Protokoll der Sitzung vom 28.03.2012

Deshalb unser Vorschlag: Lassen Sie uns eine Anhörung durchführen, nicht nur, damit wir klüger werden, sondern auch, damit wir unserem Auftrag gerecht werden. Da bin ich wieder bei Ihnen, auf parlamentarischer Ebene das zu bearbeiten, was teilweise in der Tat durch verfälschende und undifferenzierte Darstellungen in der Öffentlichkeit diskutiert wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, das kann ich nur unterstreichen: ACTA ist in einem höchst intransparenten Verfahren entwickelt worden und hat eher durch einen Zufall das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Dies ist zu kritisieren. Das Vorgehen, ACTA hinter nahezu vollständig verschlossenen Türen zu verhandeln, hat bei den Verbrauchern Unsicherheit und Ängste geschürt. Zudem lassen die oft sehr weit gefassten und ausschweifenden Formulierungen – das ist nicht nur Europa, sondern das ist Europa hoch 17 – in ihrer Allgemeinheit Interpretationsspielraum zu. Was wir stattdessen brauchen, ist ein für die Nutzer verständliches und handhabbares Urheberrecht. Es wäre völlig irre, das Urheberrecht jetzt über Bord zu schmeißen. Es hat eine lange Geschichte. Es ist nicht in al

len Punkten optimal. Deshalb müssen wir es an den Punkten weiterentwickeln.

Zweiter Punkt. ACTA darf nicht dazu führen, dass technische Möglichkeiten geschaffen werden, die eine inhaltliche Kontrolle innerhalb des Internets ermöglichen. Das ist ein Aspekt, der noch nicht genannt worden ist. Ich möchte das aber gerne unterstreichen, was in Ihrem Antrag steht. Ja, ACTA muss vor dem Europäischen Gerichtshof überprüft werden. Ja, ACTA ist ungeeignet, das von mir beschriebene Spannungsfeld auszubalancieren, und muss deshalb überarbeitet werden, und zwar in einem transparenten und demokratischen Dialog.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende Ihrer Rede.

Ich bin zwar noch nicht fertig. Aber es fällt mir gerade uneingeschränkt auf, dass ich das Wesentliche gesagt habe.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Das Mikrofon des Redners wird ausgeschaltet.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin beim letzten Satz.

Jetzt haben Sie aber noch einmal genügend Raum.

(Das Mikrofon des Redners wird wieder einge- schaltet.)

Dann höre ich auf. Schöne Mittagspause.

(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Siebel, entschuldigen Sie bitte. Das machen wir an einer anderen Stelle wieder gut.

Als nächste Wortmeldung habe ich die Wortmeldung von Frau Kollegin Wolff von der CDU-Fraktion vorliegen. Bitte schön, Frau Kollegin Wolff.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat so: Der Urheberschutz ist auch im Internet keine Verfügungsmasse. Er darf es nicht sein. Dafür müssen die Mechanismen neu justiert werden. Dazu braucht es im Zweifelsfall eine Anpassung des Rechts. Es muss gewährleistet sein, dass auch im Internet gilt, dass sich Leistung lohnen muss, dass derjenige, der etwas erarbeitet, dessen geistiges Eigentum etwas ist, auch den Ertrag davon haben kann, und zwar in Person und unabhängig davon, wie er sich organisiert, um sein Einkommen zu erzielen. Es muss unabhängig davon sein, ob das individuell passiert oder ob das in einer Gemeinschaft von Schöpfern geistigen Eigentums oder in einem neu justier

ten Interessenausgleich mit Verwertungsgesellschaften geschieht. Ich glaube, es besteht Einigkeit darüber, dass dort neu zu justieren ist.

Wenn man sich den Antrag anschaut, muss ich dazu allerdings schon sagen, dass dort jemand aufs Trittbrett aufgesprungen ist.

(Holger Bellino (CDU): Sehr richtig!)

Das Hohelied der Verteidigung der Freiheit:

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Sie waren am Anfang dabei!)

Ich bin mir nicht so sicher, ob ich da die LINKEN für die glaubwürdigsten Zeugen halte.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zu den Verwertungsgesellschaften. Es besteht Einigkeit darüber, dass zwischen den tatsächlichen Urhebern geistigen Eigentums und den Verwertungsgesellschaften neu ausgeglichen werden muss. Das ist nicht die Frage.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ich komme zum dritten Punkt. Eigentlich wollen Sie die Vergemeinschaftung des geistigen Eigentums. Das ist nun wiederum die Kostenlos-Gesellschaft, die Copy-andPaste-Gesellschaft, die wir gerade nicht brauchen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Günter Ru- dolph (SPD): Guttenberg lässt grüßen!)

Man muss sich irgendwann einmal entscheiden, was man eigentlich will und was man kritisieren will. Wenn man schreibt: „Wissen und Kulturgüter sind eine Ressource, die nicht weniger wird, wenn man sie teilt“, dann kommen mir die einen oder anderen Bedenken.

Ich komme nun zurück zum eigentlichen Ansatz von ACTA. Es ist genug darüber gesagt worden, dass es nicht hinreichend transparent diskutiert worden und deswegen böse aufgestoßen ist.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Das ursprüngliche Anliegen ist es aber gewesen, vor Produktpiraterie zu schützen.

Die Notwendigkeit dazu kann man sich jedes Jahr bei der Plagiarius-Verleihung auf der Ambiente anschauen. Das kann man sich auch im Internet betrachten. Durch Plagiate entsteht den Wirtschaften in Europa jährlich ein Schaden von mindestens 8 Milliarden €.

(Jürgen Lenders (FDP): Ja!)

Das ist ein Schaden für die Industrie, für den produzierenden Mittelstand, für die Erfinder, für den Staat, der keine Steuern einnimmt.

(Michael Boddenberg (CDU): Arbeitsplätze!)

Dadurch entstehen keine Arbeitsplätze oder werden zerstört. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dagegen muss etwas getan werden. Es ist bedauerlich, dass es so schlecht gehandhabt worden ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deswegen muss wieder zum tatsächlichen Schutz von geistigem Eigentum zurückgegangen werden, zum Schutz derer, die erfinden, die produzieren und die verkaufen. Aber es muss in einer neuen, angepassten Weise auch im Internet angepasst nach den Vertriebswegen geschehen. Darauf müssen wir uns konzentrieren. Dadurch, dass das

Verfahren zum EuGH geht, wird es einen langen Zeitraum brauchen; das bedeutet wahrscheinlich weitere zwei Jahre Schutzlosigkeit. Aber das ist, leider Gottes, dem Verfahren angemessen.

Die Zahl von wahrscheinlich 700.000 Abmahnverfahren bezüglich des Internets, die Abmahnindustrie, die inzwischen entstanden ist, ist ein Zeichen dafür, dass Missstände aufgetreten sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP sowie des Abg. Marius Weiß (SPD) – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zeigt, dass wir ein neues Verfahren brauchen, dass wir einen neuen Interessenausgleich brauchen, dass juristische Grundlagen justiert werden müssen, dass wir aber auch ein Bezahlverfahren brauchen, das der Leistung des Urhebers und dem Interesse des Nutzers gerecht werden.

Aber ich stimme dem Kollegen Mack ausdrücklich zu, dass es nicht zulässig ist, immer nur kostenlos herunterzuladen und damit von anderen zu profitieren, möglichst auch noch selbst Reichtum zu erwerben, indem man das gewerblich vertreibt. Da muss ein Riegel vorgeschoben werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Wolff, Sie müssten zum Ende Ihrer Rede kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns dies in den beiden Ausschüssen beraten, die vorgesehen sind.

(Holger Bellino (CDU): Sehr richtig!)

Lassen Sie uns darüber nachdenken, was der Landesanteil bei einer Anhörung sein könnte. Lassen Sie uns dann zu einer versachlichten Diskussion über Urheberrechte, über den Urheberschutz und über Leistung in unserer Gesellschaft kommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich danke Ihnen, Frau Kollegin Wolff. – Als nächster Redner hat Herr Staatsminister Hahn das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wegen der Eröffnung der Kunstausstellung will ich es sehr kurz machen und mich für die sehr interessante Diskussion in diesem Hause bedanken. Ich nehme seitens der Landesregierung mit großer Zufriedenheit zur Kenntnis, dass es in dem Land, in dem die Buchmesse durchgeführt wird, bis auf eine Fraktion alle Fraktionen so sehen, dass geistiges Eigentum zu schützen ist.