Marcus Bocklet
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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Transplantationsmedizin rettet Leben, berührt aber auch tief gehende ethische und moralische Fragen. Aufklärung und Information, aber auch Akzeptanz von Ängsten und Unsicherheiten, die in hohem Maße bei vielen Bürgerinnen und Bürgern bestehen, sind deshalb wichtig.
Deshalb ist aus unserer Sicht auch die Politik mit in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass Bürgerinnen und Bürgern bei der Organspende Rechtssicherheit gegeben wird.
Dass die Skandale um Organspenden, die Manipulation von Wartelisten, das Vertrauen der Bevölkerung in die Transplantationsmedizin nachhaltig erschüttert haben, ist
offensichtlich. Die Spenderzahlen sinken dramatisch. Nach Auskunft der Deutschen Stiftung Organtransplantation haben sich im Jahr 2013 nur noch 750 Menschen entschieden, ihre Organe nach ihrem Tod zu spenden. Das sind 15 % weniger, und das finden wir dramatisch.
Was heißt das? Für die Menschen auf den Wartelisten bedeutet das vor allem eines: längere Wartezeiten. Derzeit warten – der Kollege Bartelt hat es schon gesagt – rund 11.000 bis 12.000 Kranke auf ein geeignetes Organ. Ich glaube, wir alle hier im Hause finden das dramatisch. Deshalb sind alle – Mediziner, Krankenhäuser, Transplantationszentren, die DSO und auch die Politik – gefordert, das Vertrauen der Menschen in die Transplantationsmedizin wiederzugewinnen.
Es wäre wünschenswert, wenn auch die neuen Regelungen in diesem hessischen Ausführungsgesetz mit dazu beitragen, dass die Zahl der Menschen, die einen Organspendeausweis mit sich führen, wieder ansteigt.
Das ist ein äußerst wichtiges, tief greifendes und alle Menschen betreffendes Thema. Dieses Ausführungsgesetz ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird diesem Gesetzentwurf deshalb zustimmen. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat haben Minister Grüttner und auch Herr Kollege Dr. Spies alle wesentlichen Inhalte gesagt.
Was uns bei dieser Thematik tatsächlich inhaltlich zu interessieren hat, ist – und das hat mich auch sehr beeindruckt –, dass sich seit der Einführung der Grundsicherung im Jahr 2003 bis zum Jahr 2011 die Fallzahlen verdoppelt haben, von 400.000 auf weit über 800.000 Personen. Daraus kann man erkennen, dass das in der Tat für viele Kommunen ein großes finanzielles Problem ist.
Herr Minister, zu Recht haben Sie gesagt: Es sind weit über 500 Millionen €, die der Bund ab dem Januar 2014 übernimmt. – Das ist gut und richtig. Wir finden, damit ist das auch an der richtigen Stelle. Die Kommunen dürfen hier nicht weiter finanziell belastet werden. Der Kollege Rock sprach von der „demografischen Belastung“, die in diesem Zusammenhang auf die Kommunen zukommen.
Deshalb unterstützen wir die Intention dieses Gesetzentwurfs, rechtskonforme Bestimmungen über die Bundesauftragsverwaltung zu schaffen. Wir unterstützen es auch, dass die bisherige Festlegung des Vorwegabzugs auf den LWV auf 5 % der Gesamtsumme jetzt durch eine aufkommensorientierte Verteilung der Bundesgelder ersetzt werden soll.
Wir wissen sehr wohl, dass es bei den Kommunalen Spitzenverbänden wie auch bei den Wohlfahrtsverbänden dazu kritische Stimmen gibt. Aber im Kern ist das die richtige Richtung. Zwischen der ersten und der zweiten Lesung werden wir das alles sicherlich noch einmal kritisch wenden und prüfen. Alles in allem aber stimmt die Richtung.
Wir sind über diese politische Stoßrichtung froh. Die Kommunen können sich darauf freuen, sehr viele Millionen Euro zu sparen. Das ist richtig und war überfällig. – Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem Gesetzentwurf soll eine EU-Richtlinie umgesetzt werden. Sie sieht vor, dass sich alle Versicherten in der Europäischen Union nunmehr auch in einem anderen EU-Mitgliedstaat behandeln lassen können und ihre Behandlungskosten von ihrer heimischen Krankenkasse tatsächlich in der Höhe erstattet werden, die man im Inland bekommen könnte.
Damit können EU-Bürger frei wählen, ob sie sich von einem Arzt im Inland oder von einem in einem anderen EUStaat behandeln lassen wollen. Das ist im Sinne eines gemeinsamen Europas tatsächlich eine Chance. Sie können sich weiterhin über nationale Kontaktstellen und andere Annehmlichkeiten informieren. Aus unserer Sicht ist dieser Gesetzentwurf somit unproblematisch, und wir werden diesem Gesetzentwurf der Landesregierung zustimmen. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Irmer, in einigen schulpolitischen Diskussionen habe ich Sie so kennengelernt, dass Sie durchaus bestimmte Fakten nutzen, die auch eine Grundlage haben – nicht immer, aber recht häufig. Ich möchte Ihren Antrag, Drucks. 18/7679, zur Grundlage meiner Antwort machen. Herr Irmer, es gibt Grenzen des Anstands. Es sollte mindestens einer Grundlage bedürfen, Behauptungen aufzustellen.
Gehen wir Ihren Antrag einmal Schritt für Schritt durch. Dort steht im zweiten Punkt, die GRÜNEN wollten 450€-Jobs abschaffen. – Das ist falsch. Unter dem dritten Punkt steht dort, wir wollten gerade bei Jüngeren, Älteren, Studenten oder Rentnern diese Minijobs abschaffen. – Auch das ist falsch. Im Gegenteil, wir wollen sie beibehalten. Im vierten Punkt schreiben Sie über Vereine, Kultur und Sport. – Genau dort aber wollen wir sie beibehalten. Schließlich schreiben Sie, dass diese Abschaffung – die hier tatsächlich niemand will – ein Anschlag auf Familien sei. – Erstens ist das falsch, und zweitens sind Sie der Einzige, der einen Anschlag auf die Familien begeht, wenn Sie Kinderbetreuung nicht so durchführen, wie es notwendig wäre.
Wir halten fest: Die Aussagen sind falsch, falsch, falsch. Ziehen Sie diesen Antrag zurück, das wäre ein Zeichen politischer Kultur, wie ich finde. Man kann nicht einfach Dinge behaupten. Wir haben uns parlamentarisch darauf verständigt, das Wort „Lüge“ nicht zu benutzen. Aber mit einem Antrag, bei dem von A bis Z alles falsch ist und an dem bestenfalls das Datum stimmt, überschreiten Sie die Grenzen der politischen Kultur, meine Damen und Herren. Das ist unerträglich.
Wenn Sie es nachlesen wollen, lesen Sie auf den Seiten 94 und 95 des Bundeswahltagsprogramms nach: Keine Ihrer Behauptungen wird auch nur eine Zehntelsekunde überleben können. Herr Irmer, ich kenne Sie ziemlich gut. Machen Sie das, und wir unterhalten uns noch einmal. So aber kann man keinen Wahlkampf machen, nach dem Motto: Wir schmeißen mit Dreck, irgendwas wird schon hängen bleiben. – Das ist keine saubere Methode, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir haben nun einen zehnminütigen Setzpunkt. Dazu will ich Ihnen etwas sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Bei der FDP hat man die Hoffnung auf sozialpolitisches Gewissen aufgegeben. Aber Sie von der CDU, die die Bundesministerin für Familie und Jugend stellt, die im Jahr 2012 eine Studie in Auftrag gibt, können nicht darüber hinweggehen, was man dort schwarz auf weiß an Resultaten erhält. Dort wird gesagt, dass die arbeitsmarktpolitischen Instrumente des Minijobs ursprüng
lich für spezifische Zwecke und Zielgruppen geschaffen wurden. Minijobs sollten erstens eine Brücke zu einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis sein. Zweitens sollten Nebenverdienste auch für Azubis und Rentnerinnen und Rentner mit wenig bürokratischem Aufwand verbunden sein. Drittens waren sie explizit auch ein Instrument zur Bekämpfung von Schwarzarbeit.
Letzteres ist richtig und muss auch beibehalten werden. Die Brückenfunktion muss überprüft werden. Jetzt kann ich nur feststellen, dass die CDU – die hier diesen Setzpunkt mit Falschbehauptungen einbringt – und die FDP auf Bundesebene im Jahr 2009 in ihren Koalitionsvertrag hinein geschrieben haben, dass sie die Notwendigkeit der Prüfung der geltenden Minijobregelungen sehen und eine Stärkung der Brückenfunktion wollen.
Hört, hört! – Das wollen Sie? Dann machen Sie es doch auch.
Herr Irmer, natürlich ist das ein Widerspruch. Sie wollen doch auch, dass beispielsweise das Finanzsystem neu geregelt wird. Deswegen würde ich Ihnen nicht unterstellen, dass Sie Banken verstaatlichen wollen. Mir fallen noch viele andere Beispiele ein, wie man etwas überziehen kann. Sie selbst sind doch vor vier Jahren, 2009, zu der Meinung gekommen, dass etwas falsch läuft bei der Brückenfunktion. Wenn die CDU auf Bundesebene diesen Erkenntnisstand endlich hat, warum müssen Sie in Hessen immer die Allerletzten sein, die endlich zu Reformen kommen, die dringend notwendig sind? Sie sind immer die Letzten.
Diese Studie, aber auch der einstimmige Beschluss des Deutschen Bundestages anlässlich des Internationalen Frauentages, sagt, dass gerade für Frauen der Übergang von Mini- und Midijobs in existenzsichernde, voll versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse nicht zu erreichen und weiterhin zu unterstützen ist.
Der Gleichstellungsbericht der Bundesregierung aus CDU und FDP kommt zu dem Schluss:
Problematisch sind Minijobs vor allem, wenn sie die ausschließliche Form der Erwerbsarbeit darstellen. … Minijobs haben nur selten eine Brückenfunktion zur Vollzeitbeschäftigung und zu einem existenzsichernden individuellen Erwerbseinkommen.
Das sagen CDU und FDP auf Bundesebene, und sie haben recht. Wann haben Sie es in Hessen endlich erkannt, meine sehr verehrten Damen und Herren?
Wir lassen es Ihnen auch nicht durchgehen, dass Sie Minijob und Minijob in einen Topf rühren. Auch da würde ein Blick in die Studie helfen. Ich würde Ihnen gern eine Kopie zur Verfügung stellen. Was ist der Umfang von Minijobs? Wir haben rund 7 Millionen Beschäftigte in Minijobs – Achtung! – in gewerblichen Unternehmen. Im Verhältnis
dazu gibt es 230.000 Beschäftigte in Minijobs in privaten Haushalten und in ehrenamtlichen Vereinen.
Aha, stellen Sie etwas fest? Lesen hätte geholfen. Zu behaupten, Minijobs beträfen immer nur die armen Ehrenamtlichen in Vereinen, die privaten Haushaltshilfen oder aber Studierende, geht an der Realität vorbei. Die gewerblichen Minijobs sind weitaus der größte Teil: 7 Millionen. Aber Sie rühren das in einen Topf und unterstellen uns, das, was wir reformieren wollen, betreffe vor allem den armen Studenten. – Das ist falsch, das ist massiv die Unwahrheit. So macht man hier keine Politik.
Herr Irmer, es ist gut, dass Sie den Saal verlassen. Ich würde auch einen puterroten Kopf bekommen. – Ich weiß, wenn man sich in bestimmte Sachverhalte einarbeitet, führt das dazu, dass man einen Erkenntnisstand gewinnt. Von der FDP ist mir zugeraunt worden, wir GRÜNEN und die SPD hätten doch die Hartz-Reformen mit beschlossen. – Ja, aber wir haben die Größe, nach zehn Jahren zu evaluieren und festzustellen: Es gibt einen Nachjustierungsbedarf, es gibt Reformbedarf. – Das hat Ihre Bundesregierung auch einmal gesagt.
Wenn man diesen Fehler erkannt hat, muss man es verbessern. Deswegen stehen wir dazu, dass die Minijobs einer Reform bedürfen.
Deswegen komme ich gerne zu dem, was wir wollen. Ja, es ist richtig, Studierende, Rentnerinnen und Rentner sowie Schülerinnen und Schüler sollen auch weiterhin unbürokratisch über Zuverdienstmöglichkeiten verfügen. Auch die vereinfachten Verfahren für Privathaushalte sollen weiter möglich sein – nur damit man der Panik, die Sie bei vielen Menschen in diesem Land schüren wollen, entgegenwirkt. Aber es kann nicht sein, dass das bei den Minijobs so bleibt.
Das sagt auch die Studie der Bundesregierung. Ich zitiere hier doch nur Ihre CDU-Studie. Nehmen Sie die doch wenigstens zur Kenntnis, wenn Sie uns nicht glauben. Über die Hälfte der Minijobs liegt unter einem Mindestlohn von 8,50 €. Deswegen muss man im ersten Schritt an dieser Stellschraube etwas verändern, und deswegen wollen wir die Einführung eines Mindestlohns auch für die Minijobs.
Zu der Informationspflicht und den Betriebskontrollen haben wir schon etwas gesagt.
Wenn wir in einem zweiten Schritt sagen, wir müssen über den Niedriglohnsektor diskutieren, über Leiharbeit, prekäre Beschäftigung, Mini- und Midijobs, dann haben wir die Größe, wenigstens die Studien der Bundesregierung, des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und vieler anderer – damit kann man ganze Büros füllen – zu beachten. Sie sagen: Wenn wir uns um die prekäre Beschäftigung keine Sorgen machen, werden wir Menschen haben, die radikal in die Altersarmut rauschen. Wir werden eine weite
Spaltung haben in Menschen, die sehr viel Geld haben, und Menschen, die kaum Teilhabe an dieser Gesellschaft haben.
Wenn man diese Studien zur Kenntnis nimmt, muss man sich in einem zweiten Schritt die Frage stellen, wie man mit den Tarifpartnern, mit vielen Expertinnen und Experten diesen Niedriglohnsektor reformiert, wie man massive Schritte unternimmt, damit es tatsächlich mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze gibt.
Aber wenn Sie sich hinstellen und sagen, die GRÜNEN – der Antrag bezieht sich vor allem auf die GRÜNEN – wollen Minijobs abschaffen, und es gibt überhaupt keine Probleme bei den Minijobs, haben Sie die Realitäten nicht erkannt. Sie leben in einer Parallelwelt, und Sie wollen auch nichts unternehmen.
Da ist die CDU-Bundesregierung einen Schritt weiter. Deswegen empfehle ich Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU und der FDP: Man kann vor einer Landtagswahl gewiss Schaum vor dem Mund haben, aber man muss den Kopf, der dahinter ist, trotzdem nicht zum Aussetzen bringen. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Lenders, ich zitiere eine Studie nicht der GRÜNEN, nicht der SPD. Ich zitiere eine Studie der Bundesministerin für Frauen, in Klammern: CDU. Wenn Sie sich nur für fünf Sekunden die Mühe machen, diese Studie anzusehen, die vor einem Jahr das Licht der Welt erblickte und nunmehr für CDU und FDP auf Bundesebene Grundlage ist – ich habe den Koalitionsbeschluss von CDU und FDP zitiert –, diese Probleme anzupacken, dann fällt doch Ihre ganze Dicke-Backen-Rede in sich zusammen.
Sie wollen gar nicht zur Kenntnis nehmen, was Ihre eigene Studie sagt. Jetzt übernehmen wir in der Opposition, im Bund wie im Land, die Funktion, die Probleme, die entste
hen, tatsächlich mit Antworten zu belegen – weil Sie auf Bundesebene nicht in der Lage sind, dafür Antworten zu finden, und hier spielen Sie sich so auf.
Herr Lenders, ich zitiere Ihre Studie gerne noch einmal. Die Zahl der Minijobs ist von 2011 auf 2012 für die Privathaushalte um 6,5 % angestiegen, im gewerblichen Bereich um 2 %. Das kann man Stagnation nennen. Auf jeden Fall sagt die Bundesregierung, das ist ein Problem, weil die zentralen Ergebnisse dieser Studie wie folgt lauten. Ich zitiere nicht die GRÜNEN, nicht Frau Katrin GöringEckardt, sondern ich zitiere das Fazit dieser Studie. Minijobs pur werden dort nochmals differenziert nach Rentnern und Schülerinnen; das macht im Übrigen mehr als zwei Drittel aus, nur damit wir wissen, worüber wir reden. Wir reden über 7 Millionen gewerbliche Minijobs. Das will ich gerne nochmals wiederholen.
Deswegen komme ich zum Ende. – Minijobs haben „eine schnell einsetzende und hohe Klebewirkung und keine Brückenfunktion“. All diejenigen, die sich darauf keine Antworten einfallen lassen, stehlen sich aus der Verantwortung und sollten nicht mit dem Finger auf andere deuten. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! DIE LINKE hat ihre Aktuelle Stunde der Auseinandersetzung im Einzelhandel gewidmet. Frau Wissler hat zu Recht gesagt: Zunächst wird immer betont, dass grundsätzlich die gute Regel gilt, dass sich Politiker nicht in Tarifverhandlungen einmischen sollten, vor allem dann nicht, wenn es
um Fragen der Lohnerhöhung geht. – In der Tat hat die Politik dazu nichts beizutragen. Im Gegenteil, wir entscheiden gar nicht darüber. Das will ich für meine Fraktion hier zu Protokoll geben.
Eine andere Frage ist, ob man dazu eine politische Meinung hat, ob man Verständnis für eine bestimmte Situation äußert. Eine andere Frage ist auch, ob die Tarifparteien innerhalb bestimmter politischer Rahmenbedingungen verhandeln. Frau Wissler, auch Sie haben gesagt, dass die Tarifparteien innerhalb eines bestimmten gesetzlichen Rahmens arbeiten. Wir haben hier schon oft über die Arbeitsmarktpolitik diskutiert. Die Themen, die dort zu behandeln sind, Fragen zu Mindestlohn, zu Leiharbeit, zu befristeter Beschäftigung, zu Minijobs, auch zu Teilen der Hartz-Gesetzgebung, formen die Rahmenbedingungen, unter denen die Tarifparteien verhandeln.
Die Kollegen von SPD und GRÜNEN haben hier schon mehrfach zu Recht festgestellt, dass es in vielen Fällen einen Nachsteuerungsbedarf gibt. Zu jedem einzelnen dieser Punkte zu sprechen, würde sicherlich mehr als 20 Minuten dauern. Wir haben gesagt, bei all den Stichworten, die ich eben nannte, gibt es einen Nachbesserungsbedarf, konkret bei Mindestlohn, Leiharbeit, befristeter Beschäftigung und Minijobs.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wenn man sich die Situation der Beschäftigten im Einzelhandel anschaut, muss man zwei Punkte zu Kenntnis nehmen. Zwei Drittel der Beschäftigten im Einzelhandel sind Frauen. Von den Frauen im Einzelhandel ist ein Drittel in Vollzeit, ein Drittel in Teilzeit und ein Drittel in Minijobs beschäftigt. Es liegt also auf der Hand, welche Bedeutung eine faire Gestaltung der täglichen Arbeitszeit für diese Frauen hat.
Wenn man sich die Mühe macht, das Flugblatt von ver.di anzuschauen, dann sieht man – Frau Kollegin Wissler wird mir recht geben –: Es geht um die Sorge der Tarifverhandler aufseiten der Gewerkschaften, dass es zu einer deutlichen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, zu einer spürbaren Senkung der Einkommen und zu einer weiteren Flexibilisierung zuungunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommt. Ich glaube, angesichts der Wirtschaftsdaten, angesichts der Beschäftigungssituation vieler Frauen im Einzelhandel können wir – als eine politische Frage an uns gerichtet – nur sagen: Es kann nicht sein, dass das im Jahre 2013 nach vielen Tarifrunden und Jahren des Verzichts so ist. – Wir können nur sagen: Wir begrüßen es, wenn die Tarifpartner darüber verhandeln, dass es gerechte Löhne gibt, dass es gute Arbeitsbedingungen gibt, dass über die Flexibilisierung fair verhandelt wird und dass es auch wieder zu einem Manteltarifvertrag kommt – den die Arbeitgeber übrigens einseitig gekündigt haben. Deshalb kann man das ganz unaufgeregt sehen.
Wir GRÜNE wünschen uns faire Löhne. Wir wünschen uns gute Arbeitsbedingungen. Wir wünschen uns, dass die Flexibilisierung nicht ausschließlich aufseiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stattfindet. Wir wünschen uns, dass die Tarifverhandlungen möglichst ohne Streiks auskommen, weil das in der Regel größeren Schaden anrichtet. Wir wünschen uns außerdem, dass die Rahmenbedingungen der Arbeitsmarktpolitik so geordnet werden – das ist unsere Hausaufgabe –, dass es für die Tarifparteien
in Zukunft einfacher wird, die Bedingungen für soziale und gerechte Arbeitsverhältnisse in den Tarifverhandlungen zu beschließen.
Herr Minister, wird das Projekt – wie es einmal beabsichtigt war – wissenschaftlich oder unabhängig begleitet? Und warum sind 50 % der Belegung nicht hessisch?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, Herr Kollege Merz, so weit liegen wir in unseren Auffassungen nicht auseinander, als dass Sie sich nicht noch wenige Minuten gedulden könnten.
140.000 Unterschriften, liebe Kolleginnen und Kollegen,
von Erzieherinnen und Erziehern, von Eltern, von Familien, die gegen diesen Gesetzentwurf protestiert haben – das
ist der seit Jahrzehnten massivste Protest gegen eine Gesetzesvorlage. Wir haben bis zum Schluss gehofft, dass bei der Landesregierung oder bei den sie tragenden Fraktionen Einsicht einkehrt. Die Uneinsichtigkeit hat sich aber durchgesetzt. Wir GRÜNE betonen: Das Kinderförderungsgesetz in der vorliegenden Fassung war falsch, ist falsch und bleibt falsch.
Bis heute trudeln Protestschreiben ein. Ich habe gerade wieder ein Bündel Schreiben aus meinem Fach genommen. Städte, Kommunen und sonstige Träger protestieren. Es nimmt kein Ende.
Die haben wir uns gegenseitig geschickt? – Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP und der CDU, das ist eine Form von Realitätsverlust. Besser kann man das eigentlich nicht beschreiben.
Wenn Sie wirklich glauben, dass wir uns das selbst schreiben, haben Sie die Zeichen der Zeit wirklich nicht verstanden. Die geistige Armut, die Sie hier an den Tag legen, ist kaum mehr zu unterbieten.
Wir können gerne noch einmal über die Frage diskutieren: Welche Herausforderungen müsste ein zukunftsgewandtes Kinderförderungsgesetz erfüllen? Nehmen wir in der Kürze der Zeit nur das Beispiel Grundschulkinderbetreuung – wir könnten über viele Punkte reden, wir haben auch schon über viele gesprochen –, weil wir der Auffassung sind, dass das das größte Kinderbetreuungsproblem im Lande Hessen darstellt. Nur 400 der 1.200 Grundschulen – das ist schon großzügig gerechnet – haben eine Landesförderung bekommen. Zehntausende von Eltern haben noch immer keinen Grundschulbetreuungsplatz gefunden. Sind Sie dieses Thema im KiföG angegangen? – Nein. Das zeigt, dass Sie eine der größten Herausforderungen nicht verstanden haben.
Frau Wiesmann, wenn Sie darauf hinweisen, dass das eine kultusministerielle Angelegenheit sei, dann will ich Ihnen sagen: Die Ausbaugeschwindigkeit liegt bei 60 Grundschulen pro Jahr. Bei diesem Ausbautempo brauchen wir noch weitere zwölf Jahre, bis wir eine flächendeckende Grundschulkinderbetreuung haben. Das wollen wir nicht – aber vielleicht Sie.
Ich will gar nicht auf die Details eingehen, z. B. Betreuung von Dienstag bis Donnerstag nur bis 14:30 Uhr. Das ist ja schon Kleingedrucktes und würde die Regierungsfraktionen wahrscheinlich überfordern. Sie brauchen doch nur darüber nachzudenken, wie der Minister auf die Anmerkung geantwortet hat, dass es einen errechneten Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren gibt, nämlich 58.000 Plätze. Dazu hat der Sozialminister am Dienstag in der Fragestunde gesagt: Was interessieren mich denn die Wünsche der Eltern? Wir werden doch erst am 1. August wissen, wie hoch die Nachfrage ist. – Das ist
doch gelebte Ignoranz. Man nimmt gar nicht zur Kenntnis, wie der Bedarf in diesem Lande ist.
Sie nehmen die Sorgen der Eltern, wenn es um eine qualitativ gute Kinderbetreuung geht, nicht ernst. Schauen Sie sich doch den Fachkräftebedarf und den Fachkräftemangel an. Seit fünf Jahren wissen Sie, dass wir auf einen Fachkräftemangel zusteuern. Im Jahr 2007 und zuletzt im Jahr 2009 haben die GRÜNEN ein Sofortprogramm gefordert, um den Erzieherinnen- und Erziehermangel zu bekämpfen. Hätten Sie damals auf uns gehört, hätten wir heute genug ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher. Das haben Sie verschlafen.
Zum Thema Qualität. Zur Finanzierung mussten Sie doch gezwungen werden. Sie haben sich nämlich geweigert, bei der Mindestverordnung eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen sicherzustellen. Die Kommunen haben mehrere Jahre verloren, ein eigenes Potenzial aufzubauen, eigenständig noch mehr Kinderbetreuung anzubieten. Erst durch ein Urteil wurden Sie gezwungen, bei der Mindestverordnung eine auskömmliche Finanzierung vorzunehmen.
Nach diesen verlorenen Jahren, nach der Tatsache, dass Sie gezwungen werden mussten, kommt jetzt hinzu, dass Qualitätsabsenkungen doch möglich sind. Vor allem dann, wenn der Kämmerer in der Tür steht und auf das KiföG deutet, bedeutet das die Gefahr und das Risiko, dass es in diesem Land zu Qualitätsabsenkungen in der Kinderbetreuung kommt. Wir GRÜNE wollen keine Qualitätsabsenkungen in Kinderbetreuungseinrichtungen. Das KiföG ist Murks, und es bleibt auch Murks.
Diese Landesregierung und die Fraktionen der CDU und der FDP haben sage und schreibe fünf Jahre gebraucht, um diesen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Herausforderungen einer aktuellen, zukunftsgewandten Kinderbetreuung auch nicht annähernd gerecht wird. Das ist zutiefst blamabel. Der Wechsel ist nötiger denn je.
Ich frage die Landesregierung:
Wie erklärt sie sich die große Lücke zwischen dem Betreuungsbedarf und der Betreuungsquote für Kinder unter drei Jahren, die am 25. April 2013 in der „FAZ“ veröffentlicht wurde?
Herr Minister, können Sie bestätigen, dass der Elternbedarf, also der Betreuungsbedarf, so wie er in der Zeitung mit rund 38 % stand, bei etwa 58.000 Plätzen liegen würde?
Herr Minister, deswegen stelle ich diese Frage. Können Sie bestätigen, dass der reale Bedarf bei 58.000 Plätzen liegt? – Es handelt sich schließlich um Ihre eigene Studie. Sie wurde vom Ministerium in Auftrag gegeben und dann vom Deutschen Jugendinstitut durchgeführt. Im Dezember 2012 haben Sie die Ergebnisse veröffentlicht. Dementsprechend müssten Sie zu den 58.000 Plätzen stehen. Ob der Bedarf tatsächlich gedeckt ist, ist eine ganz entscheidende Frage.
Ich frage die Landesregierung:
Wie viele Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren sind zum 1. März 2013 vorhanden?
Herr Minister, wenn dieser Stand von mehr als 49.000 Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren richtig ist und ebenso die Bedarfserhebung, ausgeführt vom Deutschen Jugendinstitut und von Ihrem Ministerium in Auftrag gegeben, die einen Bedarf von 58.000 Plätzen ermittelt hat: Stimmen Sie mir zu, dass dann etwa 8.000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren fehlen?
Herr Minister, wie erhebt man denn einen Bedarf, wenn nicht durch die Abfrage nach dem Betreuungswunsch?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Minister Grüttner sprach folgenden Satz:
Daher brauchen wir eine … Familienpolitik, die den heutigen Lebensbedingungen … Rechnung trägt und den Familienalltag erleichtert.
Das ist in der Tat eine wichtige Forderung. Die Frage lautet nur: Wer regiert hier eigentlich seit fünf Jahren, und warum tun Sie es nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren?
Es ist schon ein erstaunlicher Vorgang, wenn man sich überlegt, dass am Donnerstag ein Gesetz über einen Schwerpunkt der Familienpolitik, nämlich die Kinderbetreuung, verabschiedet werden soll, bei dem über 130.000 Eltern massiv dagegen protestiert haben, dass Qualitätsverschlechterungen in Aussicht gestellt werden. Dass dieses KiföG am Donnerstag verabschiedet werden soll und diese Landesregierung in einer Art Verlust der Wahrnehmung von Realitäten auch noch die Frechheit besitzt, hier eine Regierungserklärung zur Familienpolitik abzugeben – dazu kann ich nur sagen: Wer es so macht wie Sie, der nimmt nicht wahr, was die wirklichen Probleme der Familien im Lande Hessen sind, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir finden, dass nach fünf Jahren alle Wählerinnen und Wähler im Lande Hessen das Recht haben, zu erfahren, was eigentlich aus den Versprechen geworden ist, Familienland Nummer eins zu werden. Die Bilanz dieser familienpolitischen Maßnahmen ist schnell gezogen. Nahezu alles, was Sie in die Hand genommen haben, lässt sich unter folgendem Dreiklang summieren: Entweder kam es zu spät, entweder war es zu wenig, oder es war zu schlecht. Das ist das Fazit von 15 Jahren CDU-Familienpolitik. Wenn wir ehrlich wären, gäbe es noch einen Zusatz nach dem Motto: Erst wollten wir nicht, dann konnten wir nicht. – Das ist das Fazit der hessischen Familienpolitik von CDU und FDP.
Wenn man nach den Ursachen fragt, warum dies eigentlich so ist und vieles notorisch unterfinanziert bleibt und warum bei vielen notorisch die Handlungskompetenz fehlt, so ist das schnell erklärt. Es ist doch nur wenige Jahre her, dass Sie von der CDU die Ehe als einzig Heil bringende Familienform deklariert haben, dass sich Mütter der Diskussion aussetzen mussten, Rabenmütter zu sein, wenn sie arbeiten gingen, dass Alleinerziehende abwertend als unvollständige Familien bezeichnet wurden oder etwa dass Ganztagsschulen als Vorstufe zum Sozialismus galten. – Das ist der Grund und der rote Faden, der sich bis heute durchzieht und immer wieder zutage tritt, wenn man sich Ihre familienpolitische Motivationen ansieht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Noch schlimmer, aber leider hochaktuell sind doch die Debatten um das Familienbild, die sich immer wieder wie ein roter Faden auch in die heutige Zeit ziehen. Die CDU hat
noch immer nicht ihren Frieden damit gemacht, wenn Kinder in liebevollen Beziehungen zweier Männer oder zweier Frauen aufwachsen, wie man an der Debatte um steuerliche Gleichstellung erkennen kann. Ich kann nur sagen, sehr verehrte Damen und Herren von der CDU: Eine CDU, die bis heute nicht begriffen hat, dass es endlich an der Zeit für die absolute Gleichstellung homosexueller Paare mit allen Familienformen ist, hat nicht begriffen, wem die Stunde schlägt.
Wenn eine CDU, die sich – auch das ist aktuell – vor allem mit der Frage der Herdprämie beschäftigt hat – –
Eine Prämie, wenn man sein Kind nicht in einen Kindergarten oder eine Kindereinrichtung gibt, Herr Kollege Klee, nennen wir eine Fernhalteprämie. Wie rückwärtsgewandt ist das denn angesichts der herrschenden Probleme?
Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, immer dann, wenn es ein Rückzugsgefecht in alten ideologischen Grabenkämpfen zu schlagen gilt, ist die hessische CDU bis zur letzten Patrone dabei. Nur massiver öffentlicher Druck oder Wahlschlappen, beispielsweise in Großstädten, helfen, dieser unmodernen Politik und den alten, verstaubten Weltbildern ein Ende zu setzen. Ich glaube, bald haben auch Sie die Zeit dazu, nämlich am 22. September, meine Damen und Herren.
Um einmal konkret zu werden und sich nicht nur in weltpolitischen Diskussionen zu verfangen: Ich glaube, die Familien in diesem Lande haben es verdient, dass wir eine Bilanz von fünf Jahren CDU/FDP-Regierung ziehen, und zwar unter Berücksichtigung folgender Fragen: Hat die Hessische Landesregierung zeitgemäße Antworten auf die Probleme von Familien – und zwar aller Familien – gefunden? Hat sie Lösungen für Alltagsprobleme geboten, hilft sie also aktiv bei den Lösungen? Hat sie die Sorgen der Eltern ernst genommen, und schafft sie Rahmenbedingungen, die ein Familienleben erleichtern? – Nein, sagen wir GRÜNEN. Wer sich die Einzelheiten anschaut, kann nur zu der Antwort kommen, dass diese Landesregierung Meilen davon entfernt ist. Es ist eine Bilanz des Verschlafens. Sie bekommen von uns die goldene Schlafmütze verliehen, und das ist schon freundlich formuliert.
Was sind die größten Probleme? Die Kolleginnen und Kollegen vor mir haben es schon angesprochen: Das größte Problem ist natürlich die Betreuungspolitik. Es gibt Eltern, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Einklang zu bringen versuchen. Sie alle brauchen einen Betreuungsplatz. Was ist aus dem Familienland Nummer eins geworden? Jetzt sprechen wir einmal nicht über Glaubensaufsätze, sondern nur über Fakten.
Hessen belegt nicht Platz 1 bei der Ausbaugeschwindigkeit, sondern Platz 9. In der Versorgungsquote liegt es auf
Platz 10 bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren. Das ist doch blamabel, aber das ist Fakt, meine Damen und Herren, weil Sie zu spät – nämlich erst im Haushaltsjahr 2013/2014 – mit eigenen Landesmitteln die Investitionskosten subventioniert haben.
Ja, Herr Minister, es tut weh, wenn man fünf Jahre lang weiß, dass wir in einen Rechtsanspruch gehen, und dann erst im Jahre 2013 eigene Landesmittel zu den Investitionen gibt. Dieses Problem haben Sie verschlafen, nichts anderes.
Nein, auch bei dem berühmten Drittelanteil an den Kosten der U-3-Betreuung haben Sie das Problem ignoriert und negiert, das gebe es gar nicht. Wir sind Meilen davon entfernt, dass das Land nur annähernd ein Drittel an den Ausbaukosten für U 3 gibt.
Nehmen wir einmal die nackten Zahlen. Was Sie heute in der Fragestunde abgezogen haben, war an Peinlichkeit kaum zu überbieten, Herr Minister: Sie geben zu, dass es eine Zahl gibt, nach der wir einen Bedarf von 58.000 Plätzen für Kinder unter drei Jahren haben. Na ja, schwurbeln Sie dann herum, das seien doch eigentlich nur die Wünsche der Eltern. – Ja, was ist denn sonst der Bedarf? Es gibt 58.000 Eltern in diesem Land, die einen Platz wollen. Und Sie bieten nach letztem Stand 50.000 Plätze an. Das ist ein Desaster für alle Familien, die Kinderbetreuungsplätze suchen. Das ist die Antwort, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Halten wir es noch einmal fest: Es fehlen 8.000 Plätze. – Herr Rock, da können Sie nicht den Kopf schütteln und sich die Situation auch nicht schönreden. Es war doch fünf Jahre bekannt, dass wir zum 1. August einen Rechtsanspruch bekommen würden. Da nutzt mir auch das Zitat von der dpa nichts – Herr Bouffier ist nicht da –: „Die Quote werden wir erfüllen, ob zum 1.8. oder zum 1.12.“
Herr Ministerpräsident Bouffier, es ist doch kein Wunschkonzert, wann der Rechtsanspruch in Kraft tritt. Er tritt zum 1. August in Kraft, und die Hessische Landesregierung hat alles unterlassen, damit dieser Rechtsanspruch in den hessischen Kommunen umgesetzt werden kann. Das ist Fakt für eines der größten Probleme von Familien.
Schauen wir uns den zweiten großen Bereich an, die Grundschulkinderbetreuung. Das ist schon gigantisch. Die Frau Kultusministerin ist jetzt hier. In Ihrer Broschüre sagen Sie doch tatsächlich auf Seite 76 – ich habe es mir herauskopiert –:
Aufgrund des stetigen Ausbaus der Angebote für Grundschülerinnen und -schüler
nicht Schulen, sondern Schülerinnen und Schüler –
nähert sich die Versorgungsdichte mittlerweile der 100-%-Marke.
Da muss man sich schon die Augen reiben. Auf meine Anfrage hin hat die Hessische Landesregierung zugegeben, dass es nur an 300 von 1.200 Grundschulen überhaupt ein Angebot gibt. Das steht in der Drucks. 18/5113.
Seien wir großzügig und nehmen Ihre 60 hinzu für das neue Jahr. Dann hat etwa, großzügig gerechnet, ein Drittel aller Grundschulen ein vom Land gefördertes Angebot. Es ist das größte Betreuungsproblem der Eltern in diesem Lande, wenn ihre Kinder nach sechs Jahren Kinderbetreuung vom Kindergarten in die Grundschule wechseln und sie dann keine Grundschulkinderbetreuung finden. Dann sagt die Kultusministerin: Was wollen Sie eigentlich? Es gibt doch eine 100-%-Versorgung.
Fakt ist, Tausende von Eltern suchen noch einen Betreuungsplatz. Darauf hat das KiföG keine Antwort gegeben – ein Desaster, ein Versagen einer Landesregierung, eine Ignoranz, die kaum zu unterbieten ist.
Herr Rock, Sie sagen immer, wir sollten positiv denken, wir hätten Sie so traurig gestimmt. Da müssen wir schon aufpassen, dass wir keine Antidepressiva verschreiben müssen, wenn Sie so unendlich traurig sind. Ich sage Ihnen gerne, was wir brauchen. Wir brauchen den flächendeckenden Ausbau von 7:30 bis 17:00 Uhr an allen hessischen Grundschulen. Wir als GRÜNE haben dazu ein Konzept vorgelegt, und Sie können sich darauf verlassen: Wenn wir eine Mehrheit in diesem Haus haben, werden nach fünf Jahren alle hessischen Grundschulen ein solches Angebot vorfinden. Das ist ein Versprechen, an dem Sie uns messen können. Es gibt auch klare Konzepte dazu.
Da Sie endlich aufgewacht sind, komme ich zu den anderen Punkten. Die Eltern haben Sorgen, und die Sorgen wollen wir ernst nehmen. Sie haben die Sorge, was beim Übergang vom Kindergarten zur Grundschule passiert. Herr Bußer, der Regierungssprecher, wird zitiert
wir geben uns Mühe bei der Aussprache –, wie stolz er ist, dass es 500 Tandems gebe. Wir reden nur über Zahlen, und ich glaube, man muss nicht unruhig werden, wenn man sich an den eigenen Fakten messen lässt. Es gibt 500 Tandems, die sich darum bemühen, dass Kinder einen gleitenden Übergang von der Kindertageseinrichtung zur Grundschule bekommen. Wissen Sie, wie viele Kindereinrichtungen wir haben? 4.083. Wer nach fünf Jahren mit 500 Tandems glücklich ist, der hat seinen Job nicht richtig gemacht. So einfach ist die Antwort.
Wenn Eltern Sorgen haben, ob sie ihr Kind in eine qualitativ gute Kinderbetreuung geben, dann werden sie nicht um die Frage herumkommen, ob es dort ausreichend qualifiziertes Fachpersonal gibt. Ich lese Ihnen nur Ihre eigenen Zahlen vor, und schon passt es Ihnen nicht. Der Herr Minister wird unruhig, weil er an seiner eigenen Leistungsbilanz und nicht an irgendwelchem Schwadronieren gemessen wird. Die Leistungsbilanz ist nach fünf Jahren folgende: Es fehlen in diesem Land nach Ihrer eigenen Aussage 3.500 Erzieherinnen und Erzieher. Das ist Ihre Leistungsbilanz, und das ist fatal für Familien in Hessen.
Herr Rock, Sie brüsten sich mit Qualifizierter Schulvorbereitung. Aber wir reden doch nicht mehr über das erste Jahr nach Ihrer Regierungsübernahme. Wir sind am Ende der Legislaturperiode, und Sie schmücken sich mit dem Urteil: Wir haben an 30 Modellstandorten die Qualifizierte Schulvorbereitung eingeführt.
Ich kann nur betonen, dass wir auch froh sind, dass die Kinderschule verhindert wurde. Aber an 30 Modellstandorten bei 4.000 Kindereinrichtungen? Darauf wollen wir Sie stolz sein, das wollen Sie als Erfolg verkaufen? Wir peinlich kann das eigentlich noch sein?
Ein weiteres Beispiel, und da erspare ich Ihnen bei Ihrem neuen KiföG nicht die Diskussion um das Mittagessen. Es geht um Ausnahmeregeln. Man sollte in Kindereinrichtungen gewisse Standards als gesetzt zugrunde legen. Ich persönlich nenne einmal fließendes Wasser oder eine Heizung, es sei denn, man spricht von Waldkindergärten. Aber dort haben wir einen Försterbetreuungsschlüssel von 1 : 1.
In einer normalen Kindereinrichtung hat man in der Regel fließendes Wasser oder auch eine Heizung, oder auch ein Mittagessen. Das sollte man eigentlich voraussetzen können. Aber da haben wir die Rechnung ohne das Sozialministerium gemacht. Wir haben es in der letzten Sitzung des Sozialpolitischen Ausschusses besprochen. Wir haben 4.083 Kindereinrichtungen, und 287 davon haben eine Ausnahmegenehmigung, aber Sie konnten nicht genau benennen, wie viele genau kein Mittagessen vorhalten müssen. Achtung, Sie konnten eine konkret benennen, das ist der berühmte japanische Kindergarten.
Man muss es sich überlegen. Da gehen 90 Kinder ganztägig betreut in eine Kindereinrichtung, und es gibt aus kulturellen Gründen eine Ausnahmegenehmigung, dass der Träger kein Mittagessen vorhalten muss. Das befremdet mich. Uns GRÜNE befremdet das, weil wir glauben, dass jeder Träger in einer Kindereinrichtung ein Mittagessen vorhalten muss. Es kann keine kulturellen Gründe geben. Welche kulturellen Gründe sollen es sein? Die Kultur der Weight Watchers? Die Kultur: „Wir leben von Luft und Liebe“? Oder die Kultur: „Wir finden schon genug Mamas, die das Essen morgens vorbereiten“?
Nein, so rückwärtsgewandt wollen wir keine Politik haben. Wir wollen eine Mittagsversorgung als qualitativen Standard in jeder Kindereinrichtung. Das gilt es auch in Zukunft sicherzustellen.
Sie haben das Thema Sprachförderung angebracht. Wie stolz sind Sie auf Ihre Sprachstandserfassung. Das ist gar kein schlechtes Ergebnis mit der Sprachstandserfassung. Das Problem ist nur: Ihre eigenen Zahlen sagen, Sie haben die Sprachförderung von 4 Millionen € auf 3,5 Millionen € gesenkt. Herr Rock, Sie senken Ihre eigene Sprachförderung ab. Das heißt, Sie erfassen zwar eine Menge Kinder, und zwar nicht nur Migrantenkinder, damit das auch ausgesprochen wird. Ich habe eine Einrichtung mit 106 Kindern besucht, von denen nur sechs Migrationshintergrund hatten. Aber 43 Kinder hatten Sprachprobleme.
Das heißt, wir haben einen höheren Bedarf, aber Sie fahren das Programm der Sprachförderung von 4 auf 3,5 Millionen € zurück. Herr Rock, das sind Ihre Zahlen, und Sie blamieren sich selbst, wenn Sie sich mit so etwas brüsten
wollen und sagen, dass sei eine zeitgemäße Familienpolitik.
Abseits der Betreuungspolitik gestatten Sie mir noch einen Ausflug in die Beschäftigungspolitik. Ich fand es schon sehr interessant, wie der Herr Minister versucht hat, sich dort zu bewegen. Ich habe eine Abfrage mit heutigem Datum, die ich Ihnen gerne zur Verfügung stelle. Sie stammt vom 21. Mai von der Bundesagentur für Arbeit. Jetzt halten Sie sich einmal gut fest. Beim Bestand an Arbeitslosen, d. h. wie sich der Bestand an arbeitslosen Alleinerziehenden in den letzten vier Jahren verändert hat, ist die Antwort: Der Bestand ist bei 40.000 geblieben, und zwar ohne irgendwelche positiven Veränderungen. Relativ betrachtet, ist er sogar von 13,7 % auf 14,5 % angestiegen. Die Zahl der erwerbsfähigen arbeitslosen Alleinerziehenden ist in diesem Land in den letzten vier Jahren nicht um ein Jota nach unten gegangen. Sie haben kaum eine Eingliederung von Alleinerziehenden geschafft.
Das ist die Frage, wie man mit einer Ein-Elter-Politik umgeht. Diese Eingliederungsquoten können Sie nicht als Erfolg verkaufen. Im Gegenteil, das zeigt einmal mehr, dass gerade die erwerbsfähigen leistungsberechtigten Alleinerziehenden nach wie vor ein Graufeld für Sie bleiben, wo Sie keine Aktivitäten entwickelt haben, zumindest nicht solche, die sich in irgendeiner Zahl widerspiegeln.
Schließlich kann ich Ihnen die Fragen nicht ersparen: Helfen Sie wirklich ärmeren Familien? Kann Ihre Familienkarte ein Instrument sein? Wir wissen alle, dass das mehr oder weniger eine Rabattkarte ist. Nichts gegen Rabatte, die nehmen wir alle gerne irgendwo mit. Aber hat damit irgendeine Familie mehr Zugang zur musischen, sportlichen, künstlerischen Teilhabe wie etwa beim Frankfurt-Pass bekommen? Es ist eine nette Beigabe, aber das erfüllt doch nicht die Aufgabe, ärmeren Familien in diesem Land die Teilhabe und den Zugang zu erleichtern. Mitnichten, es ist eine Rabattkarte und eigentlich nur eine Verhöhnung vieler Familien in diesem Land.
Oder helfen Sie homosexuellen Paaren? Ich habe es schon zu Beginn meiner Rede gesagt, gerade bei der steuerlichen Gleichstellung sind Sie Meilen davon entfernt, diesen Menschen als hessische CDU oder hessische FDP dabei zu helfen, eine tatsächliche Gleichstellung zu bekommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir GRÜNE glauben, dass die Familien und Eltern in Hessen es leid sind, sich als Bittsteller bei der Lösung ihrer Probleme zu empfinden. Sie sind es leid, wenn man ihnen nur hilft, wenn sie massiv protestieren. Sie sind es leid, darauf zu hoffen, dass irgendwann vielleicht ein Lichtlein der Erkenntnis in einem der Ministerien angeht und sich eine zukunftsgewandte Familienpolitik durchsetzt.
Man kann es auch so zusammenfassen: Es muss damit Schluss sein, dass man eine Landesregierung zum Jagen tragen muss. Die Familien dieses Landes sind die Landesregierung leid, und – ich füge hinzu – sie haben eine andere Familienpolitik verdient. – Das war Ihre Familienpolitik: Sie kam zu spät, zu wenig und zu schlecht. Erst war sie nicht gewollt, jetzt ist sie nicht gekonnt. Ein Wechsel ist nötiger denn je. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss zugeben, dass dieser Wortbeitrag von Herrn Müller mich wirklich betroffen gemacht hat und meine Lust, über das Thema zu reden, relativ stark gesunken ist. Ich finde, das war eine einmalige Entgleisung, wie ein Amokläufer auf den Redner loszugehen.
Ich bin der Meinung, man kann anderer Meinung sein und eine andere politische Meinung vertreten. Aber sich an einem Lebenslauf abzuarbeiten – ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, Herr Müller und sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Wenn die Nerven so blank liegen, wie tief müssen Sie gesunken sein, was muss Ihnen da widerfahren sein? Du liebe Güte.
130.000 Menschen haben in diesem Land eine Petition unterschrieben.
130.000 Menschen, das ist die größte Protestaktion seit der Startbahn West vor 30 Jahren. 5.000 Menschen waren es in Frankfurt. 5.000 Menschen haben in Wiesbaden demonstriert. Wir haben eine siebenstündige Anhörung gehabt, in
der Sie sechs Stunden und 55 Minuten die Leviten gelesen bekommen haben. Für fünf Minuten war ein Verband dabei, der gesagt hat: Grundsätzlich finden wir das Gesetz gut. – Er hat dann aber 13 Seiten Änderungsvorschläge eingebracht. Sehr geehrte Damen und Herren von CDU und FDP, dieses KiföG war falsch, ist falsch und bleibt falsch. Und Sie haben nichts dazugelernt.
Sie haben – es fällt mir in so einer Atmosphäre schwer, das tatsächlich zu sagen – einen der größten Unfuge, den Sie darin formuliert haben, nämlich das fachfremde Personal, tatsächlich nach massiven Protesten zurückgezogen. Das war richtig. Auch das fällt mir angesichts dieser Atmosphäre hier schwer zu sagen. Aber es ist richtig. Aber Sie haben auch neue stümperhafte Fehler hineingebaut und gehen dann wieder auf den politischen Gegner los, nach dem Motto: Wir machen die Fehler, und die Opposition ist daran schuld. – So läuft das nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Jetzt kommen wir einmal zum Thema Mittagessen. In der ersten Lesung haben Sie einen Satz eingebracht, in dem steht, dass ein Kindergarten, der eine Betreuung von mehr als sechs Stunden anbietet, nur dann eine Betriebserlaubnis bekommt, wenn er ein Mittagessen anbietet. In der zweiten Lesung sind Sie dann um die Ecke gekommen – – Ja, Herr Minister, da würde ich auch unruhig auf dem Sessel hin und her rutschen.
Dann haben Sie das Wort „muss“ durch das Wort „soll“ ersetzt. Was heißt das denn? – Das heißt nichts anderes, als dass Sie diese Verpflichtung für die Kommunen, Betriebserlaubnisse nur dann auszusprechen, wenn es ein Mittagessen gibt, zurücknehmen. Das ist ein Aufweichen von Qualitätsstandards, wie man es durchgängig in diesem KiföG findet. Genau deshalb ist es falsch.
Das ist wie eine rote Linie in diesem KiföG. Das sind Qualitätsstandards. Passen Sie jetzt bitte genau auf. Es besteht die Gefahr, dass diese Qualitätsstandards gesenkt werden können. Niemand von der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN sagt, dass sie abgesenkt werden müssen. Aber wenn Sie ein Gesetz verfassen, in dem steht, dass man Qualitätsstandards absenken kann, dann müssen Sie sehen, dass viele Menschen in diesem Land zu Recht aufstehen und sagen: Nein, wir wollen die Qualitätsstandards nicht absenken. – Genau das ist auch der Fall beim Mittagessen. Keine Absenkung der Qualitätsstandards – das ist das Motto für uns GRÜNE.
Lieber Kollege Bellino, liebe Frau Kollegin Wiesmann, ich wäre ein schlechter Abgeordneter, wenn ich mir nicht diesen Ausnahmefall des japanischen Kindergartens in Frankfurt angeschaut hätte. Dann hätte ich meine Hausaufgaben für heute nicht gemacht. Dieser japanische Kindergarten ist, oh Wunder, gar keine Ganztageseinrichtung. Montags schließt er beispielsweise um 12:30 Uhr. Er hat eine alte Betriebserlaubnis, die schon weit über mehrere Jahrzehnte
alt ist. Er schließt häufig nach nur fünf bis sechs Stunden. Es gibt eine Formulierung in diesem Gesetz, die lautet: Eine Einrichtung, die mehr als sechs Stunden öffnet und Betreuung anbietet, muss ein Mittagessen vorhalten.
Ich frage Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wer möchte in diesem Land eine Kindereinrichtung haben, die länger als sechs Stunden geöffnet ist und kein Mittagessen anbietet? – Wir wollen so einen Standard nicht haben.
Ich sage Ihnen noch einmal: Sie haben von der ersten zur zweiten Lesung nichts verstanden. Wir haben Ihnen erklärt: Es fehlen immer noch 8.000 Plätze für Kinder unter drei Jahren. Es fehlen immer noch 3.500 Erzieherinnen und Erzieher als Fachkräfte. Wir haben immer noch eine mangelhafte Hortbetreuung.
Nur 400 von 1.200 Grundschulen haben überhaupt eine Ganztagsbetreuung. Wer in dieser Stunde an diesem KiföG festhält, welches die entscheidenden Antworten zu den Herausforderungen der Kinderbetreuung schuldig bleibt, hat seine Hausaufgaben nicht gemacht und auch nicht verstanden, worauf es in den nächsten Jahren bei der frühkindlichen Bildung ankommt.
Lassen Sie mich die Jungen Liberalen erwähnen. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber in der „FAZ“ stand zu lesen, dass so, wie CDU und FDP dieses KiföG behandelt hätten, sie sich anstellen würden wie der dumme August. – In bestimmten Punkten haben manchmal auch Junge Liberale recht. Was Sie hier abgeliefert haben, war für die Ansprüche heutiger Kinderbetreuung tatsächlich nicht mehr genügend.
Wir haben auch über die Inklusion geredet. Bei den gefühlten Hunderten von Veranstaltungen, auf denen wir uns treffen – Frau Wiesmann, Herr Merz, Frau Schott –, arbeiten wir immer wieder an der Frage, wie wir in diesem Land zukünftig mit behinderten Kindern umgehen. Der Verweis der CDU und der FDP, es könne doch eine Vereinbarung zwischen dem Hessischen Städtetag bzw. den hessischen Spitzenverbänden und den freien Trägern geben, ist durchaus eine Antwort. Allerdings ist es eine Antwort, die sich davor drückt, eine landesrechtliche Regelung zu erarbeiten, in der genau diese Frage beantwortet wird.
Dann kommen noch Verbände und Träger auf uns zu und fragen: Was passiert denn mit den behinderten Kindern in unserer Einrichtung, wo bisher nur 20 Kinder in der Gruppe waren, damit man die zwei behinderten Kinder tatsächlich besser betreuen kann, und wo jetzt, um die volle Subvention zu bekommen, auf 25 aufgestockt werden muss? Können die beiden behinderten Kinder dann tatsächlich noch umfangreich und ausführlich betreut werden? – Davor haben sie Sorge. Deswegen sagen sie uns auch, dass bei den Förderungen, wie Sie sie vorsehen, auch die 800 € pro Kopf nichts nutzen, die Sie noch hinterherwerfen. Es wird dem Finanziellen nicht guttun, dort behinderte Kinder zu betreuen.
Wenn Träger dann sagen, sie bräuchten andere Regelungen, weil es eine Menschenrechts- und eine Bürgerrechtsfrage ist, dass wir die Inklusion vorantreiben, nicht wegdiskutieren und uns nicht in die Büsche machen, son
dern dass wir sie in einem KiföG regeln, dann haben sie recht. Dann muss man sie auch nicht beschimpfen, sondern seinen Gesetzentwurf ändern, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Nein, Sie wollen mit demselben Kopf zum zweiten Mal durch dieselbe Wand. Ich kann Ihnen prognostizieren – dazu muss man wahrlich kein Prophet sein –, dass Sie damit kaum Erfolg haben werden. Wenn Sie sich die Umfragen von „FAZ“ und FFH zu den wichtigsten Themen ansehen – Herr Kollege Wagner hat es schon gesagt: das wichtigste war die Schulpolitik, das zweitwichtigste die Kinder- und Familienpolitik – und tatsächlich glauben, mit diesem Gesetz eine Antwort darauf zu geben, sind Sie auf einem falschen Weg. Ich will es mit den Worten eines Teilnehmers aus Kassel formulieren: Das Beste an diesem Gesetz ist, dass es nicht unbedingt angewendet werden muss, mit all den Qualitätsvorschlägen, die dort gemacht werden.
Ein KiföG im Jahr 2013, das bis 2019 Bestand haben soll, das die Fragen der Kinderbetreuung für Hortkinder und behinderte Kinder nicht beantwortet, das Unsicherheiten in den Qualitätsstandards bis hin zum Mittagessen in Einrichtungen schafft, hat schlicht und ergreifend seinen Namen nicht verdient, weil nicht verstanden wurde, worum es in Zukunft geht. Alles schreit danach, dass dieses Land einen Wechsel braucht, auch in der Kinderbetreuung. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Einführung des Betreuungsgeldes war falsch, ist falsch und bleibt falsch. Ich freue mich auf eine neue Bundesregierung, die das als Erstes wieder abschafft.
Frau Kollegin Wiesmann, es ist schon bemerkenswert, wenn man die Historie der Entstehung dieses Betreuungsgeldes betrachtet, wie es völlig offensichtlich war, als es um die Schaffung von Krippenplätzen ging, dass die CSU verzweifelt versucht hat, ihre Klientel im ländlichen Raum in Bayern mit diesem Betreuungsgeld zu bedienen, und wie Sie jetzt sozusagen nachwirkend versuchen, eine familienpolitische Sinnstiftung dieser absoluten Mittelverschwendung darzustellen. Das ist schon absurd.
Lassen Sie mich nur in einem Punkt darauf eingehen. Wenn über zwei Drittel aller Eltern nach wie vor ihre Kinder zu Hause betreuen – in Klammern: betreuen müssen, obwohl sie vielleicht arbeiten gehen wollen und müssen –,
dann gibt es doch, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und von der FDP und auch lieber Herr Minister, der Sie dazwischenrufen, und auch Sie, Herr Pentz, Untersuchungen darüber, wie hoch die Bedarfe von Eltern sind, die Wahlfreiheit suchen, die sich Wahlfreiheit wünschen und sie nicht finden. Es ist doch geradezu absurd, mit diesem Betreuungsgeld darauf antworten zu wollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP, zeigen Sie mir eine Familie in diesem Land, die wegen 150 € im Monat sagt: Jetzt kann ich es mir erlauben, zu Hause zu bleiben. – Das ist doch geradezu absurd bei dieser geringen Summe. Wenn es Ihnen darum gegangen wäre, Wahlfreiheit herzustellen für Familien, die ihr Kind zu Hause betreuen wollen, dann wäre es folgerichtig gewesen, zu sagen: Wir verlängern die Zahlung des Elterngeldes, das eine kluge Einrichtung ist. – Aber diese 150 € sind weder eine Antwort auf das eine noch auf das andere. Es ist weder Fisch noch Fleisch.
Frau Wiesmann, als wir das hier vor einem Jahr diskutiert haben, haben Sie gesagt: Im Übrigen plädiere ich gegen diese Ausgleichssubstitution. – Deshalb sollte das Betreuungsgeld auch nicht an die Nichtinanspruchnahme von außerfamiliärer Betreuung gebunden sein. Ich freue mich deshalb, dass Sie jetzt eigentlich gegen dieses Betreuungsgeld stimmen müssten. Denn es ist geregelt, dass diese Leistungen nur an Familien für ein Kind ausgezahlt werden, das keine Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch § 22 in Anspruch nimmt. Das ist mit anderen Worten eine Fernhalteprämie, gegen die Sie gesprochen haben. Sie ist aber Gesetzesbestandteil. Deswegen stimmen Sie bitte dagegen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Nein, es ist eine Mittelverschwendung. Warum? – Wenn wir darüber nachdenken, dass nach wie vor noch 8.000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren fehlen und dass immer noch Zehntausende von Plätzen bei der Betreuung von Grundschulkindern fehlen, wenn wir darüber reden, dass dieses KiföG nicht entsprechend den Qualitätsanforderungen ausgestaltet werden kann, weil Gelder fehlen – auch in Hessen, weil wir ja eines der höchstverschuldeten Ländern bei der Neuverschuldung sind –,
wenn alldem so ist, dann müssen Sie doch verstehen, dass wir damit finanzielle Ressourcen entziehen, um Wahlfreiheit und qualitativ hochwertige Betreuung herzustellen. Deshalb ist und bleibt dieses Betreuungsgeld falsch, und wir werden das in einer neuen Bundesregierung auch wieder abschaffen. – Ich danke Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Bartelt, wir haben heute Frühlingsanfang. Aber das, was Sie heute zu dem Thema „Jugend und Ausbildung“ gesagt haben, entsprach der tiefsten Steinzeit.
Ich bin mittelschwer entsetzt darüber, dass es Ihnen in Ihrem zehnminütigem Redebeitrag und in Ihrer zweiminütigen Kurzintervention gelungen ist, keine einzige Antwort auf die Frage zu geben, wie wir mit diesen Jugendlichen umgehen wollen.
Herr Dr. Bartelt, Ihr Redebeitrag ist noch hinter die Ausführungen in der Diskussion zurückgefallen, die wir vor drei Jahren darüber geführt haben. Ich habe im Wortprotokoll die Beiträge zu der Diskussion über die Ausbildungsplatzsituation nachgelesen, die wir hier vor drei Jahren geführt haben. Die Wortbeiträge von Ihrer Seite waren um einiges deutlicher und empathischer; denn Sie haben wenigstens anerkannt, dass es eine Gruppe von Jugendlichen gibt, die keine Ausbildung haben, und dass Tausende von Jugendlichen in Übergangssystemen und in unnötigen Warteschleifen sitzen.
Ich hätte von Ihnen gern gehört, dass Sie wenigsten ein Problembewusstsein entwickelt haben. Selbst das haben Sie nicht gemacht. Was für ein fataler Niedergang.
Nein, es ist in der Tat so, wie es die SPD in ihrem Antrag beschreibt: Eine gute Ausbildung ist für jeden Jugendlichen eine zwingend notwendige Grundlage für den Einstieg ins Berufsleben und damit für ein selbstständiges Leben in unserer Gesellschaft. Auch wir GRÜNE wollen deshalb, dass alle Jugendlichen eine Ausbildung abschließen.
Dieses Ziel ist nicht nur ein bildungspolitisches und ein sozialpolitisches, sondern auch ein gesellschaftliches Muss. Wir müssen feststellen, wir haben dieses Ziel noch nicht erreicht. Herr Dr. Bartelt, wer also nicht alles unternimmt, um dieses Ziel zu erreichen, muss sich fragen lassen, ob
ihn das Thema wirklich interessiert oder ob er das hier zu einer Unterhaltungsshow machen will.
Ich möchte Ihnen einige Zahlen aus dem Berufsausbildungsbericht des Wirtschaftsministeriums nennen. Das sind die Zahlen Ihres Ministeriums, Ihrer Landesregierung. Dort wird festgestellt, dass sich 25.000 Jugendliche – eine konstant hohe Zahl übrigens – im Übergangssystem befinden. Das steht auf Seite 85 des Berichts; Sie können das gern nachlesen. Das sind nicht die Zahlen einer verzweifelten Opposition, sondern Regierungszahlen. 25.000 Jugendliche befinden sich in unnötigen Warteschleifen oder im Übergangssystem. Diesen Menschen fehlt eine Ausbildung. Herr Dr. Bartelt, liebe Mitglieder der CDU, was ist Ihre Antwort darauf?
Seite 70 des Berufsausbildungsberichts des Wirtschaftsministers: Wir haben 43.000 Ausbildungsplatzangebote und 47.000 Ausbildungsplatzsuchende. Ergo besteht ein Defizit von 4.000 Ausbildungsplatzangeboten: 4.000 Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz finden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, ich frage Sie: Was ist Ihre Antwort darauf?
Ich kann Ihnen den Bericht nur empfehlen. Allerdings erschweren zu viele Zahlen manchmal die muntere Debatte. Ich habe jedenfalls zwei seriöse Zahlen zitiert, die von Ihrer Landesregierung vorgelegt worden sind.
Ein weiterer Punkt: Wie viele Menschen nehmen jedes Jahr zum ersten Mal an Fördermaßnahmen teil? Von den Schulentlassenen im Schuljahr 2011/2012 kamen 2.500 Jugendliche, die keinen Abschluss haben, neu in die Fördermaßnahmen. Herr Dr. Bartelt, liebe Kollegen von der CDU und der FDP, was machen Sie, um dieses Problem zu bekämpfen? Es gibt einen Vorschlag, über den Sie sich lustig machen. Aber wo sind denn Ihre Antworten auf dieses Problem?
Wer etwas für die soziale Gerechtigkeit machen möchte und will, dass Jugendliche überhaupt die Möglichkeit haben, an dieser Gesellschaft teilzuhaben und einen Zugang zu finden, und wer verhindern will, dass wir Zustände wie in den französischen Vororten bekommen, wo die Jugendlichen aus Verzweiflung Autos in Brand stecken, muss sich etwas einfallen lassen.
Da gibt es drei Felder. Ich sage Ihnen, um was es sich bei diesen drei Feldern handelt. Erstens. Sie haben einen Ausbildungspakt: Ausbildung im ersten Ausbildungsmarkt.
Es ist doch unbestritten, dass zunächst die Wirtschaft gefordert ist, Ausbildungsplätze in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen. Wenn man aber feststellt, dass es eine Lücke gibt, muss man sich seitens des Staates die Frage stellen, was man macht, um sich um diese Jugendlichen zu kümmern. Das tun Sie nicht.
Die erste Säule ist also der erste Ausbildungsmarkt.
Zweite Säule. Den Jugendlichen, denen es offensichtlich nicht gelingt, die Schule mit so einer Qualifikation zu verlassen, dass sie einen Ausbildungsplatz finden,
Herr Rock, denen muss im allgemeinbildenden Schulsystem deutlich besser geholfen werden. Sie müssen individuell gefördert werden. Sie müssen frühzeitig ab der 7. Klasse die Möglichkeit einer Lebensweltorientierung, einer Ausbildungsorientierung bekommen. Wir wollen, dass ab der 7. Klasse eine Kompetenzfeststellung stattfindet. Wir wollen, dass die Jugendlichen darauf vorbereitet werden, dass sie spätestens ab der 9. Klasse eine Ausbildung antreten können. Dazu haben wir konkrete Vorschläge gemacht. Wir brauchen im allgemeinbildenden Schulsystem deutlich bessere individuelle Förderung, sodass weniger Jugendliche ausbildungsunfähig herauskommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist eine ganz wichtige zweite Säule.
Herr Kollege Bartelt, ich weiß, manche neuen Vorschläge sind für jemanden, der immer dasselbe macht und bestimmte Probleme nicht zur Kenntnis nehmen will, vielleicht nicht ganz leicht verständlich. Aber schauen Sie, wir haben eine unglaublich hohe Ausbildungsabbrecherquote. Ich selbst war beruflich in einem Träger der Berufsbildung aktiv. Es gibt bildungsschwache Jugendliche, die eine Ausbildung antreten, sie abbrechen, und immer wieder aus denselben Gründen. Da ist es doch nur mehr als logisch, dass wir da nicht wegschauen, sondern dass wir eine begleitende Ausbildung anbieten, dass wir sagen: Jugendliche, wir begleiten euch bei euren Problemen in der Ausbildung, ob das ausbildungsbegleitende Hilfen sind, ob das Lebensalltagshilfen sind und vieles mehr.
Wir haben eine hohe Abbrecherquote bei der Ausbildung. Wir können doch nicht sagen: Wir haben 2.000 Jugendliche, denen es nie gelingt, eine Ausbildung abzuschließen. – Wenn es dann von uns im September 2012 ein Angebot gibt oder jetzt von den Sozialdemokraten, die das triale Ausbildung nennen, also ausbildungsbegleitende Hilfe, damit Jugendliche ihre Ausbildung durchstehen, dann ist das doch ein sinnvoller Vorschlag, und dann können Sie sich doch nicht darüber lustig machen.
Das Dreisäulenmodell ist simpel. Erster Ausbildungsmarkt: deutlich mehr Ausbildungsplätze und dadurch auch Druck auf die Unternehmen. Ich habe die Zahlen damals zitiert. Sie haben sich nicht verändert. Die 30 DAX-Unternehmen haben eine Ausbildungsquote von 1 bis 2 %. Der Durchschnitt beträgt 7 %. Bei den 30 deutschen DAX-Unternehmen: 1 bis 2 %. Da muss man es politisch auch einmal zur Chefsache machen und mit denen deutlich reden. Das sind schlicht zu wenige Ausbildungsplätze im ersten Ausbildungsmarkt.
Zweite Säule: Das allgemeinbildende Schulsystem muss sich deutlich stärker um die Jugendlichen kümmern. Schließlich brauchen sie auch geförderte und begleitete Ausbildungsplätze, auch in Produktionsschulen. Wir haben das in unserem Konzept beschrieben. Nur durch diese drei Säulen, durch das Zusammenwirken dieser drei Maßnah
men, wird es uns gelingen, 25.000 Jugendliche aus Warteschleifen zu holen, wird es uns gelingen, dass tatsächlich jeder Jugendliche eine Ausbildung abschließen kann und einen Schulabschluss erhält. Nur wenn man es will, kann man es auch verändern. Sie wollen es gar nicht. Das ist der sozialpolitische Skandal an dieser Situation.
Aus Sicht von uns GRÜNEN wiederhole, betone und unterstreiche ich: Ich hätte hier von Ihnen von der CDU ein Problembewusstsein erwartet, dass Sie sagen: Ja, wir haben viele Jugendliche, die keinen Abschluss haben. Ja, wir haben viele Jugendliche, die keine Ausbildung haben. Ja, wir haben zu viele Jugendliche in den Warteschleifen. – Dieses Problembewusstsein hätte ich von Ihnen erwartet. Am liebsten hätten wir von Ihnen auch gehört, dass Sie dafür Lösungen haben. Aber wer verbraucht und erschöpft ist, hat keine Antworten mehr.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen von der FDP, warum beantragen Sie dann eigentlich eine Aktuelle Stunde, wenn alles so in Butter ist, wie Sie es zeichnen?
Dazu muss man doch sagen: „Ein getroffener Hund bellt“. Lassen Sie uns noch einmal in Erinnerung rufen – wir haben leider nur fünf Minuten; nachher gibt es noch einen Setzpunkt, da haben wir zehn Minuten –, dass es Ihre Lan
desregierung war, die vor Gericht sehr erfolgreich beklagt und dazu verdonnert wurde, die Mindestverordnung, die sie eingeführt hat, auch endlich zu bezahlen. Wer bestellt, bezahlt; das ist die Summe, die wir jetzt wiederfinden. Nur so viel zur Wahrheit der Finanzierung. Es ist die Folge eines Gerichtsurteils. Sich damit zu rühmen, hat schon eine Bigotterie, aber das müssen Sie mit sich selbst ausmachen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum zweiten Punkt. Sie sprechen von Panikmache der Opposition. Ich kann nur sagen: Nach der ersten Lesung im Dezember hatte ich nicht den Eindruck, dass es SPD oder GRÜNE waren, die hier Panik gemacht haben. Ich kann Ihnen aber sagen, dass, nachdem das Gesetz im Land bekannt wurde, ein Flächenbrand entstanden ist, der uns den Atem stocken lässt: Eltern, Vereine, Gewerkschaften und Träger laufen Sturm gegen dieses Gesetz.
Vielleicht denken Sie darüber einmal eine Minute lang nach.
So, ich kann Ihnen gern – –
Dass man Ihnen kein Vertrauen mehr schenkt, ist doch relativ eindeutig. Sie haben die Mindestverordnung in Kraft gesetzt und nicht auskömmlich finanziert. Sie haben den Kommunen und den Trägern versprochen, sie würden auskömmliche Fachkräfte bekommen – noch heute fehlen 3.000 Erzieherinnen und Erzieher. Sie haben den Kommunen versprochen, sie würden die nötige Unterstützung für die U-3-Plätze bekommen – noch heute, Stichtag 1. Januar, fehlen 8.000 Plätze für Kinder unter drei Jahren.
Drei Versprechen, drei Mal gebrochen. Wenn Sie wieder hingehen und ein besseres KiföG versprechen, kann ich verstehen, dass man Ihnen nicht mehr glaubt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich darf Ihnen das an einem Beispiel exemplarisch vorführen. Da sagt der sozialpolitische Sprecher Dr. Bartelt in seiner Presseerklärung noch im Dezember:
Der Fachkraftkatalog wird auch für nicht pädagogische Berufsgruppen geöffnet. Dadurch soll einem Erziehermangel entgegengewirkt werden.
Jetzt antwortet aber Frau Kollegien Wiesmann in einem Interview vom Februar auf die Frage, ob die Öffnung nicht nur aus der Not heraus geboren sei: Nein, diese Regelung
sei kein Notnagel zur Behebung des Fachkräftemangels. – Sie wissen ja selbst noch nicht genau, warum Sie eigentlich 20 % fachfremdes Personal in die Kitas schicken wollen. Haben Sie nun versagt oder nicht? Sie haben versagt. Ich kann die vielen Eltern gut verstehen, die kein fachfremdes Personal in den Kitas haben wollen. Das ist Ihre Verantwortung. Darüber gibt es eine Empörung.
Zu Ihnen, Herr Kollege Müller und Herr Kollege Rock: Ich kann ja verstehen, wenn man der Ansicht ist, dass Hessen das waldreichste Bundesland ist. Fast die Hälfte der Fläche ist ja Wald. Für Ihr Beispiel, deshalb Förster in die Waldkindergärten schicken zu wollen, habe ich auch noch Verständnis. Aber das ist nicht das Problem der Kitas. Das Problem der Kitas ist, dass sie keine qualifizierten Fachkräfte finden. Was Sie jetzt beabsichtigen, ist, dass dort fachfremdes Personal hineinkommt. Da kann ich es gut verstehen, dass viele Erzieherinnen und Erzieher, die fünf Jahre lang die Schulbank gedrückt haben, dies als eine schlechte Wertschätzung empfinden. Das ist der falsche Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Lassen Sie mich in den letzten Minuten Redezeit, die mir noch bleiben, zwei weitere Punkte aufgreifen. Wer ein Kinderförderungsgesetz vorlegt und nicht die entscheidende Frage – nämlich die der Grundschulkinderbetreuung – beantwortet und nicht die Zeichen der Zeit verstanden hat – dass Eltern, wenn sie von 0 bis 3, von 3 bis 6 einen Betreuungsplatz gefunden haben, mit ihrem Kind in der Grundschule vor einem Desaster stehen, weil sie keine Betreuungsplätze finden –, wer diese Kernfrage der Kinderbetreuungspolitik in Hessen nicht in einem zukunftsweisenden Kinderförderungsgesetz beantwortet, der hat seine Hausaufgaben nicht gemacht, löst einen Sturm der Empörung aus, und das ist dann auch richtig so.
Der letzte Punkt. Angesichts der vielen Kriterien in diesem Gesetz – ich schätze, das sind zwischen 16 und 30 Parameter – kann man sagen, dass nicht jeder Parameter, den Sie einführen, schlecht ist. Das ist ein Gesetzentwurf, in dem nicht alles schlecht ist. Das schaffen in der Tat nicht einmal Sie, ein Gesetz vorzulegen, in dem alles schlecht ist; das mag ich Ihnen zugestehen.
Aber die zweite entscheidende sozialpolitische Herausforderung nach der Grundschulkinderfrage wird diejenige sein, wie wir mit den behinderten Kindern in diesem Land umgehen. Und wenn Sie dann sagen, es gebe eine Rahmenvereinbarung, und das würden schon andere regeln, Herr Mick, dann machen Sie sich in die Büsche.
Sie müssen im Kinderförderungsgesetz beantworten, wie Sie in diesem Land die Inklusion angehen wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wer ein Kinderförderungsgesetz vorlegt, das diese Fragen zu Grundschulkindern oder behinderten Kindern nicht beantwortet, wer den Kommunen in Aussicht stellt, die Qualitätsstandards absenken zu können, der hat seine Hausaufgaben versemmelt und zu Recht Empörung geerntet. – Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schaus, die Aktuelle Stunde der LINKEN hat, im Kern betrachtet, zwei Teile, zum einen die Beurteilung der Vorgänge um Amazon und zum anderen die Frage, ob das etwas mit den Hartz-Gesetzen zu tun hat. Es geht dabei übrigens nicht um Hartz IV, sondern um Hartz I. Sie haben vielleicht an Hans Hartz, an sein Lied „Die weißen Tauben sind müde“, gedacht. Das ist aber ein anderes Thema. Es geht um die Hartz-Gesetzgebung, und zwar um Hartz I.
Ich glaube, das Haus hat gestern aus gutem Grunde eine klare und eindeutige Ansage gemacht, hat ein klares und eindeutiges Zeichen gesetzt, als es um die Vortäuschung falscher Tatsachen ging, mit denen man Arbeiter nach Deutschland, nach Hessen geholt und die Situation dieser Angestellten dann massiv ausgenutzt hat, indem man sie mit einem Sicherheitsdienst konfrontierte, der mit rechtsextremem Einschlag agierte, sie hat überwachen lassen, sie drangsaliert hat. Mein Kollege Klose, wir GRÜNE und das gesamte Haus haben ein deutliches Zeichen gesetzt, dass der Hessische Landtag nicht bereit ist, solche Zustände zu tolerieren.
Herr Schaus, lassen Sie mich noch einmal darauf eingehen. Wir GRÜNE waren bei der Verabschiedung der Hartz-Gesetze in der Bundesregierung vertreten. Wir mussten viele Kompromisse schließen. Damals wie heute gilt: Wer ein Gesetz verabschiedet, muss die Größe haben, darüber nachzudenken, welche Fehler dabei gemacht worden sind. Er muss evaluieren, was falsch gelaufen ist. – Dazu brauchen wir keine hämischen Kommentare wie die, die meist von Leuten der FDP kommen, die wild und hysterisch winkend sagen: Das haben doch Sie verabschiedet.
In der Tat braucht man die politische Größe, festzustellen, bei Hartz I, bei der Leiharbeit hat man verschiedene Regularien vergessen. Lassen Sie mich das an zwei oder drei Punkten klarmachen. Die Leiharbeit sollte Auftragsspitzen in Unternehmen abfedern. Das war das Ziel, der Zweck der Leiharbeit. Wenn wir jetzt aber feststellen, dass Leiharbeit dazu missbraucht wird, Stammbelegschaften kollektiv und
in großem Maßstab auszutauschen, dann läuft etwas falsch. Das muss man dann auch sagen.
Wir wissen von mehreren Unternehmen, dass mittlerweile bis zu 25 % der Belegschaft Leiharbeiter sind. Das kann so nicht weitergehen.