Wenn Sie jetzt davon sprechen, eine Mediation beginnen zu wollen, dann klingt das nach den Erfahrungen des Flughafenausbaus nur noch bedrohlich. Ich frage mich
Herr Ministerpräsident, Sie haben vielleicht Zeit gewonnen, aber sonst nichts. Vielleicht konnten Sie die Rhön AG erstmal zurückpfeifen, aber damit ist doch das grundsätzliche Problem nicht vom Tisch. Das Problem ist, dass die Rhön AG als Aktiengesellschaft ihren Aktionären verpflichtet ist und nicht den Patienten. Da muss man auch einmal die Frage stellen: Woher kommen denn die Profite? – Die werden auf dem Rücken der Beschäftigten und der Patienten gemacht. Es bleibt doch auch dabei, dass die Rhön AG ihren Aktionären verpflichtet ist, Erklärung hin oder her. Das Problem liegt doch viel tiefer, es liegt im gesamten System. Wenn man Kliniken privatisiert, haben sie andere Ziele als die Gesundheitsversorgung.
Weniger Personal bedeutet auch eine schlechtere Patientenversorgung. Die Beschäftigten beklagen schon seit längerer Zeit eine zunehmende Überlastung. Zunehmende Überstunden und extremer Leistungsdruck sind Dauerbelastungen. Die Ärzte am Klinikum warnten schon im letzten Jahr vor einer Verschlechterung der Versorgung. Dann sprechen Sie von einem Erfolgsmodell. Frau Ministerin, wenn diese Privatisierung für Sie ein Erfolg ist, möchte ich nicht wissen, wie Ihrer Meinung nach ein Miss erfolg aussieht.
Wenn Herr Büger sagt, es knirsche an der einen oder anderen Stelle, dann halte ich das schon für eine ziemliche Verniedlichung der Probleme, mit denen wir es hier zu tun haben. Da helfen keine Appelle und sogenannten Machtworte, die keine sind. Wir brauchen kein Vertrösten und Aufschieben. Was nötig wäre, sind gesetzliche Mindeststandards. Wenn es verbindliche Personalmindeststandards geben würde, dann wäre es eben nicht möglich, das Personal immer weiter zu reduzieren. Das haben wir bei der Novelle des Krankenhausgesetzes gefordert, leider haben Sie dem nicht zugestimmt. Das ist in Ihrer Logik auch schlüssig, denn es würde Ihren Privatisierungskurs erschweren. Es wäre nicht mehr lukrativ, private Kliniken zu betreiben, wenn die Profite nicht auf Kosten der Beschäftigten in die Höhe getrieben werden könnten.
Ich sage ganz klar für DIE LINKE: Krankenhäuser müssen nicht wirtschaftlich erfolgreich und wettbewerbsfähig sein. Sie müssen keine Gewinne für Aktionäre abwerfen. Krankenhäuser müssen Menschen gesund machen. Das muss an erster Stelle stehen, und nicht die Gewinnmaximierung.
Die jüngsten Entwicklungen sind ein Grund mehr, endlich zu prüfen, wie die Privatisierung rückgängig gemacht werden kann, um die Versorgung der Menschen in Mittelhessen nicht zu gefährden.
Mittlerweile gibt es Daten darüber, wie die Personalsituation an öffentlichen Krankenhäusern und an privaten Krankenhäusern ist. Ich will Ihnen nur eine Zahl nennen: Die Bettenanzahl, die eine Pflegevollzeitkraft zu betreuen hat, beträgt in öffentlichen Krankenhäusern 449 Betten, in privaten 511. Die zu betreuende Bettenanzahl von vollbeschäftigten Ärzten beträgt in öffentlichen Krankenhäusern 982 Betten, in privaten 1.258. – Ich glaube, das zeigt
Herr Büger, auch betriebswissenschaftliche Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit von privaten gewinnorientierten Kliniken kommen zu dem Ergebnis, dass private Krankenhäuser nicht automatisch wirtschaftlicher arbeiten als Krankenhäuser in öffentlicher Hand. Das ist überhaupt nicht so belegbar. Es zeigt sich immer wieder: Wenn das Weltbild der FDP auf die Wirklichkeit trifft, dann zieht es immer wieder den Kürzeren.
Meine Damen und Herren von der SPD, jetzt will ich noch ein paar Sätze zu Ihnen sagen. Sie sollten die Untersuchungen, die ich gerade zitiert habe, durchaus auch einmal Ihren Wiesbadener Genossinnen und Genossen zur Lektüre empfehlen, wenn es um die Privatisierung der HorstSchmidt-Kliniken geht. Ihre Wiesbadener Genossen haben dem Verkauf der Anteile zugestimmt, potenzieller Käufer ist ausgerechnet die Rhön AG, die Sie hier im Landtag zu Recht scharf kritisieren.
Ihr Antrag, über den wir heute diskutieren, ist vernünftig, und wir können ihm in großen Teilen zustimmen. In Punkt 4 wird der Landesregierung vorgeworfen: „Vielmehr wurde mit der Privatisierung bewusst der jetzt drohende, massive Stellenabbau in Kauf genommen.“
Meine Damen und Herren, was bedeutet das denn? Das bedeutet doch, dass die SPD in Wiesbaden ebenso bewusst den drohenden, massiven Stellenabbau an den Horst-Schmidt-Kliniken in Kauf nimmt. Das ist doch vollkommen absurd. Sie bringen diesen Antrag ins Plenum ein, halten eine Pressekonferenz zu dem Thema ab und lassen gleichzeitig zu, dass Ihre eigenen Leute genau den Fehler begehen, den Sie hier lauthals beklagen. Dazu sagt die Landespartei kein Wort.
Wir haben einen Antrag eingebracht, in dem wir sagen, dass wir die Privatisierung von Kliniken in Hessen für einen Fehler halten. In diesem Antrag haben wir auch geschrieben, dass sich der Landtag gegen weitere Privatisierungen von Kliniken in Hessen ausspricht. Fehler, die in Gießen und Marburg gemacht wurden, sollten in Wiesbaden nicht wiederholt werden. Es wäre konsequent, wenn die SPD unserem Antrag zustimmen würde. Die Gesundheitsversorgung der Menschen ist wichtiger als Parteiräson.
Wir unterstützen das geplante Bürgerbegehren gegen die Privatisierung der Horst-Schmidt-Kliniken. Die Organisatoren sollten Herrn Dr. Spies zu Veranstaltungen nach Wiesbaden einladen, damit er darüber informieren kann, wie die Zustände am Uniklinikum Gießen und Marburg sind, warum man der Rhön AG keine Klinik verkaufen sollte, und auch keinem anderen Betreiber. Sie könnten eine ganze Menge Menschen davon überzeugen, wenn Sie eine ähnliche Rede halten wie heute. Sie müssen die Menschen davon überzeugen, dass es falsch ist. Der Fehler, der in Gießen und Marburg gemacht wurde, darf in Wiesbaden nicht wiederholt werden. – Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Horst Klee (CDU): Das ist doch was völlig anderes in Wiesbaden! – Gegenruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE): Es ist immer etwas anderes! – Weitere Zurufe von der CDU und der LINKEN)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Ende der Diskussion hätte ein so sensibles Thema wie die Frage der Universitätskliniken und damit das Wohl der Patienten eine etwas differenziertere und sensiblere Diskussion erfordert als das, was die Oppositionsfraktionen hier unter dem Siegel „was nicht sein kann, das nicht sein darf“ geboten haben.
in sehr holzschnittartiger Form über eine Alternative diskutiert hat, die es in dieser Form nicht gibt. Das weiß er als Arzt sehr wohl.
Den Gegensatz, die guten Kommunalen auf der einen Seite und die Bösen, denen die Fratze des Kapitalismus nur so aus den Augen schimmert, auf der anderen Seite, die privaten Träger, gibt es nicht.
Ich will gar nicht auf die Frage eingehen, wie einheitlich – das ist auch eine Frage des Parteivorsitzenden – die SPD sich in dieser Frage darstellt. Wir haben gehört, in Wiesbaden entscheiden aus gutem Grund die SPD-Genossen völlig anders als die etwas enttäuschten SPD-Genossen in Mittelhessen. Die Grundsatzfrage ist doch nicht, für welches Modell, für welche Organisationsform ich mich entscheide; die Grundsatzfrage ist schlicht und einfach: Welcher Träger kann unter den besonderen Bedingungen hervorragende Leistungen in der Patientenversorgung erbringen und das Wohl der Patienten an die erste Stelle stellen?
Das können auch gut funktionierende kommunale Krankenhäuser sein, beispielsweise die DKD – ich habe noch nie gehört, dass an der große Kritik geäußert wird – oder die Aukamm-Klinik in den Händen der Rhön-Klinikum AG. Entscheidend ist, ob die Patienten hochwertig und nach den neuesten Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft versorgt werden.
Wir sollten deshalb diese Organisationsdiskussion beenden. Ich halte das in der Tat für eine Phantomdiskussion. Der Kollege Büger hat darauf hingewiesen: Wenn es an den Universitätskliniken in Gießen und Marburg so weitergegangen wäre wie bisher, würden wir über die Situation an diesen beiden Universitätskliniken schon gar nicht mehr diskutieren. Sie wissen doch selbst, wir hatten einen Investitionsstau von weit über 200 Millionen €.
Herr Kollege Schaus, Sie haben es nicht verursacht, weil Sie damals Gott sei Dank nicht im Landtag waren – wie das auch ab demnächst der Fall sein wird.
Das ist aber überhaupt nicht die Frage. Die Frage ist der reale Tatbestand, dass wir einen Investitionsstau hatten.
Geld fragt nicht nach den Verursachern. Deswegen war es in der Tat die richtige Entscheidung, dort zu fusionieren und zu privatisieren. Bei der Schwarz-Weiß-Diskussion, die wir heute wieder erlebt haben, kam mir mancher vor wie ein trotziges Kind, das sein geliebtes Holzspielzeug aus der Hand geschlagen bekommen hat und jetzt vor Wut auf den Boden aufstampft und sagt: Die Welt ist ungerecht.
So geht das aber nicht. Wir haben inzwischen – auch das muss der Ehrlichkeit halber gesagt werden – an den beiden Standorten bereits Investitionen in Höhe von rund 360 Millionen € zu verzeichnen, wobei die sagenumwobene Partikeltherapieanlage noch gar nicht eingerechnet ist. Die Investitionen seit 2006 haben dazu geführt, dass die beiden Universitätskliniken, deren Zustand vor 2006 ich geschildert habe, jetzt auf einem modernen und exzellenten Stand der medizinischen Versorgung angelangt sind. Das ist für uns das Entscheidende, nicht die Frage, wer möglicherweise in der Kommunikationsübung noch einigen Nachholbedarf hat.
Diese Investitionen hätte das Land in der Form nicht schultern können. Wir tun ja so, als würde hier über etwas Kleines, Goldiges diskutiert. Die Rede ist aber von dem drittgrößten Universitätsstandort für Medizin in Deutschland. Wir reden über etwas, was in dieser Republik in dieser Form fast einmalig ist. Deswegen sage ich: Das ist ein Erfolgsmodell, allein schon in dem Sinne, was in den Jahren der Privatisierung an diesen Wissenschaftsstandorten geleistet worden ist. Das lassen wir uns auch nicht kleinreden.
Kollege Sauerbruch, Sie können sich ja mit uns in der Frage anlegen. Dagegen habe ich nichts. Der Wissenschaftsrat, der von uns nicht beeinflusst werden kann, hat diesen Erfolg aber attestiert. Ich glaube, darauf kann man mit Recht stolz sein. Wir lassen uns diese erfolgreiche Privatisierung auch nicht kleinreden.
Weil ich nicht der Herold nur guter Meldungen bin, will ich allerdings an diesem Punkt eines ganz deutlich sagen. Ich habe darüber gesprochen, dass es z. B. weder bei der Deutschen Klinik für Diagnostik noch bei der AukammKlinik hinsichtlich der Kompetenz der Rhön-Klinikum AG Kritik gegeben hat. Mein ganz persönlicher Eindruck ist aber, dass die Rhön-Klinikum AG als sehr erfahrener und kompetenter Krankenhausträger den gravierenden Unterschied zwischen „normalen“ Kliniken und universitären Kliniken und die Gesetzmäßigkeiten, die sich daraus ergeben, zumindest unterschätzt hat. Ich drücke mich zurückhaltend aus. Ich glaube, dass in den letzten fünf Jahren an diesem Punkt das eine oder andere Problem entstanden ist. Neben dem wichtigen Auftrag, die Krankenversorgung auf hohem Niveau sicherzustellen, müssen nämlich an einer Universitätsklinik zusätzliche Ausgaben für Forschung und Lehre gewährleistet werden. Das erfordert in großen Teilen andere Antworten, andere Handlungen und andere Entscheidungen als bei einem „normalen“ Klinikum.
Möglicherweise, auch das muss eingeräumt werden, ist dies der Grund, dass an den Standorten Gießen und Marburg innerhalb von fünf Jahren inzwischen schon neun Leitungen zum Einsatz kamen – ich will nicht von „verschlissen“ sprechen –, was aus meiner Sicht nicht für eine sehr überzeugende kontinuierliche Handlungsweise spricht. Dies alles zusammengenommen bedeutet trotz
Wenn jetzt von dem Betreiber ohne Not von einem Stellenabbau gesprochen wird, dann ist das für die Landesregierung und auch für die CDU-Fraktion schlicht und einfach inakzeptabel. Wir sind deswegen ganz froh – Nasenring hin, Nasenring her, Frau Kollegin Schulz-Asche –, dass dies dem Betreiber unmissverständlich klargemacht worden ist. Ich habe den Eindruck, er hat diese Botschaft auch verstanden.
Es ist deutlich geworden, dass es mit dieser Landesregierung, mit diesem Ministerpräsidenten, mit dieser Ministerin und bei der Unterstützung durch die CDU-Fraktion – die so gut ist, wie man sich nur wünschen kann – eine Gefährdung von Forschung und Lehre nicht geben wird. Wir werden sehr genau darauf achten, dass die wissenschaftliche Entwicklung der Hochschulmedizin in Marburg und in Gießen keinen Schaden nimmt. Das ist übrigens auch in unserem eigenen Interesse; denn wir wollen, dass dieses Modell Erfolg hat. Deswegen werden wir sehr darauf achten, dass alle Faktoren, die zu einem Misserfolg führen könnten, von vornherein ausgeschieden werden.
Ich glaube, es ist bei einem solchen, im Ansatz erfolgreichen Modell – von einem Leuchtturm will ich nicht reden, denn gibt Lebenssituationen, da kann eine Taschenlampe sehr viel wertvoller sein –