Protokoll der Sitzung vom 28.08.2008

Ich zähle dies nur deshalb kurz auf, um deutlich zu machen, wie wichtig die nationale Gesetzgebung und die Umsetzung der europäischen Richtlinie vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise, auch der Bankenkrise ist, wie wir sie, aus den USA kommend, erlebt haben. Damit wird auch Vertrauen für die Menschen geschaffen, die ihr Geld bei den Banken anlegen bzw. auf der anderen Seite Geld entleihen.

Ich bitte Sie, diesem Änderungsvertrag zuzustimmen, damit diese Richtlinie auch in nationales und damit in Recht in der Bundesrepublik Deutschland und in Hessen umgesetzt werden kann.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Damit ist das Gesetz eingebracht. Es wird ohne Aussprache weiter verfahren. Die erste Lesung ist vollzogen.Wir überweisen den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Wirtschaftsausschuss.– Dem widerspricht niemand. Dann ist somit beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 78 auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Internationale Bauausstellung Frankfurt/Rhein-Main – Drucks. 17/550 zu Drucks. 17/484 –

Berichterstatter: Kollege Schäfer-Gümbel.Wir verzichten auf Berichterstattung. Mir liegt keine Wortmeldung vor.

(Wortmeldung des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Herr Kollege Schaus.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Lenkungsgruppe, die hier vorgeschlagen wird, ist es das Problem, dass sie überhaupt eingerichtet werden soll. Sicherlich kann eine Bauausstellung, gar eine internationale Bauausstellung, positive Effekte für die Entwicklung einer Region haben.

Wir haben das in Nordrhein-Westfalen gesehen. Dort wurde die IBA Emscher Park als Zukunftsprogramm des Landes umgesetzt, um eine Region neu auszurichten und sie als Wohn- und Erholungszentrum für die Einwohner aufzuwerten, nachdem sie einen grundlegenden Strukturwandel zu verkraften hatte.

Berlin hat in der Nachkriegszeit gleich zwei IBAs ausgerichtet – um zerbombte Gebiete und später solche, die aus sozialen und finanziellen Gründen abgerutscht waren, wieder lebenswert zu gestalten.

Das Land Brandenburg will mit der Internationalen Bauausstellung Fürst-Pückler-Land dem Strukturwandel wirtschaftliche, künstlerische und ökologische Impulse geben, nachdem der Tagebau in der Niederlausitz eingestellt worden ist.

Auch in Sachsen-Anhalt läuft noch bis zum Jahr 2010 eine landesweite IBA Stadtumbau Sachsen-Anhalt. Hier geht es um neue Perspektiven für Städte, die unter Arbeitslosigkeit und Wegzug, Suburbanisierung und demografischem Wandel leiden.

Eine ähnliche Leitidee liegt für eine hessische IBA nicht vor. Es wäre auch schwer zu vermitteln,warum die RheinMain-Region, eine der wirtschaftlichen Kernregionen nicht nur in Hessen,sondern ganz Deutschlands,eine ähnliche Art der Förderung benötigen sollte wie einige der strukturschwächeren Gegenden der Zielgruppen I und II.

Die Vorstellungen darüber, was eine IBA in der RheinMain-Region erreichen oder wofür sie stehen könnte, gehen je nach politischer Couleur derzeit weit auseinander. Das Einzige, worauf man sich bisher einigen konnte, ist, dass sie im Rhein-Main-Gebiet stattfinden soll und dass man dafür Geld ausgeben will, vielleicht sogar eine ganze Menge.

Diese Herangehensweise ist in Zeiten knapper Kassen ungewöhnlich – um es einmal ganz vorsichtig auszudrücken. Andere Landesteile, die dringend eine Strukturförderung nötig hätten, müssen oft lange auf zusätzliche Mittel warten. Ich nenne nur einmal das Thema Breitbandversorgung.

Die Vertreter der Region, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sind für eine IBA, sagen sie. Das will ich auch nicht in Abrede stellen.Angesichts der prekären Haushaltslage vieler Kommunen kann es niemanden überraschen, wenn die Gemeinden einen neuen Topf begrüßen, den das Land aufmachen will. So vage, wie Sie bislang die IBA umreißen, kann sich natürlich jeder das darunter vorstellen, was er will – auch Projekte, die manche Gemeinden seit langem geplant haben, bislang aber nicht alleine finanzieren konnten. Dafür ist die systematische und durch die Föderalismusreform noch verschärfte finanzielle Ausblutung der Kommunen mit verantwortlich.

Aber Sie könnten selbstverständlich auch in jede andere hessische Region gehen, außerhalb des Rhein-Main-Gebietes, und dort würden Sie auch auf leuchtende Augen treffen, wenn Sie eine IBA in Aussicht stellten.

Meine Damen und Herren, noch einmal: Nach unserer Meinung ist Rhein-Main nicht die Region, die Hilfe am nötigsten hat. Hier mit der Gießkanne öffentliche Mittel zu verteilen heißt, in Hessen weiter die Starken zu stärken. Es ist nicht nachvollziehbar, dass gerade im RheinMain-Gebiet ein besonderes Projekt gebraucht würde, um zu einer regionalen Identität zu gelangen. Dieses Projekt ist weder kulturell noch im Hinblick auf die Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsplätzen notwendig oder auch nur zielführend.

Nur aus dieser Not heraus soll die sogenannte Steuerungsgruppe eingerichtet werden: Niemand weiß so recht, was eine IBA eigentlich hier soll.

(Clemens Reif (CDU): Doch!)

Oder jeder weiß es, und jeder meint etwas anderes.

(Clemens Reif (CDU): Nein!)

Wenn aber die Lenkungsgruppe ihre Arbeit aufgenommen hat und vielleicht Anfang des Jahres 2009 einen ersten Entwurf vorlegt, der dann in einem bunten Durcheinander die Wünsche und Vorstellungen aller unterschiedlichen Beteiligten abdecken soll,dann wird es zu spät sein, um dieses Projekt nochmals infrage zu stellen. Denn dann haben etliche Abgeordnete in Zusammenarbeit mit noch viel mehr Experten monatelang Arbeit in dieses Projekt gesteckt, die umsonst und vergeudet wäre, wenn das Projekt dann nicht in die Tat umgesetzt würde.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Die Presseberichterstattung über die IBA und den vorliegenden Antrag der vier Fraktionen spricht schon für sich selbst. Denn dort wird schon dargestellt, dass es sich hier nicht mehr um einen ergebnisoffenen Prozess handelt, sondern letztendlich um eine Festlegung auf das RheinMain-Gebiet, ohne konkret zu wissen, was man hier mit einer IBA will.

Diese Vorgehensweise nennt man: Fakten schaffen. Mit dieser Lenkungsgruppe wird eine Entscheidung vorweggenommen, die wahrscheinlich so nicht fallen würde, wenn wir heute über die grundsätzliche Frage: IBA Ja oder Nein und in welchem Umfang? zu entscheiden hätten.Die zentralen Fragen,warum eine IBA und warum im Rhein-Main-Gebiet, sind bisher unbeantwortet. Ohne diese Antworten als Grundlage sehe ich auch keinen Sinn darin,

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

eine Lenkungsgruppe einzurichten, die sich ihre eigene argumentative Grundlage schafft. Meine Damen und Herren, ich denke, so kann man nicht seriös ein kostspieliges Landesprojekt auf die Gleise setzen.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Herr Präsident, ein letzter Satz.

Deswegen werden wir von unserer Fraktion diesen Antrag heute ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Nächste Wortmeldung, Herr Kollege Schäfer-Gümbel für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich haben wir verabredet, uns alle ganz kurz zu fassen, niemand sollte länger als 60 Sekunden reden. Ich befürchte, nach diesem Vortrag von Herrn Schaus wird das nicht ganz funktionieren.Aber ich versuche es trotzdem.

Herr Schaus, das, was wir heute hier beschließen, bezeichne ich als einen Durchbruch.

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP))

Genauso ist das auch in der Region kommuniziert worden, denn dies ist seit langem das erste Mal, dass sich in einer sehr breiten politischen und regionalen Allianz viele – nicht alle, das haben wir gerade gehört – hinter einer Idee sammeln können.

Ich sage Ihnen: Offensichtlich gibt es bei der Linkspartei immer noch ein sehr grundlegendes Missverständnis darüber, was eine Internationale Bauausstellung ist. Eine internationale Bauausstellung ist nicht irgendein Regionalentwicklungskonversionsprojekt. Deswegen geht es nicht vorrangig und zuerst um die Frage, wo ich im Sinne einer nachholenden Entwicklung etwas Strukturpolitisches organisieren kann, sondern darum, wie ich einen bestimmten Raum optimieren kann – und zwar im Rahmen einer internationalen Bauausstellung, immer vor dem Hintergrund einer erstmaligen, modellhaften Entwicklung.

Was ich an Ihrer Position überhaupt nicht verstehen kann, ist, dies zu einem Gegenspiel zwischen Mittel- und Nordhessen zu machen. Das sage ich ausdrücklich als mittelhessischer Abgeordneter.

(Beifall der Abg. Lisa Gnadl (SPD) und Nicola Beer (FDP))

Zur Erklärung nehme ich einmal zwei Leitbilder dessen, was wir dabei diskutieren. Das ist das Thema der baulichen Verdichtung,der energetischen Versorgung der Region, aber auch die Frage der Organisation von Mobilität und Verkehr.

Da ist doch gerade das Rhein-Main-Gebiet mit seiner hohen Verdichtung, seiner hohen Belastungssituation genau der Raum, bei dem wir fragen können: Wie können sich Metropolregionen in Zukunft anders entwickeln? Das ist das I-Tüpfelchen, von dem wir es für richtig halten, sich damit zu beschäftigen.

Dazu gibt es nun eine Studie von Herrn Jourdan, der ein paar Bilder entwickelt hat. Dazu sagen vier Fraktionen in diesem Hause: Diese Machbarkeitsstudie ist nicht die Grundlage; aber die Idee einer internationalen Bauausstellung ist das richtige Modell, um sich mit diesen Herausforderungen, die unbestreitbar vorliegen, ernsthaft zu beschäftigen.

Damit wir nicht irgendwo Geld für irgendetwas ausgeben, hat sich dieser Landtag entschieden, mit der Region gemeinsam, und nicht von oben herab dieses Projekt zu entwickeln.

Deswegen nutze ich nicht alle Zeit, sondern komme nach drei Minuten zum Schluss. Herr Schaus, das ist ein guter Tag für die Region Frankfurt/Rhein-Main, weil wir im

breiten politischen Konsens die Herausforderungen dieser Region angehen wollen. Es wäre gut, wenn Sie sich daran beteiligten und daraus nicht eine Neiddebatte zwischen Regionen machten.

Das enthebt uns nicht der Aufgabe, Antworten auf regionalpolitische Fragen zu geben.Aber die IBA Rhein-Main ist die richtige Antwort auf die Herausforderungen der Region. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich erteile Frau Kollegin Beer für die FDP-Fraktion das Wort.