Entscheidend ist, dass das System, das Sie dort aufgebaut haben und wo Ihre Partei regiert hat, eindeutig gescheitert ist.
Deswegen haben wir überhaupt kein Verständnis dafür, dass Sie jetzt mit den gleichen Ansätzen in Hessen ankommen und eine Steigerung der Steuersätze in einer Form haben wollen, die Leistungsträger natürlich nicht mehr motivieren würde, Leistung zu erbringen. Damit würden sich die Steuereinnahmen in unserem Land insgesamt eher reduzieren als erhöhen. Insoweit ist das der völlig falsche Ansatz.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Hermann Schaus (DIE LINKE): Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen! – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Steuerhinterziehern nachgehen!)
Frau Erfurth hat vorhin z. B. davon gesprochen, es würden Steuergeschenke gemacht. Das ist eine interessante Bezeichnung. Ich weiß nicht, was ein Steuergeschenk ist. Für mich ist ein Geschenk, wenn jemand Eigentümer von etwas ist und es einem anderen schenkt. Hier geht es aber darum, dass der Staat Steuern einnimmt. Da geht es nur um die Frage: Nimmt er etwas weniger oder etwas mehr Steuern ein? Wo darin ein Geschenk liegen soll, dass er jemandem weniger Steuern wegnimmt, ist für mich nicht nachvollziehbar.
Insoweit ist das offensichtlich ein Trick, die Wahrheit verschleiern zu wollen, indem man solche Bezeichnungen wählt. Aber auch das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Dann ist natürlich aufgefallen: Es gab zuerst den Antrag der LINKEN. Herr Weiß hat sich schon dazu geäußert. Sie streiten sich einmal wieder zwischen SPD und Linkspartei, wer hier der Urheber ist.
Ich komme zum Schluss. – Wer ist der Urheber der Ideen? Wie auch immer, SPD und GRÜNE sind mit entsprechenden Anträgen nachgestolpert, die etwa das gleiche Niveau haben wie das, was Sie von der Linkspartei zuerst gemacht haben. Insoweit werden Sie dafür Verständnis haben, dass wir alle drei Anträge ablehnen werden.
(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Herr Schäfer, sagen Sie, dass Adenauer 1950 einen Spitzensteuersatz von 95 % hatte!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will an das anknüpfen, was Uli Caspar eben vorgetragen hat.
Ich glaube, unser deutsches Steuersystem mit seinem linear-progressiven Tarif hat sich trotz aller Diskussionen im Detail sehr bewährt, indem es eine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit vornimmt. Wenn man sich die Zah
len genau anschaut, sieht man, dass 10 % der Steuerpflichtigen, die am oberen Rand der Einkünfte liegen, 55 % des gesamten Steueraufkommens zahlen. Die obersten 10 % zahlen 55 % des Steueraufkommens, obwohl ihr Einkommensanteil nur bei einem guten Drittel liegt. Das heißt, der relative Anteil der Spitzenverdiener am gesamten Steueraufkommen geht deutlich darüber hinaus.
Ich weiß nicht, ob Sie mit der gleichen Emotionalität im Jahre 2000 versucht haben, es Ihrem Parteifreund Hans Eichel ins Gebetbuch zu schreiben. Deshalb versuchen wir noch einmal, an der Sache orientiert zu argumentieren und die klassischen Reflexe zu vermeiden.
Bei der Betrachtung des Steuersystems wird man am Ende in einem zunehmend internationalisierten ökonomischen Umfeld immer auch schauen müssen, wie in anderen vergleichbaren Wettbewerbsländern die Steuersysteme sind. Ich bin sehr dankbar, dass der Steuerwettbewerb nach unten, den wir eine ganze Reihe von Jahren gesehen haben, nahezu zum Stillstand gekommen ist, weil ein weiterer Wettbewerb nach unten die Finanzierbarkeit von modernen, leistungsfähigen Sozialstaaten erheblich gefährdet hätte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb muss man trotzdem darauf schauen, wie man sich im internationalen Umfeld positioniert.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wir bestätigen Sie nur! Wir sagen dasselbe! – Gegenruf des Abg. Holger Bellino (CDU): Woher soll man wissen, was Sie denken, bevor Sie etwas sagen? – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich habe ihn bestätigt! – Gegenruf des Abg. Holger Bellino (CDU): Das macht uns nervös! – Heiterkeit)
Jetzt hat Herr Schäfer-Gümbel es dreimal gesagt. Es steht jetzt dreimal im Protokoll, und nichts anderes wollte ich. Insofern ist das okay.
Meine Damen und Herren, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat einmal die 32 Länder in der OECD mit ihren Spitzensteuersätzen verglichen. Mit der aktuellen Spitzensteuerbelastung von 47,5 % liegen wir auf Platz 24 von 32 untersuchten Ländern. Würden wir die Pläne von SPD und GRÜNEN verwirklichen, würden wir auf den drittletzten Platz zurückfallen. Das kann man wollen, man muss nur wissen, welche Wirkungen man im internationalen Wettbewerb dadurch auslöst.
Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zu dem Dauerbrenner der Vermögensteuer machen. Die Vermögensteuer ist am Ende durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abgeschafft worden.
(Widerspruch bei der SPD – Thorsten Schäfer- Gümbel (SPD): Jetzt hat er unrecht! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Ausgesetzt!)
Bisher sehen die Konzepte eine Besteuerungsgrundlage vor, die mehrere Aspekte zusammenbringen: Sie sind nicht verfassungsfest organisierbar, und sie sorgen für einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand, sie produzieren Bürokratie ohne Ende.
Dabei ist wieder der Blick auf den internationalen Vergleich sehr hilfreich. Wenn ich mir die Wettbewerbsstaaten in der OECD und deren höhere Substanzbesteuerung anschaue, dann sehe ich, dass es nicht daran liegt, dass dort in der Regel Vermögensteuern oder -abgaben erhoben würden. Nein, diese Länder haben traditionell eine sehr viel höhere Immobilienbesteuerung als wir in Deutschland.
Meine Damen und Herren, darüber wird man sicherlich intensiv nachdenken müssen. Die deutsche Substanzbesteuerung sieht eine sehr niedrige Besteuerung unserer Immobilien vor. Schauen Sie, wie sich die Grundsteuer in den letzten 40 Jahren im Verhältnis zu anderen Steuerarten entwickelt hat. Die Steigerungsraten waren extrem moderat im Verhältnis zu anderen Steuern.
Dort ist der eigentliche Quell der geringeren Substanzbesteuerung. Darüber lässt sich sicherlich reden, darüber ist sicherlich zu diskutieren, weil die Kommunen einen originären Hebel dazu in der Hand haben. Aber das wissen wir gemeinsam: Das Bewusstsein auf der kommunalen Ebene, dass das eine zentrale Stellschraube ist, ist sicherlich noch entwicklungsfähig.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns an den Stellen ernsthaft die Debatte führen und nicht laufend solche Schimärendebatten vor uns herschieben, die am Ende substanziell zu keiner gesetzgeberischen Entscheidung führen können, die verfassungsfest zu halten ist. – Vielen herzlichen Dank fürs Zuhören.
Entschuldigung, Herr Weiß, das hatte ich nicht gesehen. Sie haben die Möglichkeit zu reden, fünf Minuten Redezeit.
Ich muss ein oder zwei Punkte kurz klarstellen. Ich fand am Anfang das Beispiel von Herrn Caspar so schön mit den schwächeren Schultern und den stärkeren Schultern, dass die stärkeren Schultern ein bisschen mehr zu tragen haben als die schwächeren Schultern.
Wenn ich die drei Schultern, die ich eben gesehen habe, vergleiche, dann habe ich den Eindruck, Ihre Schultern, Herr Caspar, können ein bisschen mehr tragen als die Schultern von Herrn Noll.
(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU) – Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Wie steht es denn mit Ihren Schultern?)
Deshalb glaube ich, dass wir in dieser Diskussion die Dinge nicht durcheinanderbringen dürfen. Herr Dr. Schäfer, die Einnahmeverantwortung gilt für Sie. Sie haben hier eben immer nur gesagt, was alles nicht geht. Ich erwarte von Ihnen, wenn Sie sich hierhin stellen, dass Sie auch Vorschläge machen, wie denn die Einnahmeverantwortung ausgefüllt werden kann.
Die Ausführungen zur Vermögensteuer waren diesbezüglich nicht richtig. Sie ist ausgesetzt. Sie ist nicht im Prinzip verfassungswidrig, sondern es geht um die unterschiedliche Besteuerung von mobilem und immobilem Vermögen. Diese Besteuerung kann man sehr wohl verfassungsgemäß ausgestalten. Es ist solide berechnet, dass man über eine Vermögensteuer 10 Milliarden € im Jahr generieren kann.
Wenn Sie uns hier sagen, dass das einen dementsprechenden Verwaltungsaufwand machen würde: Dass dieser Aufwand höher wäre als 10 Milliarden € im Jahr, die man auf diese Weise generieren könnte,