Wir haben Jobcenter, in denen es so ist, dass die Eingliederungsmittel, also die zweckgebundenen Mittel für Fortbildung und Eingliederung, nicht ausgeschöpft werden. Wir sind keine Fetischisten, die das Geld aus dem Fenster werfen. Es ist aber ein kleiner Indikator dafür, ob das Geld da ankommt, wo es dringend gebraucht wird, nämlich bei den Menschen, die über viele Jahre arbeitslos sind und denen eine neue Qualifizierung fehlt. Wenn man einerseits Geld dafür hat, aber andererseits die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit nicht aufbricht, dann stimmt etwas nicht in der Steuerungsfunktion der Arbeitsmarktpolitik in Hessen. Darauf wollen wir hinweisen.
Zweitens. Wenn Sie sagen, in den Optionskommunen laufe alles bestens, nur das sei das Modell, das erfolgreich und zukunftsweisend sei, dann muss ich Ihnen zu meinem Bedauern sagen, weil ich keine Häme will: Ich will mich auch nicht darüber streiten, ob es toll ist, Letzter zu sein. Ich will nur darauf hinweisen, dass es den Optionskommunen nicht gelungen ist, die letzten Plätze bei den Integrationsquoten zu verlassen.
Wir haben jetzt die Zahlen für Oktober 2011. Zu diesem Zeitpunkt waren die Zielvereinbarungen zwischen dem Minister und den Optionskommunen über neun Monate in Kraft. Der Odenwaldkreis, der Hochtaunuskreis, der Kreis Bergstraße, der Rheingau-Taunus-Kreis und der Main-Taunus-Kreis belegen bei der Integrationsquote die letzten Plätze. Das ist kein gutes Zeichen. Das lässt uns auch nicht in Häme ausbrechen. Es geht darum, zu klären,
warum das so ist, dass diese Kreise die letzten Plätze belegen. Deswegen lautet unser Tenor: Die Landesregierung muss besser unterstützen. Die Optionskommunen brauchen eine bessere Beratungsfunktion und eine bessere Aufsicht.
Eine Steuerungsfunktion bedeutet auch, dass man hinschaut und überprüft, was falsch läuft und welche die Gründe dafür sind, dass diese Kommunen die letzten Plätze belegen. Das sind doch die Zahlen aus der Bundesagentur für Arbeit, die für jeden einsichtig sind.
Wenn Sie den Bestand von Langzeitleistungsbezieher als Maßstab nehmen, sind die letzten Städte im Main-Taunus-Kreis, im Main-Kinzig-Kreis, in Wiesbaden, im Rheingau-Taunus-Kreis und im Odenwaldkreis. Das sind auch alles Optierer. Herr Bartelt, was sagen Sie denn zu diesen Zahlen? Ich würde mir wünschen, dass wir diese ideologischen Grabenkämpfe nicht weiterführen, ob die Argen besser sind oder die Optierer.
Ich komme zum Schluss. – Ich appelliere an die Landesregierung: Nehmen Sie Ihre Steuerungsfunktion endlich wahr, machen Sie Ihre Hausaufgaben, und sorgen Sie dafür, dass wir gute Qualität in allen Jobcentern haben, damit die Langzeitarbeitslosen, auf die es ankommt, wieder in Arbeit kommen. Das ist der große Mangel.
Bevor ich das Wort Herrn Kollegen Decker gebe, möchte ich eine ehemalige Kollegin auf der Besuchertribüne begrüßen. Frau Ziegler-Raschdorf ist da, sie ist die jetzige Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler. Ich begrüße Sie ganz herzlich im Hessischen Landtag.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der vergangenen Plenarsitzung haben wir unisono den Antrag der LINKEN zu dem Thema Kinderarmut als zu substanzlos, zu statisch, zu larmoyant und ohne konkrete Handlungsansätze kritisiert. Diesmal haben uns CDU und FDP einen Antrag vorgelegt, der in seiner Substanz ebenso eher schwach als aussagekräftig ist.
Im Wesentlichen unterscheidet er sich von dem anderen Antrag dadurch, dass er alles ziemlich rosarot malt und man beim Lesen das Blatt erst einmal schräg halten musste, damit das Eigenlob abtropfen und man den Antrag durchdringen konnte.
Ein kleiner Hinweis gleich zuvörderst, damit es keine Missverständnisse gibt: Auch Nicht-Optionskommunen mit ihren gemeinsamen Einrichtungen leisten gute Arbeit.
Die Position der SPD-Fraktion ist und bleibt in diesem Punkt sehr klar und pragmatisch: Das Firmenschild über der Eingangstür ist für uns unerheblich. Für uns ist nur wichtig, dass die Leistungsempfänger der Grundsicherung und ihre Angehörigen so effizient und so gut wie möglich ihre Leistungen erhalten. Es geht schlicht und unprätentiös darum, Menschen so schnell wie möglich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Um nichts anderes geht es.
Es ist schön und gut, dass Sie uns heute hocherfreut vermelden, dass Hessen bei der Zahl der Optionskommunen Spitzenreiter unter den Bundesländern ist. Besser wäre es gewesen, Sie hätten uns heute vermelden können, dass Hessen Spitzenreiter ist, wenn es um die niedrigste Zahl der SGB-II-Bezieher geht.
Wir müssen auch ganz unprätentiös feststellen: Wir sind nicht in den Medaillenrängen, sondern erst auf Platz 4. Trotz der Wirtschaftskraft des Landes ist auch hier nichts mit „Hessen vorn“.
Trotz aller Anstrengungen der kommunalen Träger könnten diese Ergebnisse in Hessen um einiges besser sein, nämlich dann, wenn CDU und FDP in Hessen sich endlich dazu durchringen könnten, gemeinsam mit uns das Übel an seinen Wurzeln zu bekämpfen.
Solange Sie in diesem Parlament alle parlamentarischen Initiativen abwürgen, die beispielsweise die Einkommenssituation und die Perspektiven der Arbeitslosengeld-II-Empfänger und ihrer Familien nachhaltig verbessern, wird es wohl bis auf Weiteres nichts mit einer Spitzenreiterposition. Solange Sie tolerieren, dass in Hessen Menschen unter einem Mindestlohn arbeiten müssen, tolerieren Sie auch, dass wir bei uns noch jede Menge sogenannter Aufstocker haben, somit also Leistungsbezieher nach SGB II.
Solange Sie nicht bereit sind, die Kommunen mit aller Kraft bei der Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen zu unterstützen, wird es auch weiterhin viele junge Frauen in Hessen geben, die statt einer auskömmlichen und qualifizierten Arbeitstätigkeit Leistungen nach SGB beziehen – und das bei dem allseits bekannten Fachkräftemangel.
Ich stelle auch heute die Frage: Wie lange leisten wir uns in diesem Land noch den Parteienluxus, die Mittel für Qualifizierung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt um fast ein Drittel zu kürzen, obwohl wir genau wissen, dass die Zahl der Langzeitarbeitlosen statisch immer noch bei rund 1 Million Menschen liegt? Wir erwarten von Ihnen, dass Sie sich für eine Erhöhung dringend benötigter Fördermittel einsetzen. Das ist der richtige Weg.
Ein kleines Stichwort noch: Bildungspaket. Der Präsident des Landkreistages sagte kürzlich: „Auch wird noch nicht an allen Schulen in den hessischen Landkreisen eine gemeinsame Mittagsverpflegung angeboten.“ – Meine Damen und Herren, bei dieser verfehlten Schulpolitik, die strikt gegen den Ausbau von Ganztagsschulen und Ganztagsbetreuung ist, kann das nicht funktionieren. Hier gilt die ganz einfache Formel: Zu wenige Betreuungsangebote – zu wenige Chancen, einen vernünftigen Job anzunehmen. So einfach ist das.
Stattdessen kommen Sie mit einem solchen Antrag um die Ecke, und ich frage ebenfalls: Was wollten Sie uns damit eigentlich sagen? Kommen Sie mit konkreten Anträgen, mit denen man die Probleme an der Wurzel packen kann. Dann finden Sie auch hier im Hause eine sehr breite Zustimmung.
Wir sind – zusammen mit den GRÜNEN – sehr gespannt, wie die Landesregierung ihrer Aufsichtspflicht gegenüber den Optionskommunen nachkommt, vor allem aber, wie sie eine Struktur aufbaut, die den Kommunen bei der Umsetzung ihrer Aufgaben tatsächlich hilft und sie nicht behindert. Es wäre z. B. eine Aufgabe der Landesregierung, dafür zu sorgen, dass die kommunalen Jobcenter den gleichen Zielvereinbarungen und Kriterien unterliegen wie die gemeinsamen Einrichtungen. Hat das Sozialministerium die Zielvereinbarung 2012 in diesem Sinne abgeschlossen? Meine Damen und Herren, wir sind gespannt.
Vielen Dank, Herr Kollege Decker. – Nächste Wortmeldung, Herr Kollege Rock von der FDP-Fraktion. Bitte schön, Herr Rock.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man intellektuell nicht in der Lage war, unseren Antrag zu verstehen, dann will ich jetzt ein Stück weit Nachhilfe geben. Sie als Rote und GRÜNE hätten erstens die Chance gehabt, hier festzustellen, dass die Mehrheit der Gebietskörperschaften in Hessen der Meinung ist, dass die Option die bessere Alternative ist. Sie hätten sagen können, dass Sie das gut finden und dass Sie das unterstützen.
Sie könnten zweitens ausdrücklich bedauern, dass es nicht allen Gebietskörperschaften möglich war, zu optieren, obwohl sie es gern getan hätten.
Das Dritte wäre, dass Sie anerkennen, dass es eigentlich wichtig wäre, dass man durchsetzt – zwar nicht kurzfristig, aber perspektivisch gesehen –, dass alle Gebietskörperschaften, die optieren wollen, das auch tun können. Das ist die Aussage unseres Antrags. Ich dachte, dem könnte man sich anschließen. Leider ist das nicht der Fall.
Wenn Sie jetzt sagen, diese Aussagen seien unrichtig, dann sollten Sie einmal die Gebietskörperschaften fragen, die gern optiert hätten, ob auch sie das so abtun. Fragen Sie einmal bei den Optionskommunen nach, die Sie hier schlechtzumachen versuchen, ob sie sich nicht bemühen,
ob sie sich nicht anstrengen und ob eine andere Lösung besser oder schlechter wäre. Sie könnten sich ja einmal vor Ort kundig machen. Ich glaube, da bekommen Sie eindeutige Antworten.
An der Stelle muss man daran erinnern, dass es gerade die Initiative aus Hessen, die Initiative von Roland Koch und Jörg-Uwe Hahn, war, die dazu geführt hat, dass es zu einer Verfassungsänderung kam, die es ermöglicht hat, die Optionskommunen zu entfristen, und dass wir in einem Bereich, in dem andere keine Lösung herbeiführen konnten, endlich eine Lösung hinbekommen haben, die zwar nicht optimal ist – das sprechen wir in unserem Antrag auch offen an –, die aber eben deutlich besser ist als alles, was Sie zu verantworten haben.
Wenn ich an der Stelle von einem Redner der SPD Äußerungen zur Schulpolitik höre: Ich bin zwar kein ausgemachter Schulpolitiker,
aber ich kann lesen und gehe mit offenen Augen durch das Land. Dabei stelle ich fest, dass es noch nie so viele Betreuungsangebote, noch nie so viele Ganztagsschulen und noch nie so viele Lehrer in Hessen gab wie heute. Das ist doch gar nicht abzustreiten.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD Es ist schade, dass der Kollege Irmer heute nicht da ist. Er würde bestimmt eine Kurzintervention machen und Ih- nen die Zahlen vortragen, die Sie immer zu negieren ver- suchen und abstreiten. Fakten kann man aber nicht ein- fach wegdiskutieren, Fakten muss man anerkennen. (Zurufe von der SPD)