Auch die Rekordzahl von mehr als 40.000 behandelten Patienten spricht eine deutliche Sprache, denn Patienten haben eine Wahl, wohin sie gehen. Herr Spies, hören Sie also endlich auf, die Privatisierung als solche schlechtzureden. Hören Sie auf, die Staatsmedizin zu fordern. Diese Privatisierung war richtig. Sie bleibt richtig und ist ein großer Erfolg für dieses Land und seine Menschen.
Dass es bei einem solch großen Werk an einzelnen Stellen auch einmal knirscht, ist nicht ungewöhnlich.
Natürlich ist es ärgerlich, dass es dann nicht gelungen ist – ich möchte gerne darauf eingehen –, die neue Partikeltherapie so zu gestalten, dass sie zu wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen zur Behandlung der Patienten eingesetzt werden kann. – Im Übrigen hoffe ich, dass das noch einmal gelingen wird.
Richtig ist aber auch: Ohne die Privatisierung wäre es überhaupt nie dazu gekommen, in Marburg einen Teilchenbeschleuniger für mehr als 100 Millionen € zu bauen. Auch das muss man an dieser Stelle einmal sagen.
Wir wissen: Auch die rechtliche Konstruktion war nicht einfach. Das zeigt sich auch darin, dass zwei höchste deutsche Gerichte – das Bundesarbeitsgericht und das Verfassungsgericht – hier unterschiedliche Auffassungen haben.
Das alles ändert aber nichts daran, dass sich die Beschäftigten bei dem neuen Arbeitgeber sehr gut stellen. Bei Weitem der größte Teil der Beschäftigten verdient heute mehr, als er im Landesdienst verdient hätte. – So viel zur angeblichen Schlechterstellung von Bediensteten bei einem privaten Betreiber.
Meine Damen und Herren, nun zur Diskussion um die Personalausstattung des UKGM. Im Kern geht es da um die Frage, ob der private Betreiber über zwei Jahre im Rahmen der Fluktuation einige Stellen abbauen kann, um damit Kostenziele zu erreichen.
Meine Damen und Herren, auch aus liberaler Sicht bedauern wir, wenn Arbeitsplätze – wo auch immer – verloren gehen. Wir freuen uns, wenn welche entstehen. Deswegen setzen wir, im Gegensatz zu anderen Fraktionen – ich schaue einmal in diesem Hause vor mich –, konsequent auf Wachstum.
Dass wir damit wirtschaftspolitisch in Deutschland und in Hessen den richtigen Rahmen setzen, um wirtschaftliche Entwicklungen zu ermöglichen, sieht man nicht zuletzt daran, dass es im Jahr 2012 mehr sozialversicherungspflichtige Jobs in diesem Land gibt als jemals zuvor.
Wirtschaftlicher Erfolg entsteht aber auch dadurch, dass Abläufe gezielt effizient gestaltet werden, neue Technologien zum Einsatz kommen, Verwaltungen verschlankt werden und damit Leistung auch mit weniger Personal erreicht werden kann. Deswegen ist in Einzelfällen Personalabbau unvermeidlich: damit das Unternehmen wettbewerbsfähig bleibt und somit auch langfristig Arbeitsplätze sichert.
Klar ist in unserem Fall aber auch: Vertrag ist Vertrag. Den hat das UKGM zu erfüllen. Bei keinem vertraglich zugesicherten Teil darf es Abstriche geben – weder bei den Zusagen gegenüber der Belegschaft noch bei der Patientenversorgungen, noch bei der Forschung, noch bei der Lehre. Hierauf legen wir großen Wert, und ich weiß, das tut auch die Landesregierung.
Deshalb hat es – auch auf Anregung unseres Fraktionsvorsitzenden Florian Rentsch – an diesem Wochenende intensive Gespräche gegeben,
für die ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich dem Ministerpräsidenten und der Wissenschaftsministerin danken möchte. Als Ergebnis wird eine Arbeitsgruppe unter maßgeblicher Beteiligung der ärztlichen Direktoren untersuchen, wie Effizienzgewinne gehoben werden können, ohne die gute Qualität der ärztlichen Behandlung zu beeinträchtigen.
Auch die betroffenen Universitäten werden eng eingebunden. Auch das ist wichtig. Wir haben es vertraglich abgesichert, dass Forschung und Lehre wesentliche Aufgaben der Einrichtung sind. Diese Verträge setzen wir auch um.
Insgesamt war die öffentliche Diskussion – die gerade von der linken Seite dieses Parlaments unterstützt worden ist – in den letzten Tagen leider nicht hilfreich. Denn am Ende kommt es darauf an, den Patienten deutlich zu machen, dass sie weiterhin gute medizinische Leistungen auf hohem Niveau erhalten. Diese Leistung wird auch nicht leiden, wenn sich das Unternehmen anders organisiert.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich deswegen als Fazit festhalten: Die Privatisierung war ein richtiger Schritt, der die Patientenversorgung in Mittelhessen vorangebracht hat. Dabei geht es um Qualität. – Am Ende geht es aber auch um die Wirtschaftlichkeit. Denn am Ende zahlen wir alle die Kosten des Gesundheitswesens über unsere Krankenkassenbeiträge. Auch das muss an dieser Stelle klar sein.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Dr. Thomas Spies (SPD): Dazu gäbe es viel zu sagen!)
Ein runder Tisch, an dem die Rhön-Klinikum AG, das Land, die Forscher und die Beschäftigten unter der Leitung eines Mediators miteinander sprechen, das ist jetzt die richtige Maßnahme zur richtigen Zeit. Das begrüßen wir auch sehr. Dies ist der richtige Weg.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen. Wir wollen, dass die Erfolgsgeschichte der Privatisierung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg als ein erfolgreicher Weg weitergeht. – Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er ist in einer Parallelwelt angekommen, Wahnsinn!)
Vielen Dank, Herr Dr. Büger. – Als Nächste spricht Frau Kollegin Wissler für die Fraktion DIE LINKE.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ministerin, was Sie hier vorgetragen haben, ist wirklich Realitätsverleugnung. Anders kann man das überhaupt nicht bezeichnen.
Denn die Privatisierung der Universitätskliniken Gießen und Marburg ist ein Desaster und ganz sicher keine Erfolgsgeschichte.
Das zeigt sich auch daran, dass wir in diesem Haus alle paar Monate über neue Fehlentwicklungen am Klinikum sprechen. Das Bundesverfassungsgericht hat Ihnen mittlerweile attestiert, dass Sie bei der Privatisierung die Rechte der Beschäftigten mit Füßen getreten und gegen Grundrechte verstoßen haben.
Sie haben die Beschäftigten im Stich gelassen, indem Sie sich damals per Gesetz Ihrer Verantwortung als Arbeitgeber entledigt haben. Frau Ministerin und Herr Ministerpräsident, deshalb tragen Sie selbstverständlich auch eine Mitverantwortung für alles, was die Rhön AG jetzt am Universitätsklinikum anrichtet.
An der Verunsicherung der Beschäftigten haben Sie großen Anteil. Denn es ist noch immer nicht klar, was mit den Beschäftigten passiert, die von ihrem Rückkehrrecht in den Landesdienst Gebrauch machen. Was passiert mit diesen Beschäftigten? Müssen die mit Kündigungen rechnen, oder sind diese Arbeitsplätze sicher? Dazu haben Sie auch heute wieder nichts gesagt. Sie lassen die Beschäftigten da im Unklaren und in Unsicherheit.
DIE LINKE war immer ein entschiedener Gegner der Privatisierung des Universitätsklinikums. Was Sie ein „Erfolgsmodell“ nennen, ist nichts anderes als ein weiterer einstürzender Leuchtturm. Ich nenne nur ein Stichwort: Partikeltherapiezentrum. Das war zugesagt. Das wird es aber nicht geben. Das ist nur ein Punkt auf einer langen Liste der nicht eingehaltenen Zusagen.
Frau Ministerin, auch Sie scheinen ganz tief in Ihrem Innern nicht mehr ganz glücklich über diese Entwicklung des Leuchtturmprojekts zu sein. Zumindest lassen Sie einmal prüfen, ob die Investitionsverpflichtungen überhaupt erfüllt sind.
Frau Ministerin, ich sage Ihnen: An diesem Leuchtturm ist nicht nur die Glühbirne kaputt, sondern das ganze Fundament ist marode.
In der letzten Woche kam noch die zusätzliche Meldung, dass 500 Arbeitsplätze am Universitätsklinikum abgebaut werden sollen. Dahinter stehen 500 Familien. 500 Arbeitsplätze sollen abgebaut werden – obwohl der Gewinn des Klinikums von 2010 auf 2011 um mehr als ein Drittel gestiegen ist, nämlich von 8,3 Millionen € auf 11,2 Millionen €.
Meine Damen und Herren, jetzt ist zu lesen, dass der Ministerpräsident ein „Machtwort“ gesprochen habe. Herr Ministerpräsident, ein Machtwort kann nur sprechen, wer Macht hat. Das ist doch gerade die Krux bei privatisierten Betrieben, dass sie nämlich dem Einfluss demokratisch gewählter Regierungen und Parlamente entzogen sind. Das demonstriert die Rhön AG immer wieder aufs Neue.
Ein Beispiel: Die Stadtverordnetenversammlung in Marburg hatte einstimmig einen Beschluss gefasst, in dem der Magistrat aufgefordert wurde, Gespräche mit der Rhön AG zu führen, weil man sich über die Gesundheitsversorgung Sorgen gemacht hat. Die Rhön AG hat geantwortet, sie sehe überhaupt keinen Gesprächsbedarf, und hat auf ihre Pressemitteilung verwiesen. Das zeigt doch, welch arroganten Umgang die Rhön AG mit demokratisch gewählten Gremien an den Tag legt.
Herr Ministerpräsident, Sie haben nicht das Sagen im Uniklinikum Gießen und Marburg. Lediglich 5 % des Uniklinikums Gießen und Marburg gehören noch dem Land. Deshalb kann die gestrige Erklärung von Rhön AG, Klinikleitung und Landesregierung überhaupt nicht beruhigen. Die Rhön AG wird zu nichts verpflichtet. Es ist von Kommunikationsproblemen die Rede, als ob das Kern des Problems wäre.
Die Erklärung ist völlig vage, es werden keinerlei Zusagen gemacht. Frau Ministerin, Sie sagen doch selbst – genau das ist verräterisch –, die Rhön AG habe zugesagt, möglichst keine betriebsbedingten Kündigungen vorzunehmen. Dann ist die Rede von einem „ergebnisoffenen Verfahren“. Das kann alles heißen, Frau Kollegin SchulzAsche hat es ausgeführt. Es kann heißen, dass es sich um 490 Stellen handelt, es kann aber auch heißen, dass es sich um 510 Stellen handelt. Sie sagen, es werde keinen Abbau von 500 Stellen geben.
Herr Büger, Sie haben es eben klar ausgesprochen, Sie haben gesagt: Personalabbau ist unvermeidlich, wenn das Klinikum wettbewerbsfähig bleiben will. – Sie haben es klar und deutlich gesagt. Natürlich reden wir über Personalabbau. Wir wissen nur noch nicht, wie viele Arbeitsplätze am Ende davon betroffen sein werden.
Wenn Sie jetzt davon sprechen, eine Mediation beginnen zu wollen, dann klingt das nach den Erfahrungen des Flughafenausbaus nur noch bedrohlich. Ich frage mich