Reinhard Kahl

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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In aller Sachlichkeit: Der Gesetzentwurf, den wir heute beschließen wollen, geht davon aus, den Bürgschaftsrahmen auszuweiten, „insbesondere zur Stabilisierung von infolge der Finanzmarktkrise besonders betroffenen Unternehmen“. Es geht nicht nur um Opel. Es geht auch um Opel, es geht aber auch um eine ganze Reihe anderer Firmen in dieser schwierigen Situation. Das wollen wir erst einmal als Grundsatz festhalten.
Zweiter Punkt. Jede einzelne Entscheidung, in der es um einen Bürgschaftsrahmen geht, der oberhalb von 25 Millionen c liegt, ist eine Einzelfallentscheidung, und zwar eine Einzelfallentscheidung unter Beteiligung des Parlaments, und das heißt in der Zwischenzeit zwischen zwei Legislaturperioden, unter Beteiligung des ständigen Ausschusses, also des Hauptausschusses.
Herr Kollege Hahn, wenn Sie sich das noch einmal genau ansehen, können Sie dort eindeutig lesen: „Ein zustimmender Beschluss“, also wenn es um eine 25-Millionen-c-Bürgschaft für ein Unternehmen geht, „kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden.“ Aber dies kann man nur im Einzelfall entscheiden und nicht abstrakt.
Deswegen sollten wir bei dem Gesetzentwurf bleiben, ihn beschließen und dann in der konkreten Situation das als Auflagen beschließen, was notwendig und richtig ist – und nicht Ihren Antrag, der wegen mir an den Hauptausschuss überwiesen werden kann. Nur, der Hauptausschuss ist
heute Nachmittag, wenn der Landtag aufgelöst wird, als Hauptausschuss nicht mehr vorhanden.
Sie können keine Anträge an den ständigen Ausschuss überweisen. Diese Anträge unterliegen der Diskontinuität. Deswegen können wir ihn gern überweisen. Aber worum es geht, ist deutlich geworden: Wir werden in jedem Einzelfall entscheiden, mit welchen Auflagen Bürgschaften gewährt werden oder nicht gewährt werden, und dabei sollten wir bleiben.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Vielen Dank, Herr Kahl. – Als Nächster hat Herr Schaus für die Fraktion DIE LINKE das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wintermeyer, die Aufregung können Sie sich ein Stück weit schenken. Gestern Abend hat wohl auch ein Gespräch zwischen Herrn Gysi und Herrn Koch stattgefunden. Das haben wir nicht kritisiert.
Ach, das war ein Streitgespräch.Wunderbar.
Herr Kollege Wintermeyer, dieser Hinweis ging wohl wieder einmal völlig daneben.
Wir hatten hier gestern eine intensive Debatte über das Hüttendorf. Wir hatten am Ende der Debatte eine Abstimmung mit einem klaren Ergebnis. Der Landtag hat sich zu dem Hüttendorf klar geäußert. Herr Kollege Wintermeyer, wir hatten ganz klare Abstimmungen dazu.
Die große Mehrheit des Hessischen Landtags hat sich klar dazu geäußert und den Ziffern 1 und 2 Ihres Antrags zugestimmt.
Somit haben wir nichts zurückzunehmen. Das, was jetzt von Ihnen kommt, ist überhaupt nichts Neues. Wir haben uns klar dazu geäußert und deutlich gemacht, wie der Landtag dazu steht.
Jetzt hat die Stadt Kelsterbach von ihrem Recht Gebrauch gemacht, zu handeln. Das haben wir nicht zu kommentieren. Der Hessische Landtag hat gestern deutlich gemacht, wie er dazu steht.
Herr Kollege Wintermeyer, Ihnen geht es in dem Zusammenhang doch gar nicht um die Sache, das wissen wir sehr genau.
Aufgrund der Tatsache, dass der Hessische Landtag gestern mit großer Mehrheit einen klaren Beschluss gefasst hat, gibt es heute keine neuen Erkenntnisse, die es rechtfertigen, die Behandlung eines Dringlichen Entschließungsantrags auf die Tagesordnung zu setzen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf der Landesregierung hat nichts mit großer Regierungskunst zu tun,sondern ist weiter nichts als eine Notlösung. Ich will auch sagen, dass wir dem zustimmen werden, weil es nicht mehr anders geht.
Aber ich möchte doch noch einmal auf Folgendes hinweisen. Im Jahr 2005 hat der Landtag beschlossen, den Ermäßigungssatz für die Kreisumlage der Sonderstatusstädte zu reduzieren,weil durch Hartz IV die Verwaltung der Sozialhilfe wieder auf die Landkreise zurückfällt. Das hätte finanziell eine entsprechende Auswirkung gehabt, die man darstellen kann. Diese Regelung war aber innerhalb der kommunalen Familie stark umstritten. Es ging auch weiter um die Angemessenheit der Höhe des Ermäßigungssatzes von 50 % bei der Kreisumlage. Deshalb haben sich alle Beteiligten darauf geeinigt, dass der Landesrechnungshof dazu ein Gutachten erstellt. Deswegen hat
der Landtag damals zu Recht beschlossen, dieses Gutachten erst abzuwarten.Am 28.09.2006 lag das Gutachten der überörtlichen Prüfung vor. Es wurde weiterhin die Übergangsregelung verlängert. 2007 legte die Landesregierung sogar eine weitere Verlängerung der Übergangsregelung vor, und dieses Jahr geschieht das wieder.
Es ist schon erstaunlich, dass sich die Landesregierung bei einer solch wichtigen Frage immer nur darauf beschränkt, die Übergangsregelung wieder zu verlängern, und zwar von einer Verlängerung zur anderen. Deswegen muss doch einmal die Frage gestellt werden, welche zusätzlichen Informationen – zusätzlich zu dem Gutachten, das vorliegt – noch gebraucht werden, um hier endlich eine Regelung zu treffen. Dann kommt wahrscheinlich der Hinweis auf die Strukturreform des Kommunalen Finanzausgleichs. Ich will nur auf Folgendes hinweisen, Herr Finanzminister: Diese Strukturreform wurde auf der Kommunalkonferenz im Jahr 2006 angekündigt, aber bisher ist zu diesem Thema nichts passiert. Deswegen ist es eine Notlösung, die jetzt wieder in den Landtag eingebracht wird. Wir sehen dabei sicherlich keine andere Möglichkeit. Aber man muss festhalten, dass sie nach dem Gutachten daran hätten gehen müssen, das Problem zu lösen. Wenn Sie das im Rahmen einer Strukturreform des Kommunalen Finanzausgleichs machen wollen, dann müssen Sie auch damit anfangen, statt im Jahr 2006 eine große Ankündigung zu machen, und anschließend passiert nichts. Es kann ja nicht sein, dass wir bei dieser wichtigen Frage von einer Übergangsregelung zur anderen gehen. Das hat mit vernünftigem Regierungshandeln nur bedingt zu tun.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Hinblick auf die Finanzkrise brauchen wir schon einen sorgsamen Umgang mit den Sparkassen zur Sicherung der dritten Säule im Bankenwesen. Deswegen wäre es sinnvoll gewesen, die Anhörung in aller Ruhe auszuwerten und keine Schnellschüsse zu machen.
Denn was ist von dem Dringlichen Gesetzentwurf der FDP übrig geblieben, Herr Kollege Posch? – Außer der Überschrift nichts mehr.
Die Realität ist: Es ist ein völlig neuer Gesetzentwurf. – Meine Damen und Herren, das Land Hessen ist kein Träger von Sparkassen, höchstens indirekt bei der Fraspa. Deswegen wäre es eigentlich sinnvoll,nichts gegen die betroffenen Kommunen, den Sparkassenverband und die Beschäftigten zu tun.
Das wäre sinnvoll. Die Anhörung hat eindeutig gezeigt, dass das, was meine Fraktion vorgelegt hat, von den Kommunalen Spitzenverbänden, dem Sparkassenverband und den Beschäftigten mitgetragen worden wäre. Das spricht nicht für Ihren Gesetzentwurf, um das klar und deutlich auszudrücken.
Herr Kollege Reif, dass Ihre wiederholten Formulierungen gegen den Sparkassen- und Giroverband Ihnen in dem Bereich nicht nur Freunde gemacht haben, das wissen wir mittlerweile.
Wir haben uns trotz Bauchschmerzen in der Frage der Holding und der Stiftungssparkasse ein Stück bewegt. Ich kann nur jedem kommunalen Träger empfehlen, mit der Stiftungssparkasse sehr, sehr vorsichtig zu sein. Denn auf dieser Basis eine Stiftungssparkasse einzurichten,führt im Grunde genommen dazu, dass der öffentliche Auftrag verloren geht.
Jetzt zum Stammkapital.Wir sind natürlich dafür, dass das Stammkapital abgeschafft wird. Aber ich will sehr deutlich sagen: An keiner Stelle des Entwurfs bzw. der Begründung wird erläutert, was unter dem Begriff Trägeranteil zu verstehen ist.Der Begriff Anteil legt zunächst nahe, dass es sich um eine prozentuale Beteiligung an etwas handelt. Aber gleichzeitig wird gesagt: Gebildetes „Stammkapital kann... in Trägeranteile umgewandelt werden“.
Widersprüche über Widersprüche, alles andere als Klarheiten. Der schlimmere Teil ist im Grunde genommen die Frage der Übertragung von Sparkassen.Das ist total misslungen. Sie schreiben: „Dem Träger oder den Trägern der Sparkasse, deren Anteile übertragen werden, werden Anteile, Trägerschaften oder Mitgliedschaften an dem übernehmenden Träger gewährt.“ Mit anderen Worten:Angenommen, übernehmender Träger ist die Kommune A. Dem übertragenden Träger B können doch keine Anteile an der Kommune, keine Trägerschaft und natürlich keine Mitgliedschaft in der Kommune angeboten werden. Das ist total daneben, was Sie an dieser Stelle schreiben. Das wissen Sie im Grunde genommen auch.
Bei der stillen Einlage wird es noch schlimmer.Kann denn ein Träger einer Sparkasse stiller Gesellschafter eines anderen Trägers sein? Unmöglich, das geht nicht. In diesem
Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass die Frage der stillen Einlage alles andere als europatauglich ist.Wir haben in der Frage des gebildeten Stammkapitals sehr klar darauf hingewiesen, dass wir im Gesetzentwurf festhalten wollen, dass eine Veräußerung nicht möglich ist.Trotzdem haben Sie unseren Änderungsantrag abgelehnt.
Sie haben auch die Regelungen zur Mitbestimmung abgelehnt. Sie haben die Frage der Evaluierung abgelehnt. Im Klartext heißt das: Wir waren bereit, in diesen Fragen einen Kompromiss mitzutragen. Sie waren nicht bereit, das Stammkapital endgültig abzuschaffen, die Europatauglichkeit festzuhalten und die Mitbestimmung der Betroffenen zu regeln.Aus diesem Grund können wir nur sagen, dass wir diesen Gesetzentwurf ablehnen. Ein Gesetzentwurf zu den Sparkassen,der sich eindeutig gegen die kommunalen Träger stellt, ist kein guter.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Herr Kahl, vielen Dank. – Frau Wissler,jetzt haben Sie die Gelegenheit,für die Fraktion DIE LINKE das Wort zu ergreifen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im „Stadtgespräch“ des Hessischen Rundfunks vom 16.September dieses Jahres bezog Bruder Paulus Stellung zur Finanzpolitik. In der Zusammenfassung des Hessischen Rundfunks heißt es:
... Bruder Paulus forderte die Politik auf, „die Karten auf den Tisch zu legen“ und den Bürgern klar zu sagen, was tatsächlich finanzierbar sei. „Wir brauchen einen Kassensturz“. Viele Menschen hätten das Vertrauen in die Politik verloren und gingen deswegen nicht mehr wählen.
Aber auch das Vertrauen in Wirtschaft habe gelitten. „Es geht der Glaube verloren, dass für das Gemeinwohl gewirtschaftet wird“, sagte Bruder Paulus.
Den Aussagen und dem Vorschlag von Bruder Paulus können wir nur nachdrücklich zustimmen.
Jetzt kommen wir zurück zu Hessen. Die Informationspolitik des Finanzministers ist,um es nett auszudrücken,sehr selektiv. Wenn er in seiner Pressemitteilung vom 17. September sagt, er habe „heute erneut die Mitglieder des Haushaltsausschusses detailliert über die aktuelle Finanzund Haushaltslage Hessens informiert“, so ist dies noch nicht einmal die halbe Wahrheit. Mitgeteilt hat der Finanzminister lediglich das Ergebnis der Hochrechnung der Steuereinnahmen auf der Basis des Monats August, wobei er selbst immer wieder betont hat, dass dies eigentlich nur auf der Basis des steuerstarken Monats September seriös möglich ist. Nach Angaben des „Handelsblat
tes“ gehen die Steuerschätzer davon aus, dass gegenüber der Mai-Steuerschätzung das Steueraufkommen für dieses Jahr weiter steigt, und zwar um insgesamt rund 9 Milliarden c.
Wie ist die Situation? Alle anderen Bundesländer vermelden deutlich höhere Steuereinnahmen,nur Hessen hat ein Minus. Dies allein mit der Krise der Banken in Frankfurt zu erklären, ist nicht möglich.Während die Gewerbesteuereinnahmen in Frankfurt deutlich sprudeln, waren die Banken auch in den letzten Monaten und Jahren nicht die stärksten Steuerzahler. Deshalb muss man bezüglich des Steueraufkommens schon die Frage stellen: Warum steht Hessen so schlecht da?
Außerdem: keine Aussagen des Finanzministers zu weiteren Einnahmerisiken, keine Aussagen zu der Ausgabeentwicklung, dafür aber – ich kann es nur so nennen – mystische Aussagen zur Haushaltssperre, die noch im Juli wegen der Besoldungsanpassung erlassen wurde, von der es jetzt heißt:
Die aktuelle Entwicklung bei den Steuereinnahmen in Hessen belege eindrucksvoll, dass „wir einmal mehr das richtige Gespür hatten, als wir bereits im Juli eine Haushaltssperre ausgesprochen haben.“
Gespür, das scheint zu den Kriterien der Finanzpolitik in Hessen zu gehören.
Meine Damen und Herren, finanzpolitisch rächt sich nun, dass die CDU mit absoluter Mehrheit einen Haushalt für 2008 verabschiedet hat, der schon bei leichten Veränderungen zusammenbricht. Wer allein aufgrund der Mehrausgaben für die Besoldungsanpassung im Juli eine Haushaltssperre erlassen muss, beweist, dass sein Haushalt ein schlechter Haushalt ist.
Neben den vielen Ungereimtheiten zum derzeitigen Haushalt muss auch auf die gezielte Verschleppungsstrategie bei der Vorlage des Haushaltsentwurfs 2009 hingewiesen werden. Statt wie in der LHO festgelegt, den Entwurf im September vorzulegen, wird hier bewusst eine Verzögerungsstrategie betrieben, um die Fakten eben nicht auf den Tisch legen zu müssen.
Der Finanzplan der Regierung erweist sich wieder einmal als finanzpolitisches Märchenbuch, weil die darin verkündete Reduzierung der Neuverschuldung von 550 Millionen c im Jahr 2009 und 300 Millionen c in 2010 auf null Euro im Jahr 2011 nur durch globale Mehreinnahmen und globale Minderausgaben in Höhe von sage und schreibe insgesamt 1,45 Milliarden c möglich würde. 1,45 Milliarden c: Weiß man nicht, wie man sie einsparen soll oder wie sie zusätzlich eingenommen werden können? Das ist Ihre Realität.
Mit einer solch unseriösen Finanzpolitik – das muss man sagen – bleibt sich der Finanzminister zum Schaden des Landes Hessen treu. Diese Landesregierung hinterlässt einen wahren finanzpolitischen Scherbenhaufen. Die Bilanz der Finanzpolitik ist verheerend und durch folgende ganz klare Fakten gekennzeichnet.
Erstens. Diese Landesregierung hat das Vermögen des Landes in großem Stil verschleudert.
Das Vermögen des Landes wurde durch massive Verkäufe geschmälert. Die Gebäude müssen für dreistellige Millionensummen pro Jahr zurückgemietet werden, weil sie noch gebraucht werden. Über 2 Milliarden c werden durch Leo I und Leo II sowie weitere Verkäufe zur verdeckten Schuldenaufnahme. Mit den Verkaufserlösen werden eben keine Haushaltslöcher gestopft. Hessens Mietbelastung im Jahr 2008 ist gegenüber 1998 um mehr als 240 Millionen c angestiegen.
Damit ich nicht falsch verstanden werde:Den Verkauf unrentabler oder nicht mehr benötigter Immobilien gab es schon immer. Das ist im Einzelfall absolut vernünftig und begründbar. Roland Koch hat daraus allerdings einen Wettbewerb gemacht, bei dem es darum geht, möglichst schnell möglichst viele Gebäude auf den Markt zu werfen. Unter Roland Koch begann der Räumungsverkauf.Wenn auch noch das Immobilienpaket Leo III weg ist, hat das Land Hessen überhaupt kein nennenswertes Immobilienvermögen mehr.
Das ist unzweifelhaft eine verdeckte Neuverschuldung, die uns noch sehr teuer zu stehen kommen wird.Was – das frage ich – ist aus dem Grundsatz „Vermögen gegen Vermögen“ geworden? Daraus ist ein Ausverkauf mit hohen Mietkosten geworden. Das ist die Realität.
Zweitens. Diese Landesregierung steht für eine Rekordverschuldung nach der anderen und instrumentalisiert den Länderfinanzausgleich, um von den eigenen finanzpolitischen Fehlern abzulenken. Hessen hat derzeit etwa 33 Milliarden c Schulden zu tragen. Mehr als 10 Milliarden c gehen auf das Konto von Koch und Weimar.
Die drei höchsten Nettoneuverschuldungen – 2002 bis 2004 – gehen ganz klar ebenfalls auf das Konto dieses Finanzministers. In dem Zusammenhang kommt dann wieder die Mär von den hohen Zahlungen in den Länderfinanzausgleich
hören Sie bitte genau zu – als Ursache für die hohen Schulden.
Sie haben schon, als ich „Mär“ gesagt habe, aufgehört, zuzuhören.
Diese Mär ist falsch. Die Zahlungen in den Länderfinanzausgleich – das kann man Ihnen nur immer wieder sagen – korrelieren nicht positiv mit den Schuldenaufnahmen.
Was heißt das? Es ist festzuhalten, dass die Verschuldung nach oben ging, wenn die LFA-Zahlungen geringer waren, und umgekehrt. Das ergibt auch einen Sinn, da überdurchschnittlich hohe Steuereinnahmen zu hohen LFABeiträgen führen. Die Beiträge sind also hoch, wenn es dem Land relativ gut geht. Die hohen LFA-Beiträge Hessens müssen als Entschuldigung für die verfehlte Haushaltspolitik der Landesregierung herhalten. Das ist die Realität.
Keiner will bestreiten, dass die Belastungen des Landes Hessen durch die Zahlungen in den Länderfinanzausgleich enorm sind und man sich als Hesse wünscht, einen
großen Teil des Steuerkuchens, der im Land eingenommen wird, behalten zu können. Nur, meine Damen und Herren, dann muss man auch etwas dafür tun. Wir haben in diesem Zusammenhang ganz konkrete Vorschläge gemacht, die wir umzusetzen versuchen.
Drittens. Diese Landesregierung hat den wiederholten Verfassungsbruch zur finanzpolitischen Realität gemacht. Der Verfassungsbruch als finanzpolitisches Mittel zum Zweck: Fünfmal in Folge schoss unter Minister Weimar die hessische Verschuldung durch die Decke, die die Verfassung als Schuldenobergrenze vorgibt.
Dann wird getrickst und getäuscht – wir kennen das bereits –, um zu begründen, dass alles doch noch seine Ordnung hat. Keine noch so fintenreiche Umdefinierung des Investitionsbegriffs und auch nicht die Zuhilfenahme des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes täuschen darüber hinweg, dass Sie, Herr Minister Weimar, dafür gesorgt haben, dass sich Hessen verfassungswidrig bis über beide Ohren verschuldet hat.
Das Handeln dieser Landesregierung steht für eine ungebremste Ausgabenpolitik.Sie haben bei den Ausgaben des Landes viel zu oft zugelangt. Sie haben sich immer wieder über die Vorgaben des Finanzplanungsrats hinweggesetzt, der sagt, wie hoch die Ausgabensteigerung eines Bundeslandes pro Jahr sein sollte.
Von wegen Einsparungen – um es noch einmal ganz konkret zu sagen –: Zwischen 2001 und 2007 sind die Verwaltungsausgaben um 26,6 % gestiegen. Selbst nach Abzug der allgemeinen Teuerungsrate – das ist die Inflationsbereinigung – verbleibt ein Plus von 14,9 %. Dies zeigt deutlich,dass Hessen unter Ihrer Verantwortung auch ein Ausgabenproblem hat.
Dies lässt sich eigentlich nur durch den Spruch „Nach uns die Sintflut“ charakterisieren.
Diese Landesregierung ist für das Millionengrab SAP und für die Pannen bei LUSD und DOMEA verantwortlich. Gegenüber dem Haushaltsausschuss wurde im September 2007 als Kosten für das Gesamtprojekt NVS im Zeitraum bis 2010 eine Gesamtsumme von 670 Millionen c genannt.Wir dürfen getrost von deutlich höheren Kosten ausgehen; denn die Aufwendungen für die gleich zu Beginn gescheiterte Schulsoftware LUSD und das gegenwärtig immer noch nicht zufriedenstellend laufende Dokumentenmanagementsystem kommen hinzu.
Herr Finanzminister, mit 8 Millionen c darf wohl gerechnet werden. Der Austausch Ihres dafür zuständigen Staatssekretärs vor einigen Monaten spricht doch Bände. Auch er ist schlichtweg gescheitert.
Letzter Punkt dieser Bilanz. Diese Landesregierung hat die Staatskanzlei in unverantwortlicher Weise zum Machtzentrum für Roland Koch aufgebläht, in dem die Grenzen zwischen dem Land Hessen und der CDU immer mehr verwischt werden, nach der CDU-Devise: Das Land gehört uns.
Diese Landesregierung ist dafür verantwortlich – ich habe schon darauf hingewiesen –, dass der Entwurf für den Haushaltsplan 2009 erst zum Ende dieses Jahres eingebracht wird. Über Monate hat die geschäftsführende Lan
desregierung die Arbeit am Haushalt 2009 schlichtweg verweigert.
Der Haushalt wird der parteipolitischen Taktik von Herrn Koch untergeordnet und gestaltet sich immer mehr zum schwarzen Loch der Landesregierung. Zu Beginn der Legislaturperiode propagierte der Herr Ministerpräsident eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament. Meine Damen und Herren, das war alles nur Schau.
Die Informationen des Finanzministers beschränken sich auf wiederholte Hinweise auf die Finanzplanung, die im Übrigen schon älter als ein Jahr ist. 500 Millionen c soll die Neuverschuldung für das kommende Jahr betragen. Als nicht belegtes „Defizitdelta“ – um mit den Worten des Herrn Ministers zu sprechen – kommen 750 Millionen c dazu.
250 Millionen c globale Minderausgaben haben Sie formal belegt. Aber ein deutlicher Griff in die Rücklage ist das Gegenteil einer Einsparung.Vielmehr ist das ein Verschieben von Lasten auf die Zukunft.
Die große Luftbuchung aber ist Ihre ausgewiesene globale Mehreinnahme in Höhe von 500 Millionen c. Sie beschäftigt uns schon seit einigen Monaten. Keine der Nachfragen, einschließlich des Briefwechsels zwischen unserer Fraktionsvorsitzenden und Ihnen, Herr Weimar, hat dazu geführt, dass die Regierung auch nur den kleinsten Hinweis gegeben hat, wie diese Einnahmen realisiert werden sollen – und dies im Hinblick auf die aktuelle negative hessische Steuerentwicklung.Woher sollen denn die Steuermehreinnahmen kommen, wenn Sie selbst bei der aktuellen Entwicklung von Steuermindereinnahmen reden? Das ist genau das Gegenteil von Transparenz.
In diesem Zusammenhang nur eine schnell nachvollziehbare Rechnung: Ohne eine Realisierung der globalen Mehreinnahmen für das kommende Jahr liegt die tatsächliche Neuverschuldung oberhalb der Verfassungsgrenze. Daher spricht sehr viel dafür, dass der Zwischenabschluss des Haushaltsentwurfs 2009, nach dem Referentenentwurf, schon verfassungswidrig ist – und dies noch vor den Anforderungen in den Chefgesprächen.
Deshalb hat sich der Herr Minister, standhaft, wie er ist, geweigert, die Zwischenbilanz der Haushaltsaufstellung zu nennen. 670 Millionen c statt 500 Millionen c: Herr Minister, das ist die Neuverschuldung, die Sie schon im Juli zugegeben haben.
670 Millionen c – das dürfte wohl klar sein, Herr Staatssekretär.
Mit den nicht belegten globalen Mehreinnahmen liegt die Nettoneuverschuldung mit rund 1,2 Milliarden c deutlich oberhalb dessen, was nach der Verfassung zulässig ist. Falls das nicht der Fall sein sollte, sagen Sie doch, woher die 500 Millionen c kommen sollen. Dann könnten wir darüber diskutieren.Aber Sie sagen es nicht.
Unter klarer Verantwortung Ihrer Regierung wird für Hessen wieder ein verfassungswidriger Haushalt realistisch. Das zeigt das komplette Scheitern Ihrer Finanzpolitik. Deshalb können wir nur sagen: Ein Kassensturz ist dringlicher denn je.
Erinnern wir uns ganz kurz. Zu Beginn Ihrer Regierungszeit hieß es immer wieder bei der Vorlage Ihrer Haushaltsentwürfe, dies sei die niedrigste Nettoneuverschuldung aller Zeiten. Dann kam es für Hessen knüppeldick. Ein Schuldenchaos folgte dem anderen.
Jetzt spricht der Minister von ausgeglichenem Haushalt. Natürlich brauchen wir bald einen ausgeglichenen Haushalt. Ich sage aber: Er muss auf einer realistischen Grundlage stehen. – Meine Damen und Herren, Ihre Finanzplanung geht nicht einmal für das Jahr 2011 von einem ausgeglichenen Haushalt aus.
Darüber reden Sie. Sie tun aber nichts dafür. Es sind auch weiterhin Defizite vorgesehen.
Wir wissen sehr genau, dass die Umsetzung unserer politischen Schwerpunkte – dies sind: bessere Bildung, die Energiewende und eine intakte soziale Infrastruktur – vor dem Hintergrund Ihrer desaströsen Finanzpolitik eine sehr schwierige Aufgabe sein wird. Im Interesse der Zukunftsfähigkeit unseres Landes werden wir uns dieser Aufgabe mit großem Engagement stellen. Die notwendige Voraussetzung dafür aber ist ein Kassensturz. – Schönen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was für eine Informationspolitik des Finanzministers erleben wir hier wieder? Wir haben während der Sitzung des Haushaltsausschusses Fragen gestellt. Wir haben gefragt, wie denn derzeit die Situation bezüglich der Aufstellung des Entwurfs des Haushaltsplans für das Jahr 2009 aussieht. Die Antwort des Finanzministers lautete: Ich sage nichts. – Das war das Ergebnis der Befragung letzten Mittwoch.
Jetzt stellen wir Folgendes fest: Wir haben Ihnen vorgerechnet, dass Sie nicht belegen können, woher die 500 Millionen c kommen. Jetzt haben Sie eine Zahl in Vorbereitung des Entwurfs für den Haushaltsplan 2009 genannt, die beinhaltet, dass es kein Defizit von 500 Millionen c sein wird, also keine Neuverschuldung in dieser Höhe, sondern dass es schlicht mehr als das Doppelte sein wird.
Wenn das kein Offenbarungseid ist, was ist es dann? Sie müssen jetzt zugeben, dass die ganzen Diskussionen, hin zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen, schon in der ersten Stufe wertlos sind.Wie es im Moment aussieht, wird es zu mehr als einer Verdoppelung der vorgesehenen Neuverschuldung kommen. Mit diesem Defizit wird die Hürde gerissen.
Herr Finanzminister, ich fordere Sie deswegen auf, uns nicht immer nur das zu sagen, was wir Ihnen schon vorgerechnet haben. Vielmehr sollten Sie endlich die volle Wahrheit sagen und die Unterlagen zu der finanziellen Situation auf den Tisch legen. Angesichts der Äußerungen, die Sie jetzt gemacht haben, kann ich nur sagen: Der Kassensturz ist notwendiger denn je.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beantragen vor der Abstimmung zu diesem Gesetzentwurf eine dritte Lesung.
(Unruhe – Wortmeldung des Abg. Axel Winter- meyer (CDU)
So wie eben Herr Wintermeyer. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte namens meiner Fraktion noch einige Bemerkungen zum Tagesordnungspunkt 15,Besoldungsanpassungsgesetz,machen.
Nach § 12 der Geschäftsordnung des Hessischen Landtags zur Gesetzesberatung wird ein Gesetzentwurf in drei Lesungen beraten, „wenn eine Fraktion es vor dem Beginn der Schlussabstimmung in zweiter Lesung verlangt“. Ich stelle für meine Fraktion fest:Wir haben die dritte Lesung vor der Schlussabstimmung zur zweiten Lesung beantragt.
Was eine Schlussabstimmung ist, ist in § 16 ganz klar formuliert:
Am Schluss der zweiten Lesung ist zunächst über vorliegende Änderungsanträge abzustimmen.
Das ist geschehen.
Damit ist klar definiert, was eine Schlussabstimmung in zweiter Lesung ist.
Ich gehe für meine Fraktion davon aus, dass eine Schlussabstimmung in zweiter Lesung nicht möglich gewesen ist, weil wir vorher eine dritte Lesung beantragt haben, um das ganz klar und deutlich zu sagen. Deswegen sind wir der Auffassung, dass dieses Gesetz nach der Geschäftsordnung des Hessischen Landtags nicht rechtmäßig zustande gekommen ist.
Zweiter Punkt. Ich weise darauf hin, dass ein Neueintreten in ein Gesetzgebungsverfahren dazu führen würde, dass die hessischen Beamtinnen und Beamten ihre Besoldungserhöhung nicht rechtzeitig bekommen würden. Aus diesem Grunde verzichten wir auf weitere Rechtsschritte, können aber natürlich nichts dazu sagen, ob die Landesregierung bei ihrer Überprüfung des rechtmäßigen Zustandekommens des Gesetzes nicht Einspruch erhebt. Das ist Sache der Landesregierung. Darin ist die Landesregierung schon gewieft.
Meine Damen und Herren, auch bei der Frage der Verabschiedung von Gesetzen ist die Geschäftsordnung dieses Hauses nicht nur zu beachten, sondern anzuwenden. Dies ist nach unserer ganz klaren Auffassung nach dem Wortlaut der Geschäftsordnung so nicht geschehen. Ich wiederhole aber:Wir verzichten nur – –
Herr Kollege, wenn Sie das mitbekommen hätten: Das ist sofort mitgeteilt worden. Sie könnten sich einmal informieren.
Sie wissen an der Stelle ganz genau, dass wir uns daran halten, die Amtsführung der Präsidentin oder des Präsidenten in öffentlicher Sitzung nicht zu kritisieren. Das haben wir auch nicht getan.
Meine Damen und Herren, wir haben es überprüft. Ich stelle fest: Nach unserer Auffassung wäre es rechtmäßig gewesen, und wir haben rechtzeitig die dritte Lesung beantragt. Dies ist uns nicht zugebilligt worden. Aber aus den bekannten Gründen, die ich hier genannt habe, werden wir darauf verzichten, weitere rechtliche Schritte zu gehen. Ich weise darauf hin, auch bei einem solchen Gesetzentwurf ist die Geschäftsordnung des Hessischen Landtags nicht nur zu beachten, sondern sie muss berücksichtigt werden.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat die Pflicht, wenn Gesetzentwürfe aus der Mitte des Parlamentes eingebracht werden, die Beratung durchzuführen, und zwar in jedem einzelnen Schritt des Gesetzgebungsverfahrens.
Wir stellen fest: Herr Ministerpräsident, was heute passiert ist, zeigt sehr deutlich, dass Sie hier eine Erklärung, eine schriftlich vorformulierte Erklärung abgeben, dass Sie dieses Gesetz – – Es ist noch nicht klar, was Sie damit gesagt haben. Wir werten das, was Sie gesagt haben, als Einspruch gegen den Beschluss des Landtags.
Nächster Punkt. Meine Damen und Herren, um das ganz klar und deutlich zu sagen: Wir haben am Dienstag eine zweite Lesung zu einem Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gehabt. Die zuständige Ministerin hat an diesem Tag für die Landesregierung Stellung genommen. Frau Ministerin, ich fordere Sie auf, an das Pult zu treten und zu erklären, ob Sie von dem Inhalt der Äußerung, die der Ministerpräsident heute gemacht hat, schon am Dienstag wussten. Meine Damen und Herren, das ist eine ganz, ganz entscheidende Frage.
Dann kommt der Zwischenruf von der Regierungsbank mit dem berühmten Kindermädchen. Die Ministerin hat in der zweiten Lesung sehr deutlich erklärt, wie sie zu Studiengebühren steht.Aber sie hat keinen Ton dazu gesagt,
wie dieser Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung der zuständigen Ausschüsse hier vor diesem Parlament weiter zu beraten ist.
Frau Ministerin, deswegen treten Sie hier an das Pult,
und sagen Sie an dieser Stelle, ob Sie von der Stellungnahme, die der Ministerpräsident heute vorgetragen hat, bereits am Dienstag gewusst haben oder nicht. Das ist ein ganz entscheidender Punkt.
Denn alles, was wir hier erleben, ist nichts anderes als ein abgekartetes Schauspiel.
Denn das, was der Ministerpräsident hier zeigt, ist das genaue Gegenteil dessen, was er zu Beginn dieser Legislaturperiode gesagt hat: fairer Partner des Parlamentes.
Sie haben – das ist ganz eindeutig – zu dieser Frage am Dienstag nicht einen Ton gesagt.
Meine Damen und Herren, das geht so nicht. Deswegen verlangen wir, dass die zuständige Ministerin hier erklärt, was Sie am Dienstag zu diesem Punkt gewusst hat,was der Ministerpräsident heute erklärt hat.
Zweiter Punkt. Danach beantragen wir eine Sitzung des Ältestenrates.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Position zur Änderung des Abgeordnetengesetzes hat sich zwischen der ersten und der zweiten Lesung nicht verändert. Unsere Position hat sich auch nicht durch den Artikel von Herrn von Arnim in der „Frankfurter Rundschau“ verändert. Dies war wieder einmal ein Rundumschlag gegen das Hessische Abgeordnetengesetz, weder sachbezogen noch überzeugend. Ich will in diesem Zusammenhang sagen: Wir beschäftigen uns auch nicht mit den Altersbezügen und den Nebentätigkeiten der Hochschullehrer. Dabei wäre das sicherlich ein ganz interessantes Feld.
Im Übrigen betone ich: Wir werden es nie schaffen, ein Abgeordnetengesetz zu beschließen, das Herrn von Arnim gefällt. Dann hätte er nämlich – um das auf diese einfache Formel zu bringen – keine Möglichkeit mehr, anschließend etwas dazu zu publizieren.
Auch sein Hinweis, die von uns vorgesehene Einkommensanpassung sei verfassungswidrig, ist schlichtweg falsch. Ich will das begründen:Wir wissen, dass wir als Abgeordnete über die Diätenanpassung entscheiden müssen. Dafür – das ist der entscheidende Punkt – haben wir ein klares,nachvollziehbares und transparentes Verfahren gefunden. In der öffentlichen Diskussion würde ich gern einmal hören, was eigentlich gegen das Kriterium der An
passung an die allgemeine Einkommensentwicklung spricht. Ich habe noch kein einziges Argument dagegen gehört.
Die Abgeordneten sind die Vertreter des ganzen Volkes. Deswegen ist dieser Bezug richtig, und deswegen orientieren wir uns eindeutig nicht am öffentlichen Dienst – um das klar und deutlich zu sagen. Herr Kollege Schaus, ich kenne auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, die vielleicht nicht zufrieden wären, wenn sie so viel wie Abgeordnete verdienten.
Meine Damen und Herren, deswegen orientieren wir uns an diesem Kriterium. Wir haben festgelegt, dass dieses Kriterium für die gesamte Legislaturperiode gilt.Wir wollen eben nicht darüber entscheiden, ob uns das, was der allgemeinen Einkommensentwicklung entspricht, zu viel oder zu wenig ist, sondern wir sagen: Genau das ist das Kriterium. – Das ist unsere freie Entscheidung, und das ist auch eine transparente Entscheidung.
Zu dem Einwand, dass das auf eine stille Art und Weise erfolgt: Erstens gibt es einen Bericht des Präsidenten, und zweitens wird es im Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht. Deswegen ist das transparent, und deswegen ist es der richtige Maßstab. Daher ist klar, dass es gegen dieses Kriterium eigentlich keinen Widerspruch geben dürfte.
Jetzt möchte ich noch einige Bemerkungen zu dem anderen Thema,der Transparenzregelung,machen.Ich sage für meine Fraktion sehr klar:Wir haben mit der Transparenzregelung, für deren Verankerung im Gesetz CDU und FDP beim letzten Mal gestimmt haben, einen ersten Schritt zu mehr Transparenz getan. Das ist richtig so.
Wir stehen dem Vorschlag der GRÜNEN sehr nahe und haben das auch immer begründet. Aber wir müssen uns doch endlich einmal darauf verständigen, dass ein Gesetz, wenn es beschlossen ist, wenigstens ein Jahr wirksam sein muss, bevor wir über weitere Änderungen debattieren und entscheiden.
Deswegen sage ich für uns sehr klar:Wir sind dazu bereit, im nächsten Jahr über den Vorschlag der GRÜNEN nicht nur zu debattieren, sondern auch zu entscheiden.
Um dies zum Ausdruck zu bringen, haben wir uns bei der Abstimmung im Ältestenrat der Stimme enthalten.
Meine Damen und Herren, wir sollten einen kühlen Kopf bewahren, was die Änderung des Abgeordnetengesetzes betrifft. Damit kann man keine Wahlen gewinnen. Das Kriterium, das wir gewählt haben, können wir draußen in der Öffentlichkeit jeder Bürgerin und jedem Bürger verdeutlichen. Wir können sagen, dass wir uns genau an der Einkommensentwicklung orientieren.Das ist ein richtiger und objektiver Maßstab. Deswegen werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Vielen Dank, Herr Kahl. – Als Nächster hat Herr Rentsch für die FDP-Fraktion das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Begriff Steuergerechtigkeit bezieht sich auf zwei Ebenen. Zum einen geht es um Steuergerechtigkeit durch Gesetze und zum anderen um Steuergerechtigkeit im Vollzug der Gesetze durch die Steuerverwaltung.
Zur Steuergerechtigkeit auf der Ebene der Gesetzgebung ließe sich viel sagen. Das ist nicht Thema dieser Debatte, aber im Hinblick auf das aktuelle Steuerkonzept der FDP möchte ich an dieser Stelle Folgendes bemerken. Für uns Sozialdemokraten ist klar: Politisch muss zuerst die Leitfrage beantwortet werden, was die Aufgaben des Staates sind und welches Steueraufkommen der Staat braucht, um eben diese Aufgaben zu erfüllen, ohne weitere Schuldenberge anzuhäufen.
Danach stellt sich die Frage, wie das notwendige Steueraufkommen unter klarer Beachtung der Leistungsfähigkeit des Einzelnen zu erbringen ist. Das sind die entscheidenden Fragen.
Von diesen Prämissen ausgehend ist das Steuerkonzept der FDP schlicht ungeeignet. Einerseits führt es zu enormen Einnahmeausfällen des Staates, andererseits bringt es keine Entlastung der mittleren Einkommen,sondern es führt durch das Drei-Stufen-Modell in erster Linie zu einer gigantischen Entlastung der oberen Einkommen. Daher ist es alles andere als sozial und gerecht.
Man könnte auch von Klientelpolitik sprechen.
Kommen wir nun zu dem eigentlichen Thema: Steuergerechtigkeit im Vollzug. Dazu von unserer Seite folgende Vorbemerkung. Wir haben in Hessen eine kompetente und leistungsfähige Steuerverwaltung. Unter den geltenden Rahmenbedingungen können sich die Leistungen der hessischen Steuerverwaltung sehen lassen. Durch eine verbesserte Personalausstattung können die Ergebnisse der Steuerverwaltung aber weiter verbessert werden. Mehr Steuerprüfer und eine entsprechende Ausstattung des Innendienstes führen zu mehr Steuergerechtigkeit und zu höheren Einnahmen des Staates. Deshalb haben wir uns wiederholt für mehr Stellen in der Steuerverwaltung eingesetzt und werden dies auch weiterhin tun.
Steuergerechtigkeit in der korrekten Anwendung der Steuergesetze ist ein sehr wichtiges Thema. Das Gerechtigkeitsempfinden ist in der Bevölkerung nur dann im
Lot,wenn die Menschen den Eindruck haben,dass alle ihrer Steuerpflicht nachkommen, dass der, der mehr verdient, mehr Steuern zahlt – nicht weniger! –, dass legale Steuerumgehungsmöglichkeiten weitestgehend ausgeschlossen werden und dass Steuerbetrug schnell und umfassend bekämpft wird. Doch dieser Eindruck besteht in der Öffentlichkeit leider nicht. Es besteht eher das Empfinden, dass wir uns in einem Zwei-Klassen-Steuersystem befinden, in dem Gewinne und Vermögenseinkünfte begünstigt werden.
Nach Angaben der Deutschen Steuer-Gewerkschaft erwirtschafteten in Hessen 125 Steuerfahnder 175 Millionen c. Das ist eine großartige Leistung. Das ergibt einen Durchschnitt von etwa 0,65 Millionen c pro Fahnder. Die Betriebs- und Umsatzsteuerprüfer erzielen bundesweit durchschnittlich 1 Million c pro Jahr an Mehrsteuern. Der Rechnungshof Baden-Württemberg schrieb der Politik bereits 2002 ins Stammbuch, dass jeder im Veranlagungsbereich Beschäftigte mehr als das Doppelte dessen einbringt, was er kostet. Das sind klare Zahlen.
Ich will aber auch deutlich sagen, dass es in dieser Frage nicht nur um mehr Geld geht. Es geht ganz besonders um die Herstellung von Steuergerechtigkeit im Vollzug. Eine einheitliche Besteuerung ist ein wahrhaft erstrebenswertes Ziel, nicht nur unter den 16 Bundesländern, sondern auch innerhalb der Bundesländer.
In Hessen werden Großbetriebe im Durchschnitt nur etwa alle vier Jahre geprüft. Bei mittelständischen Unternehmen beträgt der Abstand derzeit fast 16 Jahre und bei kleinen Unternehmen fast 40 Jahre. Dabei hat sich der Turnus für Großbetriebe in den letzten Jahren etwas verbessert. Bei mittleren Betrieben ist er deutlich schlechter geworden. Bei den kleinen Betrieben hat sich ein Zeitsprung vollzogen, denn 2001 wurden die Prüfungen durchschnittlich alle 26 Jahre durchgeführt. Diese Zahlen nannte der Finanzminister im Jahr 2005 auf eine entsprechende Anfrage der SPD-Fraktion. Nach neueren Zahlen von ver.di werden bundesweit Mittelbetriebe alle 13 Jahre, Kleinbetriebe alle 24 Jahre und Kleinstbetriebe alle 76 Jahre geprüft.Sie sehen also,auch wenn sich die Zahlen in Hessen positiver gestalten, was wir anerkennen wollen, es muss etwas passieren, denn mit Steuergerechtigkeit hat ein solcher Prüfungszyklus wirklich nichts mehr zu tun.
Jedem Arbeitnehmer wird regelmäßig der dem Staat geschuldete Anteil vom Einkommen abgezogen, und er hat nahezu keine Gestaltungsmöglichkeiten bei seiner Steuerschuld. Zu viele Gestaltungsmöglichkeiten bei ihrer Steuerschuld haben allerdings viele Unternehmen und die Bezieher sehr hoher Einkommen. Sie müssen nicht noch durch ausbleibende Kontrollen besser gestellt werden, um es klar und deutlich zu sagen.
Ein weiteres Thema für eine effektive Steuerverwaltung ist die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs. Die Einschätzungen, wie hoch der Schaden ist, der pro Jahr in Deutschland allein durch Umsatzsteuerbetrug entsteht, gehen auseinander: 2001 hat das Ifo-Institut einen Betrag von 14 Milliarden c genannt,2003 war es schon 17,6 Milliarden c.
Bei der Umsatzsteuerprüfung weisen nach Aussagen des Bundesrechnungshofs vom Jahr 2006 gerade die besonders wirtschaftsstarken Bundesländer die geringste Prüfungsdichte auf. Die Prüfungszyklen schwanken hier von „35 Jahre“ bis „alle 77 Jahre“. Vor wenigen Tagen kündigte Bundesfinanzminister Steinbrück an, national
tätig zu werden, nachdem sich die europäischen Wirtschafts- und Finanzminister auf die Durchführung eines gemeinsamen Pilotprojekts nicht verständigen konnten. Im Koalitionsvertrag der Berliner Koalition haben sich die Regierungsparteien das Ziel gesetzt, gegen den ausufernden Umsatzsteuerbetrug vorzugehen. Der Finanzminister wird dazu in Kürze Vorschläge vorlegen.
Was auf europäischer oder nationaler Ebene geschieht,ist die eine Seite; was wir in Hessen bereits tun können, die andere.Wir müssen dafür sorgen, dass die personelle und technische Ausstattung der Steuerverwaltung stetig weiterentwickelt wird.
Ein besonderes Augenmerk legen wir dabei auf die Fortsetzung des Betriebsprüfungsprogrammes in der Steuerverwaltung, die aber nur bei gleichzeitiger Stärkung des Innendienstes sinnvoll ist, denn das, was draußen erwirtschaftet wird, muss auch nach innen umgesetzt werden. Sonst laufen alle Anstrengungen ins Leere. Die Steuerverwaltung unterliegt einem besonderen Stellenschlüssel. Diesen wollen wir beibehalten. Er ist eine wichtige Voraussetzung für die Motivation, denn Aufstiegsmöglichkeiten und eine leistungsgerechte Entlohnung sind wichtige Elemente einer guten Verwaltung.
In diesem Zusammenhang kommt immer das Argument, dass der Löwenanteil dessen, was die Steuerprüfer hereinholen, sowieso in den Ländenfinanzausgleich abgeführt werden müsse. Das ist erst einmal richtig.
Aber die Konsequenzen, die wir ziehen, sind nicht die Ihrigen, um das klar zu sagen.
Trotz allem bleibt jedoch bereits jetzt ein ordentlicher Betrag in Hessen, beispielsweise auch aus anfallenden Gebühren. Es ist nicht so, dass wir von den Erlösen der Steuerprüfer und Steuerfahnder nichts hätten.
Es muss sich aber im System des Länderfinanzausgleichs einiges ändern.Wir halten eine Verbesserung des LFA an diesem Punkt für letztlich unumgänglich. Gegenwärtig ist es so, dass der Anreiz für die Länder, die ihre Steuerverwaltung stärken und wirkliche Steuergerechtigkeit herstellen, zu gering ist.
Was die Nehmerländer auf dem Wege der Betriebsprüfung in den Landeshaushalt holen, wird ihnen bei den Zuweisungen aus dem Länderfinanzausgleich abgezogen. Was die Geberländer hereinholen, geht zum größten Teil über den LFA an die Nehmerländer. Genau das ist der Punkt. Einen Anreiz, selbst etwas zu tun, schaffen wir nur dann, wenn den Ländern von dem, was ihre Verwaltung erarbeitet, viel verbleibt, wenn sie also die Einnahmen deutlich erhöhen können.
Daraus resultiert unsere klare Forderung: Eine personelle Ausstattung der Steuerverwaltung über dem Länderdurchschnitt muss beim LFA positiv berücksichtigt werden. Eine unterdurchschnittliche personelle Ausstattung
führt dagegen für das betroffene Land zu Belastungen im LFA. Damit schaffen wir sowohl für die Geber- als auch für die Nehmerländer ein Anreizsystem.
Deshalb sagen wir lieber klar: Wir sind für eine Stärkung unserer Steuerverwaltung. Das ist ein ganz wesentlicher Schritt, um eigene Verantwortung zu übernehmen.
Die Änderung der Systematik des Länderfinanzausgleichs gehört allerdings auch zu dem, was Hessen machen kann. Hier ist die Landesregierung gefordert, in den Verhandlungen zur Föderalismusreform II tätig zu werden. Einheitliche Verwaltungsgrundsätze und Vollzugsziele für die Steuerverwaltung in allen Bundesländern wären ein großer Schritt nach vorne. Ich betone: Eine Aufstockung der Steuerverwaltung rechnet sich und muss sich noch besser rechnen. Sie trägt zu mehr Steuergerechtigkeit bei.
Deswegen sage ich sehr klar – das ist auch an alle Fachpolitikerinnen und -politiker in diesem Raum gerichtet –: Die Ausgaben für eine Verbesserung der Steuerverwaltung sind kein Geschenk an die Steuerverwaltung, sondern sie führen zu mehr Steuergerechtigkeit und dazu, dass die Mittel für das Land Hessen auch für Programme eingesetzt werden können, die für die Zukunftsfähigkeit dieses Landes von ganz entscheidender Bedeutung sind. – Schönen Dank.
Herr Präsident, der Antrag der SPD-Fraktion und der Änderungsantrag der GRÜNEN sollen selbstverständlich überwiesen werden. Wir bitten aber, dass über den Entschließungsantrag jetzt und hier abgestimmt wird, wie es üblich ist.
Wir schlagen vor, dass die Beschlussempfehlungen unter den Tagesordnungspunkten 42, 44 und 45 – dabei geht es um die Mittagessenversorgung – ohne Aussprache behandelt werden, damit sie auch im Rahmen dieser Tagesordnung noch drankommen.
Herr Präsident, ich möchte darauf hinweisen, dass ein weiterer Dringlicher Antrag dazu eingebracht wird. Da wir jetzt erst die Erklärung des Ministers gehört haben, müssen wir noch einen kleinen Moment warten, bis der Antrag umgedruckt ist. Wir mussten erst abwarten, was der Minister sagt. Deswegen bitte ich, darauf zu achten, dass dieser Dringliche Antrag jetzt auch umgehend verteilt wird. – Eine Redezeit von fünf Minuten wäre sicherlich angemessen.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Sobald der Antrag vorliegt, werde ich ihn mit aufrufen. – Wir können dann in die Aussprache eintreten. Als erste Wortmeldung liegt mir vor: Frau Kollegin Ypsilanti, Vorsitzende der SPD-Fraktion.
Entschuldigung, Herr Präsident, aber wir haben heute Morgen in der Geschäftsführerrunde darüber gesprochen: Es liegt ein Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung vor. Darüber ist abzustimmen. Ich sehe nicht, dass hierzu ein Änderungsantrag gestellt worden ist, deswegen muss über diesen Gesetzentwurf in Gänze abgestimmt werden.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Meine Auskunft ist Folgende: In einer Beschlussempfehlung kann man nicht separat über einzelne Absätze abstimmen, sehr wohl aber über einzelne Teile eines Gesetzentwurfs. Hierüber ist eine getrennte Abstimmung möglich.
Herr Kahl, bitte noch einmal.
In der zweiten Lesung ist zuerst über Änderungsanträge abzustimmen. Ersichtlicherweise liegen diese nicht vor. Danach ist über die Fassung des Gesetzentwurfs in der Beschlussempfehlung abzustimmen. Ich bitte, so zu verfahren.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Danke, Herr Kahl. – Nochmals Frau Henzler zur Geschäftsordnung, und dann entscheide ich, wie wir verfahren.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will einmal so anfangen: Man könnte fast glauben, dass das Wahlergebnis der letzten Landtagswahl auch im Finanzbereich einen vorher kaum vorstellbaren Sinneswandel der CDU und der Landesregierung bewirkt hat. Aber dieser Sinneswandel ist wahrscheinlich eher vordergründig, eine PR-Aktion oder, wie der Kollege Kaufmann zu Recht gesagt hat, reine Taktik des Ministerpräsidenten.
Wenn eine CDU, die für neun Jahre Rekordverschuldung steht, davon vier Jahre Seit’ an Seit’ mit der FDP, von ei
ner nachhaltigen und generationengerechten Finanzpolitik spricht, ist dies schlicht unglaubwürdig.
Das ist nicht nur etwas aus der Vergangenheit. Bei der Finanzpolitik ist es leider so, dass diese verfehlte Finanzpolitik aus der letzten Legislaturperiode und der vorletzten Legislaturperiode dazu führt, dass wir in den nächsten Jahren Jahr für Jahr die Lasten dieser Finanzpolitik tragen müssen, nämlich erhöhte Zinsleistungen, die wir aufbringen müssen. Deswegen ist das nichts Abgeschlossenes, sondern dies ist eine Hypothek für die Zukunft.
Roland Koch ist als Regierungschef verantwortlich für fünf wegen Überschuldung verfassungswidrige Haushalte und für fünf Schuldenrekorde. Das ist die finanzpolitische Wahrheit.
Etwa 33 Milliarden c Schulden mit weit über 1 Milliarde c Zinsleistungen hat unser Bundesland zu schultern. Roland Koch und die CDU haben davon fast ein Drittel zu verantworten in diesen neun Jahren Regierungszeit. Um es ganz klar zu sagen: Auf dem Siegertreppchen der Schuldenrekorde steht in Hessen die CDU ganz alleine.
Wenn der Kollege Milde eben darauf hingewiesen hat, dass es unter Rot-Grün auch hohe Schulden gegeben habe – zur Zeit der waigelschen Löcher –, dann kann ich Ihnen sagen, Herr Kollege Milde, es gab einmal ein Jahr, in dem im Vollzug 2 Milliarden Schulden gemacht wurden.Aber Sie haben eines vergessen. Das waren D-Mark, und bei Ihnen sind es Euro.Das ist das Doppelte.Das sind so kleine Vergesslichkeiten.
Dann kommt natürlich immer der Hinweis auf die hohen Zahlungen in den Länderfinanzausgleich. Meine Damen und Herren, um es beim Thema Länderfinanzausgleich noch einmal ganz klar zu sagen: Bei nüchterner Betrachtung der letzten Jahre stellen wir fest, es besteht keine positive Korrelation zwischen den Zahlungen in den Länderfinanzausgleich und der jährlichen Neuverschuldung. Im Gegenteil, die Nettoneuverschuldung ist immer dann relativ niedrig,wenn die Zahlungen in den LFA hoch sind. Das ist auch finanzpolitisch einfach vollziehbar.
Herr Kollege Milde, der Hinweis, Hessen wäre ohne seine Zahlungen in den Länderfinanzausgleich schuldenfrei, passt zu Kochs Finanzpolitik in seiner ganzen Amtszeit. Er täuscht und verschleiert,und schuld sind immer die anderen. Das erinnert mich an die Geschichte von dem Mann, der bei der Schuldnerberatung sitzt und sagt: Ich habe eigentlich gar kein Problem, ich verdiene nur zu wenig. – Das ist so, als wenn die Landesregierung sagen würde:Wir haben zu wenig Steuereinnahmen, deshalb haben wir ein Problem. – Das kann ja wohl nicht der Fall sein.
Die Wahrheit ist: Die bisherige Landesregierung hat auch als geschäftsführende Landesregierung die Finanzen des Landes nicht im Griff. Wie wäre anders zu erklären, dass der gültige mittelfristige Finanzplan bis zum Jahr 2011 ein jährliches strukturelles Defizit von mehr als 1 Milliarde c ausweist? Das Jahr 2011 ist für diese Landesregierung das Jahr des finanzpolitischen Heils. Dann soll die Nettoneu
verschuldung bei null liegen. Dazu sage ich gleich noch etwas. Bis dahin geht der Finanzplan von globalen Mehreinnahmen in Höhe von 720 Millionen c aus.Mit anderen Worten, wir brauchen 720 Millionen c Mehreinnahmen – woher, wissen wir noch nicht.
Zweitens geht der Finanzplan von globalen Minderausgaben in Höhe von 730 Millionen c aus. Das heißt mit anderen Worten, diesen Betrag müssen wir noch einsparen, aber wir wissen noch nicht, wo. Das sind die nüchternen Zahlen Ihrer Finanzplanung, die bisher nicht geändert worden ist.
Konkret zum Jahr 2009, über das wir gerade reden: Die globalen Minderausgaben sollen 250 Millionen c betragen. Man kann ja darüber reden, meine Damen und Herren, und sagen, das muss noch eingespart werden, aber Sie sprechen gleichzeitig von 500 Millionen c globalen Mehreinnahmen. Herr Staatssekretär, wir haben Sie mehrfach gefragt. Wenn man in einen Plan hineinschreibt, man will 500 Millionen c Mehreinnahmen erzielen, dann muss man wenigstens eine Ahnung haben, wo dieses Geld herkommen könnte.
Die Quelle dieser Ahnung wird bisher nicht preisgegeben. Eines ist klar: Höhere Steuereinnahmen können es garantiert nicht sein. Das hat die Steuerschätzung eindeutig gezeigt.Zu der Steuerschätzung haben Sie geschrieben:Einnahmeansätze der Landesregierung für 2009 bestätigt. – Dann frage ich mich aber:Wo werden die 500 Millionen c globale Mehreinnahmen bestätigt? Das wäre doch die interessante Frage. Ich kann mich an die Debatte in der Haushaltsausschusssitzung sehr genau erinnern,in der Sie keinen einzigen Ton gesagt haben, wo diese 500 Millionen c Mehreinnahmen herkommen sollen. Herr Ministerpräsident, und dann reden Sie von einer „vernünftigen Zusammenarbeit“ zwischen der Regierung und dem Parlament, obwohl die Regierung dem Parlament die Information vorenthält, wo diese 500 Millionen c, die ja keine Pappenstiel sind, herkommen sollen.
Das ist eine denkbare Erklärung. Dann machen Sie es doch, und legen Sie es bald vor, dass wir darüber reden können, nicht erst im Dezember. – An dieser Stelle frage ich noch einmal, ob die 500 Millionen c von der Helaba kommen sollen.Das sollte nicht so sein.Dazu könnten Sie einmal etwas sagen.
Herr Ministerpräsident,Sie wollen den Haushaltsplanentwurf 2009 erst im Dezember vorlegen. Es gibt aber den berühmten Haushaltsaufstellungserlass vom 18. Dezember 2007, auf den der Kollege Kaufmann schon hingewiesen hat. Ich will daraus zitieren, damit jeder weiß, was wir da bekommen haben. Er stand nicht nur im „Staatsanzeiger“, sondern ist auch an den Landtag und an alle Ministerien gegangen. Da steht zum Zeitplan der Haushaltsaufstellung:
Es wird angestrebt, den Haushaltsplanentwurf der Regellage des § 30 Abs. 1 LHO entsprechend in der Septembersitzung des Hessischen Landtags einzubringen,
damals war schon bekannt, dass es Landtagswahlen geben würde –
sodass eine rechtzeitige Verabschiedung vor Beginn des Haushaltsjahrs 2009 ermöglicht wird.
Es heißt weiter:
Dazu ist erforderlich, dass die Haushaltsvoranschläge meinem Haus
also dem Finanzministerium –
bis zum 28. März 2008 übermittelt werden.
Unsere konkrete Frage: Haben die Häuser ihre Haushaltsvoranschläge dem Finanzministerium bis zum 28. März zugestellt? Zwischen dem 28. März und dem 5. April liegen wenige Tage, in denen entschieden worden ist,dass es eine geschäftsführende Landesregierung geben wird. Es ging also um maximal fünf bis sechs Tage.
Deswegen ist Ihre Behauptung, aufgrund der Landtagswahl seien Sie in Zeitverzug gekommen, nichts weiter als ein Märchen, wenn Sie Ihren eigenen Haushaltsaufstellungserlass einigermaßen ernst nehmen.
Der Kollege Kaufmann hat recht. Dem Ministerpräsidenten geht es an dieser Stelle, das ist offensichtlich geworden, nur um politische Taktik. Er will den Plan im Dezember vorlegen und es anschließend zu einem Bruch kommen lassen. Dann kann er sagen: Meine Damen und Herren, es gibt keine Mehrheit für den Haushalt dieser geschäftsführenden Landesregierung. – Auf diese Weise will er Neuwahlen erzwingen. Wenn wir Ihre Aussage ernst nehmen sollen, dass Sie eine vernünftige Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament herstellen wollen, dürfen Sie so nicht handeln. Dann müssen Sie Ihre Hausaufgaben machen.
In der LHO steht ja nur, dass der Haushaltsplanentwurf im September vorgelegt werden soll. Man kann darüber reden, ob das Ende September sein wird, vielleicht sogar Anfang Oktober. Aber eines steht auch in der Landeshaushaltsordnung verpflichtend und ist gültiges Gesetz in Hessen, dass nämlich der Haushaltsplan zu verabschieden ist, bevor das neue Haushaltsjahr beginnt. Es ist ja auch Sinn und Zweck einer Planung, dass man sie vorher festlegt, nicht erst dann, wenn das Haushaltsjahr schon begonnen hat. Dabei geht es natürlich auch um die freiwilligen Leistungen. Dabei geht es darum, ob soziale Einrichtungen Zuwendungen aus der Landeskasse bekommen. Sonst können wir nur sagen: Das ist eine perfide Fortsetzung der „Operation düstere Zukunft“. Damit wollen Sie im Grunde genommen soziale Einrichtungen gefährden.
Deshalb sage wir klar:Wir verlangen einen auf dem Zeitplan der Landeshaushaltsordnung gründenden Entwurf des Haushalts 2009. Diesen hat die Landesregierung vorzulegen, und zwar nicht nach Gutdünken, sondern – nach den Regeln der Landeshaushaltsordnung – in Form eines gültigen Gesetzes in Hessen. Das Parlament muss ausreichend Zeit haben, diese Vorlage der Landesregierung zu beraten und zu beschließen. Deswegen haben Sie diesen Haushaltsplan vorzulegen. Der Landtag muss in der Lage sein, die Ansätze Ihres Haushaltsentwurfes auf Schlüssigkeit zu prüfen, gegebenenfalls zu korrigieren und eigene Ansätze in den Haushaltsplan hineinzuschreiben, denn dieses Parlament ist der Haushaltsgesetzgeber.
Die Fraktionen von CDU und FDP setzen mit dem Antrag, der heute mitberaten wird, ihre Finanzpolitik der
Luftblasen fort.In der Vorlage ist keine Rede von dem bestehenden strukturellen Defizit. Ich hätte gerne gewusst, Herr Kollege Milde,wie Sie das strukturelle Defizit sehen, das diese Landesregierung über Jahre hinweg zu verantworten hatte und zu verantworten hat. Da will man leider mit globalen Ansätzen jonglieren, um das schon in der mittelfristigen Finanzplanung gesetzte Ziel von „Nettoneuverschuldung null“ im Jahr 2011 zu erreichen.Wir wissen, das ist derzeit alles andere als Realität, sondern reine Kosmetik.
Ich sage für uns sehr klar: Wir sind für eine „Nettoneuverschuldung null“ so schnell wie möglich, aber ohne die Gestaltung von Politik aufzugeben. Das ist der Zusammenhang, den wir herstellen wollen. „Nettoneuverschuldung null“, Herr Kollege Milde, ist nicht erreicht, wenn man ein Defizit von 290 Millionen c ausweist. So sieht aber Ihre Finanzplanung aus.
Das ist, um es ganz klar zu sagen, eine tiefrote Null. Deshalb ist es für uns selbstverständlich, auch im Hinblick auf Art. 142 der Hessischen Verfassung, dass wir für dieses Jahr, für das ein Haushaltsplan besteht, bei kostenwirksamen Anträgen oder Gesetzentwürfen für Deckung zu sorgen haben. Das haben wir bei unseren Gesetzentwürfen sehr deutlich gemacht.
Nur, für das Jahr 2009 gelten die üblichen Spielregeln. Da wollen wir einen Haushalt verabschieden, in dem genau die Politikansätze, die wir haben, auch finanzpolitisch abgesichert werden. Wir brauchen die Vorlage der Landesregierung, um den Haushaltsentwurf dahin gehend zu korrigieren, dass die Mehrheit in diesem Parlament ihre Ansätze in praktische Politik umsetzen kann. Deswegen müssen Sie diesen Haushaltsplanentwurf vorlegen.
Deswegen ist es für uns selbstverständlich, dass bei Anträgen auf Ausgaben auch die Deckung gewährleistet werden muss. Das ist eine Selbstverständlichkeit – um es noch einmal klar und deutlich zu sagen.