Protokoll der Sitzung vom 09.04.2008

Selbst in Hamburg wird jetzt sogar zugegeben, dass sich die Verbesserungen, die über Studienbeiträge an den Hochschulen erlangt worden sind, durchaus sehen lassen können.Man hat den Eindruck,dass jedenfalls bei den betroffenen Studierenden, die es jeden Tag beurteilen kön

nen, ein Umdenkprozess stattfindet. Ich will nur weniges beispielhaft erwähnen.

Bei der Hochschule Darmstadt sind 20 neue Teilzeitstellen für die Einstellung von Masterstudierenden geschaffen worden, um Lehrveranstaltungen vorbereiten und begleiten zu können. Weiterhin: die Einrichtung eines Media-AV-Studios zur Verbesserung der Infrastruktur für ca. 700.000 c; bei der TU Darmstadt das Projekt digitales Lernzentrum, um Studierende über das Web zu vernetzen;die Einrichtung elektronischer Semesterapparate,um den Zugang zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu verbessern. Ich könnte die Reihe wirklich weit, weit fortsetzen bis zu der Tatsache, dass die Universität Kassel für diejenigen Studierenden keine Studienbeiträge erhebt, die sich mit der Abiturnote 1,9 zu einem Studiengang einschreiben.

Die Hessische Landesregierung hat ein Weißbuch herausgegeben. Dieses Weißbuch ist erstmalig und einzig in Deutschland. Es ist ein Beleg für den Ideenreichtum, das Eigenengagement und die vielfältigen Maßnahmen, die nun vor Ort umgesetzt werden. Deshalb meine ich, wenn wir über die Qualität des Studiums reden, dann ist jede Änderung, die wir dort vornehmen, eine Kampfansage an die Hochschulen, genau diese Verbesserungen in Zukunft einzustellen.

Meine Damen und Herren, das – darauf werden wir hinweisen – kann nicht im Sinne der Studierenden in Hessen sein.Wir werden genau diese Punkte ansprechen, weil wir nicht wollen, dass die hessischen Studierenden schlechter als andere gestellt werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Krönung der Absurdität ist die Abschaffung der Langzeitstudiengebühren. Es gibt eine Regelung in dem Gesetz von Rot-Grün, die dem entgegenwirken will, die sich aber so kompliziert andeutet, dass man sich fragen muss: Die Hochschulen hatten schon vorher Möglichkeiten,diejenigen,die zu lange studieren,zu exmatrikulieren. Sie haben das aus Verwaltungsgründen nicht gemacht, sodass mit dieser Regelung dem Missbrauch von Semestertickets bis zu anderen Leistungen Tür und Tor geöffnet werden kann. Wenn man heute sieht, dass Langzeitstudiengebühren aufgrund der Regelung keine Rolle mehr spielen,dann hat die Regelung,die wir beschlossen haben, an dieser Stelle gegriffen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Frau Kollegin Beer hat bereits darauf hingewiesen, dass die Gegenfinanzierungsvorschläge finanzpolitisches Flickwerk sind. Herr Kollege Siebel, wenn Sie vorher mit dem Finanzminister geredet haben, dann haben die schriftlichen Äußerungen, die man lesen kann, einen ganz anderen Tenor, als Sie dargestellt haben.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Fragen Sie doch Herrn Arnold!)

Auf diese schriftlichen Äußerungen beziehe ich mich. Ich will Ihnen auch das vortragen, was der Bund der Steuerzahler dazu sagt. Mit Erlaubnis des Präsidenten möchte ich gern zitieren.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Arnold guckt schon ganz unglücklich!)

Er guckt unglücklich? Wenn der Herr Kollege Arnold unglücklich guckt, dann sieht das ganz anders aus.

(Heiterkeit – Minister Stefan Grüttner: Und das wissen Sie?)

Ich zitiere den Bund der Steuerzahler:

Unseriöses Finanzierungskonzept von SPD und GRÜNEN – Bund der Steuerzahler Hessen verlangt konkrete und nachhaltige Sparmaßnahmen zur Gegenfinanzierung der Abschaffung der Studiengebühren

Als größtenteils unfundiert und unseriös wertet der Bund der Steuerzahler (BdSt) Hessen die von SPD und GRÜNEN geplante Gegenfinanzierung für die vorgesehene Abschaffung der Studiengebühren. Lediglich die Kürzungen bei den Sachmitteln und in der Öffentlichkeitsarbeit in Höhe von 8,7 Millionen c seien konkret nachvollziehbar. Der überwiegende Teil der Gegenfinanzierung in einer Größenordnung von 20 Millionen c bei den Zinsausgaben basiere dagegen auf reinem Wunschdenken. Kein Mensch könne vorhersagen, wie sich die Ausgaben in diesem Bereich entwickeln. Ulrich Fried, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler Hessen, mahnt ein schlüssiges Konzept an, das nachhaltig die notwendigen Kürzungen für eine längere Periode beschreibt. Denn nach dem Wegfall der Einnahmen aus den Studiengebühren müssen in den kommenden Jahren jährlich über 100 Millionen c gegenfinanziert werden.

Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Ich will das nicht alles wiederholen – Frau Kollegin Beer hat darauf hingewiesen, wie problematisch das am Ende sein kann. Die Hessische Verfassung schreibt vor, dass sämtliche Gesetze, die zusätzliche Leistungen beanspruchen, eine Gegenfinanzierung brauchen.

Wenn wir in der Anhörung und in den Ausschusssitzungen darüber diskutieren, werden wir genau diesen Aspekt der Gegenfinanzierung in den Mittelpunkt stellen und fragen, wie Sie das, was die Hochschulen jetzt an positiven Effekten haben,ersetzen wollen.Das müssen Sie erklären,nicht wir.

(Reinhard Kahl (SPD): Das haben wir schon erklärt!)

Weder Herr Siebel noch Frau Sorge kritisiert, diese zusätzlichen Leistungen an den Hochschulen hätten nicht zu Verbesserungen geführt, und auch kein Präsident bestreitet das.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Das ist alles ausgesprochen positiv – auch für Ihre Studierenden in Darmstadt, Herr Siebel.

(Beifall bei der FDP)

Ich will noch auf einen Aspekt hinweisen, der von entscheidender Bedeutung ist, wenn die Studienbeiträge abgeschafft werden.

Wir leben in Hessen nicht auf einer einsamen Insel, sondern wir sind umgeben von Ländern, die Studienbeiträge erheben. Ich erwähne nur einmal jene Länder, die in Deutschland Studienbeiträge erheben. Das sind BadenWürttemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland. Nach diesen Erhebungen studieren also rund 70 % der Studenten in Deutsch

land mittlerweile in Bundesländern, in denen Beiträge erhoben werden.

Alle Voraussagen von Herrn Siebel und Frau Sorge, dass die Studierendenzahlen in Hessen sinken würden, sind nicht eingetroffen.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Sie sind sogar oft noch gestiegen, und die Tendenz ist steigend, nicht fallend – obwohl in Hessen Studienbeiträge eingeführt worden sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Ich muss nicht darauf hinweisen, dass auch international Studienbeiträge üblich sind. Am Ende möchte ich sagen, dass der Gesetzentwurf der FDP-Fraktion in die richtige Richtung geht,

(Florian Rentsch (FDP):Vielen Dank!)

denn im Zeitalter von Autonomie müssen die Hochschulen selbst Entscheidungen vornehmen können und sollen nicht bevormundet werden.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Dr. Walter Lüb- cke (CDU))

Das Hamburger Modell, das derzeit in den Koalitionsverhandlungen diskutiert wird, ist ein spannendes und interessantes Konzept. Es ist auch interessant, dass sowohl die GRÜNEN in Hamburg als auch die Vertreter der dortigen ASten ausdrücklich darauf hinweisen,dass sie sich ein solches Modell vorstellen könnten. Ich bin gespannt, wie das ausgeht. Ich finde, wir sollten uns bei den Beratungen der Gesetze im Ausschuss dafür Zeit nehmen, zu prüfen, ob nicht möglicherweise ein solches Modell doch das Richtige für Hessen wäre.

Wir als CDU-Fraktion sind jedenfalls gesprächsbereit, da wir an dem Ziel festhalten, die Studienbedingungen für die Studierenden in Hessen weiter zu verbessern.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kühne-Hörmann. – Das Wort hat Frau Sorge, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir GRÜNE haben Ihnen gemeinsam mit der SPD einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Studiengebühren vorgelegt.Wir haben diesen Gesetzentwurf so früh wie möglich in den neu konstituierten Landtag eingereicht, da wir dieses Gesetz vor Beginn des kommenden Semesters beschließen wollen. Mit unserem Zeitplan werden wir unser Ziel erreichen: Ab dem Wintersemester 2008/2009 sind Studiengebühren in Hessen abgeschafft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wir halten Studiengebühren für falsch. Die Gründe will ich Ihnen hier nochmals kurz erläutern.

Wir brauchen in Deutschland mehr Akademikerinnen und Akademiker und somit auch mehr Studierende als bisher. Nur dann, wenn wir in die Köpfe unserer jungen

Leute investieren, können wir langfristig international wettbewerbsfähig sein.Schon jetzt fehlen in wichtigen Bereichen wie den Ingenieurwissenschaften, aber auch im pädagogischen Bereich Fachleute. Schon jetzt hat dies auch volkswirtschaftlich negative Auswirkungen.

Also schon aus volkswirtschaftlichen Gründen alleine sollte es unser aller Ziel sein, so viele junge Menschen wie möglich an die Hochschulen zu holen.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Danke, Frau Schulz-Asche, sehr nett.

(Beifall des Abg. Michael Siebel (SPD))

Wichtiger aber noch ist unser erklärtes Ziel, im deutschen Bildungssystem mehr Chancengerechtigkeit durchzusetzen.