Protokoll der Sitzung vom 05.02.2009

(Namensaufruf)

Meine Damen und Herren, ich frage: Hat jeder seine Stimmkarte abgeben können – außer natürlich denen, die jetzt noch an der Wahlurne stehen? Letzter Aufruf: Wer hat noch nicht abgegeben? – Keiner meldet sich, dass er keine Chance hatte, das zu tun, was er hat tun sollen.

Dann stelle ich fest, dass die Wahlhandlung abgeschlossen ist.

Meine Damen und Herren, ich bitte nun die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer, mit der Auszählung der Stimmen zu beginnen und dabei zunächst die ungeöffneten Umschläge zu zählen, dann auszupacken und die Stimmen zu zählen.

Ich unterbreche die Sitzung bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses.

(Unterbrechung von 13:49 bis 14:01 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen das Ergebnis der Wahl bekannt geben.Anwesend und stimmberechtigt sind 117 Abgeordnete. Zahl der ausgegebenen Stimmzettel: 117. Zahl der abgegebenen Stimmzettel: 115. Zahl der gültigen Stimmzettel: 114. Zahl der ungültigen Stimmzettel: 1.

Auf den Vorschlag, Herrn Koch zu wählen, entfielen 62 Stimmen.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP)

Mit Nein haben 52 Mitglieder des Hauses gestimmt.

Nach Art. 101 Abs. 1 der Hessischen Verfassung ist zum Ministerpräsidenten gewählt, wer mehr als die Hälfte der Stimmen der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Landtags erhält. Ich stelle fest: Auf Herrn Roland Koch ist die nach der Verfassung erforderliche Mehrheit bei der Wahl zum Hessischen Ministerpräsidenten entfallen. Herr Koch, Sie sind damit zum Ministerpräsidenten des Landes Hessen gewählt worden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Koch, ich frage Sie, ob Sie die Wahl annehmen.

Ja, Herr Präsident, ich nehme die Wahl an.

Dann gratuliere ich Ihnen im Namen des Hauses und wünsche Ihnen alles Gute.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich rufe nun auf:

b) Vereidigung des Ministerpräsidenten (Art. 111 HV)

Nach Art. 111 der Verfassung des Landes Hessen leistet der Ministerpräsident den Amtseid vor dem Landtag.

(Die Anwesenden erheben sich von den Plätzen.)

Herr Ministerpräsident, ich lese Ihnen jetzt den Wortlaut des Eides vor und bitte Sie, ihn nachzusprechen. Sie können dies unter Hinzufügung einer religiösen Beteuerungsformel tun.

Der Eid hat folgenden Wortlaut:

Ich schwöre, dass ich das mir übertragene Amt unparteiisch nach bestem Wissen und Können verwalten sowie Verfassung und Gesetz in demokratischem Geiste befolgen und verteidigen werde.

Ich schwöre, dass ich das mir übertragene Amt unparteiisch nach bestem Wissen und Können verwalten sowie Verfassung und Gesetz in demokratischem Geiste befolgen und verteidigen werde, so wahr mir Gott helfe.

Herr Ministerpräsident, ich gratuliere Ihnen ganz herzlich und wünsche Ihnen alles Gute und Gottes Segen.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN – Ministerpräsident Roland Koch nimmt Glückwünsche entgegen. – Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

Herr Ministerpräsident, ich gebe Ihnen Gelegenheit, zum Landtag zu sprechen.

Herr Landtagspräsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich für die erneute Übertragung des Amtes durch den Hessischen Landtag.

Sie werden es verstehen: Fast ein Jahrzehnt der Verantwortung in diesem Amt liegt hinter mir.Es hat viele unterschiedliche Erlebnisse beinhaltet, über die sich viele – auch ich – sehr gefreut haben, aber auch Dinge, die viele – manchmal andere, aber auch mich – geärgert haben. Es war also eine Wahlperiode, die uns allen wahrlich viel abverlangt hat, eine Wahlperiode, die sicherlich auch manche Wunden auf den verschiedensten Seiten hinterlassen hat.

Ich möchte mich bemühen, diese erneute Wahl durch den Hessischen Landtag auch zum Anlass zu nehmen, den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes zu zeigen, dass wir mit solchen Formen von Auseinandersetzungen fertig werden – nicht etwa, indem wir sie vertuschen.

Schon die ersten Stunden dieses neuen Hessischen Landtags haben gezeigt, es wird ein Landtag, in dem sich die politischen Kontroversen fortsetzen – bei aller Klarheit über die Fronten zwischen Regierung und Opposition,mit manchen Diskussionen zwischen den politischen Lagern und in den politischen Lagern.

Das muss auch so sein. Dieser Landtag ist schließlich so gebaut, dass man sich in der Auseinandersetzung Aug in

Aug begegnen kann. Die Regierungsbänke sind so gebaut, dass selbst die leisesten Bemerkungen der Regierungsmitglieder immer zum Gegenstand der parlamentarischen Debatte werden können; denn der Redner, der an diesem Pult steht, hört alles mit. Das ist manchmal gut, und manchmal kostet es Zeit.

Aber es gehört dazu, dass wir uns bemühen, mit diesem Konflikt so umzugehen und diese Auseinandersetzungen so zu führen, dass die Bürgerinnen und Bürger sehen, dass, egal wer es macht – nach diesem Jahr, nach den schwierigen sogenannten hessischen Verhältnissen –, am Ende der parlamentarischen Arbeit jeweils Ergebnisse stehen und dass es ein klares, durch das Vertrauen einer Mehrheit des Parlaments unterstütztes Regierungshandeln gibt.

Ich will versuchen, meinen Beitrag dazu zu leisten: den Auseinandersetzungen nicht aus dem Wege gehend, aber auch die großen Projekte mit anschauend, die in den letzten zwölf Monaten eine Rolle gespielt haben und die wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben, vom Finanzausgleich über das Beamtenrecht bis zur Frage der Nachhaltigkeit. Dort, wo es in dem Jahr heftiger Auseinandersetzungen und Schwierigkeiten gelungen ist, Brücken zu bauen, sollen diese nicht wieder eingerissen werden. Ich hoffe, dass trotz der Heftigkeit der Auseinandersetzungen auch in Zukunft alle bereit sein können,diesen Weg zu gehen.

Ich übernehme erneut die Verantwortung in einer Zeit, in der die Bürgerinnen und Bürger noch besorgter sind, als sie es möglicherweise zu anderen Zeiten schon waren. Wir, die wir in der Politik alle miteinander die Verantwortung tragen, werden in diesen Tagen nicht in der Lage sein, ihnen zu sagen, dass diese Sorgen unbegründet sind. Im Gegenteil, in jeder Stunde, an jedem Tag, an dem wir hier arbeiten, spricht manches dafür, dass wir von krisenhaften Entwicklungen begleitet sein werden, deren Ausmaß und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft wir noch nicht voll übersehen.

Das heißt, wir werden nicht nur über die normalen Fragen, die auf die Ressorts einer Regierung verteilt sind, miteinander diskutieren,sondern wir werden eine Verantwortung dafür haben – bei alldem, was der Alterspräsident mit Recht über das „Ansehen“ oder das „begrenzte Ansehen“ von Politik gesagt hat –,den Menschen deutlich zu machen, dass wir die Übersicht behalten können und dass wir auch in Zeiten, in denen man nur Schritt für Schritt planen kann, die Verantwortung und die Fähigkeit haben, miteinander Entscheidungen zu treffen, die im Interesse der Menschen liegen und ihnen bestmögliche Sicherheit geben. Dabei geht es nicht nur um die Sicherheit im Sinne von Polizei und Ordnung, sondern auch um die Sicherheit in dem Sinne, die Menschen wissen zu lassen, dass sie in einer Ordnung von Gesellschaft leben, in der sie ihr persönliches Fortkommen für die Zukunft erkennen können. Das ist in den 60 Jahren des Bestehens, die wir in diesem Jahr in Deutschland oft feiern werden, fast zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Noch selten haben sich die Menschen so viele Sorgen darum gemacht, dass dies in Gefahr geraten könnte, wie jetzt.

Deshalb möchte ich, dass auch die Regierung, die ich führe, ihren Beitrag dazu leistet, dass die Menschen sehen können, dass wir in der Lage sind, zu gewährleisten, dass diese große Errungenschaft unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft erhalten bleibt: dass sie auch in kritischen Zeiten mit einem hohen Maß an sozialer Sicherheit

und mit einer Perspektive für Fortschritt und Zukunft leben können.

Wir haben in der Zusammenarbeit, die politisch verabredet worden ist, die drei Begriffe Vertrauen, Freiheit und Fortschritt in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt. Diese Begriffe sind offen für alle, die an der Diskussion teilnehmen wollen.

Sie zeigen vor allen Dingen eines: Wir haben nicht die Vorstellung, dass jetzt etwas so und nicht anders und ohne Dialog durchgesetzt werden muss, sondern wir wollen – dezentral – viele Menschen vor Ort in die Verantwortung mitnehmen, Bürgerinnen und Bürger genauso wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserer großen Verwaltung.

Das zeigt, dass wir nicht wollen, dass sich der Staat aufdrängt, und dass wir eher die Sorge haben, dass wir es schaffen, den Staat nach der Bewältigung der Krise auf das notwendige Maß zurückzunehmen.

Aber das zeigt auch: Ja, ich und alle, die mit mir die Verantwortung in der Regierung tragen werden, sind davon überzeugt, dass das Land Hessen ausgezeichnete Zukunftschancen hat. Seine Prognose ist so uneingeschränkt positiv, dass wir sicher und überzeugt sagen können: Das werden Jahre, die nicht nur den Mitgliedern der Regierung Freude machen werden. Das wird gelegentlich sicherlich auch der Fall sein. Manchmal werden wir es uns selbst schwer machen, manchmal werden dies die Mitglieder der Opposition tun. So ist das halt im Parlament.

Aber das ist auch eine Botschaft an die Bürger: Wir sind nicht dabei, die Arbeit einer Regierung aufzunehmen, die etwas abwickelt oder verwaltet. Nein, wer in Hessen Politik macht,hat in Deutschland und darüber hinaus eine ungewöhnliche Chance. Er redet in und gestaltet über ein und mit einem Land in der Mitte Europas, das von der Veränderung der wirtschaftlichen Zukunft in besonderer Weise profitieren kann. Die Voraussetzungen dafür zu schaffen ist unsere gemeinsame Aufgabe. Ich will auch in Zukunft daran an verantwortlicher Stelle als Ministerpräsident mitwirken.

Ich bitte Sie, die Mitglieder dieses Hauses, und die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes,dass wir in fairer und offener Diskussion, aber ohne Unterschlagen der Unterschiede, wo sie vorhanden sind, darangehen, dieses Land zu führen und weiterhin zu gestalten. Es ist ein tolles Land. Ich bin stolz darauf, der Ministerpräsident dieses Landes zu sein. Ich bitte Sie um Zusammenarbeit. – Vielen herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP – Ministerpräsident Roland Koch nimmt Glückwün- sche entgegen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte dem Herrn Ministerpräsidenten jetzt die Gelegenheit geben, sein Kabinett zu ernennen. Er wird es uns im Anschluss daran hier vorstellen. Danach werden die Mitglieder des Kabinetts vereidigt werden.

Zu diesem Zweck – das ist guter Brauch – unterbreche ich die Sitzung des Landtags bis 14:45 Uhr. Danach geht es weiter.

(Unterbrechung von 14:15 bis 14:52 Uhr)

Meine Damen und Herren,ich eröffne die Sitzung wieder. Wir fahren in der Tagesordnung fort und kommen zu Tagesordnungspunkt 14: