Das wissen wir. Aber ich sage noch einmal: Prozentual mehr Arbeiterinnen und Arbeiter haben die sich selbst bürgerlich nennende Partei CDU in Hessen gewählt als Beamtinnen und Beamte. Denken Sie einmal darüber nach. Lesen Sie Ihre Rede noch einmal nach, und dann kommen Sie vielleicht zu dem Punkt, dass der Mehrheitswille dieses Hauses aus guten Gründen der Mehrheitswille dieses Hauses ist und dass es einer Landesregierung gut anstehen würde, den Mehrheitswillen dieses Hauses auch umzusetzen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war er wieder, der Innenminister aus der letzten Wahlperiode, als eine andere Partei noch eine absolute Mehrheit hatte. Herr Bouffier, ich finde, ein bisschen Demut würde Ihnen an der Stelle gut anstehen – ein bisschen Demut
nach dem Motto: Vielleicht haben wir im Bereich des öffentlichen Dienstes in Hessen doch nicht alles richtig gemacht. – Das, was Sie hier vorgetragen haben, war ihr bekannter Reflex: Alle anderen haben keine Ahnung, ich habe die Zahlen, ich habe die Weisheit.
Wissen Sie denn eigentlich,wie es in den Dienststellen des Landes teilweise aussieht? Wir waren letzte Woche mit einigen Kollegen im Gespräch mit Personalräten aus dem Bereich der Polizei. Durch Ihren Stellenabbau in den letzten Jahren haben wir teilweise die tolle Situation, dass Polizeikommissare und Polizeioberkommissare die Post durch die Gegend fahren. Das hängt damit zusammen, dass Sie im Tarifbereich auch Stellen weggestrichen haben.
Und Sie stellen sich jetzt hierhin und sagen: Ihr müsst das einmal alles seriös gegenfinanzieren. – Sie haben uns das alles eingebrockt, und wir sollen das auslöffeln. Herr Innenminister Bouffier, die Arbeitsteilung gelingt Ihnen nicht – die nicht.
Ich muss mir auch keine Sorgen machen, ob Sie das Wahlergebnis richtig analysieren. Das können Sie am 17. Mai auf Ihrem Parteitag machen, wo Sie das alles – ich glaube, zwei Anträge liegen vor – ganz kritisch diskutieren. Das ist nicht meine Sorge.
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Da sind Sie ein gutes Beispiel für Selbstkritik bei Ihrem letzten Parteitag!)
Herr Wagner, ich muss Sie an dieser Stelle enttäuschen. Sie werden sich in den nächsten Wochen und Monaten sowieso noch wundern.All das, was Sie glauben, wird Ihnen nicht gelingen.
Wir legen Ihnen Punkt für Punkt zu den Themen Studiengebühren und öffentlicher Dienst dar, dass wir sehr wohl in der Lage sind, politische Inhalte umzusetzen, die dem Willen der Mehrheit der Menschen in diesem Land entsprechen, weil das die richtige Politik ist. Das verstehen Sie aber nicht.
Zu den 8 Millionen c: Ich habe versucht, es Herrn Beuth zu erklären, und ich habe versucht, es dem geschäftsführenden Innenminister zu erklären. Die verstehen es nicht. Es geht um die Differenz zwischen den 2,4 %, die Sie per Gesetz festgelegt haben, und den 2,9 % aus dem derzeit gültigen Tarifabschluss. Es geht für die Tarifbeschäftigten um diese Differenz.
Im Kern reden Sie doch von einer eigenen Tariflandschaft in Hessen.Was heißt das? Sie wollen sich von allen anderen Bundesländern abkoppeln. Sie wollen offensichtlich, dass hessische Beschäftigte weniger bekommen sollen als andere. Das können wir so formulieren. Dann sollten Sie das aber auch klarmachen.Wir wollen das dezidiert nicht. Da unterscheiden wir uns.Wir wollen das nicht.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN – Michael Boddenberg (CDU): Jetzt zur Finanzierung!)
Jetzt zur Finanzierung, Herr Boddenberg. Was hätten Sie eigentlich gemacht, wenn Sie in der Tarifgemeinschaft geblieben wären und es wären Einkommenserhöhungen um 2,9 oder 3,1 % herausgekommen? Dann hätte jede seriös arbeitende Regierung genau die Mittel, die aufzubringen wären, in den Haushaltsentwurf eingestellt. Der Landtag hätte das dann diskutiert und beschlossen.Nichts anderes wäre geschehen.
Der Wiedereintritt in die TdL wird dauern. Das ist gar keine Frage. Das geht nicht so schnell. Da sind wir vielleicht nicht einmal mehr bei den Haushaltsberatungen, sondern schon weiter. Das ist die Sachlage. Sie tun so, als ob wir morgen eine Gegenfinanzierung machen müssten.
Zur Arbeitszeit. Auch da sollten Sie besser zuhören. Wir haben gesagt: Das geht in einem Stufenverfahren – erst die Arbeitsbedingungen in der Schule verbessern, dann die Qualität verbessern und zum Schluss auch über die Arbeitszeit reden. Da unterscheiden wir uns in der Tat von den LINKEN. Die Reduzierung der Arbeitszeit muss finanziert werden. Das ist nicht ganz so einfach, meine Damen und Herren von der LINKEN.
Ich finde es bemerkenswert, dass Sie aus der gesamten Diskussion der letzten Monate nichts gelernt haben. Herr Innenminister, Sie haben das im Innenausschuss härter formuliert. Sie haben eigentlich klar gesagt, dass Sie den Beschluss des Landtags nicht umsetzen werden. Da ant
worte ich Ihnen relativ klar und deutlich:Das wird sich die Mehrheit dieses Landtags schlicht und ergreifend nicht gefallen lassen.
Da wir in diesem Landtag auch für das Beamtenrecht zuständig sind, gibt es andere Möglichkeiten.Wir wollten eigentlich dem Grundsatz folgen: Beamtenrecht folgt dem Tarifrecht. Man kann das gegebenenfalls auch anders sehen.
Übrigens fordert der Beamtenbund eine Besoldungserhöhung um 8 % für die Beamten. Das hat selbst ver.di noch nicht gefordert. Herr Innenminister, Sie haben in wortreichen Erklärungen versucht, hier darzustellen, dass das, was wir hier betreiben, unseriös und nicht finanzierbar sei. Sie haben in den letzten fünf Jahren den Landeshaushalt auf Kosten von 150.000 Mitarbeitern in der Landesverwaltung zu sanieren versucht. 150.000 Menschen haben darunter gelitten.
Wir wollen einen Zustand herstellen, in dem die Mitarbeiter für gute Arbeit ordentlich entlohnt werden – nicht mehr und nicht weniger. Sie können sicher sein: Wir werden das hinkriegen, und Sie werden uns daran nicht hindern.
Deswegen sage ich am Schluss: Ein bisschen mehr Demut hätte Ihnen gut angestanden.Aber man soll nichts verlangen,was offensichtlich nicht möglich ist,Herr Innenminister. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben das Signal verstanden, das von dem heutigen Beschluss im Landtag ausgeht. Wir meinen es ernst. Wir wollen, dass die Tarifautonomie in Hessen wiederhergestellt wird. Die Tarifhoheit ist ein hohes Gut – auch geschichtlich gewachsen. Deswegen, Herr Innenminister, werden wir das umsetzen, und wir lassen uns von Ihnen nicht daran hindern. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedauere es sehr, dass ich aufgrund der Tatsache, dass mich Herrn Beuth falsch zitiert hat, vorhin etwas laut geworden bin.
Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, denn es geht hier um eine sehr ernste Sache. Ich hoffe, dass es möglich ist, das in einer angemessenen Diskussionskultur zu Ende zu bringen.
Herr Minister, Sie haben davon gesprochen, dass der Wiedereintritt in die TdL selbst dann, wenn wir das heute beschließen,Zeit in Anspruch nimmt.Die Diskussion hatten wir schon im Innenausschuss. Das ist völlig klar. Deshalb haben wir vorgeschlagen, dass parallel zum Wiederaufnahmeverfahren in die TdL schon die Überleitungsverhandlungen mit den Gewerkschaften geführt werden, damit keine zusätzliche Zeit verloren geht.
Aber ich habe eher den Eindruck – ich glaube, diese Ansicht teilt die Mehrheit dieses Hauses –, dass es Ihnen gar nicht darum geht, in die TdL zu kommen, wie Sie schon in
der Ausschusssitzung andeuteten, sondern es geht Ihnen darum, den Weg eines eigenen Tarifrechts hier in Hessen weiterzuverfolgen – selbst gegen die Mehrheit dieses Hauses. Das ist unredlich, und das ist im Kern auch undemokratisch, wenn es ein klares Votum und eine Meinungsbildung dazu gibt.
Herr Minister, Sie haben in Ihrem Beitrag auch versucht, unterschwellig deutlich zu machen,dass die Gewerkschaften, mit denen Sie derzeit über ein Eckpunktepapier verhandeln – darüber sind wir von den Gewerkschaften informiert worden –, davon abrücken würden, dass Hessen Mitglied in der TdL sein soll. Das ist eindeutig falsch, und das wissen Sie auch. Selbst im Eckpunktepapier ist die Zielsetzung eines Wiedereintritts und einer Mitgliedschaft in der TdL klar formuliert,und uns ist von allen Gewerkschaften klar versichert worden, dass sie selbstverständlich ein Interesse daran haben, dass Hessen alsbald wieder Mitglied in dieser Tarifgemeinschaft ist. Sie sollten also nicht so tun, als ob die Gewerkschaften anders handelten als die Mehrheit dieses Hauses.
Herr Beuth,Sie haben berichtet,dass Sie einen Antrag auf Durchführung einer Anhörung im Ausschuss gestellt haben, den wir mehrheitlich abgelehnt haben. Ich glaube, es ist richtig, dass wir das getan haben. Denn die Frage, die sich für mich stellt, ist folgende: Was wollen Sie mit einer Anhörung erreichen, außer zusätzlich Zeit zu gewinnen? Welche neuen Erkenntnisse – das ist vom Kollegen Rudolph schon gesagt worden – soll denn eine solche Anhörung zutage fördern als den durch die Wahlentscheidung zum Ausdruck gebrachten Willen der Mehrheit der Menschen in Hessen? Nehmen Sie dieses Ergebnis doch als „große Anhörung“, und ziehen Sie endlich Ihre Konsequenzen daraus. Das wäre meine herzliche Bitte.
Sie haben gesagt, die Rückkehr sei nicht verantwortbar. Ich drehe das Argument einmal um. Das, was Sie getan haben, nämlich der Austritt aus der TdL, ist nicht verantwortbar. Das, was jetzt stattfindet, ist eine Potenzierung der Probleme,die daraus resultieren.Im Übrigen hat auch in den anderen Bundesländern der Übertritt vom alten BAT und vom alten Arbeitertarifvertrag in den neuen Tarifvertrag der Länder zusätzlich Geld gekostet. Sie haben das im Ausschuss beziffert, Herr Minister. In Hessen würden die Überleitungskosten 65 Millionen c betragen. Um diese Kosten werden Sie so oder so nicht herumkommen – zu welchem Zeitpunkt auch immer.
Nun zur Lohn- und Gehaltsfrage. Wohl wissend, dass im Tarifbereich ein Abschluss für die anderen Bundesländer in der Größenordnung von 2,9 % vorhanden war, haben Sie hier ein Gesetz gemacht,das in der Höhe niedriger lag. Im Moment habe ich den Eindruck, dass Sie aufgrund der neuen Mehrheitsverhältnisse auch zu neuen Erkenntnissen kommen und jetzt möglicherweise bereit sind, auf diese 2,9 % zu gehen.
Letzter Satz. Folgende Frage bleibt an dieser Stelle nach wie vor offen und zu beantworten: Wieso haben Sie mit
Ihrem Gesetz nicht wenigstens eine Tariferhöhung um 2,9 % festgelegt? Warum sind Sie darunter geblieben? Die Antwort sind Sie nach wie vor schuldig. Ich denke, die Antwort liegt offen zutage.