Protokoll der Sitzung vom 24.09.2008

(Helmut Peuser (CDU): Wie in der DDR, da weiß man das!)

Aber was macht eigentlich die Koch-Regierung? Auf Bundesebene und im Scheinwerferlicht agiert sie als Sparkommissar, im Land Hessen geht sie mit der Gießkanne an willfährige Institutionen oder lebt die Privatisierung als Dogma aus. Seit 2002 hat Hessen die mit Abstand größte bereinigte Ausgabensteigerung der westlichen Flächenländer.

(Norbert Schmitt (SPD): Das stimmt!)

Ausweislich des Finanzstatus des Niedersächsischen Finanzministeriums liegt sie 16 % höher, also dreimal stärker, als der bereinigte Ausgabenzuwachs von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Sie beträgt sogar das Achtfache des Saarlandes.Wo ist das Geld geblieben?

(Helmut Peuser (CDU): Ja, das stimmt!)

Es wurden die Miet- und Pachtausgaben seit 2002 von 100 Millionen c auf 300 Millionen c erhöht. Auch bei dem Verfassungsschutz wurden alleine seit 2006 Ausgabensteigerungen um mehr als 4 Millionen c vorgenommen.

(Michael Boddenberg (CDU): Gegen den haben Sie ja schon immer etwas gehabt!)

In der Staatskanzlei sind die Personalkosten seit 1998 um 5 Millionen c gestiegen.Wo hat man gespart? Man hat gespart beim Personal. Dort wurden 700 Millionen c – –

Herr Kollege van Ooyen, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich möchte wirklich zu Ende reden. – Es wurden Einsparungen von jährlich etwa 700 Millionen c beim Personal vorgenommen, vor allem bei den Beamten, die nach dem Beschluss von gestern wieder leiden müssen. Dies steht im Personalbericht 2007 der hessischen Regierung, dort ist es nachzulesen. Es hat kein konsequentes Armutsbekämpfungsprogramm in Hessen gegeben. Die Verantwortung wird hier durch schlecht konstruierte Programme an die Kreise delegiert. Das ist keine Perspektive für arme Menschen in Hessen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wurde öffentliches Eigentum verscherbelt durch Privatisierung. Dazu gehört natürlich die Uniklinik. Aber auch die ganzen Leo-Programme, die in den letzten Jahren aufgelegt wurden, haben dazu geführt, dieses Land arm zu machen.

Die geschäftsführende Landesregierung krallt sich an der Macht fest wie ein Betrunkener an der Straßenlaterne. Statt sich um die eigentlichen Probleme zu kümmern, nämlich das Wegbrechen der Steuereinnahmen durch Finanzkrise und selbst verschuldete Steuerreformen anzugehen, das Anwachsen der Einkommensschere, das Sinken der Reallöhne und den Ausbau prekärer Arbeitsverhältnisse zu bekämpfen, ergeht man sich für die künftigen Haushaltsberatungen in der Darstellung von Haushaltsszenarien, die überhaupt nicht konkret sind.

Das Sozialministerium schmeißt wöchentlich Nebelkerzen durch bewusst missinterpretierte und einfach nur laienhafte Berechnungen durch das Land, statt die gesundheitsgefährdenden Umstände durch Lohndumping und Personalabbau beispielsweise in den privaten Universitätskliniken aufzuklären und zu unterbinden. CDU und FDP wittern hinter jeder kritischen Stimme einen linksextremistischen Hintergrund, statt sich mit den realen Problemen im Lande auseinanderzusetzen.

(Michael Boddenberg (CDU): Nur bei Ihnen, Herr Kollege, und den LINKEN!)

Die politische Debatte und Umgangskultur wird durch den dauerhaften Ausnahmezustand des politischen Skandalisierens von CDU und FDP nachhaltig beschädigt.

(Michael Boddenberg (CDU): Es ist schon ein Skandal, was Sie hier teilweise reden!)

Der Antrag der CDU und der FDP stellt sich in eine Reihe mit den letzten kulturlosen Skandalisierungsversuchen eines längst überfälligen Politikwechsels.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Landesregierung hat keine Ideen und versucht auch nicht, Antworten auf die gesellschaftlichen Fragen zu finden.

(Florian Rentsch (FDP): Sie haben die aber?)

Ich sage nur: Der Politikwechsel muss her. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Zur Kurzintervention, Herr Blum.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es zwingt mich doch, die Zeit auszunutzen, um auf zwei Punkte einzugehen.

Herr van Ooyen, zum einen machen Ihre Ausführungen relativ deutlich, insbesondere die Ausführungen zur Steuer- und Abgabenpolitik, dass Sie immer noch nicht verstanden haben, wie Wirtschaft funktioniert. Wir brauchen in diesem Land für die Unternehmerinnen und Unternehmer eine moderate Steuer- und Abgabenpolitik; denn nur so haben die Unternehmen in diesem Land Luft zum Atmen, um in einem globalisierten Wettbewerb hier Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen. Wenn Ihre Steuerpolitik in Hessen oder anderswo in diesem Lande Wirklichkeit wird, dann brauchen wir bald mehr als nur 25.000 öffentlich geförderte Beschäftigungsverhältnisse, weil wir dann all das kompensieren müssten,was im freien und ersten Arbeitsmarkt verloren geht.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Zweitens, und das passt zu den Ausführungen von Herrn Kaufmann. Sie haben relativ breit die internationale Finanzmarktkrise beweint. Der Kollege Kaufmann hat gefragt, wie wir die 2 Millionen c finanzieren wollen, die im Zusammenhang mit der Erhöhung der Reisekostenpauschale stehen. Dazu sage ich Ihnen: Das müssen wir uns von Ihnen nicht anhören. Wir müssen uns einmal überlegen, welches Gesetzgebungsvorhaben Sie als Allererstes in diesem Landtag betrieben haben.

(Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Sie haben die Studiengebühren abgeschafft. Das bedeutet 20 Millionen c Belastung des Haushaltes in diesem Jahr und gut 100 Millionen c für das nächste Jahr. Der Gegenfinanzierungsvorschlag war, dass Sie diese Beträge in der Krise der internationalen Finanzmärkte erzocken wollten. Von so jemandem lassen wir uns nicht sagen, wie wir unseren Haushaltkonsolidierungsbeitrag zu leisten haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr van Ooyen? – Das ist nicht der Fall. Dann erteile ich Herrn Staatsminister Weimar das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Rückwärtsgewandt, hat einer gesagt. Das ist so. Ich werde mich bemühen, in wesentlichen Passagen in dieser Frage vorwärtsgewandt zu sein, auch wenn es Ihnen nicht gefällt. Ich habe es schon im Haushaltsausschuss erlebt, dass Sie latent dazu neigen, den Boten der schlechten Nachricht erschlagen zu wollen. Ich sage, ich vermag zu verstehen, wenn Sie so reflexhaft reagieren.Aber richtig ist es natürlich nicht.

Trotzdem will ich ein paar Bemerkungen machen, um das nicht unwidersprochen im Protokoll stehen zu lassen, was Sie gesagt haben. Herr Abg. Kaufmann, bei aller Notwendigkeit der Auseinandersetzung: In den Achtziger- und Neunzigerjahren, als Rot-Grün an der Regierung war, haben Sie den Haushaltsplanentwurf siebenmal Mitte November vorgelegt und dem Parlament teilweise nur vier Wochen Zeit gegeben, über den Haushaltsentwurf zu beraten und zu beschließen. Sie sollten also im Hinblick auf die Frage, wann man einen Haushaltsplanentwurf vorlegt, ganz vorsichtig sein.Eine Situation wie in diesem Jahr hatten wir nachweislich noch nicht, dass es ein entsprechendes Wahlergebnis gab, dass es nach den entsprechenden Ankündigungen normalerweise eine neue Regierung gegeben hätte, dass das alles zusammengebrochen ist und man von vorne beginnen musste. Meine Damen und Herren, das ist doch alles naheliegend. Hören Sie auf, zu erklären, dass das etwas Besonderes sei.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zweitens. Herr van Ooyen hat gesagt, wir hätten das Personalkostenniveau um 700 Millionen c gesenkt. Der Rest der Truppe von LINKEN, Roten und GRÜNEN sagt, wir würden den Haushalt ruinieren. Ich finde es eigentlich eine beachtliche Leistung, in einem Haushalt das Niveau der Personalkosten innerhalb weniger Jahre um 700 Millionen c zu reduzieren. Das haben wir geschafft, und ich finde, darauf kann man im Hinblick auf das Ziel, den Haushalt vernünftig unter Dach und Fach zu bringen, durchaus stolz sein.

(Beifall bei der CDU)

Zu der Frage der Immobilienveräußerung sage ich es noch einmal:Wir haben diese Immobilien hoch rentierlich verkauft. Alle Gutachter, alle, die sich damit beschäftigt haben – bis hin zum Rechnungshof –, haben uns attestiert, dass das für das Land Hessen ein positives Geschäft ist.

(Zurufe von der SPD)

Ich komme zum zweiten Punkt bei der Sache, und da wird es ärgerlich. Wir haben im Jahr 1999 die Regierung übernommen. Damals waren die hessischen Hochschulen in einem Zustand,dass ein Hund heulen könnte,wie man bei uns sagt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Da ist nichts gebaut worden, das waren die ältesten Gebäude weit und breit, in desolatem Zustand. In Hessen wurden keine Straßen mehr gebaut, weil Sie den Straßenbauetat praktisch gegen null gefahren haben. Mit den paar Kröten, die noch im Haushalt waren, konnten Sie gerade noch die Schlaglöcher zumachen, aber keine Straßen mehr bauen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben zwischenzeitlich Milliarden Euro in diesen Bereich investiert. Das Geld muss irgendwo herkommen. Wenn man Immobilien rentierlich verkaufen kann, sodass das Land Hessen davon keinen Nachteil hat, und das Geld dazu nimmt, Investitionen in Hochschulen, Schulen usw. zu tätigen, dann ist das positiv.

(Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Gehen Sie doch einmal nach Frankfurt. Schauen Sie sich an, wie die neue Universität am Campus West aussieht. Gehen Sie zu den anderen Universitäten, wo große Baumaßnahmen durchgeführt worden sind und durchgeführt werden, damit Hessen endlich auf das Spitzenniveau in der Forschung kommt, wo wir hinkommen müssen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schauen Sie sich an, welche Gemeinden Umgehungsstraßen bekommen haben und wo die Infrastruktur verbessert worden ist.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Erlöse aus den Immobilienverkäufen sind hierfür verwendet worden. Wir brauchen uns dafür nicht zu entschuldigen, und wir brauchen uns schon gar nicht Kritik von Leuten anzuhören, die betriebswirtschaftlich offenkundig keine Ahnung haben, aber behaupten, wir hätten ein schlechtes Geschäft für das Land Hessen gemacht.Wir haben ein hervorragendes Geschäft gemacht, und wir haben das Geld in die Zukunft dieses Landes gesteckt. Deshalb sollten Sie froh und dankbar sein, dass wir so agiert haben, denn es wird dem Land Hessen noch in Jahrzehnten zugute kommen, was wir in den letzten Jahren investiert haben.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)