Wenn Sie sich umschauen, wenn Sie hessische Mittelständler besuchen, so werden Sie eine Vielzahl von Produkten finden, die aus hessischen Firmen entstammen und weltweit unterwegs sind. Ich will jetzt keinen Namen nennen. In der Nähe von Marburg gibt es eine Firma, die Flakons für hochwertige Parfüme produziert. Wir alle kaufen sie, mit schlechtem Gewissen behaftet, kurz vor dem Einchecken an den Flughäfen dieser Welt. 80 % dieser Flakons kommen aus der Nähe von Marburg. Was ist denn das Schöne an diesem Beispiel? Diese Flakons sind, damit wir sie alle kaufen, auch gut eingepackt.
Das schlechte Gewissen kommt jedenfalls bei mir daher, dass ich mir sage: Jetzt warst du so lange unterwegs, du musst etwas mit nach Hause bringen. Herr Kollege AlWazir, ich weiß nicht, wie das bei Ihnen ist, aber bei mir ist das das schlechte Gewissen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Flakons sind in eine Kartonage eingepackt. Damit wir sie kaufen, ist diese Kartonage besonders hochwertig. Diese Kartonagen werden von einem Unternehmen produziert, Marktanteil 60 %, das im Main-Kinzig-Kreis sitzt. Nur anhand dieses Beispiels, ich könnte jetzt 15 bis 20 nennen, sehen wir, dass wir auch in unserer mittelständischen Industrie – das sind Unternehmen mit jeweils 500 bis 1.000 Mitarbeitern – einen globalen Bezug haben. Als Staat müssen wir uns damit so beschäftigen, dass wir breite Leitplanken einziehen. Wir müssen diese Unternehmen auf der anderen Seite aber auch von unserer Regulierungswut, die uns teilweise treibt, entlasten, damit sie diese Geschäfte weltweit betreiben können.
Liebe Kollegin Ypsilanti, in diesem Zusammenhang möchte ich nur ganz kurz zum Finanzplatz Frankfurt und zu dem, was Sie dazu gesagt haben, Stellung nehmen. Ich bin überrascht, dass die Landesvorsitzende der SPD es wagt, sich zu dem Thema Subprime-Krise, und was damit zusammenhängt, scheinbar argumentativ und mit Angriff auf andere zu äußern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu Ackermann komme ich gleich, ich komme erst einmal zu dem anderen
Thema. Wenn es denn nicht die Ideologie der Sozialdemokraten wäre, dann hätten wir nicht so viele staatliche Kreditinstitute, und dann hätten wir nicht diese Patzer im öffentlich-rechtlichen Bereich.
Sie sind es doch, die in Hessen auch wieder versuchen, eine noch stärker am Staat orientierte Institution der Sparkassen hinzubekommen. Das ist doch gerade falsch.
Die Hauptzeche zahlt der Steuerzahler, weil offensichtlich nicht zu 100 % fähige Manager in staatlich organisierten bzw.staatlich überwachten Kreditinstituten Fehler gemacht haben.
Das sind Hunderte von Millionen Euro, die letztlich der Steuerzahler zahlen muss.Da passt das Thema WestLB,da passt das Thema Sachsen Bank, da passt das Thema BayernLB, da passt das Thema der Landesbank in BadenWürttemberg, da passt natürlich auch das Beispiel der KfW mit der IKB in Düsseldorf.
Da ist doch das Geld versenkt worden. Das ist doch nicht von den Massen im privaten Bereich versenkt worden. Wenn wir im privaten Bereich Geld versenkt haben, so kann das den Anteilseigner, den Aktionär ärgern, und manche haben sich auch schon darüber geärgert. Das kostet den Staat aber keinen Pfennig, jedenfalls nicht dann, wenn er nicht in denselben Fehler verfällt, den Frau Ypsilanti aufgrund eines Zwischenrufs von Herrn Ackermann nunmehr machen will.
Was hat denn gerade deine Parteifreundin Ingrid Matthäus-Maier beschließen lassen müssen? Es müssen zusätzliche Steuergelder in Höhe von 1,8 Milliarden c in die IKB nach Düsseldorf gebracht werden, weil dort staatlich überwachte Banker ganz groben Mist gemacht haben.
Herr Kollege Schmitt, wir haben uns schon vor 25 oder 30 Jahren an der Uni zum Thema Justizvollzug gestritten. Jetzt streiten wir uns eben zum Thema Finanzplatz Frankfurt am Main.
Frau Kollegin Ypsilanti, Sie haben es nicht gesagt, ich unterstelle es Ihnen aber, weil Sie es wohl so haben ausdrücken wollen, und dabei bin ich mit Ihnen: Wir müssen natürlich Regelwerke haben, die es möglich machen, eine Transparenz in Finanzprodukte zu bringen. Da hat Ackermann recht: Wir müssen ein Regelwerk finden, dass es nicht mehr möglich macht, Dinge vollkommen umzupolen, in ein anderes Finanzprodukt umwandelt, wie es beim Subprime passiert ist, was anschließend in keiner Weise mehr überprüfbar ist.Frau Kollegin Ypsilanti,das wird Sie bestimmt überraschen, das fordert der stellvertretende Vorsitzende der FDP,Rainer Brüderle,seit drei Jahren.Er fordert, dass derartige Regeln für Hedgefonds, aber auch für die Finanzprodukte gemacht werden.
Seien Sie doch bitte einmal ehrlich. Rainer Brüderle forderte das nämlich schon, als der Bundesfinanzminister – ein Sozialdemokrat aus Hessen – Hans Eichel hieß, und Rainer Brüderle fordert es jetzt, da es einen Finanzminister mit dem Namen Peer Steinbrück gibt. Beide sind Genossen.
Sie stellen sich so etwas vor. Machen Sie das doch. Setzen Sie sich in Ihrer Partei durch, Frau Ypsilanti. Anderswo versuchen Sie es doch auch.
Der Finanzplatz Frankfurt am Main ist neben dem Flughafen und neben der mittelständischen Industrie ein ganz wichtiger Standortfaktor in unserem Bundesland. Ich halte es für relativ provinziell, wenn es einen Streit zwischen der Oberbürgermeisterin von Frankfurt und dem Bürgermeister von Eschborn darüber gibt,wo der Sitz der Börse ist; denn – so habe ich es in Erinnerung – sowohl Frankfurt als auch Eschborn liegen in Hessen. Läge die Börse in Aschaffenburg, würde ich einen Streit für genauso provinziell halten; denn auch dann befände sich der Sitz der Börse immer noch in unserem Land.
Meine Damen und Herren,wir müssen den Menschen,die im Finanzsektor tätig sind, die Möglichkeit geben, dass sie in unserem Land ordentlich arbeiten. Es muss zu einer Deregulierung und zu einer Senkung der Steuerbelastung kommen. Die Gewerbesteuer in Frankfurt lässt grüßen. Kollege Koch als Eschborner oder ich als Bad Vilbeler, wir freuen uns immer darüber;denn es gibt nicht nur Banken, die in Eschborn sind, sondern auch große Versicherungsunternehmen,die in Bad Vilbel sitzen.Das sehen wir mit Freude.
Also muss die Stadt Frankfurt etwas machen, nicht aber das Land. Das Land muss aber die Rahmenbedingungen dafür herstellen,dass hier weiter Produkte gehandelt werden können, die die Menschen auch kaufen. Dafür müssen diese Produkte erkennbar sein, und dafür muss es – wenn auch weit gefasst – Regeln geben.
Mir reicht es nicht aus, wenn ein Studienabgänger, der an irgendeinem Institut tätig ist, einmal kurz irgendwelche Bewertungen vornimmt. Ich glaube schon, dass die BaFin und andere Institutionen notwendige Bestandteile sind. Deshalb hat die BaFin auch in Hessen ihren Sitz einzunehmen. Das ist eine Position, die die FDP zur Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt vertritt.
Sie merken, dass wir Liberale die Situation der nicht vorhandenen koalitionsmäßigen Unterstützung der amtierenden Landesregierung als Chance ansehen.Ja,wenn wir uns nicht benehmen, wird es eine Krise geben. Aber ich glaube, meine 109 Kollegen in diesem Hause sind mit mir der Auffassung, dass wir im Interesse unseres Bundeslandes Hessen die Aufgabe haben, uns verantwortlich zu benehmen.
Wir Liberale gehen davon aus – ich glaube,dass ich unsere Überzeugung und unsere Grundstrukturen noch einmal habe deutlich machen können –, dass der Einzelne zunächst für sich selbst entscheiden soll, dass der Einzelne dazu eine Vielzahl von Informationen braucht und dass er das Gefühl bekommt,es ist sinnvoll,sich nicht nur für sich, sondern auch für seine Nachbarn, für sein Umfeld und für seine Gesellschaft einzusetzen.
Meine Damen und Herren, wir wollen deshalb weniger Staat und weniger Regulierung. Aber wir sehen auf der
anderen Seite auch, dass es in einer Gesellschaft Rahmen geben muss. Diese sind nicht besser zu umschreiben, als es Ludwig Erhard gemacht hat, als er für Deutschland die soziale Marktwirtschaft erfunden und umgesetzt hat.
Das ist unser Raster. Innerhalb dieses Rasters bewegen wir uns.Aber – das sage ich zum Abschluss dieses Beitrags – wir verstehen uns, bereits mit der letzten Legislaturperiode damit beginnend, als Brückenbauer zwischen den verhärteten Fronten in diesem Hause.Wir sind der festen Überzeugung, dass wir alle in unserem Stil abrüsten müssen, ohne Aufgabe unserer Inhalte, und dass wir dann darauf zu schauen haben – ich bleibe bei den drei Beispielen der FDP –:Welche Aussage hat der Antrag der Kollegen? Ist er gut? Das ist unabhängig davon, wer der Antragsteller ist.
Mit Verlaub, das, was wir heute produziert haben, nämlich dass wir zwei verschiedene, aber offensichtlich gleichlautende Anträge einbringen, halte ich nicht gerade für ein besonders intelligentes Zeichen des Brückenbauens – wenn ich das einmal so flapsig formulieren darf.
Wenn der Antrag okay ist, dann gehen wir auf ihn ein oder stimmen zu. Ist der Antrag immerhin so beschaffen, dass man die Hoffnung hat,man könne ihn in Richtung eines Okays ändern, stellt man Änderungsanträge.
Herr Präsident, vielen Dank. – Wenn man das Gefühl hat, ein Antrag ist noch verbesserungsfähig und -würdig, setzt man sich hin, schreibt Änderungsanträge und wirbt dafür, diese Änderungen hier durchzusetzen.Anders ist es,wenn man das Gefühl hat, das, was in einem Antrag steht, läuft der eigenen Überzeugung zuwider.
Frau Kollegin Ypsilanti,vieles von dem,was Sie mir in den letzten Wochen in Schreiben zur Verfügung gestellt haben, ging inhaltlich so gegen meine Überzeugung, dass ich nur sagen konnte bzw. dass wir als FDP nur sagen konnten: Dabei machen wir nicht mit.
Wenn wir uns entsprechend diesen drei Kriterien verhalten, helfen wir dabei, die Situation in diesem Haus zu entspannen, und wir zeigen unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern, für die wir hier arbeiten und von denen wir bezahlt werden, dass wir alle das Wahlergebnis verstanden haben. – Vielen herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Hahn. – Als Nächster hat Herr Al-Wazir für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.