Wir werden alles dafür tun,dass es so bleibt.Wenn es dann zu Problemen kommt, werden wir versuchen, Angebote zu schaffen, die die Eltern gemeinsam mit ihren Kindern wahrnehmen können.Aber wir werden nicht dazu beitragen,dass alles und jedes durch den Staat geregelt wird und dass wir eine Familienpolitik bekommen, die die Eltern komplett von ihrer Verantwortung freistellt, wie wir es in der ehemaligen DDR gehabt haben. Das wird es mit der FDP mit Sicherheit nicht geben.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Rentsch hat eben noch einmal klargestellt, was Frau Kollegin Müller-Klepper am Anfang ihrer Ausführungen schon deutlich gemacht hat. Es geht darum, dass wir als Landesregierung gebeten werden, ein weiteres Konzept vorzulegen. Ich will klarstellen: Ich begrüße das ausdrücklich, weil es genau auf dem basiert, was wir in den letzten Jahren entwickelt und ausgebaut haben, nämlich die Verknüpfung der Kindergärten, der Kindertageseinrichtungen mit anderen Zentren.
Da standen als Allererstes unter dem Gesichtspunkt des Bildungs- und Erziehungsplans die ganz unterschiedlichen Lernorte von Kindern.Allen voran steht die Familie, die nicht irgendwo außen vor ist, sondern die der bestimmende Ort für Kinder schlechthin ist. Dazu kommen die verschiedenen Einrichtungen im Kleinkindalter; dazu gehört natürlich genauso der Übergang in die Schule.
Dieses Konzept des Bildungs- und Erziehungsplans, dieses konsistente Angebot und die Vernetzung von unterschiedlichen Angeboten haben wir in der vergangenen
Legislaturperiode vorangetrieben. Wir haben es ausgewertet und sind jetzt in einer Umsetzungsphase, in der rund 50.000 Fachkräfte genau unter dem Gesichtspunkt – das Kind im Mittelpunkt, die Eltern einbeziehen – weitergebildet werden. Damit wird der Schritt in Richtung Zentren gemacht.
Aber ich sage sehr deutlich, es war ein Schritt in die Richtung Zentren, weil wir die Kindertagesstätten nicht überfrachten können, sondern gemeinsam einen Weg gehen müssen, der die Kleinkindbetreuung einschließt, aber auch, dass bei schwierigen Problemen, die wir durchaus in prekären Familiensituationen sehen – Stichwort: Risikofamilien –,früher eingegriffen werden kann. Dabei wollen wir die Konzeption der letzten Legislaturperiode mit dem Thema Familienhebammen und vorgeburtliche Betreuung aufnehmen. Wir müssen schauen, wie wir an die entsprechenden Eltern weiter herankommen.
Ich will einen Hinweis geben. Frau Schott, wenn Sie sich die Dinge näher anschauten, die wir in den letzten Jahren entwickelt haben, dann würde Ihnen vielleicht bewusst werden, dass es sich bei den Bildungs- und Lernorten und auch bei den Tandems, mit denen wir erprobt haben, nicht allein um Tandems gehandelt hat, sondern dass an vielen Stellen weitere Institutionen eingebunden waren und ihre Erfahrungen so zurückgespiegelt haben,dass man nun ein Konzept draufsetzen kann.
Es mag sein, dass eine Seite des Hauses schon von Anfang an wusste, wie das alles in einer Kindertagesstätte abläuft. Wir hatten einen intensiven Diskussionsprozess, der natürlich nicht an jeder Stelle einfach war, wenn man alle einbezieht und gleichzeitig über Finanzfragen redet. Man muss zunächst einmal alle gemeinsam an einen Tisch bekommen. Man muss sich unterschiedliche Ausrichtungen anschauen, freie Träger genauso wie staatliche, kommunale Träger und Elternvereine genauso wie kirchliche Träger. Wir müssen uns gemeinsam hinsetzen und das Bild weiterentwickeln. Wir müssen schauen, wie wir die Familien dort hineinkriegen, welche Handlungsmaterialien wir z. B. aus den Erfahrungen der Early Excellence Centres in England haben, die wir frühzeitig an Eltern weitergeben können, um bestimmte Probleme erst gar nicht erst auftreten zu lassen.
Lassen Sie mich einen letzten Punkt nennen.Wir haben in diesem Bereich nicht nur die Mittel für den Bildungs- und Erziehungsplan ausgebaut, sondern wir haben selbstverständlich auch Prioritäten gesetzt. Deswegen haben wir die Mittel für die Kleinkindbetreuung deutlich aufgestockt und das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei gestellt. Wenn Sie sich im bundesweiten Vergleich die Zahlen anschauen, dann stellen Sie fest, dass Hessen beim Kindergartenbesuch über dem Durchschnitt der Bundesländer liegt. Das hat etwas damit zu tun, dass wir gemeinsam – darauf lege ich großen Wert – mit Städten und Gemeinden daran arbeiten, dass sie genau die Eltern, deren dreijährige Kinder nicht im Kindergarten sind, erreichen und überzeugen, dass sie Angebote annehmen und das als offene Einrichtung betrachten, und dass Ängste abgebaut werden.
Eines muss auch klar sein: Nicht jeder, dessen Kind den Kindergarten nicht besucht, ist in einer prekären Situation. Häufig kennt er die kulturellen Vorraussetzungen noch nicht so weit, dass der Besuch des Kindergartens für ein dreijähriges Kind grundsätzlich sinnvoll ist. Er kommt vielleicht erst langsam zur Einrichtung hin,weil es gewisse Hemmschwellen gibt.
Wir haben Einrichtungen im Bildungs- und Erziehungsplan, die konkret Konzepte erprobt haben: Wie laden wir ein? Wie gehen wir auf Eltern zu? Wie werden wir zu offenen Einrichtungen? Wir haben einen weiteren Schritt eingeführt, der ein kleiner Ansatzpunkt für die Öffnung der Einrichtungen ist: die Sprachförderung nicht der Kinder, sondern der Eltern. „Mama und Papa lernen Deutsch“ findet im Kindergarten statt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, genau dieses Deutschlernen im Kindergarten hat einen unglaublich großen Erfolg gehabt, weil Eltern gerne dorthin gegangen sind, weil es für sie keine fremde, staatliche Institution war, sondern ein Ort, der ihnen vertraut ist, wo sie sich gut aufgenommen fühlen. Das ist auch der Hintergedanke, den man hat, wenn man daraus Familienzentren machen will, dass man einfach vorbeischaut, dass man im Zweifel auch nur einen Kaffee dort trinkt und sich die Sache anschaut, auch wenn man sie gar nicht nutzt, dass man sich Informationen holt und die Entwicklung der Kinder dadurch positiv beeinflusst, dass es andere Rahmenbedingungen gibt, dass freiwillige Angebote wahrgenommen werden können, aber auch dass Informationen die Eltern überhaupt erst erreichen.
Wir sagen gerne: Dieses Konzept wollen wir weiter ausbauen, weil uns daran gelegen ist, die verschiedenen Bereiche, die Lernorte zu verknüpfen, die Familien zu stärken, aber vor allem auch Kinder zu stärken, Resilienzbildung zu stärken, damit Kinder mit schwierigen Lebenssituationen fertig werden, sodass kein vorgeprägter Lebensweg vorhanden ist, damit Kinder auf ihrem Lebensweg auch in schwierigen Situationen gut begleitet werden können und es nicht heißt, dass sie automatisch in eine prekäre Situation kommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will deutlich machen, dass wir die Mittel in den letzten Jahren massiv ausgebaut haben. Wir haben das mit Konzepten untermauert, und diese Konzepte wollen wir fortschreiben und flächendeckend umsetzen. Dazu gehört, dass wir tatsächlich alle Orte einbeziehen, aber auch mit den Kommunen über einen Rahmen der Familienzentren und der Kindertagesbetreuung weiter diskutieren.
Ich freue mich über die hier angestoßene Diskussion. Aber da viele Damen und Herren der SPD-Fraktion gerade bei der Rede von Frau Schott Unterstützung markiert haben, als es um das Finanzielle ging, will ich deutlich machen: Es geht nicht einfach nur um das „Wünsch dir was“. Es geht darum, ein Konzept zu entwickeln, das gemeinsam mit den Kommunen die unterschiedlichen Aufgaben zusammenbringt. Man muss natürlich auch Finanzierungen zusammenbringen. Wir werden einen Vorschlag unterbreiten, aber ich bin gespannt, wie Ihrer aussieht.
(Dr. Thomas Spies (SPD):Welche Mittel haben Sie denn vorgesehen? – Petra Fuhrmann (SPD): Wo sind denn die Mindeststandards? Die haben Sie ausgehebelt!)
Sehr geehrte Frau Fuhrmann, ich bin sehr gerne bereit, auch darüber mit Ihnen zu diskutieren; denn genau das haben wir evaluiert. Es ist inzwischen Standard in der gesamten Landesregierung, dass die Gesetze und Verordnungen evaluiert werden.Sie wissen,die Verordnung läuft Ende des Jahres aus.Wir werden Vorschläge unterbreiten. Das passt auch genau in den Bereich Familienzentren und Vernetzung hinein.Aber das heißt auch, dass mehrere mit an den Tisch gehören.
Deswegen werden wir auch die kommunale Seite zu den weiteren Gesprächen einladen. Ich weiß, weil ich regelmäßig Einrichtungen vor Ort besuche, dass die geltende Verordnung an einigen Stellen noch nicht ausreichend umgesetzt wird.
Aber gleichzeitig empfehle ich Ihnen, sich die in anderen Ländern geltenden Verordnungen anzuschauen. Dann sehen Sie, wie gut die Ausbildungsstandards für Erzieherinnen in Hessen sind. Trotzdem sagen wir – ich hoffe, dies wird gemeinsame Überzeugung bleiben –, dass wir an der Weiterentwicklung des Erzieherinnenbildes und der Erzieherinnenausbildung gemeinsam arbeiten und auch die Anforderungen an diesen Beruf aufnehmen müssen, die die gesellschaftlichen Veränderungen mit sich bringen. Das ist eine sehr breite Palette.
Für mich bleibt es an dieser Stelle wichtig, dass wir die Kinder in den Mittelpunkt stellen, dass wir ein Konzept haben, auf dem die vielen verschiedenen Einrichtungen, die damit befasst sind, aufbauen können, ohne ihr eigenes Profil zu vernachlässigen, und dass wir gleichzeitig Angebote machen. Dabei will ich ausdrücklich sagen: Das Thema „Gesundheitsförderung und Kinderschutz“, das wir bereits in der letzten Legislaturperiode behandelt haben, ist mir ein besonders wichtiges Anliegen, weil die Prävention und das Lernen,wie man mit dem eigenen Gesundheitszustand umgeht oder welche Möglichkeiten es in diesem Lande gibt – –
(Dr. Thomas Spies (SPD): Meinen Sie das gestoppte Präventionsgesetz oder die gekürzten Mittel für die ARGE?)
Herr Kollege Dr. Spies, wenden Sie sich an die Bundesgesundheitsministerin, wenn Sie über das Präventionsgesetz und über seine Ausgestaltung sprechen wollen.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Dr. Thomas Spies (SPD): Sie haben das Präventionsgesetz verhindert!)
Ich verstehe Ihre Aufregung,da ich in den letzten Jahren keine vernünftigen Finanzierungsvorschläge von Ihnen gehört habe. Jetzt wird es in diesem Landtag noch spannender, wenn wir die Finanzierung gemeinsam sicherstellen wollen.
In den Parteiprogrammen hat das Thema Familienzentren einen großen Widerhall gefunden,der Versuch,deren Vernetzung voranzutreiben sowie die Eltern frühzeitig einzubinden und ihnen Chancen zu eröffnen.Gerade bei Eltern mit Migrationshintergrund halte ich es für eine außerordentlich große Chance, wenn die Kommunen und das Land gemeinsam weiter daran arbeiten,die Netze so dicht zu machen, dass zum Schluss tatsächlich keiner mehr durchfällt. Wir brauchen aber keinen alles regulierenden Staat.Wir müssen die Familien einbinden,denn die Eltern sind nach wie vor gefordert, und sie müssen entsprechende Möglichkeiten der Mitwirkung erhalten.
Das wird unserem Konzept zugrunde liegen, und damit werden wir in die weitere Diskussion – auch über unterschiedliche Standards – gehen. Frau Fuhrmann, wir sind gespannt, welche Finanzierungsvorschläge Sie vorlegen. Wir werden jedenfalls Finanzierungsvorschläge vorlegen.
Verabredungsgemäß überweisen wir beide Anträge an den Sozialpolitischen Ausschuss zur weiteren Behandlung. – Dem wird nicht widersprochen. Dann ist so beschlossen.
Antrag der Fraktion der FDP betreffend Gesundheitsfonds stoppen – Beitragsautonomie der Krankenkassen bewahren – Drucks. 17/47 –
Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Gesundheitsfonds stoppen – Krankenversicherung für alle Bürgerinnen und Bürger auf eine solidarische und nachhaltige Grundlage stellen – Bürgerversicherung jetzt – Drucks. 17/76 –
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Gesundheitspolitik hat dieses Parlament in den letzten Jahren relativ häufig beschäftigt.Dafür hat die FDP immer wieder gesorgt, weil wir der Auffassung sind, dass die Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger in unserem Bundesland eine wichtige Bedeutung auch für das Landesparlament hat.
Die grundlegenden Reformen werden bei diesem Thema natürlich nicht in Hessen, sondern auf Bundesebene gemacht, aber hessische Landespolitiker in führenden Positionen, z. B. der Herr Ministerpräsident und die Gesundheitsministerin, Frau Kollegin Lautenschläger, haben bei den Reformen auf Bundesebene an zentraler Stelle mitgewirkt.
Ich will einmal in Erinnerung rufen, was hinter dem Gesundheitsfonds stand. Hinter dem Gesundheitsfonds stand die Tatsache, dass Sozialdemokraten und Christdemokraten zwei Wahlprogramme hatten und haben, die sich nicht miteinander vereinbaren lassen. Man wusste nicht so recht, wie man beide Konzepte in Übereinstimmung bringen sollte, nachdem die Bundeskanzlerin ihre Amtszeit unter das Leitmotiv „Reformen“ gestellt hatte. Nach langen Verhandlungen hat man sich dafür entschieden, wenigstens irgendetwas zu machen, um auch nach draußen, den Menschen gegenüber, zu demonstrieren, dass diese Bundesregierung handlungsfähig ist.
Jetzt muss ich mich an die Kollegen der Union wenden. Die Kollegen der Union haben bei der Besetzung der Ministerien in Berlin den großen Fehler gemacht, Ulla Schmidt das Gesundheitsministerium zu überlassen. Sie haben sie – wie das auch viele andere Politikerinnen und Politiker getan haben – absolut unterschätzt.
Alle haben gedacht,dass Frau Schmidt eine Person ist,die sich möglicherweise nicht lange auf dem Ministerinnensessel halten werde, dass sie nicht stark genug sein werde, um sich gegen Argumente wirklich zur Wehr zu setzen.
Das Gegenteil ist der Fall. Frau Schmidt hält sich auf ihrem Sessel und zieht ihre ideologische Reform in Richtung Bürgerversicherung Stück für Stück durch. Das Erstaunliche am Status quo ist, dass die Union dabei mitmacht.
Die Union sah sich bei den Verhandlungen über den sogenannten Gesundheitsfonds dem Problem gegenüber, dass das Ministerium unter der Leitung von Frau Schmidt alles schon vorbereitet hatte. Die Union hatte anscheinend nicht genügend Manpower – ich glaube nicht,dass es an mangelnder Kompetenz lag –, um sich gegen die Einführung des Gesundheitsfonds zu wehren.
Ich will Ihnen sagen, wie der Gesundheitsfonds eigentlich hieß, als er vom Wissenschaftlichen Beirat des Ministeriums erarbeitet wurde. Er hieß „zentrale Inkassostelle“. Bei der Bezeichnung „zentrale Inkassostelle“ muss es doch auch jedem Christdemokraten, der sich noch ein Stück weit der Marktwirtschaft verpflichtet fühlt, kalt den Rücken herunterlaufen.Dass so etwas gemeinsam mit der Union unter der Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Deutschland eingeführt wird, ist unglaublich,
denn das, was wir Anfang 2009 bekommen werden, ist reinster Kassensozialismus, und die Union hat dafür die Hand gehoben.