Kollegen umgeht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kollege Al-Wazir, hätte die CDU Derartiges mit einem einzigen Kollegen gemacht, Sie hätten hier „Rumpelstilzchen plus“ gespielt, und das in zehn Sitzungen hintereinander. Auch das unterscheidet die Bündnisgrünen von der FDP.
Sie haben ausdrücklich darauf hingewiesen – nicht Sie, sondern Herr Kollege Schäfer-Gümbel –, wie die FDP in einer Krisensituation ihres Koalitionspartners gehandelt hat. Vielen Dank, Herr Kollege Schäfer-Gümbel, dass Sie zitiert haben, wie sich die Liberalen im Frühjahr des Jahres 2000, im Übrigen noch einmal im September des Jahres 2000, mit dem Koalitionspartner auseinandergesetzt haben.
Herr Kollege Al-Wazir, wenn wir Probleme bei unserem Koalitionspartner erkannt haben, haben wir sie laut und deutlich, bis hin zu unseren Parteitagen, geäußert. Sie zie
hen sich zurück und sagen nichts dazu. Sie haben das Recht,zu moralisieren,in diesem Land ebenfalls verloren.
Ich freue mich, meine Parteifreunde und viele Sympathisanten und Unterstützer, die wir als hessische FDP in den letzten zehn Monaten gewonnen haben, freuen sich auf diesen Wahlkampf. Ich sage sehr deutlich:Wir werden ihn inhaltlich führen,zum einen mit Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik. Gerade eine Krisensituation muss mit Kompetenz und Sachverstand bearbeitet werden, und dieser ist in der FDP Hessen vorhanden.
Zum Zweiten müssen wir das Thema Bildung im Wahlkampf weiterhin streitig stellen. Da ist in diesem Jahr nicht viel passiert, da hat Kollege Schäfer-Gümbel vollkommen recht.
Zum Dritten – da habe ich ein bisschen die Befürchtung, dass wir derzeit noch gegen die Windmühlen aller anrennen – werden wir uns mit dem Thema Haushalt und Finanzen ernsthaft auseinandersetzen. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir haben heute Morgen ein 500-Millionen-c-Bürgschaftsprogramm beschlossen. Alle Schulden, die wir heute machen, müssen unsere Kinder und Kindeskinder zurückzahlen. Das ist unsozial, das ist illiberal. Deshalb müssen wir zu einer soliden Haushaltspolitik in diesem Land zurückkommen. Dafür wird die FDP auch im Wahlkampf kämpfen.
Herr Präsident, ich habe es schon gesehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,lassen Sie mich deshalb in zwei Sätzen zusammenfassen.Wir haben heute einen neuen Spitzenkandidaten der SPD erlebt. Er steht in der Tradition von Andrea Ypsilanti und anderen. Ob er in die Tradition von Gerhard Bökel kommt – lieber Kollege Thorsten Schäfer-Gümbel, ich wünsche Ihnen, dass Sie in die Tradition von Herrn Bökel kommen, der diese SPD so geführt hat, dass sie auch gesprächsbereit mit anderen Parteien in diesem Hause, außer denen, die an der linken Front sitzen, ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir, die FDP in diesem Lande,kämpfen dafür,dass wir im Januar eine Bestätigung für unsere These bekommen, dass nur eine stabile bürgerliche Mehrheit die zahllosen Probleme, die auf Hessen zukommen, lösen kann.Wir sind dazu bereit. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich für die schöne Begrüßung.
Herr Kollege Kaufmann, ich möchte zwei Bereiche kurz ansprechen.
Der eine Bereich ist: Sie haben eben gesagt, dass Sie kein Physiker mehr sind. Christean Wagner und ich haben widersprochen, weil wir beachten, dass man immer Physiker ist, wenn man einmal Physik studiert hat.Aber mit Ihrer Aussage, dass immer mehr Flugzeuge auch mehr Fluglärm hervorbringen, haben Sie bewiesen, dass Sie tatsächlich kein Physiker mehr sind.
Es ist sogar für Juristen wie mich und Herrn Dr. Christean Wagner erkennbar, dass man allein dann feststellt, wenn man sich die Karten der Lärmverursachung am Frankfurter Flughafen anschaut, dass das Lärmfeld in den letzten 20 Jahren auf ein Viertel reduziert worden ist,obwohl dort mehr Flugzeuge – nämlich wiederum mal vier – starten und landen. Lieber Herr Physiker, das hat etwas damit zu tun, dass die Geräte um Längen leiser geworden sind. Das erhoffen wir uns von der Technik auch weiterhin.
Ich habe mich nicht deshalb gemeldet, weil ich Jurist bin, sondern weil ich durch und durch ein Liberaler bin.
Herr Kollege Kaufmann, Sie haben vorhin die Äußerung getätigt – leider haben Sie meine Zwischenfrage nicht zugelassen –, dass Freiheit immer vor Regeln gehe. Als eingefleischter Liberaler muss ich Ihnen sagen:Das ist falsch. Freiheit ist kein absoluter Wert. Freiheit steht nicht über irgendetwas, sondern Freiheit ist im Rahmen anderer Werte zu beachten. Freiheit ist der eine Wert; Gleichheit ist der andere. Manche setzen hier noch dritte Werte hinzu.
Meine Damen und Herren, ich kann nicht akzeptieren, dass gerade ein GRÜNER, der ansonsten immer wieder Regeln setzt und uns Liberalen häufig vorwirft, dass wir regellos seien, nunmehr während einer Debatte wie an diesem Tage sagt, dass Freiheit vor Regeln gehe. Das ist der Freiheitsbegriff eines politischen Systems des 18. und 19. Jahrhunderts. Das haben wir – –
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Herr Hahn, die Redezeit ist um. Kommen Sie bitte zum Schluss.
Ich komme zu meinem letzten Satz. – Das kann man mit dem Begriff „Manchesterliberalismus“ umschreiben. Lieber Herr Kollege Kaufmann, seien Sie sich bitte über das im Klaren, was Sie gerade gesagt haben; denn Freiheit ist in Regeln eingebettet, nur dann können Freiheit und Liberalismus überhaupt existieren. – Vielen Dank.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Posch zu Wort gemeldet. Herr Posch, bitte.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben vorhin mit einigen Zwischenrufen und auch einem kleinen Duell an Zwischenrufen zwischen Herrn Kollegen van Ooyen und mir die Frage erörtert, ob ein Widerstandsrecht besteht. Der Fraktionsvorsitzende der LINKEN hat erklärt, das ergebe sich aus der Verfassung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist schon schade, dass man einem neuen Mitglied eines Verfassungsorgans mitteilen muss, dass er damit schlicht unrecht hat.
Er hat damit schlichtweg unrecht. Art. 20 Abs. 4 unseres Grundgesetzes schreibt Folgendes fest:
Gegen jeden, der es unternimmt,...
Wenn ich störe, warte ich gerne.
Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Hier geht es nicht darum, dass die bundesstaatliche Ordnung oder der demokratische und soziale Bundesstaat als gefährdet anzusehen sind. Vielmehr geht es hier darum, dass rechtsstaatlich getroffene Entscheidungen einer Behörde, die teilweise auch schon von Gerichten bestätigt wurden, zu achten sind. Herr Kollege van Ooyen, dagegen haben Sie kein Widerstandsrecht.
Das haben Sie im Rahmen der Gewaltenteilung und gerade auch als Mitglied der ersten Gewalt zu akzeptieren. Ansonsten würden Sie die bundesstaatliche Ordnung damit auf den Kopf stellen. Aber das wollen Sie in diesem Hause als Postkommunisten ganz offensichtlich machen.
Ich komme zu meiner zweiten Bemerkung. Ich beziehe mich dabei auf die Rede des Herrn Kollegen Al-Wazir. – Ich habe immer das Pech,dass,wenn ich die Menschen anspreche, sie gerade von anderen abgelenkt werden.
Herr Kollege Al-Wazir, Sie haben vollkommen recht, wenn Sie von diesem Pult aus die Botschaft verkünden, dass Sie von jedem erwarten, dass er sagt, die Deeskalation müsse weiter betrieben werden. Ich habe das jetzt sehr bewusst mit Blick auf den Innenminister gesagt.
Herr Kollege Al-Wazir, sind Sie nicht auch wie ich der Auffassung, dass gerade die LINKEN mit ihrer Aktion „Wir machen ein Fraktionsbüro in diesem Wald auf“ zur Eskalation beitragen?
Haben Sie nicht wie ich das Gefühl, dass sie ganz bewusst an dem Gerüst unseres Rechtsstaats rütteln und dass sie ganz bewusst diese rechtswidrig erbaute Hütte nutzen wollen, weil sie eine stärkere Eskalation haben wollen? Denn von einer Eskalation können nur die Postkommunisten gewinnen. Wenn wir Demokraten vernünftig wären, würden wir weiterhin gemeinsam die Deeskalation betreiben. Herr Kollege Al-Wazir und Frau Kollegin Ypsilanti, dazu rufe ich Sie auf. Schließen Sie doch mit uns, den Liberalen, und den Konservativen wieder einen Pakt, wie er im Übrigen Anfang der Achtzigerjahre geschlossen wurde. Damals waren die GRÜNEN noch nicht im Parlament.Wir sollten in diesem Hause einen Pakt zur Deeskalation organisieren. Grenzen wir doch endlich die Eskalierer der LINKEN bei diesem Thema aus.
Ich möchte eine dritte, sehr persönliche Bemerkung machen. Herr Kollege Al-Wazir, Sie haben von Ihren Erfahrungen gesprochen, die Sie Anfang der Achtzigerjahre gemacht haben. Ich möchte das jetzt auch tun.
Ich wusste damals nicht, dass ich einmal sein Nachfolger als Landesvorsitzender der hessischen FDP werden würde. Ich war damals persönlicher Mitarbeiter des ehemaligen Innenministers Ekki Gries. Er war das übrigens im Kabinett Holger Börner. Ich sage das, damit die Sozialdemokraten wissen, wovon ich spreche.
Ich war an dem Tag vor Ort, als der damalige hessische Innenminister Ekki Gries mit den Demonstranten sprach. Viele von Ihnen werden noch das Bild mit den Demonstranten mit den nackten Oberkörpern vor Augen haben.
Lieber Herr Kollege Al-Wazir, wenn Sie in jungen Jahren das erlebt haben, was ich erlebt habe, werden Sie nachvollziehen können, dass ich der Auffassung bin, dass die Staatsmacht immer darauf aus sein muss, zu deeskalieren. Einige Jahre später mussten wir in eine Kirche in Frankfurt gehen, weil Polizeibeamte erschossen wurden. Man muss also auch wissen, dass eine Deeskalation immer so angelegt sein muss, dass sie nachher auch erfolgreich ist.
Deshalb sage ich hinsichtlich dessen, was dort in diesem Hüttendorf passiert:Wehret den Anfängen.
In den Jahren 1980 und 1981 war es auch so, dass manche erst einmal damit begonnen haben.
Aufgrund zahlreicher Gespräche mit Pfarrer Oeser, die wir unter vier Augen geführt haben, darf ich Ihnen Folgendes sagen. Ich hatte niemals das Gefühl, dass Pfarrer Oeser derjenige war, der mit großer Freude in diese Hütten und in diese Kirche gegangen ist.
Vielmehr hat er gegen seine persönliche Auffassung seine Autorität dazu genutzt, dort dafür zu sorgen, dass es zur Deeskalation kommt.
Sie haben gesagt, er habe die Kirche geweiht. Sie haben ihn damit für diejenigen vereinnahmen wollen, die im Hüttendorf waren.
Nein, Pfarrer Oeser war immer einer derjenigen, die gewarnt haben. Ich weiß, dass auch Roland Koch häufiger mit ihm gesprochen hat, denn wir haben häufiger persönlich darüber geredet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen sage ich von dieser Stelle aus: Wenn wir Deeskalation wollen, wenn wir wollen, dass der Ausbau rechtsstaatlich und ohne Missbrauch unseres Grundgesetzes erfolgt, dann müssen jetzt Andrea Ypsilanti und Tarek Al-Wazir hier an das Pult treten und sagen: Mit denen, die die Eskalation im Wald betreiben,haben wir nichts zu tun.–Wenn Sie das nicht tun, erwecken Sie den Eindruck, es gehe Ihnen um etwas ganz anderes. – Vielen Dank.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Herr Hahn, danke sehr. – Als Nächster erhält Herr Schmitt für die SPD-Fraktion das Wort.
Herr Kollege van Ooyen, Sie haben eben die Schießwütigkeit der anderen Parteien angesprochen, also auch die Schießwütigkeit des Kollegen Dr. Wagner und von mir. Darüber hinaus haben Sie gesagt, dass die anderen Parteien – ich personifiziere das wieder auf meine Person – Schreibtischtäter sind.
Sind Sie gewillt, sich unverzüglich von dieser Aussage nicht nur zu distanzieren, sondern sich auch unverzüglich bei uns allen persönlich zu entschuldigen?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Ypsilanti, ich finde es beachtlich, dass Sie das Wort „Wortbruch“ dauernd in den Mund nehmen.
Ich glaube,als Fachfrau dafür sollten Sie zu diesem Thema einfach schweigen und es nicht noch problematisieren.
Frau Kollegin Ypsilanti, interessant finde ich auch, dass Sie in Ihrem Redebeitrag eben,als Sie sich an die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewandt haben,in das vertrauliche Du verfallen sind.
Das war fast schon ein Betteln, nach dem Motto: Lieber Tarek, mach es nicht, mach nicht gemeinsam mit FDP und CDU Politik. – Frau Kollegin Ypsilanti, es war peinlich, wie Sie sich eben hier benommen haben.
Ärgerlich ist es, dass Sie zu dem zentralen Thema, nämlich zu der Sanierung des Haushalts des Landes Hessen, kein einziges Wort gesagt haben. Kein einziges Wort haben Sie gesagt.
Ich habe den Eindruck, dass Sie und andere in Ihrer Fraktion – den Kollegen Rudolph nehme ich ganz bewusst aus – gar kein Gefühl dafür haben,welche Diskussion wir derzeit führen.
Als Kollege Al-Wazir vor ein paar Wochen zu mir kam und sagte, darüber müssten wir einmal reden – das war im Haus des Hessischen Rundfunks –, habe ich ihm geantwortet: Ich habe das Gefühl, die GRÜNEN spielen mit dem Feuer.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will es für die FDPFraktion noch einmal auf den Punkt bringen – Wolfgang Greilich hat es bereits gesagt –: Allein den Beamten ein Sonderopfer aufzuerlegen – nein. Den Beamten im Konzert mit vielen anderen ein Sonderopfer zur Sanierung des hessischen Haushalts aufzuerlegen – ja. Das ist offensichtlich der Unterschied zu den Redebeiträgen der SPD, wobei Herr Kollege Rudolph eben eine ganz besonders spannende Volte schlug, indem er gesagt und dann noch einmal zur Unterstützung seiner Fraktions- und Landesvorsitzenden hineingerufen hat: „In diesem Jahr nicht!“
Meine Damen und Herren, auch die Sozialdemokraten überlegen sich also, ob es ein Sonderopfer für die Beamten geben soll. Nur in diesem Jahr eben nicht, haben sie gesagt.
Da dies eine der Stellschrauben ist, wenn es darum geht, eine Konsolidierung des Haushalts vorzunehmen,sage ich hier für die FDP-Fraktion: Herr Kollege Al-Wazir, meine
lieben anderen Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, jetzt muss ein bisschen mehr Butter bei die Fische. Sind Sie bereit, in eine Diskussion über die Sanierung des Haushalts des Landes Hessen einzutreten, so sind wir Liberale bereit, mit dieser Diskussion und diesen Verhandlungen noch heute zu beginnen.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, es darf nicht heißen, dass ausschließlich den hessischen Beamten ein Sonderopfer auferlegt wird, sondern es muss, wenn es schon so kommt, „Sonderopfer für viele“ heißen, damit unsere Kinder nicht mehr durch die Haushaltsschulden und alles andere belastet sind. Dazu sind wir Liberale am heutigen Tag bereit. – Vielen Dank.
Herr Kollege Dr.Jürgens,ist Ihnen bekannt,dass der Hessische Landtag in den Neunzigerjahren zwar mit großer Mehrheit die Absenkung des Wahlalters beschlossen hat, die anschließende Abstimmung des Volkes aber zur Folge hatte, dass es weiterhin bei dem Wahlalter von 21 Jahren blieb?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Zu Recht hat die „Frankfurter Rundschau“ am 13. August in einem Artikel über unsere Diskussion, die wir hier führen, die Überschrift „Mehr Macht für Bürger“ gewählt. Das ist die Auffassung der hessischen Liberalen schon seit vielen Jahren, um nicht zu sagen: schon seit einem Jahrzehnt. Wir haben durch eine Vielzahl von Initiativen auch in diesem Hause immer wieder gebohrt und immer wieder Mehrheiten dafür gesucht, dass man mehr Macht für die hessischen Bürgerinnen und Bürger sowohl in den Gesetzen – Herr Dr. Jürgens – wie auch in der Verfassung festschreibt.
Da ich seit gestern weiß, dass die GRÜNEN ein besonderes Anliegen darin haben, die Konsequenz von Aktionen der FDP in diesem Hause zu reflektieren,und wir das z. B. gestern beim Thema SED-Vergangenheit in den Schulbüchern diskutiert haben und Sie vorhin sogar dem Kollegen Dieter Posch die Ehre gegeben haben, in Ihrem Wortbeitrag zitiert zu werden, möchte ich Sie zitieren, Herr Kollege Dr. Jürgens.
Sie haben nämlich von diesem Pult aus – bzw. wir waren damals im Rathaus „zwischengelagert“ – anlässlich einer Debatte über die Neuordnung der Hessischen Verfassung, die auf Initiative der FDP angeregt worden ist und wo fast identische Vorlagen zur Abstimmung gestellt worden sind, Folgendes gesagt:
Es geht nicht an, dass wir in dem Prozess der gemeinsamen Arbeit an der Hessischen Verfassung einzelne Ergebnisse herausgreifen und zerreden.
Genau das will ich auch nicht tun. Deswegen enthalte ich mich einer Stellungnahme zu den einzelnen Vorschlägen, die Sie hier gemacht haben. Wir lehnen das Vorgehen der FDP ab.Wir halten daran fest,dass möglichst im Konsens eine Verfassungsänderung durchgeführt werden soll.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist dem stenografischen Bericht über die Sitzung des Hessischen Landtags am 8. Juni 2005 zu entnehmen.
Herr Kollege Dr. Jürgens, ich sage das nicht hämisch, weil ich in dieser Frage hämisch bin, sondern ich sage es hämisch, weil ich es relativ unsinnig finde, was die GRÜNEN seit gestern in dieser Frage veranstalten. Es gibt verschiedene Situationen, auf die Parlamentarier und Fraktionen in diesem Hause verschieden reagieren können. Ich gestehe Ihnen das gute Recht zu,dass Sie im Juni 2005, also vor drei Jahren, der Meinung gewesen sind, dass es nicht klug gewesen ist, Einzelinitiativen aus einem Konsens herauszunehmen, auf den vielleicht manche noch gehofft hatten.
Ich halte es für parlamentarisch ein bisschen daneben, wenn Sie jetzt meinen,z.B.den Kollegen Posch zitieren zu müssen, wenn es um die 1-%-Regel geht.
Entweder wollen wir uns daran halten, dass wir kollegial miteinander umgehen. Dann sage ich: schön, dass Sie dazugelernt haben. Oder wir wollen uns beide negative Vorwürfe machen. Herr Kollege Dr. Jürgens, das können Sie und Herr Wagner mit der FDP machen.Wir jedenfalls machen es nicht weiter.Aber wir haben Sie erwischt, dass Sie jetzt etwas anderes tun, als Sie vor drei Jahren selbst von diesem Pult aus getan haben. Und das gebe ich hiermit auch zu Protokoll.
Herr Kollege Dr. Jürgens, es hilft Ihnen auch kein Zwischenrufen weiter. Sie haben vor drei Jahren genau das verurteilt, was Sie jetzt hier machen, nämlich mit Einzelinitiativen die Hessische Verfassung zu ändern.
Wir haben damals schon gesagt, wir müssen mit Einzelinitiativen die Hessische Verfassung ändern. Sie haben uns vorgeworfen, wir wären ein bisschen hinter der Hecke, irgendwo ein bisschen blöde oder so.Jetzt begrüße ich Sie, dass Sie auch hinter der Hecke bei uns sind und das mit uns genauso beurteilen.Vielen Dank, Herr Dr. Jürgens.
Nun komme ich zu dem Inhalt.Ja, es gibt ein Defizit an direkter Demokratie in Hessen. Ja, die Hürden sowohl in der Verfassung wie auch darüber hinaus in den anderen Normen sind zu hoch. Ja, über drei Vorschläge der GRÜNEN können wir uns unterhalten und werden sicherlich in Details verschiedener Meinung sein, aber nicht vom Prinzip her.
Nur einmal sage ich sehr eindeutig Nein. Der von Ihnen gewünschten Reduzierung und Absenkung des endgültigen Quorums, was dann tatsächlich Recht und Gesetz in diesem Land werden soll, stimmen wir Liberale nicht zu. Wir wollen, dass das Volk entscheidet, und nicht, dass eine Teilmenge des Volkes über die Gesamtmenge des Volkes entscheidet. Und das wollen Sie, Herr Kollege Dr. Jürgens.
Wer Demokratie will, der muss immerhin noch dazu Ja sagen, dass es Mehrheitsentscheidungen sind, die in einer Demokratie zählen,und nicht Entscheidungen von Minderheiten. Aber das wollen Sie, Herr Kollege Dr. Jürgens, meine werten Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN – ich sage seit heute Morgen nicht mehr BÜNDNIS –,indem Sie das Quorum von 20 auf 10 % senken wollen. Das machen wir Liberale nicht mit.
Ja, die Unterschriftsquoren sind zu hoch. Seit acht Jahren hat die hessische FDP einen Landesparteitagsbeschluss – der hat die Handschrift von Dieter Posch und Jörg Uwe Hahn und übrigens auch damals schon von Wolfgang Greilich –, in dem wir sagen, wir wollen eine Reduzierung von 3 auf 2 %.
Nach unserer Auffassung ist das eine Möglichkeit, um mehr Demokratie zu bekommen, trotzdem aber auch deutlich zu machen, dass auch schon im Anfangsstadium einer direkten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger der kleine Schwanz nicht mit der großen Mehrheit wedeln darf.
Herr Kollege Dr. Jürgens, hätten Sie doch einmal richtig zitiert, dann hätten Sie auch gewusst, dass das ein Konsensversuch gewesen ist, von dem Kollege Posch gesagt hat, er sei damit einverstanden.
Kollege Posch hat aber ausdrücklich immer wieder deutlich gemacht – Herr Posch ist seit mindestens zehn Jahren stellvertretender Landesvorsitzender dieser Partei –,es ist eine Grundsatzauffassung der Liberalen,dass wir nur eine Absenkung von 3 auf 2 % haben wollen, nicht auf 1 %, wie Sie das vorgeschlagen haben.
Darüber können wir noch einmal streiten. Wir halten ungefähr 90.000 Unterschriften für notwendig. Jetzt sind es
ungefähr 131.000.Sie wollen,dass es ungefähr 50.000 sind. Darüber kann man sich sicherlich unterhalten. Sicherlich ist das auch keine der zentralen Fragen. Aber, Herr Kollege Dr. Jürgens, machen Sie sich doch bitte nicht einen solch schlanken Fuß, wie Sie das eben versucht haben.
Herr Kollege Dr. Jürgens, Sie verstehens ja. Deshalb beantworte ich Ihre Frage auch nicht. Darüber haben wir uns schon mehrfach unterhalten.
Sie haben nur einen anderen Weg, aber bitte tun Sie doch nicht so, als ob es keine Verbesserung wäre, wenn man am Beginn des Verfahrens sagt, du brauchst keine 131.000 Unterschriften,sondern nur 90.000.Das ist doch wohl einfacher, oder?
Lieber Herr Dr. Jürgens, ich finde, auf dieses Niveau sollten wir uns unter Juristen wirklich nicht begeben.
Zweiter Punkt, Volksinitiative. Hier sage ich: Glückwunsch an die GRÜNEN. Denn das ist eine neue Forderung bei den GRÜNEN. Diese Forderung haben die GRÜNEN bisher noch nicht hier eingeführt.Ich sage deshalb Glückwunsch, weil dies ein Vorschlag ist, den die FDP bereits seit acht Jahren in ihrem Wahlprogramm stehen hat.
Wir halten es für vollkommen vernünftig, dass es dann, wenn diese Unterschriften tatsächlich gesammelt sind, eine Pflicht dieses Hauses ist, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Das nennen wir Volksinitiative.
Auch Sie nennen das Volksinitiative, obwohl Sie keine Volksinitiative machen, sondern – Kollege Gotthardt hat zu Recht darauf hingewiesen – eine Einwohnerinitiative. Das können Sie tun, aber dann sagen Sie es doch bitte auch offen und ehrlich. Wir wollen doch transparent miteinander umgehen, nicht mit Mogelpackungen.
Genau wie Sie meinen wir: Wenn sich tatsächlich so viele Menschen bereit erklärt haben, eine Initiative zu unterstützen, ist es Pflicht der ersten Gewalt in diesem Hause, sich damit auseinanderzusetzen.
Drittes Thema, und dabei sind wir wieder einig.Wenn das alles nicht geklappt hat, geht es in die Phase des Volksbegehrens hinein. Dabei ist die jetzige Frist von zwei Wochen ein Unding – eigentlich ist das eine Unfrist.Das kann man nicht schaffen. Das weiß auch jeder, der es einmal versucht hat. Das ist schon organisatorisch nicht zu bewältigen.
Wir werden schon alle Schwierigkeiten bekommen – aber trotzdem wird es irgendwie gut funktionieren –, wenn sich der Landtag auflöst, innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen durchzuführen.Aber wie man innerhalb von zwei Wochen ein entsprechend großes Quorum erreichen soll – das ist vollkommen unmöglich. Dazu sagen wir, und ich glaube, das ist auch Ihre Auffassung: Drei Monate sind eine dafür angemessene Zeit.Deshalb sollten wir das auch in die Gesetze hineinschreiben.
Dann kommt in unseren Augen der vierte Schritt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist der Unterschied, ich habe das eben schon einmal angesprochen:Wir glauben nicht, dass es in einer Demokratie erlaubt sein darf, dass 10 % Aktive möglicherweise über 90 % Inaktive bestimmen dürfen.
Vielmehr ist eine Demokratie nur dann eine Demokratie, wenn wir Mehrheitsentscheidungen akzeptieren.
Nun müssen wir uns überlegen, was Mehrheitsentscheidungen sind.50 % Aktive und 50 % Inaktive,das halte ich auch für zu hoch. Deshalb haben wir uns lange darüber Gedanken gemacht und gesagt: Für uns liegt die Schwelle für diejenigen, die dann wirklich abschließend Ja sagen müssen, gerechterweise bei 25 % derjenigen, die ihre Stimmen abgegeben haben.
Das heißt, wenn 25 % der Wählerinnen und Wähler – es sind dann wieder ausschließlich die Wäherinnen und Wähler, deshalb haben Sie das Problem mit Ihren Einwohnern bei der Initiative, die Sie vorhin vorgestellt haben – zugestimmt und aktiv Ja gesagt haben, dann ist das ein Quorum, bei dem man sagen kann, das hat eine relativ breite Unterstützung in der Bevölkerung. Denn wenn man das zusammenrechnet, dann müsste immerhin eine hohe Zahl von Gegenstimmen dabei sein, und dann kann man sehen, dass das einigermaßen demokratisch legitimiert ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich werbe hier ausdrücklich und mit aller Verve als Bürgerrechtler und Rechtsstaatler dafür, dass wir keine Absenkung des Quorums vornehmen. Das sind ja möglicherweise Zufallsentscheidungen, die da zustande kommen.
Darüber hinaus schaffen wir es möglicherweise dann sogar, dass – ich sage jetzt nicht: über Einzelinteressen einer Person – über Einzelinteressen z. B. einer Gemeinde abgestimmt werden kann, gegen die Mehrheit im Lande, nur, weil die sich dafür nicht interessiert.
Herr Kollege Dr. Jürgens hat zu Recht gesagt, repräsentative Demokratie ist ein wesentlicher Bestandteil unseres demokratischen Systems in Hessen. Daneben steht die direkte Demokratie. Direkte Demokratie muss aber heißen, ein erkennbarer Mehrheitswille ist letztlich Grundlage einer Gesetzgebung, sei es bei normalen Gesetzen oder bei der Verfassung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb sind wir für 25 % bei der Schlusszustimmung. Dafür werden wir durch Änderungsanträge und geeignete Maßnahmen bei der Anhörung werben. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rudolph, wenn Sie sich entspannt haben, wäre ich gerne bereit, das vorzutragen, was z. B. Ihre Parteifreunde in Rheinland-Pfalz vor zwei Jahren als wichtig erachtet und in das Gesetz hineingeschrieben haben.
Ich glaube schon, dass das für Sozialdemokraten ein Argument ist.Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz ist
derzeit noch SPD-Bundesvorsitzender, Herr Kollege Rudolph. Ich glaube doch, dass das, was er sagt, die Sozialdemokraten in Hessen zur Kenntnis nehmen sollten. Wir wissen, dass Sie es nicht immer umsetzen, vielleicht machen Sie es aber immer öfter.
Wir haben sehr bewusst, auch in dieser Situation des Hessischen Landtags, diesen Gesetzentwurf eingebracht, weil wir der Auffassung sind,dass wir die Hoffnung haben können, dass auch in Hessen endlich Menschen vor Automaten vorgezogen werden. Sie wissen genau, dass in einer Vielzahl von Bundesländern, nämlich in neun Bundesländern, die Möglichkeit der Sonntagsöffnung von Videotheken bereits in den Gesetzen steht. In Hessen wurde dies bisher immer abgelehnt, unter anderem mit dem Verweis auf die Rechte von Arbeitnehmern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade von den Fraktionen, die immer lautstark behaupten, sie stünden hinter den Arbeitnehmern, Sie sollten wissen: Solange es das Sonntagsverbot für Videotheken gibt, gibt es keine zusätzlichen Arbeitsplätze in Videotheken, sondern es werden häufig Videotheken genutzt, die schlicht Automaten aufstellen. Es heißt also: Menschen vor Automaten, wenn man den Videotheken die Möglichkeit eröffnet, am Sonntag zu öffnen.
Darüber hinaus wissen wir, dass wir im Konflikt mit den Lebensabläufen in unserem Land liegen. Wir stehen als Liberale dazu, dass wir zum christlichen Abendland gehören und dass es dazu gehört, den Sonntagskirchgang in keiner Weise einzuschränken. Ich sage in Parenthese: Das ist eine deutsche Entwicklung zwischen Staat und Kirche. In anderen, noch katholischer geprägten Ländern, z. B. im südlichen Teil Europas, wird vom Staat darauf überhaupt keine Rücksicht genommen. Es gibt beispielsweise in Italien Öffnungszeiten an Ostern usw. usf.
Wir sagen als Liberale trotzdem, wir wollen nicht, dass es zu einer Konkurrenz zwischen den Videotheken auf der einen und den Gottesdiensten und Messen der christlichen Kirchen auf der anderen Seite kommt. Wir sagen: Es reicht aus, wenn die Videotheken die Möglichkeit haben, am Sonntag ab 13 Uhr zu öffnen.
Meine Damen und Herren,gerade für diejenigen,die meinen, es handle sich um etwas Böses, möchte ich vortragen, welche Bundesländer Öffnungszeiten am Sonntag für Videotheken haben. Das ist Berlin, wie wir wissen regiert von den Roten und den Ritzeroten. Das ist Bremen, regiert von den Roten und den GRÜNEN. Das ist Brandenburg, regiert von einer Großen Koalition. Das ist Hamburg, regiert von der Union und von den GRÜNEN.
Das ist Mecklenburg-Vorpommern, regiert von einer Großen Koalition. Das ist Niedersachsen, regiert von einer Koalition aus CDU und FDP.Das ist Rheinland-Pfalz, regiert in absoluter Mehrheit von den Sozialdemokraten. Dann haben wir noch die Länder Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.
Meine Damen und Herren, jeder, der hier in diesem Raum sitzt, hat einen Parteifreund oder eine Parteifreundin, die sich für die Sonntagsöffnung von Videotheken in ihrem eigenen Land ausgesprochen haben.
Zusammenfassend meinen wir: Es ist eine Deregulierung, die die Möglichkeit eröffnet, zusätzliche Arbeitsplätze in Hessen zu schaffen. Bisher handelt es sich um einen Wettbewerbsnachteil.Viele von uns wissen,dass Menschen,die im Gebiet um Wiesbaden herum wohnen, häufig die Möglichkeit nutzen, am Sonntag nach Mainz zu fahren, um sich dort Videos auszuleihen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte gerne mit den Worten des Kollegen Rudolph schließen:Es ist wahrlich nicht das zentrale Problem der Politik in Hessen. Es ist aber ein kleiner Fingerzeig, wenn man zeigen will, wie ernst man es meint, wenn man deregulieren und zusätzliche Arbeitsplätze schaffen will. Stimmen Sie bitte diesem Gesetzentwurf der FDP zu.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will ein bisschen anders, in der Zielrichtung aber genauso beginnen, wie es eben der Kollege Mark Weinmeister getan hat.
Herr Siebel, wir haben uns eben den Vorwurf Ihres Kollegen Rudolph anhören müssen, dass wir uns beim Thema Feiertagsgesetz – ich übersetze es in eine etwas flapsige Sprache – mit Peanuts beschäftigen. Sie von der Sozialdemokratie beschäftigen sich hier mit Peanuts, die ausschließlich die hessische SPD interessieren – nicht mehr und nicht weniger.
Sie haben damit als SPD Ihre eigene Argumentation aus der Debatte konterkariert, haben sie sogar noch überhöht nach dem Motto: „Ich kümmere mich jetzt darum, dass unser SPD-Imperium im Bereich der Medien wieder Einfluss auf die Medien in Hessen nehmen kann.“ Deshalb wird dieser Gesetzentwurf relativ flott vorgelegt.
Herr Kollege Dr. Jürgens, es stimmt nicht, dass wir gezwungen wären, uns heute mit diesem Thema zu beschäftigen. Sie haben vorhin hereingerufen, das habe das Bundesverfassungsgericht so gewollt. Das ist richtig und trotzdem falsch. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Frist gesetzt. Diese Frist läuft in einem Jahr aus. Die Hektik bei den Sozialdemokraten hat also etwas damit zu tun, dass sie auf der einen Seite ihre wirtschaftlichen Interessen durchsetzen wollen, zum anderen aber hoffen, damit auch publizistische Interessen durchzusetzen. Das kann ich nach dem Ergebnis der Umfragen, die Ihnen in den letzten 24 Stunden auf den Schreibtisch gekommen sind, relativ gut nachvollziehen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass es sich bei dem Gesetzentwurf um einen Schnellschuss handelt.So kann man nach meiner rechtlichen Auffassung das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. März 2008 nicht auslegen. Das Bundesverfassungsgericht hat festgehalten, dass ein absolutes Beteiligungsverbot dann verfassungs
widrig ist,wenn es sich ausschließlich an der Höhe der Anteile orientiert. So lautete das alte Gesetz – nach dem alten Motto „Wenn du mehr als 0,01 % Anteil hast, dann darfst du das nicht als Partei bzw. als von einer Partei abhängiges Unternehmen“. Dazu hat das Bundesverfassungsgericht gesagt: Das geht nicht.
Das Bundesverfassungsgericht hat aber in der Begründung auf Seite 16 sehr deutlich gesagt – ich zitiere aus dem offiziellen Papier des Bundesverfassungsgerichts –:
Entscheidend ist nicht allein der nominale Anteil am Kapital oder an Stimmrechten, sondern der tatsächliche Einfluss auf die Programmgestaltung oder die Programminhalte.
Dann kommt ein weiterer wichtiger Satz: „Es obliegt dem Gesetzgeber, hierfür geeignete und nachvollziehbare Kriterien zu normieren.“ Diesen Satz, Herr Kollege Siebel, werden Juristen in der Anhörung sicherlich so interpretieren, dass man Lösungen finden kann, die es weiterhin ausschließen, dass Parteien bzw. von Parteien dominierte Unternehmen Gesellschafter einer Rundfunkeinrichtung in Hessen sein können. Man darf es nur nicht an den prozentualen Umfang der Anteilsscheine binden, sondern man muss fragen: Hat man es mit einem das Programm Beherrschenden oder auf das Programm Einfluss Nehmenden zu tun? Dazu fällt mir viel ein. Dazu fällt auch Ihnen viel ein.Wenn Sie unsere Pressesprecher oder die Medienberater fragen, fällt denen noch viel mehr dazu ein. Sehr verehrter Herr Kollege, diese Sache auf eine Angelegenheit nach § 10 des Aktiengesetzes zu beschränken, wie Sie es in Ihrem Gesetzentwurf tun, greift viel zu kurz.
Was spricht eigentlich dagegen, eine vollkommen transparente Lösung zu finden? Warum wehren sich die Sozialdemokraten so,warum haben Sie sich schon bei der Veröffentlichungspflicht dagegen gewehrt,dass man z.B.festhält, dass bei der „Frankfurter Rundschau“ hinter ungefähr 25 bis 30 % der Gesellschafteranteile die Sozialdemokratische Partei steht? Warum wehren Sie sich dagegen? Wie ist es zu vereinbaren,dass Sie auf der einen Seite den mündigen Bürger haben wollen, ihm aber auf der anderen Seite ganz bewusst verschleiern wollen, dass hinter einigem, was wir im Medienbereich haben, die SPD versteckt ist? Ich finde,das ist eine Verhohnepipelung der Leserinnen und Leser. Eine Ausgabe der „Frankfurter Rundschau“ war ja ganz ordentlich aufgelegt, indem dort geschrieben stand, dass sie parteipolitisch nicht neutral, sondern von einer Partei abhängig ist. Das war wohl ein Fehldruck an diesem Tag.
Wieder zurück zum Thema. Ja, das Bundesverfassungsgericht hat uns einen Auftrag erteilt. Wir haben bis zum Sommer des kommenden Jahres Frist, eine Entscheidung zu treffen. Das Bundesverfassungsgericht hat nicht ausgeschlossen, dass man eine Beteiligung von Parteien an den Medien ausschließen kann. Wir werden deshalb in der Anhörung sehr intensiv herausarbeiten, welche rechtlichen Formulierungen gefunden werden können, dass der Rundfunk in Hessen tatsächlich parteipolitisch neutral bleibt ist. Das sind wir unseren Bürgerinnen und Bürgern schuldig.
Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Der Kollege Irmer hat eben ein Bild entwickelt und auch sehr intensiv und gut begründet, indem er von den roten Braunen und den braunen Braunen gesprochen hat.Kollege Irmer hat, jedenfalls in meinen Augen, sehr überzeugend dargelegt, wie verabscheuungswürdig die Handlungsweisen der braun-braunen Diktatoren in Deutschland gewesen sind.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann ist in diesem Hause etwas zugerufen worden, und zwar von der Bank der Postkommunisten. Die parlamentarische Geschäftsführerin, Frau Schott – –
Frau Präsidentin, Sie erschweren sich gerade selbst die Arbeit. Ich habe in den 45 Sekunden, die ich bisher reden durfte, nämlich ausschließlich zur Rede des Kollegen Irmer gesprochen.
Ich habe dann darauf hingewiesen, dass während der Rede des Kollegen Irmer ein Zwischenruf gekommen ist. Auch das gehört zur Rede des Kollegen Irmer, und zwar substanziell.
Frau Präsidentin, der Zwischenruf lautete: „Bedauern Sie das wirklich?“ Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gehe davon aus, dass der Kollege Irmer das sehr wohl bedauert. Ich halte es für eine parlamentarische und menschliche Ungezogenheit, dass das in diesem Hause auf die Weise infrage gestellt wird. Frau Schott, entschuldigen Sie sich unverzüglich dafür.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich immer wieder über die begleitenden Worte und Äußerungen der Kolleginnen und Kollegen Sozialdemokraten, wenn ich zum Pult komme.
Wir als Liberale haben überhaupt keine Angst davor, sondern finden es vom Prinzip her sehr gut, dass es Auswahlmöglichkeiten bei Entscheidungen gibt. Ich sage bewusst, vom Prinzip her.
Es ist ein Zeichen von Demokratie, es ist ein Zeichen von Parlamentarismus, dass es die Möglichkeit gibt, auswählen zu können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegin Ypsilanti, hier geht es aber nicht um die Frage, ob die Wahlmänner und Wahlfrauen eine Auswahl haben und ob das demokratisch ist. Hier geht es schlicht und ergreifend um zwei Dinge. Das eine ist, dass Ihre Partei, Frau Kollegin Ypsilanti, in den letzten drei Monaten einen nicht mehr zu überbietenden Schlingerkurs,und zwar öffentlich und auch gegenüber dem Bundespräsidenten, bei der Frage hingelegt hat, wer der künftige Bundespräsident wird.
Es ist nicht würdig für eine Partei, es ist nicht würdig für Repräsentanten einer Partei, wenn sie mit öffentlichen Äußerungen mehr als suggerieren, dass sie für eine Wiederwahl des amtierenden Bundespräsidenten sind, um dann wenige Wochen später genau das Gegenteil öffentlich zu verkünden.
Das ist der Skandal.Das ist das parteipolitische Spielchen, das Ihre Partei,Frau Kollegin Ypsilanti,in den letzten drei Monten nicht nur mit dem Amt des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch mit der Person des amtierenden Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gespielt hat. Das ist schofelig, und deswegen kann man es auch in einer Aktuellen Stunde im Hessischen Landtag ansprechen.
Es gibt nicht nur die Äußerung von Kurt Beck, die eben schon vom Kollegen Müller zitiert worden ist. Es gibt eine Vielzahl von Äußerungen, insbesondere die Äußerung des Fraktionsvorsitzenden der SPD im Deutschen Bundestag, Peter Struck, der noch vor wenigen Wochen gesagt hat, dass er hinter der Arbeit des amtierenden Bundespräsidenten steht und dass er sich vorstellen kann, dass die SPD Herrn Köhler als Bundespräsidenten unterstützt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da wir in manchen Gebieten eine ein bisschen diplomatischere Sprache zu üben haben als in anderen, konnte jeder davon ausgehen: Peter Struck als der Vorsitzende der SPD-Fraktion erklärt, die SPD steht hinter der Wiederwahl des amtierenden Bundespräsidenten. – Genau das tun Sie heute nicht mehr.
Liebe Kollegin Ypsilanti, ich mache es mir jetzt ganz einfach.
Ich weiß, das sind wieder die Emotionen.Aber wir können wieder zur Sache kommen. – Ich widerspreche Ihnen, wenn Sie erklären, dass die Wahl des Bundespräsidenten nichts mit politischen Weichenstellungen zu tun hat. Ich mache es mir ganz einfach, weil ich schlicht ein Beispiel anspreche, das die SPD und die FDP betrifft. Die Wahl von Gustav Heinemann 1969 zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland war nicht nur eine persönliche Entscheidung für Gustav Heinemann, sondern eine Weichenstellung für eine neue Koalitionspolitik im Deutschen Bundestag. Haben Sie das schon vergessen, Frau Ypsilanti?
Wenn das so richtig ist – ich glaube, Sie widersprechen mir nicht, da es bereits in vielen Geschichtsbüchern steht; ich kann mich daran erinnern, vor ungefähr drei oder vier Wochen mit Walter Scheel darüber gesprochen zu haben, als er uns erklärte, wie das 1969 abgegangen ist –, dann können Sie sich doch nicht allen Ernstes hierhin stellen und so tun, als ob dort etwa über 1.100 Wahlmänner und Wahlfrauen zusammenkommen, die alle politische Eunuchen sind.
Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Bundesversammlung gibt es genauso Fraktionen, wie es Fraktionen im Hessischen Landtag gibt.
Der zweite Skandal ist: Was Sie wollen, ist eindeutig. Sie wollen einen Testlauf fahren, ob die Fraktionen der Sozialdemokraten, der Bündnisgrünen und der Postkommunisten in der Lage sind, in der Bundesversammlung den Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland zu wählen. Das ist der Testlauf, den Sie dort vorhaben.
Da können Sie sich noch so häufig hierhin stellen und sagen, das sei erstens keine Parteipolitik, und zweitens seien da noch niemals Weichenstellungen für künftige Koalitionen geschnitzt worden. Die Menschen, die uns zuhören, die Menschen, die das lesen, wissen genau, Sie sagen die Unwahrheit. Sie glauben Ihnen nicht, Frau Ypsilanti.
Ich sage für die FDP-Fraktion im Hessischen Landtag, aber ich sage es genauso als Vorsitzender der Konferenz der Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag und in den Ländern: Wir als Liberale stehen geschlossen hinter der Wiederwahl von Prof. Horst Köhler zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland.
Wir haben ihn vor fünf Jahren nach Wiesbaden eingeladen. Wir haben mit ihm ein ausführliches Gespräch vor der Wahl geführt.Wir beobachten sehr kritisch die Arbeit des Bundespräsidenten. Gestern hat es jemand schon in anderem Zusammenhang gesagt – ich glaube, es war der Kollege Walter im Zusammenhang mit dem RDF –, dass eine Person immer dann, wenn sie für die Arbeit von keiner Seite dauernd anhaltenden Beifall bekommt, gute Arbeit leistet. – Das gilt für Horst Köhler.
Ich war gerade im letzten Satz, Frau Präsidentin. – Prof. Köhler wird nicht nur im Inland,sondern auch im Ausland als ein guter Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland gesehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, hören Sie auf, Ihre parteipolitischen Probleme auf dem Rücken dieses Amtes auszutragen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir, die FDP, müssen mit Freude zur Kenntnis nehmen, dass jedenfalls die vier Fraktionen, die dem Hessischen Landtag auch während der vergangenen Legislaturperiode angehört haben, ein relativ übereinstimmendes Bild einerseits von der Verfassungssituation in unserem Lande sowie andererseits von der wichtigen Aufgabe des Verfassungsschutzes haben. Ich glaube, dass es wichtig ist, dies nach den Redebeiträgen von Herrn Rudolph, Herrn Kollegen Al-Wazir und natürlich von Herrn Dr. Wagner von dieser Stelle aus zu sagen.
Wir wissen allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen, die in der 16. Legislaturperiode bereits hier gewesen sind,dass es in diesem Hause eine Fraktion gibt, die in Bezug auf beide Punkte andere Auffassungen hat – sowohl, was das verfassungsgemäße Grundprinzip der Bundesrepublik Deutschland anbelangt, als auch, was die Aufgaben von Verfassungsschutzbehörden
des Bundes sowie des Landes Hessen betrifft. Das ist für mich ein Grund, hierüber zu debattieren.
Es ist schon beachtlich, mit welchem Vokabular sich unsere neuen Kollegen von der Fraktion DIE LINKE in den letzten Wochen gegen Grundstrukturen der deutschen Verfassung, des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, ausgesprochen haben.
In einem Interview mit dem „Wiesbadener Kurier“ vom 21.05. dieses Jahres sagte beispielsweise Herr Schaus, der nun wohl hinausgegangen ist, um nicht wieder so emotional zu reagieren, Folgendes:
„Natürlich wollen wir Veränderungen wirtschaftlicher Verhältnisse“ – das ist noch okay – „und damit auch eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse“. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist schlichtweg verfassungswidrig.
Das wird sicherlich jeder Jurist, jeder bürgerlich Gebildete und hiermit jedes Mitglied der SPD-Fraktion bestätigen können. Daher können Sie fünfmal Nein sagen und haben dennoch unrecht.