Das Modell aus Westaustralien ist schön und gut, aber ich glaube, es wird am Schluss nicht funktionieren. Darauf haben wir hingewiesen. Herr Kollege Rentsch, nehmen Sie doch einfach einmal zur Kenntnis: Machen Sie eine ordentliche Arbeit, und lassen Sie die Rhetorik – wie in der Rede von Herrn Saebisch und von Ihnen – weg. Dann kommen Sie auch über 1,2 %. Ich habe bei Ihnen aber die Hoffnung aufgegeben. Das ist nicht mehr mein Problem. Sie können sich in der Oppositionsrolle regenerieren. Viel Spaß dabei.
Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung.
Es ist gewünscht worden, bei den Entschließungsanträgen absatzweise abzustimmen. Ich rufe zunächst den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP auf. Wer Absatz 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU, SPD, FDP und DIE LINKE. Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die GRÜNEN. Absatz 1 ist damit einstimmig angenommen.
Zweiter Absatz: Wer ist dafür? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Keiner. Enthaltungen? – Das übrige Haus. Damit ist auch dieser Absatz einstimmig angenommen.
Ich lasse über den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 18/5488, abstimmen. Zunächst die Absätze 1 bis 4: Wer ist dafür? – SPD, GRÜNE und LINKE. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Damit sind die Absätze 1 bis 4 abgelehnt.
Ich lasse über die Absätze 5 bis 7 abstimmen: Wer ist dafür? – Die GRÜNEN. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Enthaltungen? – SPD und LINKE. Damit sind diese Absätze ebenfalls abgelehnt.
Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Hessischer NS-Härtefonds leistet wichtigen Beitrag zur Entschädigung von Opfern des Nationalsozialismus – Drucks. 18/5338 –
Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend NS-Opfer nicht vergessen – Hessischen NS-Härtefonds weiterführen – Drucks. 18/5414 –
Es ist vereinbart worden, dass wir die Anträge ohne Aussprache an den Sozialpolitischen Ausschuss überweisen. – Das ist einstimmig so beschlossen.
Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend eDit Filmmaker’s Festival erhalten – Drucks. 18/5372 –
Es ist vereinbart worden, diesen Antrag im nächsten Plenum zu behandeln. – Auch das ist einstimmig beschlossen.
Große Anfrage der Abg. Habermann, Gnadl, Hofmeyer, Merz, Dr. Reuter (SPD) und Fraktion betreffend Ganztagsschulentwicklung in Hessen – Drucks. 18/5355 zu Drucks. 18/4472 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ganztagsschulen bieten mehr Zeit zum Lernen und zur persönlichen Entwicklung der Schülerinnen und Schüler. Im Rahmen von Ganztagsschulen bestehen also mehr Möglichkeiten für eine intensive und gezielte Berufs- und Studienorientierung. Der Aufbau von Ganztagsschulen muss in Hessen in allen Bildungsgängen forciert werden. Die Landesregierung muss sich davon lösen, einen Einstieg in den Ganztagsschulbetrieb ausschließlich über die Mogelpackung einer pädagogischen Mittagsbetreuung zu realisieren.
Meine Damen und Herren, ich kann dieser Aussage nur zustimmen. Sie stammt allerdings nicht von mir, sondern wurde im Juni 2007 von der damaligen bildungspolitischen Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Dorothea Henzler, gemacht.
Inzwischen wissen wir, was das „Forcieren des Aufbaus von Ganztagsschulen“ heißt und welche Möglichkeiten den Schulen eröffnet wurden, ohne den Umweg über das bisherige Modell 1 der pädagogischen Mittagsbetreuung einen Ganztagsbetrieb aufzubauen. Ich kann Ihnen nur mitteilen, diese Möglichkeiten sind sehr übersichtlich geblieben.
Im Schuljahr 2009/2010 gab es in Hessen 651 ganztägige Angebote an den Schulen. Zu Beginn des Schuljahres 2011/2012 waren es 788 Schulen. Weitere 115 sollen folgen. Man muss allerdings feststellen, dass das, was im ersten Moment nach zwar kleinen, aber regelmäßigen Schritten klingt, der vollmundigen Ankündigung der ehemaligen bildungspolitischen Sprecherin und den Koalitionsvereinbarungen von Schwarz-Gelb nicht entspricht.
Wir werden in dieser Legislaturperiode eine freiwillige Betreuungsmöglichkeit an allen Schulen anbieten und auf freiwilliger Basis gebundene, teilgebundene und offene Ganztagsschulen in erreichbarer Nähe ausbauen.
Frau Kultusministerin, wenn Sie dieses Ziel noch erreichen wollen, muss es bei insgesamt 1.713 allgemeinbildenden Schulen im letzten Jahr Ihrer Regierungszeit noch einen gewaltigen Zuschlag geben. Daran glaubt aber angesichts der offenen, unfinanzierten Baustellen, nämlich der 105-prozentigen Lehrerversorgung und der inklusiven Schule, in diesem Land niemand mehr so recht.
Lohnenswert ist es auch, sich einmal näher anzuschauen, was aus der Beseitigung der von der Kultusministerin so genannten Mogelpackung geworden ist. Konsequenterweise wurde das Modell der pädagogischen Mittagsbetreuung bei der Novellierung der Richtlinien für ganztägig arbeitende Schulen daraus entfernt. Es gibt jetzt nur noch Schulen mit Ganztagsangeboten und Ganztagsschulen.
Die Ausstattung der Schulen mit Ganztagsangeboten ist durch diese Umbenennung allerdings nicht besser geworden. Waren bisher in dem Modell pädagogische Mittagsbetreuung eine Zuweisung von ein bis zwei Lehrerstellen und für eine offene Ganztagsschule Zuschläge in Höhe von 15 % vorgesehen – das wurde den Schulen allerdings nie so zugeteilt, wie es hier stand –, ist die zusätzliche Mittel- und Personalausstattung einer ganztägig arbeitenden Schule jetzt an die Zahl der Schülerinnen und Schüler gebunden worden.
Als Mindestausstattung wird ein Zuschlag aus Landesmitteln im Umfang einer halben Lehrerstelle gewährt. Auf diesem Wege kommen wir „sehr viel“ weiter. Ein weiterer Ausbau erfolgt auf Antrag der Schulträger in Schritten von mindestens 0,25 Stellen. Frau Kultusministerin, wie man hiermit echte Ganztagsschulen bekommen will, bleibt Ihr Geheimnis.
Man ahnt angesichts dieser Zahlen, wie im letzten Jahr Ihrer Amtszeit die Zahl der Schulen mit Ganztagsangeboten rein optisch schnell noch einmal kräftig nach oben schnellen kann.
Nichts geworden ist in den vergangenen Jahren aus dem Versprechen, Schulen ohne Bewährungsaufstieg wählen zu lassen, nach welchem Modell der Ganztagsschule sie arbeiten wollen. Dafür sind die zur Verfügung stehenden Mittel weiterhin viel zu gering.
Ich nehme ein Beispiel aus der Stadt Offenbach: Wenn wir in einem Jahr zwei Stellen für den Ausbau der Ganztagsbetreuung erhalten, stellt sich für uns nicht die Frage, ob wir damit eine Ganztagsschule mit verpflichtendem Angebot auf die Beine stellen können. So behilft sich die Stadt Offenbach wie viele andere Schulträger inzwischen auch damit, bestehende Hortplätze in die Grundschulen zu integrieren, um zumindest für einige Kinder die dringend benötigten Ganztagsplätze in einer Verschränkung von Unterricht und Betreuung aufzubauen. Das macht übrigens auch die Waldschule in Obertshausen so, die wir gestern so oft erwähnt haben.
Bei den Ganztagsschulen zeigt sich am deutlichsten – immerhin ist in der Richtlinie nun eine begriffliche Erklärung erfolgt, was das denn ist –, dass trotz vollmundiger Beteuerungen, wie wichtig deren Ausbau sei, der Haupterfolg immer noch ein statistischer ist; er kann inhaltlich nicht unterlegt werden. 1999 gab es in Hessen insgesamt 55 Ganztagsschulen in gebundener Form, wie es damals hieß. 2012, also 13 Jahre später, sind es genau 20 mehr, nämlich 75. Überwiegend sind das Förderschulen. Deutlicher kann eigentlich nicht zum Ausdruck kommen, dass in Hessen die pädagogisch notwendige Veränderung des Schulalltags hin zu einem rhythmisierten Unterricht, also zu einem Wechsel zwischen Förderung, Unterricht und Freizeit, in einer Schule, die sich als Lebensraum definiert, weitgehend verschlafen wurde.
Frau Kultusministerin, für diese Veränderung des Lernens genügt es eben nicht, wenn viele Schulen für wenige Schülerinnen und Schüler zusätzliche Angebote machen können. Die Nachfrage ist in den Schulen und auch bei den Eltern vorhanden. Es fehlt weiterhin an der Umsetzung.
Wie hohl die jährlichen Erfolgsmeldungen zu dem Thema Ganztagsschule in Wirklichkeit sind, hat der Bildungsmonitor 2011 gezeigt. Hier heißt es zu dem Thema Ganztagsschule für das Bundesland Hessen:
Nachholbedarf besteht bei den Ganztagsschulen. An Grundschulen besuchten 11,7 % der Schüler eine Ganztagsschule (offen oder gebunden), der Bundesdurchschnitt betrug 21,5 %. Besonders gering ist das Angebot an gebunden Ganztagsschulen in der Sekundarstufe I. Hier belegte Hessen mit einem Schüleranteil von 2,2 % den zweitschlechtesten Platz der Bundesländer (Durchschnitt: 14,2 %).
Frau Kultusministerin, es gibt also durchaus Anlass, über die eigene Bilanz etwas kritischer nachzudenken, insbesondere wenn der Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage zu entnehmen ist, dass sie ebenfalls eine zunehmende Nachfrage nach Ganztagsangeboten erwartet.
Meine Damen und Herren, da bei der Diskussion über die Ganztagsschule in diesem Haus von der CDU – insbesondere in der Gestalt von Herrn Irmer – immer der wenig zielführende Hinweis auf die Versäumnisse der rot-grünen Regierungszeiten kommt, will ich selbst etwas zu dieser Sachlage erläutern. Das erspart dann vielleicht etwas Zeit.
(Holger Bellino (CDU): Lassen Sie jetzt einmal Herrn Irmer in Ruhe! – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Nein, ich wiederhole das gern!)
Herr Irmer, es ist richtig, dass ein vorausschauendes und fortschrittliches Ausbauprogramm vor 1999 eingefroren wurde, weil die Bedeutung von Ganztagsschulen für das Lernen und die Familien leider noch nicht in allen Köpfen angekommen war. Sogar arbeiteten bis zu diesem Zeitpunkt nur 140 Schulen nach den drei Modellen der Ganztagsbetreuung.
Allerdings hätte es keine einzige gegeben, wenn es nach Ihrem damaligen bildungspolitischen Sachverstand gegangen wäre. Ich habe ähnlich wie Herr Irmer einmal in der Vergangenheit gekramt und habe hier ein Protokoll einer Plenarsitzung vom Februar 1996. Damals hat der bildungspolitische Sprecher der CDU, Herr Kartmann, erklärt:
Der neueste Gag von Minister Holzapfel ist die Schule von 9 bis 15.30 Uhr. Dieser Vorschlag hat nichts, aber auch gar nichts mit der Schule der Zukunft oder einem vorhandenen Bedarf oder sonstigen pädagogischen Notwendigkeiten oder Entlastungen für die Lehrerinnen und Lehrer zu tun.
Das haben Sie später bis zum Jahr 2002 in eigener Regierungsverantwortung auch erfolgreich getan, bis sogar selbst diese CDU bemerkt hat, dass die gesellschaftliche Realität sie längst überholt hatte.
Ich komme zum Schluss, denn ich sehe, die Redezeit ist abgelaufen. Frau Ministerin, ich habe Ihnen zu Beginn Ihrer Amtszeit zugestanden, dass Sie bei allen Kritikpunkten beim Ausbau von Ganztagsangeboten das Tempo Ihrer Vorgängerin im Amt immerhin fast verdoppelt haben. Diese Aussage bleibt richtig. Wenn aber das langsamste Säugetier der Welt, das südamerikanische Dreifingerfaultier, seine Geschwindigkeit von 0,1 km/h auf 0,2 km/h verdoppelt, reicht das noch lange nicht, um große Fortschritte zu machen.