Protokoll der Sitzung vom 15.05.2008

Herr Kollege Rentsch, hatten Sie sich auch gemeldet?

(Florian Rentsch (FDP): Wir sind mit dem Vorschlag einverstanden!)

Herr Kollege Kahl, zur Geschäftsordnung.

Herr Kollege Wintermeyer, da Sie das letzte Mal gesagt haben, wir sollten vorher vereinbaren, ob die entspechenden Anträge in den Ausschuss kommen oder nicht: Wir haben Sie in dieser Debatte, als wir schon einmal direkt abgestimmt haben, frühzeitig informiert. Jetzt, in einer Situation, in der beispielsweise eine Fraktion gesagt hat, dass sie zu einem Fototermin in der Mittagspause draußen ist, diesen Antrag zu stellen, halte ich in dem Zusammenhang schon für ein starkes Stück. Damit würden alle Vereinbarungen, die zwischen den parlamentarischen Geschäftsführern getroffen wurden, hinfällig werden.

Ich beantrage, dass der Fraktion DIE LINKE mitgeteilt wird, dass jetzt hier abgestimmt werden soll, und bitte um Unterbrechung der Sitzung.

(Lachen bei der CDU)

Wir können auch Ältestenrat beantragen, wenn Sie es wollen.

Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung? – Herr Kollege Wagner.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Zweimal derselbe geht nicht! – Axel Wintermeyer (CDU): Das geht nicht!)

Frau Präsidentin, ich habe mich zur Geschäftsordnung gemeldet und beantrage eine Sitzung des Ältestenrates.

Herr Kollege Wintermeyer, ich erteile Ihnen noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin, wir würden dem Vorschlag des Kollegen Wagner folgen und den Antrag nicht stellen.

(Lachen bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Kann ich dem jetzt entnehmen, dass damit alle Geschäftsordnungsanträge zurückgezogen sind und wir, wie von

mir vorgeschlagen, die Anträge zur weiteren Beratung an den Haushaltsausschuss überweisen? – Dann verfahren wir so und treten jetzt in die Mittagspause ein.

Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr.

(Unterbrechung von 14.04 bis 15.02 Uhr)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie zum letzten Abschnitt dieser Plenarwoche begrüßen.

Ich weise darauf hin, dass zu Tagesordnungspunkt 20,Antrag der Fraktion der FDP betreffend erneuerbare Energien in Hessen ausbauen: Absatz von Biokraftstoffen nicht gefährden, ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, Drucks. 17/201, eingegangen ist und auf den Plätzen verteilt wurde.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP für ein Elftes Gesetz zur Änderung des Hessischen Abgeordnetengesetzes – Drucks. 17/139 –

Hierzu wird der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 17/189, aufgerufen.

Als erster Redner hat Herr Wintermeyer für die CDUFraktion das Wort. Sie haben Gelegenheit, den Gesetzentwurf einzubringen. Es ist eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir legen heute einen Gesetzentwurf vor, in dem es erstens um eine Diätenerhöhung um 0,44 % geht, die auf dem Ergebnis des Angemessenheitsberichts des Landtagspräsidenten beruht, und der zweitens einen Systemwechsel beinhaltet, indem wir am Anfang jeder Legislaturperiode über die Diätenerhöhung in nachvollziehbarer, transparenter und vor allen Dingen an die Nettolohnentwicklung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmer Hessens angepasster Weise entscheiden.

(Beifall bei der CDU)

Mit diesem Gesetzentwurf steigen die Diäten nicht automatisch, sondern sie können auch fallen. Es wird vielfach verkannt, dass die Abgeordneten des Hessischen Landtags mit diesem Gesetzentwurf und mit diesem Systemwechsel, der Koppelung der Diätenanpassung an die Nettolohnentwicklung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, nicht tief in die Taschen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler greifen. Das muss man sehr positiv würdigen.

(Beifall bei der CDU)

Wir alle wissen, dass die Entwicklung der Abgeordnetendiäten sehr unterschiedlich verläuft. Ich möchte gern die Bemerkung des Kollegen Frank Lortz aus der letzten Debatte über dieses Thema aufgreifen. Vor etwa 20 Jahren entsprach die Höhe der Diäten in etwa der Vergütung eines Abteilungsleiters der Besoldungsgruppe B 5. Inzwischen sind die Diäten auf einen Betrag unterhalb der Besoldungsgruppe B 3 gefallen, was der Vergütung des Leiters einer kleineren Abteilung in einem Ministerium entspricht.

Damit es die Menschen draußen noch besser verstehen: Während der letzten 20 Jahre hat sich das inflationsbereinigte Nettoeinkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmer Hessens um 20 % erhöht. Die Abgeordnetendiäten sind im gleichen Zeitraum inflationsbereinigt um 6 % gesunken.

Wenn man diese Tatsache zur Kenntnis nimmt, hätte man es genauso machen können wie die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und die Diäten an das Einkommen eines Richters an einem obersten Gericht oder an sonstige Gehälter öffentlich-rechtlicher Bediensteter anpassen können.

Nein, wir wollen den Angemessenheitsbericht des Präsidenten umsetzen, der eine Diätenerhöhung um 0,44 % – das sind 28 c – vorschlägt. Deswegen finden wir, dass dieser Gesetzentwurf, den wir heute in erster Lesung beraten, klug, sehr angemessen und für die Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland sicherlich richtungweisend ist.

Über Diätenerhöhungen oder Fragen der Altersversorgung müssen wir „Arbeitnehmer“ im Parlament selbst entscheiden. Das ist von der Verfassung so vorgegeben. Manchem von uns gefällt das nicht, aber wir können es nicht ändern. Der Bund der Steuerzahler, der zu diesen Themen immer etwas Negatives zu sagen hat, hat zumindest positiv anerkannt,dass eine Erhöhung der Diäten um 0,44 % okay ist. Er hat aber davon gesprochen, dass der Systemwechsel verfassungswidrig sei, und verweist wider besseres Wissen auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichts,das sich mit einem ganz anderen Sachverhalt auseinandergesetzt hat, nämlich mit der saarländischen Regelung. Die saarländischen Kollegen wollten damals – zu Unrecht, wie meine Fraktion und ich finden – die Entscheidung über eine Diätenerhöhung an das Präsidium delegieren. Das tun wir nicht.Am Anfang einer jeden Legislaturperiode werden wir hier über die Frage von Diätenerhöhungen reden.Wir entscheiden uns hier und heute dafür, dass wir die Diäten an die Nettolohnentwicklung – ob sie steigt oder fällt – der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Hessens anpassen.

Lassen Sie mich nur kurz auf den Änderungsantrag der GRÜNEN eingehen. Wir haben über diese Thema schon im letzten Jahr ziemlich lange diskutiert und alle Argumente ausgetauscht. Die neue Regelung betreffend die Nebeneinkünfte der Abgeordneten, die wir damals eingeführt haben, gilt nun seit fünf Wochen. Es geht dabei nicht um die Aufdeckung von zusätzlichem Einkommen, also um blanken Voyeurismus, sondern es geht um die Aufdeckung von Interessenkonflikten bei Abgeordneten. Die CDU-Fraktion hält es für wirklich unangebracht, wenn wir diese Bestimmung nach fünfwöchiger Geltung schon wieder ändern würden, obwohl wir noch nicht wissen, ob sie gut funktioniert, ob sie möglicherweise schlecht funktioniert. Deswegen werden wir diesem Antrag nicht zustimmen.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Präsident, ein letzter Satz: Politik muss wieder populärer werden, aber nicht populistischer. Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten einen Satz aus der „Frankfurter Rundschau“ zitieren:

Der Landtag geht einen weiteren Schritt in einer Reihe kluger Entscheidungen in eigene Sache. In der vorherigen Wahlperiode hat er die Pflicht eingeführt, Nebenverdienste anzugeben auf Heller und Cent und nicht nur die Einkommensklassen,

wie in Berlin. Nun macht auch das neue Diätengesetz die Finanzen der Abgeordneten durchschaubarer.

Der Artikel in der „Frankfurter Rundschau“ endet mit den Worten: „Dass die Diätendebatten im Landtag seltener werden, ist kein Nachteil. So bleibt dem Parlament mehr Zeit, um die wirklichen Probleme Hessens anzugehen.“ Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Herr Wintermeyer. – Als Nächster hat Herr Rentsch für die FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die eigenen Bezüge selber zu regeln, gehört sicherlich zu den heikelsten Aufgaben der Parlamentarier, wie die „FAZ“ aus meiner Sicht völlig zu Recht sagt. Wir haben jedes Jahr die gleiche schwierige Diskussion: Was ist angemessen? Was ist nicht angemessen? Andere Berufsgruppen können nicht über ihre Gehälter bestimmen, und das macht es sicherlich insgesamt sehr schwierig.

Diese Diskussion verbraucht immer sehr viel politische Energie. Auch in diesem Hause ist das sehr, sehr lange so gewesen.Deshalb haben wir uns gemeinsam entschlossen, einen Gesetzentwurf einzubringen, der aus meiner Sicht sehr transparent und maßvoll ist und klar sagt:Wir als Parlamentarier drücken uns nicht darum, diese Entscheidung selbst zu treffen. Das, was wir vorgelegt haben, orientiert sich an der allgemeinen Einkommensentwicklung. Das bedeutet, dass unsere Diäten mit der Entwicklung der Einkommen der Bevölkerung korrelieren.

Ich glaube, das ist einerseits ein Anreiz, dafür zu sorgen, dass es den Menschen in Hessen gut geht; denn dann geht es auch den Abgeordneten in Hessen gut. Andererseits kann dieser Gesetzentwurf dazu führen, dass wir weniger bekommen; denn wenn wir unsere Arbeit so machen, dass die Einkommensentwicklung in Hessen negativ ist, wird sich das auch in den Abgeordnetendiäten niederschlagen. Ich glaube, es ist richtig, diesen Schritt zu gehen.

(Beifall bei der FDP)

Nachdem ich die Presseberichterstattung in den letzten Tagen gelesen habe, muss ich feststellen: Ich kann mich nicht daran erinnern – das kann auch daran liegen, dass ich dem Parlament noch nicht so lange angehöre –, dass eine solche Diskussion früher relativ positiv begleitet worden ist. Es ist nicht üblich, dass ein Parlament für eine solche Entscheidung von der Presse vielfache Zustimmung erfährt. Der Bund der Steuerzahler hat klar erklärt: Ja, das ist ein Schritt, den man so gehen kann. – Das ist kein schlechtes Zeichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben vielleicht aber auch deshalb mit der Debatte etwas Glück gehabt, weil sich die Mitglieder des Deutschen Bundestages in diesen Tagen einen weiteren Schluck aus der Pulle genehmigt haben.Wir reden in Hessen über eine Erhöhung von 0,44 %, also von 28 c. Dagegen bedeutet die Erhöhung um 6 %, die im Deutschen Bundestag vorgesehen ist, zusätzliche 490 c. Das ist sicherlich auch der Punkt, an dem viele Menschen merken, dass das, was wir in Hessen machen, angemessen ist. Für das, was im Deutschen Bundes

tag passiert, haben nur die wenigsten Bürgerinnen und Bürger in diesem Land Verständnis.

(Beifall bei der FDP)

Die Erhöhung der Diäten wird im Bundestag in einem Eilverfahren durchgepeitscht. Ich sage noch einmal, dass eine Erhöhung um 490 c nun wirklich kein Pappenstiel ist. Wenn man sich vor Augen führt, welche anderen Diskussionen zurzeit geführt werden, z. B. im Zusammenhang mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Rentnerinnen und Rentnern, kann man wirklich nur sagen: Wenn auf der Bundesebene solche Politik gemacht wird,brauchen wir uns auch auf der Landesebene nicht zu wundern, dass die Menschen irgendwann sagen: Das, was die in Berlin machen, ist völlig fern von dem, was die Bevölkerung braucht. Wir entfernen uns immer mehr von der Politik.