Protokoll der Sitzung vom 08.03.2012

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Grün ist nicht gleich Grün in Darmstadt – „Grüner Filz“ darf die HSE AG nicht beschädigen – Drucks. 18/5334 –

Erste Wortmeldung, das ist der CDU-Vertreter, Herr Abg. Pentz.

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit etwas mehr als einem Monat ist beim Darmstädter Energieversorger HSE ein neues Vorstandsmitglied beschäftigt. Dieses Vorstandsmitglied verantwortet den Bereich der Nachhaltigkeit und Kommunikation. Es handelt sich dabei um die vormalige grüne Bundestagsabgeordnete Christine Scheel.

Grundsätzlich ist es positiv zu bewerten, wenn der Wechsel von der Politik in die Wirtschaft und umgekehrt funktioniert. Doch was ist bei Frau Scheel so anders? – Frau Scheel hat nicht zum Ende einer politischen Karriere ei

nen neuen Weg in die Wirtschaft gesucht. Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass es in Berlin keine Zukunft mehr gab und die Ausstiegsstrategie darin bestand, eine Politikerin der GRÜNEN mit einem gut besoldeten Vorstandsmandat zu versorgen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Petra Fuhr- mann (SPD): Das ist der CDU vollkommen fremd! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Al-Wazir, der grüne Oberbürgermeister von Darmstadt, Herr Jochen Partsch, hat das so beschrieben:

Es ist wohl ein sehr einzigartiges Ereignis, dass jemand gegen den Willen des Mehrheitsaktionärs in den HSE-Vorstand gewählt wird.

Schon die Hintergründe der Nominierung von Frau Scheel sind fragwürdig.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): So ist es!)

Wir mussten reihenweise der Presse entnehmen, dass führende Vertreter der GRÜNEN aus Berlin und BadenWürttemberg gezielt Einfluss genommen hätten. Selbst in den Presseveröffentlichungen der HSE ist immer wieder nur von der grünen Politikerin Scheel zu lesen, nicht aber von ihrer fachlichen Kompetenz. Wenn man das alles liest und miterlebt, wie Frau Scheel agiert, dann muss man sich doch fragen: Welche Kompetenz schreibt man Frau Scheel denn außer dem schlichten Besitz des grünen Parteibuchs zu?

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das frage ich Sie auch! – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es muss doch die Frage gestellt werden, ob es stimmt, dass der ehemalige Staatssekretär der GRÜNEN im Bundeswirtschaftsministerium und Beirat im Energieunternehmen EnBW, Rezzo Schlauch, auf die Besetzung des Vorstandspostens bei der HSE indirekt oder direkt Einfluss genommen hat.

(Peter Beuth (CDU): Das ist ja unglaublich!)

Auch die Frage, welche Rolle der immer noch tätige Vorstand der HSE, Herr Mayer, gemeinsam mit seinem langjährigen Freund, Herrn Ministerpräsidenten Kretschmann, gespielt hat.

(Peter Beuth (CDU): Was?)

Genauso stellt sich die Frage, welche Rolle der badenwürttembergische Umweltminister, Franz Untersteller, bei dieser Nominierung gespielt hat. In der „FAZ“ vom 11. Februar war zu lesen, Untersteller habe im Juni 2011 den neuen Darmstädter Oberbürgermeister dazu bewegen wollen, dass EnBW und HSE kooperieren. Der Darmstädter OB Partsch habe sich jedoch zunächst gegen eine solche Allianz ausgesprochen.

Meine Damen und Herren, es ist doch merkwürdig, dass Frau Scheel ausgerechnet im HSE-Vorstand wieder auftaucht und mit Brachialgewalt eine Kooperation mit EnBW erzwingen will.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Peter Beuth (CDU): Unglaublich!)

Ich sage Ihnen ganz offen und direkt: Wir erwarten von der Landtagsfraktion der GRÜNEN heute eine klare Aussage zu den Vorwürfen und Methoden.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir erwarten eine klare und unmissverständliche Distanzierung von der parteipolitischen Patronage und dem von der Presse beschriebenen grünen Filz.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Worin besteht denn die Patronage? – Unruhe bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Befassen Sie sich doch bitte mit der Sache. – Die Stadt Darmstadt hat seit gut zwei Jahren immer wieder klargemacht, dass sie die HSE rekommunalisiert. Frau Scheel fällt daraufhin nur die Antwort ein: Wenn die Stadt Darmstadt das macht, was sie seit zwei Jahren sagt, verlasse ich die HSE.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das wäre die beste Lösung!)

Da fragt man sich doch allen Ernstes, ob sich Frau Scheel überhaupt vor ihrem Amtsantritt einmal mit dem Unternehmen HSE beschäftigt hat. Mittlerweile beeilte sich Frau Scheel doch, zu sagen, dass es mit dem Rücktritt nicht so gemeint gewesen sei. Vermutlich hat sie festgestellt, dass man für eine Abfindung mehr als drei Tage in einem Unternehmen arbeiten muss.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, Ihre grüne Parteifreundin, protegiert von GRÜNEN aus Baden-Württemberg und Berlin, hat in ihrer kurzen Zeit in Hessen mehr Porzellan zerschlagen, als ein Elefant im Porzellanladen es hätte tun können.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Lassen Sie mich zum Schluss Herrn Kollegen Mathias Wagner zitieren, obwohl ich an dieser Stelle nicht seiner Meinung bin: Ein nahtloser Wechsel in die Wirtschaft schadet der Politik. – Das hat er am 29.10.2010 gesagt. Ich füge hinzu: Wenn er unter diesen Umständen stattfindet, dann schon.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, nächste Wortmeldung, Herr Abg. Wagner, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Zurufe von der CDU)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich könnte es mir jetzt ganz einfach machen und den Kollegen Lenders aus der vorangehenden Debatte zitieren, der gesagt hat, es mache keinen Sinn, Unternehmensbelange in den Hessischen Landtag zu ziehen.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Peter Beuth (CDU): Grüner Filz! – Weitere Zurufe von der CDU)

Ich will das ausdrücklich nicht tun. Ich finde, wir können im Hessischen Landtag auch Unternehmensbelange besprechen. Das ist überhaupt keine Frage. Ich beantworte

Ihnen auch gerne alle Fragen, die Sie in Ihrem Antrag stellen, soweit ich das machen kann.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Auf welcher Seite stehen Sie?)

Herr Kollege Pentz hat eine angebliche Geheimverschwörung bemüht, wie Frau Scheel in den Vorstand der HSE gekommen sei.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Eine öffentliche Verschwörung!)

Herr Kollege Pentz, Sie wissen es besser, Ihre Parteikollegen vor Ort wissen es besser, die Kollegen der FDP vor Ort wissen es besser: Frau Scheel wurde vom Aufsichtsrat in den Vorstand der HSE berufen. In diesem Aufsichtsrat hat BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wenn ich es weiß, genau eine Stimme.

Die Berufung wurde also von anderen vorgenommen. Wir haben in diesem Gremium keine Mehrheit. Ich weiß nicht, wer sich in diesem Gremium der Stimme enthalten hat, aber ich weise darauf hin, dass es eine Enthaltung bei der Berufung von Frau Scheel gab. Damit ist die Frage beantwortet, wie Frau Scheel dorthin gekommen ist. Der HSE-Aufsichtsrat hat sie berufen. Ende der Debatte, Antrag erledigt.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Jetzt reden wir einmal darüber, ob das, was Sie hier machen, eine parteipolitische Nummer oder wirklich sinnvoll ist, wenn es um die zukünftige Ausrichtung eines bedeutenden und wichtigen Unternehmens geht. Was passiert in Darmstadt gerade? Es gibt eine Auseinandersetzung zwischen der HSE und der Stadt Darmstadt über die künftige Ausrichtung des Konzerns. So weit, so normal. Jetzt können wir hier im Hessischen Landtag natürlich kleines parteipolitisches Karo spielen.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Herr Dr. Wagner, natürlich können wir auch versuchen, dort Konflikte hineinzutragen. Ich fände es im Interesse des Unternehmens und aus Respekt vor den Gremien der Stadt Darmstadt aber sinnvoller, wenn wir hier keine Eskalation betreiben würden – eine Eskalation, die es in Darmstadt schon lange nicht mehr gibt, Herr Kollege Wagner.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Es ist Ihnen unangenehm! Das verstehe ich!)

Herr Kollege Wagner, hören Sie zu.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Ich kann reden und gleichzeitig zuhören!)

In Darmstadt sind sich CDU, SPD, FDP und GRÜNE völlig einig, dass man jetzt auf einen Weg des Dialogs mit der HSE einschwenken muss, dass man eine Lösung für die künftige Unternehmensstrategie finden muss. Die Einzigen, die hier Krawall machen, weil sie mit ihren Parteikollegen vor Ort offenkundig nicht geredet haben, sind CDU und FDP. Dem Unternehmen dienen Sie damit nicht.