Protokoll der Sitzung vom 14.05.2008

Natürlich führt es zu Erbschaftsteuerausfällen in der genannten Größenordnung.Aber in der ersten Phase ist das zu kompensieren, wenn wir uns endlich einmal dazu durchringen können, uns von bestimmten Teilen unseres Landesvermögens zu trennen. Reden wir nur über die Naussauische Heimstätte oder andere Vermögenswerte. Damit können wir die ersten zwei oder drei Jahre wunderbar überbrücken.

(Beifall bei der FDP)

Danach wird sich das auch wieder rechnen, weil die Abschaffung der Erbschaftsteuer in der Tat eine echte Wirtschaftsförderung und damit auch eine echte Sozialpolitik zur Schaffung von Arbeitsplätzen ist.

(Beifall bei der FDP)

Es rechnet sich für das Land Hessen, weil Unternehmerinnen und Unternehmer das Land Hessen als Standort wählen werden, wenn wir hier den richtigen Weg gehen.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist leider zu Ende.

Daher kann ich die hier vorgetragene Kritik in keinster Weise mittragen und muss sie auf das Entschiedenste zurückweisen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Blum. – Als Nächster erhält für die CDU-Fraktion der Kollege Reif das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wider Erwarten bin ich von einer Erbschaftsteuer nicht betroffen, wenigstens nicht direkt.

Ein Vorbemerkungen zu Ihnen, Herr Blum. Ich gestehe Ihnen zu, dass Substanzsteuern immer problematisch sind, weil sie im Grunde genommen unter einem stetigen Rechtfertigungsdruck stehen.

Eine weitere Bemerkung zu den Ausführungen des Kollegen Kaufmann. Herr Kollege Kaufmann hat sich hier als einer der ganz wenigen Steuersenker profiliert. Er ist prädestiniert, in einer Jamaikakoalition als Finanzminister zu fungieren,weil er glaubwürdig nachweisen konnte,dass er mit seiner Partei nie in die Verlegenheit gekommen ist, Steuern zu erhöhen.

(Heiterkeit – Beifall bei der FDP und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Kaufmann, ich rate Ihnen, einmal in ein richtiges Bündnis einzutreten, damit Sie endlich in die Verlegenheit kommen, dem, was Sie hier als Evangelium zu verkünden versuchten, standhaft zu widerstehen.

(Heiterkeit)

Spaß beiseite. Ich glaube, wir sollten uns bei diesem Thema einigen Wahrheiten stellen. Eine der Wahrheiten ist, dass eine direkte Steuerlast nur durch Leistungsträger entsteht.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir als Vertreter des Staates, die bestimmen, wie hoch eine Steuer ist, diesen Leistungsträger aus seiner Sicht ungerecht behandeln, dann wird er seine Leistungskraft entweder minimieren, oder er wird sie verlagern. Entweder verlagert oder verschiebt er sie innerhalb des Gebietes, in dem er sich bewegt, oder er verlagert sie an einen Ort, von dem er den Eindruck hat, dass er dort weniger zahlen muss als das, was man ihm hier abverlangt.

Eine nächste Vorbemerkung. Wir alle wissen, Geld ist scheu wie ein Reh. Diese alte Lebensweisheit gilt auch und gerade im Zusammenhang mit Vermögen, die auf die nächste Generation vererbt werden. Geld und Vermögen suchen sich in einer globalisierten Wirtschaftswelt immer die optimalen Bedingungen zur Vermehrung, also auch die optimalen Steuerbedingungen. Ob wir das gut finden oder nicht, es ist aus der subjektiven Betrachtung derer, die etwas zu versteuern bzw. etwas zu vererben haben, so, und sie ziehen so die entsprechenden Konsequenzen daraus.

Diese Bedingungen sind sehr individueller Natur. Das wissen wir alle. Deshalb plädiere ich dafür, dass wir uns das bewusst machen. Ich spreche jetzt nicht von der „normalen“ Erbschaftsteuer, die auf Geldvermögen erhoben wird. Mein Thema ist das Vermögen, das als Betriebsvermögen übertragen wird, das in vielen Unternehmen in den Händen qualifizierter Nachfolger bleiben muss; denn unser Land lebt davon, dass unternehmerischer Geist in Familien nicht nur vererbt, sondern auch übertragen wird. Wenn wir die Wahrheit zur Kenntnis nehmen, dass in unserem Land etwa 80 % der Arbeitnehmer von mittelständischen Unternehmen beschäftigt werden, dann müssen wir diese Wirtschaftskraft, diesen unternehmerischen Geist, diesen Entrepreneurial Spirit, tunlichst weiterhin pflegen und in Deutschland erhalten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Verehrter Herr Staatssekretär Arnold, damit bin ich bei dem Beispiel, das Sie hier angeführt haben.Wenn man ein Unternehmen mit 10 Millionen c Umsatz betrachtet, das eine Umsatzrendite von 10 % macht, sprich 1 Million c, dann ist Ihre Rechnung – ich habe sie geprüft – exakt und in Ordnung. Sie haben aber einen Fall vergessen. Sie haben vergessen, dass der, der dieses Unternehmen übernimmt, unter Umständen eine Schwester oder einen Bruder hat, die bzw. der an dem Unternehmen nicht interessiert ist.Was macht der, meine sehr verehrten Damen und Herren? Der Bruder bzw. die Schwester sagt: Lieber Freund, der du das Unternehmen übernehmen willst, du übernimmst hier einen Vermögenswert von 10 Millionen c;ich hätte gerne die Hälfte davon.– Dann hat dieser zunächst einmal 5 Millionen c zu zahlen.

(Zuruf des Staatssekretärs Dr.Walter Arnold)

Aber die Realität ist so, wie sie ist.Wieso soll der, der die 10 Millionen c bekommen hat, auf diese 5 Millionen c verzichten? Ich glaube, er wird dies wohl nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss Ihrer Rede.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,wichtig ist,dass wir in diesem Zusammenhang darüber sprechen, dass die Behaltensfrist eine Möglichkeit bietet, pro rata temporis angewandt zu werden.

Wir müssen uns folgende Punkte klarmachen. Erstens. Wir müssen in unserem Land die Bedingungen schaffen, dass die Unternehmen weiterhin erfolgreich wirken können. Im Ausland nutzen sie uns nichts. Zweitens. Die Arbeitsplätze dieser Unternehmen müssen im Lande bleiben, denn im Ausland nutzen sie uns nichts. Drittens. Das gesamte Steueraufkommen, nicht nur aus der Erbschaftsteuer, das die Unternehmen generieren, muss im Land bleiben, denn im Ausland nutzt es uns nichts. Deshalb rate ich zu einem sehr, sehr sensiblen Umgang mit diesem Thema.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Kollege Reif. – Das Wort erhält der Abg. Kaufmann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es mir nicht verkneifen, noch einmal hier nach vorne zu kommen und dem Kollegen Blum ganz herzlich zu danken. Herr Kollege, eine bessere Charakterisierung der FDP als die Ihrige gelingt kaum.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wollen nämlich Sozialwohnungen verkaufen, um Villen steuerfrei vererben zu können. Das passt genau zu

dem,was Ihre Partei fordert.Das haben Sie hier eben vorgetragen.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das Land soll die Nassauische Heimstätte verkaufen, damit die Erbschaftsteuer für Großgrundbesitzer abgeschafft werden kann, aber kein finanzieller Verlust eintritt. Das ist die Linie der FDP. Das muss man nur überall verbreiten. Mehr braucht man eigentlich nicht zu tun.

Dann ist es eigentlich auch nicht verwunderlich, dass jemand, der das so sieht, Einnahmen in Höhe von 422 Millionen c als „Bagatelle“ bezeichnet. Ich verstehe diesen Betrag nicht als „Bagatelle“ für das Land Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Rechnen Sie einmal aus,wie viele Lehrer mit diesem Geld bezahlt werden könnten. Mit so vielen zusätzlichen Lehrern hätten wir fast alle Probleme im Schulbereich gelöst. Stellen und Geld hätten wir auf jeden Fall genug,wenn wir um einen solchen Betrag streiten.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Wir haben ihn doch!)

Der Kollege Blum weiß gar keinen anderen Rat, als unser Steuersystem mit dem der Schweiz zu vergleichen. Natürlich sieht die Schweizer Steuergesetzgebung grundsätzlich anders aus, und zwar von Kanton zu Kanton. Da geht es nicht nur um die Erbschaftsteuer, sondern auch um die Einkommensteuer und um vieles andere. Im Übrigen entscheidet in der Schweiz das Volk selber über solche Vorlagen,in manchen Kantonen sogar noch durch das Anheben der Säbel.

(Heiterkeit)

Das ist nicht ganz die Art von Demokratie, die wir bei uns pflegen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Was haben Sie gerade in der Hand?)

Aber, Herr Kollege Blum, warum empfehlen Sie eigentlich das System der Schweiz? Seien Sie doch ganz ehrlich, und sagen Sie gleich, wir sollten es wie in Liechtenstein machen. Das passt dann wenigstens zusammen.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, da kann man doch nur fragen: Wo ist Ihre Partei eigentlich hingekommen? Ich habe mir, wie ich es immer gerne tue, für diese Debatte die Freiburger Thesen mitgebracht.Da steht zu viel drin,als dass man das alles in der kurzen Redezeit vortragen könnte. Das wird mir selbst der Kollege Hahn zugestehen. Unter dem Punkt „Abgabepflichtige Vermögensteile“ finden wir Folgendes: Es wurde damals ein durchgestaffelter Tarif vorgeschlagen. Bei 6 Millionen DM Vermögen sollte der Steuersatz 22 % betragen; das ist sozusagen die Progression. Für alle darüber hinausgehenden Beträge wird ein Steuersatz von 75 % angewandt.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sind die Freiburger Thesen der FDP. Wohin sind Sie gekommen? – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Abg. Kaufmann. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.