Protokoll der Sitzung vom 09.04.2008

(Beifall bei der SPD)

Die Wahrheit tut gelegentlich weh, aber wenn man sie so zitieren kann, ist das eine schöne Geschichte.

Meine Damen und Herren, Ihre ersten Reaktionen glichen dem alten pawlowschen Reflex. Nun wollen wir uns in diesem Landtag besonders lieb haben und anders miteinander umgehen. Dazu gehört natürlich auch, dass wir bei der Nennung der Zahlen redlich bleiben. Wir haben bei der Vorstellung gesagt – –

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Herr Rentsch, ich habe Herrn Hahn ausdrücklich nicht gemeint, obwohl ich auch dazu etwas sagen könnte.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Zu den ersten Reaktionen auf unseren Antrag.Wir wollen nämlich, dass der Tarifvertrag für die Beschäftigten voll übernommen wird.Wir wollen keine 2,4 % Einkommenserhöhung, per Gesetz festgelegt, und keinen Eingriff in die Tarifautonomie, sondern die 2,9 % Einkommenssteigerungen, die in den Tarifverträgen enthalten sind, sollen übernommen werden. Das würde für die etwa 50.000 Tarifbeschäftigten Mehrausgaben in Höhe von rund 8 Millionen c ausmachen. Dabei geht es nur um die Erhöhung von 0,5 Prozentpunkten.

Herr Kollege Beuth,da Sie durchaus ein kluger Kopf sind: Sie haben gleich gesagt, das ganze Paket würde 200 Millionen c kosten. Im Gegensatz zu Ihnen können wir nicht auf die Maschinerie der Regierung zurückgreifen, die alle Auswirkungen des Tarifvertrags im Detail ausgerechnet hat.

Nun sind wir im Moment nicht in der TdL. Es braucht seine Zeit, bis das Plenum letztendlich darüber entschieden hat.Wir wollen natürlich in die Tarifgemeinschaft der Länder zurückkehren. Das muss bei den Haushaltsberatungen berücksichtigt werden.Aber klar ist auch, das kostet das Geld, das Sie den Mitarbeitern in den letzten Jahren vorenthalten haben. Deshalb haben sie einen Anspruch darauf, dass dies schnellstmöglich korrigiert wird, so,wie es auch für andere Bereiche der Landesverwaltung gilt.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen ist bei den vielen Gesprächen in den letzten Wochen und Monaten eines deutlich geworden – wenn Sie z. B. mit Polizeibeamten und Mitarbeitern der Verwaltungen geredet haben –: Die leisten eine gute Arbeit, wie wir alle bei vielen Anlässen bestätigen. Aber dann haben die Mitarbeiter auch ein Recht darauf, dass sie ordentlich bezahlt werden.

In Deutschland gibt es eine seit vielen Jahren bewährte Tradition: Arbeitgeber und Gewerkschaften handeln im Rahmen von Tarifverträgen Tariferhöhungen und Arbeitsbedingungen aus. Es gibt keinen sachlichen Grund, daran etwas zu ändern. Per Gesetz Tariferhöhungen festzulegen kam zuletzt in der Weimarer Republik im Rahmen der Notverordnungen vor. Das muss aufhören.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Daher ist es notwendig, dass Hessen in die Solidargemeinschaft zurückkehrt, so, wie es der Bund, die kommunale Ebene und 14 von 16 Bundesländern machen.

Deswegen ist es schon interessant, dass die Landesregierung in dem Dringlichen Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP aufgefordert wird, möglichst schnell einen Tarifabschluss für das Land Hessen zu erreichen.Ich frage Sie: Wer hat Sie denn bisher daran gehindert, das auf einem ordentlichen Weg zu machen? Kein Mensch im Hessischen Landtag hat Sie daran gehindert. Sie selbst haben, ohne ordentliche Tarifverhandlungen zu führen, immer gesagt: Das machen wir nicht; wir legen fest, was ein ordentlicher Tarifvertrag ist.

Deswegen ist unser Antrag richtig, konsequent und notwendig. Natürlich kostet das Geld – das Geld des Steuerzahlers, der einen Anspruch darauf hat, dass die Mitarbeiter gut motiviert sind. Die Personalressource ist nämlich die wichtigste Ressource, die die Landesverwaltung hat.

Ich will auch noch etwas zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE sagen. Ich will gern ergänzen, was Herr Kollege Al-Wazir schon heute Morgen gesagt hat. Sie haben in Ihrem Antrag weiter gehende Forderungen gestellt. Wir können natürlich – so redlich sollten wir miteinander und mit den Beschäftigten umgehen – nicht alle Fehlentscheidungen der Landesregierung in den letzten neun Jahren, auch was den öffentlichen Dienst betrifft, von heute auf morgen korrigieren. Das ist schlicht und ergreifend nicht in Ordnung.

Wir beginnen mit kleinen Schritten. Wir wollen zurück in die Tarifgemeinschaft der Länder.Wir sagen: weg von der 42-Stunden-Woche. – Dann müssen wir in weiteren Gesprächen mit den Vertretern der Gewerkschaften und mit den Personalräten darüber diskutieren. Außerdem müssen in den Haushalten die entsprechenden Mittel bereitgestellt werden.

Aber das ist ein stufenweises Vorgehen, und ich glaube, wir sollten redlich darüber diskutieren. An der Stelle ein Wolkenkuckucksheim auszurufen, halte ich für nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen ist das, was wir heute mit dem Dringlichen Antrag vorlegen, der erste Schritt, um die Personalpolitik der letzten Jahre – wir haben sie immer als eine „Personalpolitik nach Gutsherrenart“ bezeichnet – zu korrigieren.

Ich glaube, eine moderne Personalpolitik und eine moderne Führung sehen anders aus. Zum öffentlichen Dienstrecht gehört noch eine Änderung des Personalvertretungsgesetzes. All das gehört zu einer modernen Verwaltung.

Herr Kollege Beuth,deswegen sind Ihre astronomisch hohen Zahlen und der Hinweis darauf, was das alles kosten würde, schlicht und ergreifend nicht nachvollziehbar; denn wir setzen nicht alle Elemente des Tarifvertrags sofort um. Wir haben April. Die parlamentarischen Beratungen laufen, und diese Mittel kann man gegebenenfalls im Nachtragshaushalt bereitstellen. Bei einer seriösen Planung, wenn Sie sich dem Tarifvertrag angeschlossen hätten, hätten Sie die Summen nämlich auch zur Verfügung stellen müssen. Das ist relativ einfach, relativ klar.

Deshalb wird auch dieser Antrag die Nagelprobe nicht bestehen, ob Sie nach dem Motto von Trappatoni „Ich habe verstanden“ agieren oder ob Sie weiter nach dem Motto „Die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes in der Landesverwaltung sind eine Masse, mit der man manövrieren kann“ verfahren.

Nein, das war der falsche Weg. Wir korrigieren diesen Weg.

Ich finde, einem solchen Antrag kann man nur zustimmen.Wir werden in den entsprechenden Ausschüssen darüber beraten.Dann geht es um die harten Fakten.Wir sind sehr gespannt, wie die CDU reagiert. Ich finde, wenn das, was in dem Antrag steht, umgesetzt wird, ist das ein guter Tag für die Mitarbeiter der Landesverwaltung und ein guter Tag im Sinne einer kundenorientierten Verwaltung. Somit haben letztendlich alle Bürgerinnen und Bürger in Hessen etwas davon. Mitarbeiter, die mehr Geld bekommen, können dieses Geld wiederum in den Wirtschaftskreislauf einbringen.Auch volkswirtschaftlich ist das eine vernünftige Sache. Ich glaube, deswegen kann man einem solchen Ansinnen letztendlich nur zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Das Wort hat Herr Kollege Beuth für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rudolph, lassen Sie mich damit beginnen, dass Sie gesagt haben, es gehe darum, in den Köpfen falsche Weichenstellungen zu korrigieren.Ich denke, es ist in den letzten Tagen deutlich geworden, dass wir bereit sind, die eine oder andere Position zu überdenken.

Aber dass in den Köpfen falsche Weichenstellungen zu korrigieren sind, gilt möglicherweise auch für innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion. Ich möchte gleich in wenigen Strichen skizzieren, was ich damit meine.

Die Nummer, die Sie und die Kollegen von der LINKEN hier vorgetragen haben, nämlich „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“, wird nicht funktionieren. Ich will Ihnen in ein paar Sätzen und anhand einiger Rechnungen vortragen, was ich damit meine.

Selbstverständlich müssen die Beschäftigten des Landes Hessen an der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes beteiligt werden. Darüber gibt es im Prinzip keinen Streit.Wir haben in vielen Bereichen sehr engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: nicht nur bei der Polizei und nicht nur bei den Lehrerinnen und Lehrern, sondern weit darüber hinaus. Wir alle wissen das und sind sehr dankbar dafür.Viele Erfolge,die das Land erzielt hat,sind nur zustande gekommen, weil wir solch engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, das ist ein relativ unstreitiger Punkt. Strittig wird es, wenn es um die Frage geht: Was ist eine verantwortliche Beteiligung an der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes? Wir haben gerade in diesen Tagen eine Verbesserung der Einkommenssituation für die Beschäftigten des Landes in der Größenordnung von 2,4 % beim linearen Tarif zu verzeichnen. Insgesamt haben wir im vergangenen Herbst eine Steigerung der Einkommen um 3,1 % erreicht.

Herr Kollege Rudolph,warum haben wir das,was wir jetzt in unserem Antrag vorschlagen, nämlich mit den Gewerkschaften sozusagen über einen eigenen Hessentarif zu verhandeln, bisher nicht machen können?

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Man muss die Diskussionen, die wir in diesem Haus geführt haben, gelegentlich einmal zur Kenntnis nehmen und sich irgendeines – vielleicht auch auswärtigen – Sachverstands bedienen. Die Frage der Meistbegünstigungsklausel hat uns bis Anfang dieses Jahres daran gehindert, eine solche Veränderung herbeizuführen.

(Günter Rudolph (SPD): Die muss doch weg!)

Deswegen ist es klug und richtig, dass über solche Fragen aktuell bereits verhandelt wird und dass diese Verhandlungen fortgesetzt werden, damit man am Ende im Lande Hessen mit den Gewerkschaften zu einem Hessentarif kommt.

Wir haben den Austritt aus der TdL im Jahr 2004 machen müssen, weil wir zum einen – das haben Sie zu Recht gesagt – im Land Hessen in einer sehr schwierigen wirtschaftlichen Situation waren. Zum anderen haben wir damit – das ist das, was wir mit der Föderalismusreform erreicht haben – aber die Chance, einen eigenen Hessentarif für unser Bundesland zu bekommen.

Meine Damen und Herren, nicht nur Hessen ist aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ausgetreten. Ich finde, diesen Hinweis hätten Sie noch ein bisschen konkreter geben können, damit auch die Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE zumindest erkennen, dass wir wissen, dass das rot-rote Berlin ebenfalls aus der TdL ausgetreten ist. Insofern will ich das hier zumindest noch einmal erwähnt haben.

(Günter Rudolph (SPD): Die haben einen eigenen Tarifvertrag!)

Meine Damen und Herren, wir bleiben bei dem Ziel, dass wir die Flexibilität, die wir mit der Föderalismusreform erreicht haben, auch nutzen wollen. Dem dient der Antrag, den wir gemeinsam mit der FDP eingebracht haben. Wir wollen einen verantwortlichen Ausgleich der Interessen zwischen den Beschäftigten und dem Landeshaushalt. Herr Kollege Dr. Wilken, wenn wir vom Landeshaushalt reden, dann sind wir keine Landeshaushaltsvertreter, wie ich das heute Morgen aufgegriffen habe, sondern wenn wir von dem Landeshaushalt und der Verschuldung dieses Landes reden, dann reden wir von den Lasten, die wir zukünftigen Generationen aufbürden. Darüber muss sich dieses Haus auch im Klaren sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Herr Dr. Wilken, ich greife noch einmal das auf, was Sie gesagt haben, weil mich das ziemlich beeindruckt hat: „Verschuldung erhöhen, um eine gerechte Politik zu machen“. Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Für wen wollen Sie eine gerechte Politik machen? Sagen Sie mir bitte, welche Gerechtigkeit Sie meinen. Was soll ich meinen Kindern Katharina und Maximilian heute Abend oder morgen früh erklären? Welche Gerechtigkeit meinen Sie, wenn Sie davon sprechen, dass Sie den Landeshaushalt über Gebühr belasten wollen?

(Beifall der Abg. Margarete Ziegler-Raschdorf (CDU) – Norbert Schmitt (SPD):Was haben Sie bei dem Haushalt 2007 erzählt? – Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Meine Damen und Herren, Herr Rudolph, ich finde, es ist klug, wenn wir uns darauf verständigen, dass wir für die Beratung dieses Antrags seriöse Rechnungen zugrunde legen. Die CDU-Fraktion wird einen Berichtsantrag in den Innenausschuss einbringen,damit wir alle gemeinsam

darauf schauen können, welche Auswirkungen Ihr Ansinnen am Ende hat.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Ich rede nicht nur von den Kosten.Ich rede auch nicht nur über die Arbeitszeitregelung und die organisatorischen Auswirkungen bei der Lehre und der Polizei. Ich rede auch über die Frage, was ist, wenn wir in die TdL zurückkehren, ob wir dann die entsprechenden Veränderungen auch für die Beamten übernehmen werden. Auch diese Frage finde ich außerordentlich spannend.Jetzt überlegen Sie bitte, und seien Sie mir nicht böse, wenn ich Sie freundlich und direkt anspreche: Herr Kollege Rudolph, Sie glauben doch bitte nicht im Ernst, wir würden die schwierige Situation,