Protokoll der Sitzung vom 07.03.2012

Ich glaube, es ist bei einem solchen, im Ansatz erfolgreichen Modell – von einem Leuchtturm will ich nicht reden, denn gibt Lebenssituationen, da kann eine Taschenlampe sehr viel wertvoller sein –

(Heiterkeit)

der richtige Weg, alles zu tun, dass kurzfristiges betriebswirtschaftliches Denken den langfristigen Erfolg nicht infrage stellt. Es soll sich außerdem niemand darüber täuschen, wie entschlossen wir alle sind – wie gesagt: im eigenen Interesse –, weil wir wollen, dass diese Modell Erfolg hat. Das werden wir am Ende auch gegenüber den Vertretern der Rhön-Klinikum AG sehr deutlich machen, die in der Tat einen anderen Ansatz haben, wenn es um Fragen der Betriebswirtschaft geht, als jemand, der für Universitäten und damit für Forschung und Lehre zuständig ist, die nicht immer in Euro und Cent gemessen werden können. Dass sich die Ministerin gerade nicht am Nasenring durch die Manege führen lässt, hat sie bewiesen. Sie hat sofort eine Gesellschafterversammlung erzwungen, auf der die Geschäftsleitung über die Sparpläne Auskunft geben musste. Die Landesregierung lässt sich gerade nicht auf der Nase herumtanzen, wenn es um eine hochwertige medizinische Versorgung der Patienten in Mittelhessen geht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Von daher sage ich es noch einmal: Ich kann Sie verstehen. Die Welt ist ungerecht. Bis gestern hatten Sie scheinbar gute Karten. Über Nacht hat sich die Welt verändert. Das passiert manchmal. Sie sind die Oppositionsrolle gewöhnt. Deswegen werden Sie auch noch längere Zeit darin verweilen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir haben einen Entschließungsantrag vorliegen, über den wir gleich abstimmen müssen. Ist das korrekt? – Herr Kollege Rudolph, zur Geschäftsordnung.

Wir bitten, über Ziffer 3 des Entschließungsantrags der LINKEN separat abzustimmen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 64 zur Abstimmung auf: Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend keine Privatisierung von Kliniken. Hier wird gebeten, dass wir über Ziffer 3 separat abstimmen.

Deshalb rufe ich zuerst die Ziffern 1 und 2 des Entschließungsantrags auf. Wer diesen beiden Ziffern zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Dann stelle ich fest, dass Ziffer 1 und Ziffer 2 die Zustimmung der SPD, der GRÜNEN und der LINKEN bekommen haben und von CDU und FDP abgelehnt worden sind. Damit sind beide insgesamt abgelehnt.

Ich rufe Ziffer 3 des Dringlichen Entschließungsantrags auf. Wer hier zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Dann stelle ich fest, dass bei Zustimmung durch die Fraktion DIE LINKE und Ablehnung durch die Fraktionen der CDU und der FDP bei Enthaltung von SPD und GRÜNEN auch Ziffer 3 und damit der Antrag in Gänze abgelehnt worden ist.

Ferner vereinbaren wir, Tagesordnungspunkt 26 und Tagesordnungspunkt 33 zur weiteren Behandlung an den Ausschuss für Wissenschaft und Kunst zu überweisen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz über die Aufnahme und Verwaltung von Schulden des Landes Hessen (Hessisches Landesschul- dengesetz) – Drucks. 18/5273 –

Zur Einbringung hat Frau Staatssekretärin Prof. Hölscher das Wort. Es sind fünf Minuten Redezeit vereinbart. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich bei meinem Finanzminister ein wenig darüber beschwert, dass er mich immer nur zu Gesetzen reden lässt, die mindestens so alt sind wie ich. In diesem Fall geht es um ein Gesetz, das noch deutlich älter ist. Es stammt nämlich aus dem Jahr 1949.

Ich bringe heute einen Entwurf für ein neues hessisches Schuldengesetz in den parlamentarischen Prozess ein. Es löst das Gesetz über Aufnahme und Verwaltung von Schulden des Landes Hessen aus dem Jahr 1949 ab.

Um den Hintergrund zu verdeutlichen, muss ich vorab den Unterschied zwischen einer statischen und einer dynamischen Gesetzesverweisung erklären. Unser derzeitiges Gesetz aus dem Jahr 1949 enthält nämlich einen statischen Verweis auf die Reichsschuldbuchordnung aus dem Jahr 1924 und das Reichsschuldbuchgesetz aus dem Jahr

1910 in der damals in Kraft getretenen Fassung. Diese Fassung könnten wir theoretisch bis in alle Ewigkeit beibehalten. Viele Bundesländer und auch der Bund haben einen dynamischen Verweis, nämlich einen Verweis auf diese beiden Gesetze bzw. Ordnungen in der jeweils gültigen Fassung.

Das Gesetz aus dem Jahr 1949 ist inzwischen, im Jahr 2002, durch den Bund – genauer gesagt: durch das Bundeswertpapierverwaltungsgesetz – aufgehoben worden. Die Bundesländer, die mit einer dynamischen Verweisung gearbeitet haben, hatten bis zum Jahr 2008 Zeit, ihr Gesetz zu ändern.

Wir könnten auf diesem Weg weitergehen. Allerdings hat, auch angeregt durch die hessischen Besonderheiten in der Landesschuldenverwaltung, nämlich den hessischen Landesschuldenausschuss, eine Überarbeitung des Gesetzes aus dem Jahre 1949 stattgefunden. Ziele waren unter anderem eine zeitgemäße gesetzliche Grundlage und die Rechtsvereinheitlichung zwischen dem Bund und den verschiedenen Ländern.

Das ist allerdings nicht der wichtigste Punkt. Wichtiger ist eine zentrale und transparente Dokumentation sämtlicher Schuldenverpflichtungen des Landes Hessen inklusive der Derivate sowie aller Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen. Aufgrund des bekannten raschen Wechsels auf den Finanzmärkten ist das Gesetz aus dem Jahr 1949 nicht mehr ganz up to date, was die heutige Schuldensituation angeht.

Außerdem wird das neue Gesetz, für das ich heute einen Entwurf in den parlamentarischen Prozess einbringe, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für die derzeitigen und für die künftigen Gläubiger bringen. Es werden allerdings bewährte hessische Besonderheiten, wie der Landesschuldenausschuss, beibehalten.

Ich möchte kurz auf den Inhalt eingehen. Es werden am Anfang des Gesetzentwurfs die für die Kreditaufnahme zur Verfügung stehenden Finanzierungsinstrumente genannt. Danach werden Führung und Inhalt des Landesschuldbuchs beschrieben. Unter dem nächsten Punkt erfolgt ein Verweis auf das Bundesschuldenwesengesetz, das die alten Regelungen aus den Jahren 1910 und 1924 abgelöst hat. Es folgen weitere Dokumentationsvorschriften, und dann wird die Besonderheit Hessens, nämlich die Besetzung und die Aufgaben des Landesschuldenausschusses, beschrieben. Am Ende stehen die üblichen technischen Übergangsregelungen.

Ich bin jetzt in der glücklichen Lage, dass das, was ich mache, nicht dem typischen Vorwurf der Finanzexperten entspricht, die uns immer vorhalten, dass wir die Gesetze zu schnell ändern. Hier haben wir vielmehr einen echten „Eile mit Weile“-Sachverhalt. – Ich bitte um wohlwollende Prüfung im Gesetzgebungsprozess und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Sie haben das Gesetz sozusagen verjüngt. Das ist in Ordnung, obwohl der Jahrgang 1949 so schlecht auch nicht ist. So alt ist das Gesetz nämlich. Das möchte ich für uns, die wir Jahrgang 1949 sind, einmal sagen.

Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat Herr Abg. Landau das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Früher war alles besser, aber da hatten wir auch noch einen Kaiser“, mag für den einen oder anderen ein geflügeltes Wort sein. Die Landesregierung jedenfalls beabsichtigt, sich von dem Gesetz über Aufnahme und Verwaltung von Schulden des Landes Hessen vom 4. Juli 1949 zu trennen, das in den §§ 1 und 4 Verweise auf Vorschriften der Reichsschuldbuchordnung von 1924 und das Reichsschuldbuchgesetz von 1910 enthält.

Ein Blick in § 1 veranschaulicht, warum eine moderne und vereinfachte Regelung zur Schuldenverwaltung im Allgemeinen und zur Führung des Landesschuldbuchs im Besonderen angesagt ist. Nach einem Hinweis auf § 28 des Gesetzes Nr. 63 der Militärregierung – nach der Kaiserzeit und der Weimarer Zeit lässt hier auch noch die Besatzungszeit grüßen – wird dort unter anderem festgehalten, dass es künftig nicht mehr „Reichstag“, sondern „Landtag“, und nicht mehr „Reichsschuldenverwaltung“, sondern „der Minister der Finanzen“ heißt.

In § 4 heißt es: „Im übrigen finden auf das Landesschuldbuch die Vorschriften des Reichschuldbuchgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 1910... entsprechende Anwendung“, bevor erklärt wird, dass an die Stelle des Reichskanzlers der Minister der Finanzen und an die Stelle der Deutschen Reichsbank die Landeszentralbank von Hessen treten.

Der vorgelegte Entwurf für ein Hessisches Landesschuldengesetz kommt ohne solche Ansprachen aus, lässt dafür aber die Führung des Landesschuldbuchs in elektronischer Form und den Einsatz 1949 ebenfalls noch unbekannter Finanzierungsinstrumente zu. Es wird zudem den aktuellen Entwicklungen auf den Finanzmärkten durch den vorgesehenen dynamischen Verweis auf Regelungen des Bundesrechts, namentlich des Bundesschuldenwesengesetzes – das ist eben angesprochen worden –, Rechnung getragen.

Während man sich in § 1 der gültigen Regelung viel mit dem staatlichen Begriff „Reich“ beschäftigt – ich habe das eben zitiert –, bringt der § 1 des Gesetzentwurfs bereits einiges auf den Punkt. So werden in Abs. 1 die klassischen Instrumente der Schuldenaufnahme genannt und mit einer Auffangklausel – das finde ich sehr wichtig – vorausschauend auch neue Finanzmarktprodukte zur Finanzierung zugelassen. Abs. 2 stellt klar, dass die Inanspruchnahme derivativer Finanzinstrumente selbstredend den Maßgaben des Haushaltsgesetzes unterliegt.

Bei allem historischen Bezug, der zum Teil überlebt ist, beinhaltet das bisher gültige Gesetz – auch das hat die Frau Staatssekretärin eben angesprochen – auch bewährte Teile. In einem geht es um den Landesschuldenausschuss, dessen Aufgabe weiterhin die Überwachung der Schuldenverwaltung bleibt. Die Vorgabe seiner Zusammensetzung aus Mitarbeitern des Rechnungshofs und Mitgliedern des Landtags sowie die Beschreibung seiner Tätigkeit und seiner Kompetenzen wurden aus gutem Grund in der bekannten Form in den Entwurf für das neue Schuldengesetz übernommen und lediglich um einen Passus – beratende Mitglieder – ergänzt. Der Hintergrund hierfür war, angesichts der begrenzten Zahl von drei ordentlichen Mitgliedern aus den Reihen des Landtags nunmehr die Möglichkeit zu schaffen, alle Landtagsfraktionen einzubeziehen.

Eine Befristung, die bei den meisten hessischen Gesetzen üblich ist, ist aus mehreren Gründen nicht vorgesehen.

Zum einen sprechen die zeitlich unbegrenzte Einrichtung eines Landesschuldbuchs sowie hinreichend bestehende Möglichkeiten der Schuldenverwaltung, ohne Änderung der gesetzlichen Grundlage die besondere wirtschaftliche Situation zu berücksichtigen, dagegen. Zum anderen – das ist viel wichtiger – ist der Verzicht auf eine Befristung dem Vertrauen potenzieller Investoren in die Sicherheit hessischer Kapitalmarktpapiere zuträglich.

Auch ohne die zwingende rechtliche Notwendigkeit scheint der CDU-Landtagsfraktion ein Hessisches Landesschuldengesetz der richtige Weg zu einem zeitgemäßen verwaltungstechnischen Rahmen für die beschlossene Schuldenbremse zu sein. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Nächste Wortmeldung, Herr Kollege von Ooyen, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute über einen Entwurf für ein Gesetz über die Aufnahme und Verwaltung von Schulden des Landes Hessen, also über das neue Hessische Landesschuldengesetz. Das ist in einem Land, in dem sich die Regierung der Einführung einer Schuldenbremse rühmt, durchaus bemerkenswert.

Ich nehme also erst einmal zur Kenntnis, dass in Hessen auch über das Jahr 2020 hinaus zumindest die Verwaltung der Schulden notwendig sein wird. Es sind immerhin 40 Milliarden €, die verwaltet werden müssen. Mit diesem Gesetzesvorhaben soll aber auch die Voraussetzung zur Aufnahme neuer Schulden geschaffen werden.

Zunächst hatten wir gegen diesen Gesetzentwurf, der rein technischer Art ist – das hat die Frau Staatssekretärin bereits ausgeführt –, nur eine einzelne Einwendung. In § 1 des Gesetzentwurfs geht es darum, mit welchen finanztechnischen Instrumenten das Land Schulden aufnehmen darf. In dem Gesetzentwurf wird eine ganze Reihe an Finanzierungsinstrumenten aufgezählt, um dann schließlich auch „sonstige Finanzierungsinstrumente“ zuzulassen. In der Begründung dazu heißt es – ich zitiere:

Eine abschließende Aufzählung ist im Hinblick auf die dynamischen Entwicklungen an den Finanzmärkten nicht möglich. Daher enthält Abs. 1 Nr. 5 eine Auffangklausel, die die Kreditaufnahme auch durch sonstige Finanzierungsinstrumente zulässt, deren Abwicklung an den Finanzmärkten weitestgehend standardisiert ist.

Damit hat sich dieser Paragraf allerdings vollständig erledigt. Er wird nämlich nichts mehr regeln, sondern schlichtweg alles erlauben.

Gerade bei der Frage, ob und in welcher Weise bestimmte Finanzierungsinstrumente eingesetzt werden sollen, sollten wir äußerst vorsichtig sein. Das Land Hessen wäre nicht der erste Akteur auf den Finanzmärkten, der sich mit vom Gesetz explizit zugelassenen Derivaten, also Finanzierungsinstrumenten, verspekulieren könnte. Ich möchte der Landesregierung gar nichts unterstellen. Aber es ist eben problematisch, wenn der Haushaltsgesetzgeber – das sind am Ende die Abgeordneten – über den Einsatz

äußerst komplexer Finanzierungsinstrumente entscheiden soll.

(Norbert Schmitt (SPD): Wer soll es denn sonst machen? – Petra Fuhrmann (SPD): Wer denn sonst?)

Ich werde darauf noch zu sprechen kommen. – Der Einsatz der Derivate wird letztlich schon vom Haushaltsgesetz geregelt. Dabei beschränkt sich die Macht des Haushaltsgesetzgebers aber auf die Ermächtigung des Ministers. Ich würde auch sagen, dass das typisches Verwaltungshandeln ist.

Allerdings sollten wir generell einmal darüber nachdenken, ob wir nicht strengere Regeln anlegen wollen. Denn Landesschuldenausschuss hin oder her – letztlich ist es für den einzelnen Abgeordneten nicht nachvollziehbar, was aufgrund der erteilten Ermächtigung passiert. Das ist erst recht nicht der Fall, wenn man in einem solchen Gesetz „sonstige Finanzierungsinstrumente“ vorsehen will.

(Beifall bei der LINKEN)