Protokoll der Sitzung vom 25.09.2008

Schauen wir uns einmal an, wie das mit der Härtefallkommission in Schleswig-Holstein geregelt ist. Dort gibt es einen ganz klaren Grundsatz,dem zufolge Personen,bei denen die Ausweisungstatbestände nach § 53 oder 54 des Aufenthaltsgesetzes erfüllt sind, in der Härtefallkommission keine Beachtung finden können. Die Härtefallkommission darf demnach die Fälle von Ausländern, die in der Regel wegen der Gefahr terroristischer Aktivitäten, oder weil Straftaten eines bestimmten Umfangs vorliegen, ausgewiesen werden sollen, nicht behandeln. Also auch dort gibt es eine solche Regelung.An die wollte ich hier nur erinnern.

Ich möchte festhalten, dass wir mit unserem Änderungsantrag versucht haben,zu signalisieren,dass wir uns in alle Richtungen um eine große Akzeptanz bemühen. Wir haben den Vorschlag der Fraktion der CDU, den sie im ihrem letzten Änderungsantrag unterbreitet hat, aufgegriffen. Dabei geht es darum, mit welchen Mehrheiten etwas bestimmt werden soll. Mit dem Änderungsantrag haben wir auch festgelegt, dass eine Entscheidung mit der vom Gesetz bestimmten Mehrheit zustande kommen soll. Wir sind Ihnen da entgegengekommen.

Ich denke, damit wird jetzt wirklich eine Kommission zusammengestellt, die den Namen Härtefallkommission verdient. Ich möchte hier noch einmal ausdrücklich bei den Mitgliedern der Fraktionen der FDP und der CDU um Unterstützung werben.

Ich möchte mich bei den Mitgliedern der Fraktionen der SPD und der LINKEN für die Unterstützung bedanken. Ich möchte mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Innenministerium und der Staatskanzlei bedanken, die bei der Verwirklichung der Änderungsanträge konstruktiv mitgewirkt haben.

Ich glaube,wir werden damit einen guten Anfang machen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass diese Härtefallkommission in Zukunft gut mit den Flüchtlingsbehörden und den Ministerien zusammenarbeiten und die Angelegenheit der Betroffenen gut bearbeiten wird.

Die Härtefallkommission, die in Hessen endlich in dieser Art eingerichtet werden wird,wird eine sein,die ihren Namen verdient. Stimmen Sie dem zu. Unterstützen Sie das. Ich glaube, das ist es in der Sache auf jeden Fall wert. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Ja- nine Wissler (DIE LINKE))

Vielen Dank. – Die nächste Wortmeldung stammt von Herrn Kollegen Bellino. Er spricht für die Fraktion der CDU.

(Frank Gotthardt (CDU): Holger, sag, wie es wirklich ist!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich mag keine Wiederholungen. Deshalb verweise ich zunächst einmal auf meine Ausführungen, die ich während der ersten und zweiten Lesung gemacht habe, die wir in diesem Haus zu diesem wichtigen Thema abgehalten haben.

Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass zum einen zahlreiche Änderungen vorgenommen werden mussten – darauf hat die Frau Kollegin eben hingewiesen –, weil die Vorarbeit entsprechend war.Trotz der zahlreichen Änderungen, die notwendig wurden, ist das Werk nicht so gut geworden, dass wir ihm zustimmen könnten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir müssen den vorliegenden Gesetzentwurf ablehnen.

Wir begrüßen die Öffnung der Härtefallkommission. Das habe ich hier mehrfach gesagt.Wir sind der Meinung, dass es gut wäre, wenn sie so geöffnet würde und sich so zusammensetzen würde, wie wir es uns gewünscht haben. Anders als die Vorrednerin sind wir aber der Meinung, dass die bisher bestehende Härtefallkommission in Zusammenarbeit mit einem stets kooperativen Innenministerium sehr gute Arbeit geleistet hat.

(Beifall der Abg. Margarete Ziegler-Raschdorf (CDU))

Deswegen weise ich den zumindest indirekt ausgesprochenen Vorwurf auf das Deutlichste zurück, dass dies nicht so gewesen sei. Denn Sie haben sich hierhin gestellt und gesagt: Endlich bekommen wir eine Kommission, die diesen Namen verdient.

Wir sind der Meinung, dass auch in dieser neuen Härtefallkommission Mitglieder des Hessischen Landtags vertreten sein sollten.Wir begrüßen, dass Sie eine Änderung hinsichtlich der Mehrheitsfindung vorgenommen haben. Was Sie ursprünglich vorhatten, hätte bedeutete, dass von den 17 oder 18 Mitgliedern – je nachdem, wie groß die Kommission sein wird – drei ausgereicht hätten, um zu entscheiden. Es sind ja „ganz nebensächliche Dinge“, die dort behandelt werden. Da sind Sie erfreulicherweise auf unsere Anmerkungen eingegangen.

Den Verzicht auf Ausschlussgründe halten wir für unannehmbar.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben immer wieder hier und im Innenausschuss darauf hingewiesen. Da bestand eigentlich Konsens, dass wir gerade bei so schwierigen Entscheidungen wie Härtefallentscheidungen eine möglichst breite Akzeptanz benötigen. Die finden Sie mit Sicherheit nicht, wenn Sie es Menschen ermöglichen, die straffällig geworden sind, die schon fünfstellige Subventionsbeträge erlangt haben – das sind Fälle, die man hier nicht namentlich zitieren darf, aber allgemein erwähnen kann, die liegen vor –, dass ihre Fälle der Härtefallkommission vorgelegt werden.

Wenn Sie das so sehen, dass Sie diese Leute entsprechend ausschließen wollen, dann schreiben Sie das auch in den Gesetzestext. Wir haben Ihnen mehrfach dazu die Gelegenheit geboten.Wir haben entsprechende Vorschläge gemacht. Sie haben das abgelehnt und damit gezeigt, dass das für Sie nicht relevant ist und dass auch straffällig gewordene Menschen, die sich durch Straffälligkeit dafür bedanken, dass sie bei uns Aufnahme und Subvention gefunden haben, entsprechend berücksichtigt werden können.

(Beifall bei der CDU)

Das ist nicht der Weg, den wir einschlagen. Das ist nicht der Weg, den wir für richtig halten. Deshalb werden wir auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können.

(Beifall bei der CDU)

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Abg. Greilich für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich kann es relativ kurz machen.Wir haben hier schon zweimal im Plenum, zweimal ausführlich im Ausschuss und einmal in einer Anhörung über die Fragen debattiert,die zur Entscheidung anstehen.Ich will deswegen nur in aller Kürze das zusammenfassen, was ich vorgestern bereits in voller Ausführlichkeit dargelegt habe. Es gibt drei konkrete Einzelpunkte, die gegen den vorliegenden Gesetzentwurf und gegen die Beschlussempfehlung sprechen. Und es gibt einen besonders schweren Mangel des Gesetzentwurfs, der die Ablehnung erforderlich macht.

Der erste Punkt, der dagegen spricht, ist, wir brauchen kein Gesetz. Es ist kein Gesetz erforderlich. Deswegen ist es notwendig, kein Gesetz zu machen. Wir hätten das längst auf dem Verordnungswege erledigt haben können. Die Initiative der GRÜNEN hat die Betroffenen fast ein halbes Jahr Zeit gekostet.

Zweiter Punkt. Sie haben es trotz heftiger Diskussionen nicht verstanden, dass es notwendig ist, die Anbindung der Härtefallkommission auch an das Parlament und damit an die direkt gewählten Volksvertreter vorzunehmen. Sie haben mit Ihrer Mehrheit entschieden, dass Abgeordnete in der Härtefallkommission nicht mehr vertreten sein werden.Damit fehlt die Anbindung an die direkt vom Souverän gewählten Vertreter. Damit fehlt ein Stück demokratischer Legitimation. Deswegen kann das so nicht unsere Zustimmung finden.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Der dritte Punkt, der vielleicht aus Ihrer Sicht nicht nur am Rande eine Rolle spielt: Sie bauen natürlich wieder zusätzliche Bürokratie mit einer zusätzlichen Geschäftsstelle auf. Bürokratie neben der Bürokratie hat noch nie dazu geführt, dass die Interessen der Betroffenen besser gewahrt werden, sondern das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei der FDP)

Es gibt einen besonders schweren Mangel, auf den eben Herr Kollege Bellino schon hingewiesen hat. Wir haben das vorgestern ausführlich diskutiert, und Sie haben sich

geweigert, das, was bislang in der Verordnung wiedergegeben war und das bekräftigt, was im Aufenthaltsgesetz niedergelegt ist, in den Gesetzentwurf aufzunehmen, nämlich die Tatsache,dass die Menschen,die sich aktiv gegen diese Rechtsordnung stellen, die sich nicht an die sonstigen Gesetze halten, die als Verbrecher verurteilt worden sind, die sich aktiv in einer verbotenen Art und Weise gegen die Anordnungen unserer Behörden stellen, das Recht auf Härtefallentscheidung verwirkt haben. Diese grundlegende Regelung wollen Sie offensichtlich nicht als wesentlich angesehen im Gesetz stehen haben.

Bislang war es in der Verordnung unstreitig. Ich erinnere daran: Wir haben zu Beginn dieser Wahlperiode schon einmal einen entsprechenden Fehler von Rot-Rot-Grün anschließend im Innenausschuss korrigieren müssen, weil Sie es versäumt hatten, in Ihren Beschluss gegen den Abschiebestopp diese Ausnahme aufzunehmen. Wir wollten Sie davor bewahren. Sie sind uneinsichtig. Also müssen Sie auch das Gesetz allein verantworten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön. – Nächste Wortmeldung, Frau Kollegin Waschke von der SPD-Fraktion.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach den Reden, insbesondere der des Herrn Kollegen Greilich am Dienstagnachmittag, habe ich den Eindruck, doch noch einmal etwas zur vergangenen Legislaturperiode sagen zu müssen, denn da gibt es offensichtlich Wissenslücken. Im Dezember 2004 hat die SPD einen Antrag zur Einrichtung der Härtefallkommission eingebracht, Drucks. 16/3318. Herr Kollege Greilich, ich habe mir die Mühe gemacht und ihn extra für Sie ausgedruckt – bei Bedarf, wenn Sie Interesse haben, gerne zum Nachlesen. Darin finden Sie nämlich unter Nr. 4 Folgendes:

Die Härtefallkommission ist zusammenzusetzen aus Personen, die über eine fachliche und sachliche Qualifikation verfügen.

(Beifall bei der SPD)

Dies sollten je ein Vertreter der im Petitionsausschuss des Hessischen Landtags vertretenen Fraktionen...

dann kam eine weitere Aufzählung –

Unter der Begründung finden wir den Satz:

Des Weiteren haben die Erfahrungen in den anderen Bundesländern gezeigt, dass die Einbindung der aufgeführten nicht staatlichen Organisationen bei der Überprüfung von ausländerrechtlichen Einzelfällen... zu einer größeren Akzeptanz in der Öffentlichkeit und bei den Betroffenen sowie zu verantwortungsvollen Entscheidungen geführt haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP, Sie brauchen hier heute gar keine Krokodilstränen zu vergießen. Herr Bellino hat sich eben hierher gestellt und hat die Öffnung der Härtefallkommission begrüßt.

Das hätten wir schon längst machen müssen, und das finde ich interessant.

(Beifall bei der SPD)

Das hätten Sie schon im Dezember 2004 haben können, denn da hätten Sie unserem Antrag zustimmen können. Wenn es, wie von Ihnen behauptet wird, von Anfang an nur um ein wirkliches Interesse an einer sachorientierten und qualifizierten Zusammensetzung der Härtefallkommission gegangen wäre, dann hätten Sie unserem Antrag zustimmen müssen. Aber das Gegenteil war der Fall. Damals haben CDU und FDP unsere Initiative abgelehnt, um heute übrigens ganz ähnliche Anträge selbst vorzulegen.

Damals wie heute laufen CDU und FDP der Entwicklung hinterher. Im Jahr 2004 haben Sie gegen die Auffassung aller Experten mit Ihrer damaligen absoluten Mehrheit, die heute Gott sei Dank Geschichte ist, eine ausschließlich mit Landtagsabgeordneten besetzte Härtefallkommission durchgesetzt.

Heute, nach unserer Anhörung, wollen Sie gegen die erfolgreiche Praxis der anderen Bundesländer und gegen die Auffassung zahlreicher Experten immer noch auf einer Beteiligung von Mitgliedern des Landtags an einer Kommission der Exekutive bestehen. Rückblickend hat dies der Arbeit der Härtefallkommission und damit den Betroffenen mehr geschadet als genützt.

(Peter Beuth (CDU): Das ist unglaublich! So ein Unsinn!)