Protokoll der Sitzung vom 23.04.2008

Wir wollen an dem Grundprinzip einer paritätischen Finanzierung bei Einkommen von abhängig Beschäftigten festhalten.Aber – das sage ich auch ganz besonders an die Adresse der GRÜNEN – wir wollen auch, dass die Beitragsbemessungsgrenze aufgehoben wird, damit z. B. wir als Abgeordnete nach unseren Abgeordnetenentschädigungen in angemessener Weise, d. h. in höherer Art und Weise, in die gesetzliche Krankenkasse einbezahlen. Das alles muss genauso gewährleistet sein wie die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern und nicht erwerbstätigen Ehegatten und Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern.

Insofern stimmen wir dem Antrag der GRÜNEN in dieser Tendenz auch zu und hoffen sehr, dass es uns gelingt, durch diese Debatte dazu beizutragen, dass die Situation des Gesundheitsfonds weiter diskutiert und verbessert wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich am Schluss aber auch noch sagen: Es nützt nichts, Kritik an der jetzigen Regelung zu üben und sie zu verhindern, sondern erst muss die Bürgerversicherung eingeführt werden, und dann ist es notwendig, dass ein Kassenausgleich vorgenommen wird.Denn ich sehe es z.B.nicht ein, wieso ich als langjähriger Versicherter einer gesetzlichen Krankenkasse, nämlich der AOK – in der bin ich schon seit meiner Ausbildungszeit, und da bleibe ich auch;

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

ich bin nicht privat versichert, wie viele in diesem Hause –, die z. B. noch bis Ende der Sechzigerjahre verpflichtet war, alle „Risiken“ aufzunehmen, all diejenigen, die kein Einkommen hatten, Familien mit vielen Kindern usw., entsprechende Kassenbeiträge zahlen muss. Hier muss es einen Ausgleich geben. Das ist auch im Interesse anderer Kassen, z. B. der Innungskrankenkassen. Es muss eine solidarische Finanzierung geben. Ob die Kopfpauschale, wie sie jetzt vereinbart wurde,der Weg ist,mag ich bezweifeln. Aber für uns als LINKE ist klar: Wir wollen den Erhalt der Solidarkasse, weil Gesundheit nicht zur Ware werden darf.

(Beifall bei der LINKEN)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Schaus. – Das Wort hat Herr Dr. Spies für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach einer nun doch eine gewisse Zeit andauernden Debatte, in der so viele sehr, sehr unterschiedliche Positionen zu dem ohne Zweifel sehr umfassenden Problem der gesetzlichen Krankenversicherung konstatiert worden sind, ist es vielleicht sinnvoll, das ein bisschen systematisch abzuschichten.

Entgegen der Reihenfolge der Tagesordnung werde ich mit dem Dringlichen Antrag der GRÜNEN anfangen, weil das ganz einfach ist: Der Dringliche Antrag der GRÜNEN ist, wenn man auf den ersten Satz verzichtet, richtig.Was wir brauchen, ist eine solidarische Bürgerversicherung. Wenn ich mir an der Stelle die Bemerkung erlauben darf: Das Konzept der solidarischen Bürgerversicherung ist Kernbestandteil der Sozialdemokratie seit 140 Jahren. Dass es überhaupt eine soziale Krankenversicherung in Deutschland gibt, ist unzweifelhaft dem Druck von Sozialdemokraten vor 120 Jahren zu verdanken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dass wir heute überhaupt ernsthaft über eine Bürgerversicherung diskutieren und dass es zeitgemäße Modelle für eine Bürgerversicherung gibt, ist völlig unzweifelhaft mit der hessischen Sozialdemokratie und insbesondere mit der Person Andrea Ypsilanti verbunden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Bürgerversicherung heißt: alle von allem den gleichen Anteil. – Das ist ein sehr einfaches, ein sehr konsequentes

und ein solidarisches Konzept. Wir haben das einmal in Ruhe ordentlich aufgeschrieben. Ich würde mich freuen, das nachher Herrn Bartelt und Herrn Schaus, die beide neu in diesem Hause sind, vorbeizubringen, damit sie nachlesen können, wie das funktioniert und warum das richtig ist. Dann brauchen wir das hier nicht alle paar Wochen wieder zu diskutieren. Es droht ja, dass die FDP die Bundesgesundheitspolitik wieder im Vierwochenabstand zum Setzpunktthema macht, was vielleicht doch den Aufgaben dieses Hauses nicht ganz angemessen wäre. – Bürgerversicherung bedeutet:alle von allem den gleichen Anteil.

Wenn Herr Hahn eben über den Tisch hinweg ausgerechnet angelsächsische Wohlfahrtsmodelle als „sozialistisch“ bezeichnet,dann würde ich empfehlen,ein bisschen zu gucken, wo das Wort sozialistisch herkommt. Ganz ehrlich: Beveridge hat mit Sozialismus nicht im Entferntesten etwas zu tun gehabt.Wahrlich nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist falsch!)

Herr Kollege Hahn, richtig ist allerdings, dass der National Health Service in England in den Fünfziger- und Sechzigerjahren ein international beispielgebendes Modell war – so lange, bis eine Frau Thatcher, die geistig Ihrer Partei deutlich näher steht, an die Macht kam und das Ganze ruiniert hat. Denn man kann auch gute Modelle kaputt machen. Daran gibt es keinen Zweifel.

Herr Boddenberg hat dazwischengerufen: „Das wäre dann eine Steuer.“ Herr Boddenberg, wir können das gerne in Ruhe vertiefen; denn das ist eine spannende Frage. Steuern sind nicht zweckgebunden, Krankenversicherungsbeiträge sollten es sein. Deswegen macht eine Steuer an der Stelle keinen Sinn.

(Michael Boddenberg (CDU): Wenn ich Sie nicht hätte!)

Das ist überhaupt der einzige markante Unterschied. Aber wir können auch das gerne einmal vertiefen.

Meine Damen und Herren, der Aufhänger, warum die FDP heute über den Gesundheitsfonds redet, ist in Wahrheit die Gesundheitsreform 2006. Jetzt lassen Sie mich klarstellen: Die Gesundheitsreform 2006 ist eine Erfolgsgeschichte. 115.000 Personen, die bislang keine Krankenversicherung hatten und die dem Risiko von Krankheit schutzlos ausgeliefert waren, sind in den Kreis der Versicherten zurückgekehrt. Im Jahre 2007 gab es bei den Impfungen eine Steigerung um 71 %, weil Impfungen Bestandteil gesetzlicher Krankenversicherungsleistungen sind.

15-prozentige Steigerung der Eltern-Kind-Kuren, weil Eltern-Kind-Kuren Bestandteil der gesetzlichen Krankenversicherung sind. 20 % weniger Zuzahlungen zu Medikamenten, weil durch Rabattverträge Zuzahlungsverpflichtungen weggefallen sind. 6 Millionen Menschen haben sich in Hausarztverträge eingeschrieben. Die Selbsthilfe wurde fundamental gestärkt, die Finanzierung von Hospizen verbessert, die Palliativversorgung zum Bestandteil der gesetzlichen Krankenversicherung und, meine Damen und Herren, Bürokratie abgebaut, gerade für Ihre Freunde auf der rechten Seite, nämlich im Bereich der Arbeitgeber, denen die Arbeit einfacher gemacht wurde. Im Bereich der Dienstleister im Gesundheitswesen, der Leistungserbringer, wird durch die Umstellung der Honorierung auf feste Eurobeträge einem jahrelangen Wunsch entsprochen, wodurch die Honorie

rung für die Betreffenden vorhersehbarer und klarer ist. Also, meine Damen und Herren, in jeder Beziehung eine Erfolgsgeschichte.

Jetzt kommen wir zum Fonds. Was ist dieser Fonds? Dieser Fonds ist vor allen Dingen eines, nämlich maßlos überhöht, wenn ich mir vorhin angehört habe, was da alles für gefährliche Sachen drinstecken sollen. Herr Rentsch und Frau Schulz-Asche haben ausgeführt, auch Herr Schaus, wie das alles das Gesundheitswesen derangiert. Der Fonds ist doch eine ganz einfache Sache. Der Fonds ist der neue Name für den Risikostrukturausgleich, weil die CDU vor der Bundestagswahl 2005 im Programm stehen hatte: „Der Risikostrukturausgleich muss weg“, und hinterher begriffen hat, dass das nicht geht. Damit das nicht so peinlich ist, heißt der Risikostrukturausgleich jetzt Fonds, und dafür wird er endlich ordentlich gemacht, und das, meine Damen und Herren, ist auch gut so.

(Beifall der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Der Risikostrukturausgleich – nichts anderes ist der Fonds – ist eine elementare Voraussetzung dafür, dass das, was gerade die FDP immer haben möchte, nämlich Wettbewerb im Gesundheitswesen, überhaupt sachgerecht möglich ist. Wettbewerb im Gesundheitswesen kann in keinem Fall ein Wettbewerb um die Gesunden sein. Jetzt wird eine Versicherung, die besonders viele schwer chronisch Kranke hat, z. B. Diabetiker, über kurz oder lang unglaublich teuer werden, wenn sie nur Kranke versichert. Krankenversicherungen sind im ökonomischen Wettbewerb gehalten, möglichst nur Gesunde zu haben. Dann haben sie nämlich keine Ausgaben. Das ist offenkundig unsinnig. Das ist offenkundig Blödsinn. Krankenversicherungen sind für eine ordentliche Versorgung der Menschen da. Deshalb muss man genau diese Motivation ausschalten. Deshalb gibt es den Risikostrukturausgleich. Deshalb wird er jetzt endlich vernünftig gelöst,was – auch das will ich gern zugeben – viel zu lange gedauert hat, weil sich die Union über lange Zeit der rot-grünen Bundesregierung verweigert hat, an dieser Stelle überhaupt konstruktiv mitzuarbeiten.Auch das ist ein Erfolg und ein Erfolg des Fonds.

Meine Damen und Herren, mehr steckt in diesem Fonds beim besten Willen nicht drin. Das kann man auch nicht größer machen, als es ist. Wenn jetzt jemand erzählt, dieser Fonds würde die Finanzierungsprobleme nicht lösen, ist dies richtig. Das tut er nicht. Dafür ist er auch nicht da, weil nämlich die Frage der Neugestaltung der Finanzierungssysteme in der Großen Koalition nicht geklärt wurde, weil zwei grundsätzlich unterschiedliche Auffassungen einander gegenüberstehen. Das haben wir doch heute in epischer Breite hier schon gehört. Deshalb ist es völlig abwegig, zu beklagen, dass der Fonds – auf einmal eine plötzliche Erkenntnis – dies nicht leisten würde. Dafür war er niemals da.

Nein, meine Damen und Herren, wichtig ist ein guter, funktionstüchtiger Risikostrukturausgleich, der dafür sorgt, dass sich Krankenkassen um Kranke bemühen und nicht um Gesunde, dass sie sich um die Versorgung von Kranken bemühen und nicht darum, möglichst keine Kranken zu versichern. Genau das wird mit der gegenwärtigen Regelung jedenfalls deutlich besser erreicht als in der Vergangenheit. Dass das nicht hundertprozentig klappt, wusste jeder vorher und weiß heute jeder. Wer einen ökonomischen Wettbewerb der Krankenkassen haben will,muss einrechnen,dass dieser Faktor niemals hundertprozentig eliminiert werden kann. Aber wenigstens

kommen wir jetzt ein ganzes Stück weiter als in der Vergangenheit.

Dann kommen wir zu der aktuellen Debatte. Ich habe mit großem Interesse die zeitlichen Abläufe gesehen.Der Antrag, den die FDP-Fraktion heute gestellt hat, ist nicht ganz neu. Er stand nämlich am 17. Januar schon im Deutschen Bundestag zur Debatte, und am 15. April wurde er hier eingebracht, pikanterweise fünf Tage nach der Veröffentlichung des Wille-Gutachtens zum Fonds, interessanterweise unter völliger Missachtung genau dieses Gutachtens. Das ist das, was der aktuelle Streit ist: Wir Hessen werden angeblich gebeutelt.

Schauen wir uns jetzt noch einmal genau an, wovon da die Rede ist.Wir reden über § 272 SGB V. Der sieht vor, dass Länder, die besonders hohe Ausgaben haben und die deshalb mit der Einführung des Fonds einen Zusatzbeitrag erheben müssten, einen Ausgleich bekommen. Es ist die hessische Überteuerung, die Tatsache, dass die Ausgaben in Hessen höher sind als woanders – in Bayern und in Baden-Württemberg noch viel schlimmer –, die dazu führt, dass wir einen Ausgleich bekommen sollen, weil wir höhere Ausgaben haben, und die Sachsen, die es offenkundig so dicke haben, haben ein Gesundheitswesen, das deutlich preiswerter ist.Von denen würden jetzt 300 oder mehr Millionen zum Ausgleich in reiche Bundesländer fließen.

Meine Damen und Herren, da haben Herr Wille und Herr Wasem allerdings recht. Das ist wirklich ein Gedanke, der einer solidarischen Krankenversicherung zutiefst fremd ist, wie überhaupt die Vorstellung dieses Regionalausgleichs der solidarischen Krankenversicherungen zutiefst fremd ist. Tatsächlich findet nämlich die Verteilungskorrektur innerhalb der Regionen statt. Das, was in einer bestimmten Region mehr erwirtschaftet wird, führt dazu, dass dort das Gesundheitswesen schon seit Langem eher höhere Ausgaben hat. Jetzt schaffen wir einen völlig wesensfremden Kreuz- und Quertransfer, indem wir eine völlig abwegige Kategorie, nämlich diesen vermeintlichen Ausgleich zwischen Ländern, aber nur auf der Ausgabenseite und nicht in der Gesamtkonstruktion, einführen.

Das Ganze ist, mit Verlaub, grober Unfug. Es ist nur deshalb drin, weil auf den letzten Drücker Herr Stoiber zu der Erkenntnis kam, er müsse dort irgendetwas tun, damit er etwas für Bayern getan hat; und weil in Bayern demnächst Landtagswahl ist, gibt es in Bayern eine große Aufregung über den Fonds, und alle plappern es nach. Das müssen wir hier nicht tun.

(Michael Boddenberg (CDU):Aha!)

An einer Stelle möchte ich allerdings Herrn Schaus entschieden widersprechen.

(Michael Boddenberg (CDU): Nein!)

Ich finde es überhaupt nicht begrüßenswert, dass wir in diesem Landtag so lange über bundespolitische Themen reden. Ich finde das im Gegenteil sehr bedauerlich. Herr Rentsch, die Tatsache, dass Sie den Setzpunkt zur Gesundheitspolitik allein mit einem Thema gefüllt haben, das kein landespolitisches ist, ist bedauerlich.

Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, Herr Rentsch, nach den Alternativmöglichkeiten zu schauen und nachzusehen,was eigentlich das FDP-Landtagswahlprogramm für die Landespolitik in den Gesundheitsfragen vorsieht. Wenn man den umfänglichen Teil zu bundespolitischen Themen, die uns hier nun einmal doch deutlich weniger betreffen, weil die an anderer Stelle zu diskutieren und zu

entscheiden sind, einmal weglässt, stellt man auf einmal fest, Herr Rentsch, dass sozialliberale Kooperation geradezu der Königsweg ist, um das Gleichgewicht zwischen Fürsorge und Freiheit in hessischer Gesundheitsversorgung hier bei uns zu erreichen.

(Florian Rentsch (FDP): Jetzt kriege ich aber Angst!)

Da steht drin, Sie wollten mehr Hilfe zur Selbsthilfe. Ja, Herr Rentsch, das würde ich gern mit Ihnen gemeinsam machen, nämlich die Selbsthilfe stärken. Die SPD-Fraktion hat im letzten Jahr einen großen Selbsthilfetag gemacht, den Andrea Ypsilanti eröffnet hat. Sie sehen, das Thema hat bei uns eine große Bedeutung.

Dann kommt das Thema Prävention und Vorsorge, damit Menschen in der Lage sind, sich eigenverantwortlich um ihre Gesundheit zu kümmern.Auch da gäbe es viel zu tun. Es waren Frau Lautenschläger und Ihre Landesregierung, die das Präventionsgesetz zu Fall gebracht haben. Vielleicht würden wir für Hessen gemeinsam da eine Stärkung erreichen.

Dann sprechen Sie von der Stärkung der Palliativmedizin. Wenn ich an die Debatte vom letzten Jahr zurückdenke, wo wir genau das mehrfach diskutiert haben, kann ich mich entsinnen, dass es gerade auf der Ebene zwischen der FDP, den GRÜNEN und uns eine hohe Übereinstimmung in der Frage gab, wie der Bereich der Palliativmedizin verbessert werden kann.

Oder reden wir von der Stärkung der Familie, wenn sie Pflege übernimmt. Reden wir von der erweiterten Honorarverteilung. Meine Damen und Herren, da gab es das Phänomen – das hätte früher keiner geglaubt –, dass ein sozialdemokratischer Gesetzentwurf insbesondere von der FDP an dieser Stelle Zustimmung erfuhr. Möglicherweise ist auch das ein Thema, das wir landespolitisch angehen können und müssen, an dem wir gemeinsam arbeiten können.

Sie beklagen die Regressforderung. Auch hier bin ich mit Ihnen in dieser Sorge einig, dass wir dafür sorgen müssen, dass unsinnige und falsche Regressforderungen keinesfalls eintreten dürfen, wie überhaupt das Thema Selbstverwaltung ein wichtiges ist, wir aber in der Frage der Selbstverwaltung wie in der Klärung der Budgetüberschreitungen deutlich mehr Effizienz brauchen. Da sind wir uns, glaube ich, völlig einig, dass im Umgang mit der KV und in der Frage der Berechnung der Arzthonorare diese Landesregierung vor eineinhalb Jahren ein geradezu katastrophales Bild abgegeben hat. Ich bin sicher, da hätten wir gemeinsam aus durchaus unterschiedlichen Blickwinkeln ein hervorragendes und deutlich besseres Ergebnis erreicht und viele der Sorgen,gerade der niedergelassenen Ärzte, um ihr Honorar, aber auch die Angst vor Bankrott und Pleiten ganz anders abwenden können, wenn man die landespolitische Aufgabe – ich rede nur von der landespolitischen Aufgabe, eine Selbstverwaltung einer vernünftigen Kontrolle zuzuführen – gemeinsam gestaltet hätte.

Wenn ich sehe, wie die Befürchtungen angesichts des EBM 2008 sind, dann sage ich Ihnen allerdings: Da sollten wir dringend etwas tun.Warum sollte es jetzt gleich funktionieren, wenn es in der Vergangenheit nicht funktioniert hat? Herr Rentsch, vielleicht wäre eine Ausrichtung auf landespolitische Fragestellungen viel sinnvoller. Sie stellen fest, da gibt es große Übereinstimmungen.

Ambulant vor stationär – ja, genau das. Flächendeckende Sicherung der ambulanten Versorgung, bessere Nachbetreuung und eine Weiterentwicklung der Krankenhauskonferenzen – Herr Rentsch,wir wollten schon in der vorletzten Legislaturperiode im Krankenhausgesetz eine Stärkung der regionalen Konferenzen als Vernetzungsinstitution auch über den Krankenhaussektor hinaus. Ich glaube, auch an der Stelle würden wir sehr schnell zusammenkommen, wenn es darum geht, die Kooperation ambulant/stationär im Dienste der Leistungserbringer, aber gleichermaßen im Sinne der Patienten zusammenzubringen.

Wenn Sie dann das Belegärztesystem stärken wollen: In meinem Landkreis Marburg-Biedenkopf gibt es ein hervorragendes Belegkrankenhaus. Das ist nicht nur eine Frage der ökonomischen Situation, sondern eine Frage der Patientenzentriertheit der Medizin.Das ist der einzige Ort, an dem die Kooperation ambulant/stationär so gut funktioniert, dass der Patient tatsächlich im Mittelpunkt steht und nicht die Institution. Auch an der Stelle finden wir große Übereinstimmungen.

Das Gesundheitswesen ist eine Wachstumsbranche. Sie bietet für Hessen große Optionen in der Wirtschaftsentwicklung, aber auch auf dem Arbeitsmarkt. Das Land Nordrhein-Westfalen hat vor einigen Jahren einen Masterplan Gesundheitswirtschaft vorgelegt, um diesen Zukunftsbereich zu stärken. Herr Rentsch, lassen Sie mich das noch einmal sagen: Eine sozialliberale Kooperation in diesen Fragen – das sollten wir doch einmal in Ruhe miteinander besprechen – wäre der Königsweg zur Steigerung von Wirtschaftlichkeit und Effizienz und zur Zusammenführung der Fürsorge wie der Wirtschaftlichkeitsforderung im Gesundheitswesen. Das ist eine landespolitische Perspektive, und die können und sollten wir gemeinsam angehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Axel Wintermeyer (CDU): Amen!)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Dr. Spies. – Ich erteile Herrn Kollegen Rentsch das Wort für eine Kurzintervention.