Danke schön, Frau Sorge. – Für die Landesregierung hat Frau Staatsministerin Lautenschläger das Wort.
Silke Lautenschläger, Sozialministerin, zugleich mit der Leitung des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst beauftragt:
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir teilen als Landesregierung nach wie vor die Intentionen der Mehrheit des Landtags nicht. Nichtsdestotrotz haben wir mit Finanz-, Justiz- und Wissenschaftsressort die Fraktionen in dem Gesetzgebungsverfahren umfänglich beraten. So wurden z. B. die Themen Deckungsvorschläge, rechtstechnische Prüfung und Vergabe der Mittel durch das Präsidium behandelt, aber auch Hinweise zur Frage der gerechten Verteilung der Mittel gegeben. Alle diese Punkte sind auch in der Anhörung angesprochen worden. Mit den übersandten Formulierungshilfen und einem ausgearbeiteten Änderungsantrag rechtstechnischer Natur hat die Landesregierung eine umfassende Beratung der Fraktionen geleistet,auch wenn die Fraktionen von SPD und GRÜNEN nicht alle unsere Vorschläge berücksichtigt haben.
Gleichzeitig bleibt es dabei, dass wir den von Ihnen gewollten Weg für falsch halten. Ich will Ihnen dazu noch einmal einige Punkte ganz deutlich sagen.
Zunächst zum Thema Langzeitstudienbeiträge.Wir haben durch die Erhebung von Langzeitstudienbeiträgen eine Verringerung der durchschnittlichen Studienzeiten erreicht. Wir haben durch die Einführung der Langzeitstudienbeiträge im Jahr 2004 gleichzeitig eine Erhöhung der Absolventenquote erreicht. Die missbräuchliche Nutzung eines Studiums ist eingedämmt worden, weil Steuergelder nicht mehr für Karteileichen zur Verfügung gestellt wurden. Ich denke, es ist wichtig, noch einmal zu sagen, dass der sprunghafte Anstieg der Zahl derjenigen, die ihr Studium in der Regelstudienzeit bewältigt haben, mit dazu geführt hat, dass deutlich wird, dass auch die Langzeitstudiengebühren zu mehr Anstrengung und damit zu mehr Studienerfolg geführt haben.
Sie haben heute viel darüber gesprochen, warum Studienbeiträge aus Ihrer Sicht nicht sinnvoll sind. Ich denke, wir müssen noch einmal festhalten, dass genau das, was Sie im Vorfeld gesagt haben, dass nämlich Studienbeiträge die Zahl der Studierenden sinken lassen würden, nicht eingetreten ist.Die Studierendenzahlen sind auf hohem Niveau geblieben. Das zeigt auch, dass die Erhebung von Studiengebühren schlichtweg der richtige Weg zur Finanzierung des Studiums ist, der richtige Weg, Steuergelder gut einzusetzen, junge Menschen aber auch anzuhalten, sich in der Regelstudienzeit anzustrengen und danach bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben.
Ich möchte auch hier noch einmal betonen: Wir haben eine sozial ausgewogene Lösung bei den Studienbeiträgen gewählt, weil niemand Beiträge zurückzahlen muss, wenn er nicht selbst Geld verdient. Auch das muss am heutigen Tag noch einmal festgehalten werden: Es ist sozial ausgewogen. Nur der zahlt zurück, der auch tatsächlich Geld verdient.
Es ist sicherlich ganz spannend,dass das heute kaum einer Erwähnung von Ihrer Seite wert war: Es ist inzwischen unbestritten, dass in der kurzen Zeit nach Einführung der Studienbeiträge die Lehre plötzlich in den Mittelpunkt gerückt ist und dass sich die Studienbedingungen an den Hochschulen tatsächlich verbessert haben.
Daher ist es für die Studierenden deutlich besser geworden; aber auch der Anspruch der Studierenden an die Lehre ist dadurch klar zum Ausdruck gekommen. Die Hochschulen – die Präsidien genauso wie der Senat – schauen hin:Wie werden die Mittel eingesetzt? Führt das tatsächlich zu Veränderungen in der Lehre, mit denen die Ausbildung von jungen Menschen verbessert werden kann?
Ich will sehr deutlich machen, dass wir das im Wintersemester – damals war es der Kollege Corts – in einem Weißbuch festgehalten haben. Im Sommersemester werde ich das noch einmal aufgreifen.
Ich möchte schon heute ankündigen:Wir wollen das dauerhaft fortführen; denn uns geht es darum, dass die Lehre verbessert wird und dass es nicht nur Auswirkungen auf die Kapazitäten hat, die dort vorhanden sind. Wir gehen dort einen Weg, mit dem wir die Studierenden fördern.
Wir gehen aber nicht den Weg, den Sie in den Neunzigerjahren gegangen sind.Wenn Sie sich heute hierhin stellen und sagen, Sie wollten Verbesserungen für die Lehre und für die Studierenden und außerdem mehr Geld für diesen Bereich, muss man an diesem Tag auch daran erinnern, dass Sie in den Neunzigerjahren dafür gesorgt haben,dass die hessischen Hochschulen der Steinbruch des Haushalts waren.
Wir mussten den beschwerlichen Weg gehen, die Hochschuletats jährlich aufzustocken, um Verbesserungen in Lehre und Forschung und dadurch auch höhere Studierendenzahlen und bessere Zukunftschancen für junge Menschen zu erreichen.
Zum Abschluss will ich für die Landesregierung noch einmal festhalten: Unser Ziel bleibt es, mehr Freiheit für die Hochschulen zu erreichen.Wir wollen eine bessere Lehre und damit bessere Voraussetzungen für junge Menschen haben, sodass sie mit dem Erlernten wirklich einen Beruf finden und Geld verdienen können. Wir wollen, dass Lehre und Forschung im Vordergrund stehen und dabei tatsächlich gleichberechtigt sind. Das ist unser Weg.
Ich bin davon überzeugt, es wird sich auf lange Sicht herausstellen, dass der Weg, den wir eingeschlagen haben, richtig war – auch wenn Sie heute einen anderen Weg wollen. Wir werden darauf achten, dass die Lehre tatsächlich weiterhin im Mittelpunkt steht und dass die Mittel dafür eingesetzt werden. Wir werden auch darauf achten, dass das Geld nicht in andere Kanäle fließt und dass die Hochschulen nicht, wie in den Neunzigerjahren, wieder zum Steinbruch werden.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin Lautenschläger. – Für die SPD-Fraktion hat sich ihre Vorsitzende, Frau Ypsilanti, zu Wort gemeldet. Frau Ypsilanti, Ihnen stehen fünf Minuten Redezeit zur Verfügung.
Die fünf Minuten Redezeit werde ich nicht brauchen. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist mir wichtig, zu sagen, dass ich es schade finde, dass diese Landesregierung nicht begriffen hat, was für eine gute Entscheidung wir heute treffen,
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Michael Bodden- berg (CDU): Was Sie so alles nicht begriffen haben!)
dass die Mehrheit der Menschen in diesem Land das will und dass sie am 27. Januar 2008 an dieser Stelle ein Problem hatte; denn die Studierenden und die Eltern der Studierenden hatten sicherlich – –
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Haben Sie schon wieder gewonnen? – Gegenruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD): Ihr habt 12 % verloren! – Zuruf von der CDU:Warten Sie einmal ab, was Sie noch alles kapieren müssen!)
Das ist, wie der Tarifvertrag der Länder, ein Schritt in die richtige Richtung: zu mehr Chancengleichheit und zu sozialer Gerechtigkeit in diesem Land. Herr Siebel hat darauf hingewiesen, dass es Untersuchungen gibt, wonach durch die Studienbeiträge mehr Kinder aus bildungsfernen Schichten vom Studium abgehalten werden. Das können und wollen wir uns wegen der Kinder nicht leisten.
Frau Lautenschläger, die Lehre hat sich verbessert. Aber die Lehre an den Universitäten muss auch in Zukunft nicht leiden; denn wir haben gesagt – das war natürlich schon ein schwieriger Akt –, dass die Universitäten auch zukünftig Geld zur Verfügung haben werden.
Ich möchte eine letzte Bemerkung hinzufügen. Es gibt eine Studie aus Österreich – auch dort hat man Studiengebühren eingeführt –, die belegt, dass vor allem junge Frauen von der Aufnahme eines Studiums abgehalten werden. Deshalb ist die Abschaffung der Studiengebühren auch eine Frage der Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern.
Das ist ein richtiger Schritt, auf den die Fraktionen, die dem heute zustimmen, stolz sein können. Ich freue mich, dass wir der Chancengleichheit, der Nichtausgrenzung und der sozialen Gerechtigkeit wieder einen Schritt näher gekommen sind.
Vielen Dank, Frau Ypsilanti. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich der Vorsitzende, Herr Tarek Al-Wazir, zu Wort gemeldet. Herr Al-Wazir, Sie haben fünf Minuten Redezeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Hessische Landtag der 17. Legislaturperiode arbeitet jetzt seit knapp zwei Monaten.Ich werde von vielen Menschen gefragt, wie es denn in Wiesbaden jetzt weitergeht. Kann man unter diesen Umständen eigentlich Politik machen?
Ich glaube, wir alle sind uns einig, dass der gegenwärtige Zustand mit einer geschäftsführenden Regierung nicht optimal ist.Aber der heutige Tag zeigt, dass sich in Hessen etwas bewegt, wenn auch unter erschwerten Umständen. Wir hatten im Landtagswahlkampf ein Plakat, auf dem stand: „Studiengebühren sind abwählbar“. Dieses Versprechen lösen wir heute ein.
Wir haben in der letzten Legislaturperiode lange über die Frage gestritten, ob es sinnvoll ist, Studiengebühren einzuführen. Ich kann für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagen: Wir sind froh, dass die sozial ausgrenzende Wirkung von direkten Studiengebühren ab dem nächsten Wintersemester in Hessen der Vergangenheit angehören wird.Es zeigt sich, dass auch unter erschwerten Bedingungen eine Politik möglich ist, die dieses Land voranbringt.
Wir GRÜNE haben immer darauf bestanden, dass die Gegenfinanzierung für die Hochschulen sichergestellt wird. Dazu stehen wir. Darauf legen wir großen Wert. Auch glauben wir, dass der heutige Tag ein guter Tag für Hessen ist. Ich finde, dass dies ein Beweis dafür ist, dass sich auch unter erschwerten Bedingungen eine fortschrittliche Politik machen lässt.
Ich glaube allerdings auch, dass dies allen Beteiligten erhebliche Anstrengungen abverlangt, und ich sage ausdrücklich: Wir GRÜNE haben viel Arbeit in diesen Gesetzentwurf gesteckt. Im Namen der Fraktion darf ich mich noch einmal bei Sarah Sorge für die viele Arbeit bedanken, die sie hineingesteckt hat. Wir finden es schön, dass diese Arbeit auch Früchte trägt. Meinetwegen kann ich auch noch Michael Siebel loben.
Es ist anstrengend hier. Wir sind sicher, dass es unter diesen Bedingungen nicht bis 2013 weitergehen wird.
Trotzdem ist das heute ein guter Tag.Wir werden gleich einen sehr guten Beschluss fassen. – Vielen Dank.