Protokoll der Sitzung vom 11.11.2008

(Beifall bei der SPD – Dr.Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Versuchskandidat! – Weitere Zurufe von der CDU)

Letzter Punkt. Wir gehen sehr offen in diese Wahlauseinandersetzung.Die Themen sind nach wie vor brandaktuell und nicht gelöst.

(Zurufe von der CDU)

Ich werde mich den Debatten sehr offen stellen, und nicht nur ich, sondern die gesamte Sozialdemokratie, auch mit allen Fehlern. Ich wünsche mir, dass aus den hessischen Verhältnissen nicht nur die hessische SPD lernt, sondern alle anderen auch. Dazu sind wir jetzt aufgefordert. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Als nächstem Redner erteile ich dem Vorsitzenden der FDP-Fraktion, Herrn Abg. Hahn, das Wort.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Am 4. August 1983, 10. Wahlperiode, und am 17. Februar 1987, 11.Wahlperiode, wurde der Landtag aufgelöst.

(Minister Karlheinz Weimar: Ich war immer dabei! – Heiterkeit)

In traditioneller Anwesenheit von Karlheinz Weimar haben wir in der 17. Wahlperiode einen Auflösungsantrag und danach – so will ich prognostizieren – die vorzeitige Auflösung des Hessischen Landtags.

Alle drei Daten haben total verschiedene Vorgeschichten. Alle drei Daten sind in total verschiedenen Situationen unseres Bundeslands,der Gesellschaft und der politischen Strukturen in Deutschland geschehen.Alle drei Daten haben aber auch eines gemeinsam: Es wurde jeweils versucht,Rot-Grünes zu stricken,ohne dass die Mehrheit der Menschen in diesem Land dahintersteht. – Deshalb lösen wir auch heute diesen Landtag auf.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir haben insgesamt zehn verlorene Monate hinter uns. Das waren keine guten Monate für das Bundesland Hessen. Das waren keine guten Monate für die Arbeitsplätze in diesem Land.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Die Monate waren viel besser als vorher!)

Das waren auch keine guten Monate im Ranking mit anderen Bundesländern, wenn wir die notwendige kraftvolle Vertretung des Landes Hessen betrachten.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Hoff hat versagt!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es waren zuallererst die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, die bereits vor der Sommerpause begonnen haben, darauf hinzuweisen, dass sie ihr Souveränitätsrecht wieder zurückhaben möchten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben sich seit dem Ende der Sommerpause in diesem Parlament bewegt, obwohl eigentlich alle hätten wissen müssen,dass die Wählerinnen und Wähler dies nicht mehr akzeptieren.

Seit September haben wir verlässliche Zahlen darüber, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land ihr Recht, zu wählen, wieder zurückhaben wollen. Deswegen wird es höchste Zeit, dass wir das heute gemeinsam mit 110 Stimmen beschließen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – (Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich darf darauf hinweisen, dass die FDP, die Landtagsfraktion genauso wie die Landespartei, offensichtlich als Erste dieses Gefühl der Menschen in diesem Land gespürt hat und es in die politische Diskussion eingebracht hat.

(Beifall bei der FDP)

Die FDP hat erstmals am 7. Juni dieses Jahres auf einem Landesparteitag in Limburg darauf hingewiesen, dass es offensichtlich die 110 Abgeordneten dieses Hauses nicht alleine schaffen. Es ist deshalb die sauberste Lösung, dass wir eingestehen:Wir schaffen es nicht, und wir geben das Recht dem zurück, der zu wählen hat, nämlich dem Souverän.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Roten und den GRÜNEN, es ist schon beachtlich, wie lange Sie mit verbundenen Augen durch dieses Hessenland gegangen sind, nur weil Sie unbedingt Rot-Grün in diesem Hessenland, koste es, was es wolle, installieren wollten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Frau Kollegin Ypsilanti, es stimmte nicht, jedenfalls nicht ab dem Sommer, dass die Menschen in Hessen hinter Ihnen standen und Sie sozusagen in die Staatskanzlei schubsen wollten. Spätestens seit der Sommerpause stand vielmehr die Mehrheit der Menschen zwischen Ihnen und dem Tor der Staatskanzlei, weil die Menschen nicht wollten, dass Sie in diese Staatskanzlei einziehen. Sie hatten keine Mehrheit mehr in der Bevölkerung im Lande Hessen gehabt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es ist schon beachtlich, dass sich zwei Parteien, die Roten und die GRÜNEN, im Oktober hinsetzen und Koalitionsverhandlungen führen, obwohl sie wissen, dass zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes diese Koalition mit der Unterstützung der Kommunisten ablehnen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Tun Sie also bitte nicht so, als ob Ihre Gegner die FDP, die Union oder die Landesregierung sind.

(Zuruf des Abg. Marius Weiß (SPD))

Spätestens seit der Sommerpause sind Ihre Gegner die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande; denn sie wollten das Experiment nicht haben,das Sie eingehen wollten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Sie haben sich so gravierend gegen die Menschen gestellt. Sie haben so gravierend ignoriert, was Sie alles wussten. Sie sitzen nicht hier in diesem Raum oder in der Fraktionssitzung unter sich, sondern ich weiß, dass Sie aktive Vertreter in den Wahlkreisen sind. Sie wissen ganz genau, dass die Menschen auch in Ihren Wahlkreisen – das gilt für die Sozialdemokraten genauso wie für die GRÜNEN – spätestens seit September immer wieder gesagt haben: Hört mit dem Kram auf, lasst uns neu wählen. – Gott sei Dank entscheidet der Hessische Landtag heute darüber, dass die Wählerinnen und Wähler dieses Recht wieder bekommen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

72 % der Menschen – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – in unserem Bundesland wollen Neuwahlen, und dann dauert es so lange, bis Sie sich endlich bereit erklären, diesen zuerst von meiner Fraktion erkannten und übernommenen Bürgerwillen umzusetzen.

Ich sage Ihnen sehr deutlich: Sie haben dazu auch Bürgeraktionen gegen sich mobilisiert. Die Bürgeraktion „Kein Wortbruch in Hessen“ hat innerhalb von nur einer Woche weit über 13.000 Bekennerworte – nicht einfach nur Klicks – bekommen. Frau Ypsilanti, merken Sie eigentlich, dass Sie in den letzten Monaten vollkommen gegen die Bürgerschaft in diesem Lande agiert haben? Ist Ihnen nicht bewusst,Herr Kollege Al-Wazir,dass es Ihnen um Ministerposten ging und nicht um die Weiterentwicklung dieses Landes mit der bürgerlichen Unterstützung?

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf von der LINKEN)

Herr Kollege Dr. Wagner hat vollkommen zu Recht darauf hingewiesen, dass Wortbruch wahrlich kein positives Kulturereignis ist. Herr Kollege Schäfer-Gümbel, Sie haben es eben wieder versucht. Ja, ich stehe dazu: Die hessische FDP hat weder als Partei noch als Fraktion nach dem 27. Januar die Notwendigkeit gesehen, in inhaltliche Diskussionen zum Zwecke der Bildung einer Regierung mit den Sozialdemokraten im Lande einzutreten. Damit sind wir aber konsequent. Wir haben den Menschen vor der Wahl gesagt,dass wir nicht Reserverad für Rot-Grün sind. Für uns gilt die Primärtugend immer noch:Was du vor der Wahl sagst, dass hältst du nach der Wahl auch ein. – Das sollte auch wieder Einzug in die Politik in Hessen halten.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Siehe Jamaika!)

Kollege Norbert Schmitt, es ist ein hilfloser Versuch,den noch nicht einmal mehr der wohlgesonnenste Journalist Ihnen abnimmt, wenn Sie jetzt ernsthaft hereinrufen, es habe etwas mit Jamaika zu tun.

(Norbert Schmitt (SPD): Das wollten Sie doch, nach der Wahl!)

Ich nehme aber natürlich als Vorsitzender der hessischen FDP und auch in Nachfolge meines Freundes und Vorgängers Wolfgang Gerhardt, der hier ist, mit Freude zur Kenntnis, dass in diesem Hause ganz offensichtlich bis auf die LINKEN alle mit der FDP koalieren wollten. Das macht erst einmal stolz.Aber wie vorhin bei Opel: Es hat immer etwas mit den Bedingungen zu tun. – Herr Kollege Wagner, Sie haben uns doch angeboten, in eine Ampel zu kommen. Oder warum schütteln Sie den Kopf?

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Also, was soll das denn? Wir haben Ihnen gemeinsam mit der Union vorgeschlagen, dass wir in eine Jamaikadiskussion gehen.

(Zurufe von den GRÜNEN:Ach! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wortbruch!)

Sie haben doch keine Lust gehabt. – Ich finde das so putzig. Ich glaube, über 95 % der Bürger in diesem Lande verstehen nicht den Zusammenhang,den Sie bringen wollen. Nehmen Sie zur Kenntnis: Andrea Ypsilanti ist es in tätlicher Mithilfe von Tarek Al-Wazir gelungen, dass das Wort Wortbruch bei den Sozialdemokraten angedockt ist, und da gehört es leider hin, Frau Kollegin Ypsilanti.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie auch den Kopf geschüttelt?)

Wir sind hier im Hessischen Landtag und unterhalten uns nicht nur über die Frage, ob der Hessische Landtag aufgelöst wird oder nicht. Ich schaue vielmehr sehr bewusst zu

den Kolleginnen und Kollegen, die Sie jetzt versetzt haben. Wir reden auch über Stil und über Verfassungsrecht in diesem Hause.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Frau Kollegin Ypsilanti, liebe Kolleginnen und Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion, wie Sie mit den vier Persönlichkeiten umgehen, das hat nichts mehr mit Stil zu tun,das ist ein Bruch des freien Mandates.Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist für eine Partei wie die Sozialdemokratische Partei schlicht unwürdig, wie Sie mit Ihren vier Parteifreundinnen und Parteifreunden umgehen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)