Der klassische Unterschied zwischen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen liegt darin, dass Niedersachsen zwar auch ein Beiratsmodell hat – ich habe erhebliche Bedenken, ob das überhaupt verfassungsgemäß ist –, es aber immerhin so organisiert ist, dass der Beirat von Religionsgemeinschaften, wenigstens von solchen, die sich als Religionsgemeinschaften fühlen, besetzt wird. Das heißt, die Religionsgemeinschaften besetzen selbst das entschei
dende Gremium. In Nordrhein-Westfalen macht das der Staat. Es darf nicht sein, dass der Staat Religionsgemeinschaften übernimmt. Es darf nicht sein, dass der Staat Religionsunterricht übernimmt.
Herr Al-Wazir, ich habe es doch eben erklärt. In Niedersachsen gibt es einen gravierenden Unterschied von denjenigen, die dort sitzen. Es gibt nicht ein bisschen, sondern es gibt immer eine Grenze. Die Grenze ist in NRW erkennbar überschritten. In Niedersachsen ist man vielleicht knapp dran. Das ist der Unterschied zwischen diesen beiden Ländern.
Ich darf Ihnen aber Folgendes mitteilen, weil Frau Kollegin Öztürk jetzt endgültig die Art der GRÜNEN, sich mit Migrationspolitik zu beschäftigen, verändert hat: Es ist schlicht unwahr, wenn Frau Öztürk so tut, als wisse sie nicht Bescheid, wie der derzeitige Stand der Entwicklung ist.
Frau Kollegin Öztürk, es gibt nicht nur Kleine Anfragen, sondern es gibt in diesem Lande auch einen Integrationsbeirat. Den Integrationsbeirat habe ich vor drei Wochen genau über diesen Sachstand informiert. Hier gibt es einige Kolleginnen und Kollegen im Raum, die mit dabei gewesen sind. Auch Sie sind dabei gewesen.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben das Parlament zu informieren! – Zuruf der Abg. Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))
Deswegen können Sie nicht so tun, als kennen Sie den Sachstand nicht. Sie kennen ihn zu 100 %, und zwar aus dem Munde des Integrationsministers. Ich lasse es nicht zu, dass Bilder karikierend dargestellt werden, wenn Frau Öztürk persönlich anwesend gewesen ist, jetzt so tut, als ob sie es nicht von der Landesregierung wisse. Das ist ein unfairer Stil. Liebe Frau Öztürk, das lassen wir uns nicht gefallen.
Sie wissen es genau, ich will es noch einmal wiederholen, dass es zwei gutachterliche Prüfungsaufträge seitens des Kultusministeriums gibt, für die Ahmadiyya-Gemeinde und die DITIB, und zwar zur Frage der Religionsgemeinschaften. Wir haben die Zusage – ich habe als Anwalt schon oft die Zusage von Sachverständigen gehört –, dass bis Ende dieses, Anfang nächsten Monats die Gutachten vorliegen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe darüber hinaus den Integrationsbeirat darüber informiert, dass dann jeweils noch ein staatskirchenrechtliches Gutachten erstellt werden muss. Da gibt es auch schon den entsprechenden Auftrag. Der entsprechende Professor – es gibt nur einen – hat zugesagt, bis zur Sommerpause damit fertig zu sein.
Jetzt habe ich dies offiziell auch dem Landtag zur Kenntnis gegeben. Wir als Landesregierung hoffen, dass die Professoren diese Fristen auch einhalten.
Dann passiert genau das, was unter anderem auch Herr Merz eben gesagt hat. Es gibt eine ergebnisoffene Prüfung, dann gibt es auch ein Ergebnis. Daran halten wir uns. Es gibt dann keine Diskussionen darüber, wenn die Fachleute zu dem Ergebnis kommen, es ist eine Religionsgemeinschaft nach Art. 7 Abs. 3. Dann werden wir diesen Religionsgemeinschaften auch anbieten, an hessischen Schulen bekenntnisorientierten Religionsunterricht durchzuführen. Das ist eine ganz klare Ansage.
Wenn die Gutachter zu dem Ergebnis kommen, dass es keine Religionsgemeinschaften sind, dann werden wir – Frau Kollegin Öztürk, das ist die zweite unwahre Behauptung von Ihnen – das weiter betreiben, was im Kultusministerium schon lange vorbereitet wird.
Dieser Religionsunterricht wird dann auf der Grundlage des Curriculums, das von dem von mir einberufenen runden Tisch erarbeitet worden ist, durchgeführt. Das ist die Grundlage dafür, Islamkunde dann an hessischen Schulen durchführen zu können. Die Vorarbeiten sind geleistet. Die Ausbildung der Lehrer findet statt, Herr Merz hat es eben gesagt. Was soll also diese Debatte? – Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wa- zir und Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Über drei Jahre!)
Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Neuordnung des Länderfinanzausgleichs – Hes- sen für mehr Dynamik und Anreize zur Festigung der So- lidarität) – Drucks. 18/5473 –
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute viele Gäste im Hessischen Landtag. Sie sind auch daran interessiert, wie es um die hessischen Landesfinanzen steht. Wir haben gestern eine sehr intensive Debatte über die Frage gehabt, was wir mit den Kommunen in diesem Land machen. Insgesamt geht es um die Frage: Wie steht Hessen finanziell da?
Wenn man sich diese Frage stellt, ist die Problematik des Länderfinanzausgleichs – sie ist für Hessen eine Problematik – ein ganz wichtiges Thema, das wir im Landtag auch schon mit gemeinsamen Beschlüssen mehrfach diskutiert haben.
Die Fraktionen der FDP von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen haben vor über zwei Jahren ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das Ergebnis war klar. Das Gutachten hat die Verfassungswidrigkeit des bestehenden Systems festgestellt. Es überrascht uns auch nicht. Es
kann nicht angehen, dass ein Land wie Hessen jedes Jahr im Durchschnitt über 2 Milliarden € in ein Solidarsystem zahlt und in diese Solidarität mehr Geld hineinsteckt als in die Neuverschuldung.
Das zeigt, dass gerade die, die stark sind, letztlich unter ihrer Stärke leiden müssen. Diese Stärke ist ja auch mit Einschränkungen für unsere Bürgerinnen und Bürger verbunden. Es ist unbestritten, dass der Flughafen aus der Sicht der FDP und der CDU – vielleicht aus Sicht auch von Teilen der Sozialdemokratie – ein wichtiger Baustein der Wirtschaftsinfrastruktur in Hessen ist. Dieser Mobilitätsflughafen, der letztlich dafür Sorge trägt, dass nicht nur unmittelbar dort Arbeitsplätze entstehen, sondern auch drum herum, ist letztendlich das Rückgrat einer ganzen Region und über diese Region hinaus für angrenzende Bundesländer.
Keiner von uns bestreitet, das haben die Diskussionen der letzten Monate klar gezeigt, dass dieser Flughafen auch zu Beeinträchtigungen der Lebensqualität führt. Das ist so. Wer in einem Ballungsraum mit hoher wirtschaftlicher Prosperität, mit hohen Einkommen wohnt, der muss feststellen, dass es auch eine andere Seite mit entsprechenden Auswirkungen gibt.
Insofern müssen wir darüber diskutieren, wie man eine Balance in Deutschland schaffen kann, dass die, die sich anstrengen, letztendlich auch etwas davon haben, und Bundesländer, die das nicht tun, eben nicht so viel haben.
Meine Damen und Herren, es geht uns nicht darum, Solidarität aufzukündigen. Ich weiß, das ist Ihr Thema, Herr Kollege Schaus. Solidarität zwischen den Bundesländern muss sein. Die Solidarität muss aber so gestaltet sein, dass der, der mehr macht, zum Schluss auch mehr in der Tasche hat. So einfach ist das.
Wir haben gehofft, schon heute in der Situation zu sein, über Fortschritte in den Verhandlungen berichten zu können. Das ist leider nicht so. Der Bayerische Ministerpräsident, Herr Seehofer, ändert seine Meinung zu diesem Thema ein bisschen mit den Jahreszeiten. Man weiß nie so richtig, wo er steht. Seitdem in Baden-Württemberg ein grüner Ministerpräsident arbeitet, Herr Kretschmann, gibt es auch dort unterschiedliche Aussagen zu diesem Thema. Am Anfang hat er sich sehr offensiv geäußert, dann hat er sich defensiv geäußert, jetzt hat er sich wieder sehr offensiv geäußert. Es wäre schön, wenn wir gemeinsam dafür Sorge tragen würden – nicht aus parteipolitischer Sicht –, dass die drei Geberländer, die die Hauptlast tragen, auch weiterhin gemeinsam marschieren. Das ist ein wichtiger Punkt unserer Solidarität.
Um nicht ständig die Diskussion zu führen, was wir nicht wollen, sondern konsequent zu sagen, wohin der Weg gehen muss, haben wir mit viel Glück einen Gutachter bekommen, Prof. Dr. Lars Feld, der gemeinsam mit Herrn Prof. Kube, der unser rechtliches Gutachten erstellt hat,
nun den Weg beschreitet, für uns ein Modell zu erarbeiten, wie man ein neues System organisieren könnte. Viele kennen Prof. Feld. Er ist Leiter des Walter-Eucken-Instituts und Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage der Bundesrepublik Deutschland, ein sehr profunder Mann, der schon bei der einen oder anderen Anhörung hier im Landtag Rede und Antwort gestanden hat. Deshalb freue ich mich darauf, dass wir bis zum Spätsommer ein Modell erarbeitet bekommen haben, sodass wir darüber diskutieren können, ob das eine Grundlage für die weiteren Verhandlungen ist.
Kann man sich ein solches Modell vorstellen? Prof. Feld hat auf zwei Punkte Wert gelegt. Erstens. Es ist nicht gerecht, dass viele der Berechnungsgrundlagen auf der Frage der Zahl der Einwohner basieren. Diese Einwohnersystematik ist überholt. Die Zahl der Einwohner kann nicht Grundlage der Entscheidung sein, ob ein Land Geld aus dem Finanzausgleich bekommt oder nicht.
Zweitens. Es geht vor allen Dingen um die Frage, ob es eine Verbindung zwischen politischen Entscheidungen und Wahlen gibt. Das heißt, dass die Bürger möglicherweise ein Stück Haftung übernehmen müssen, wenn ihr Land in einem bestimmten Bereich mehr machen will. Ab 2020 fällt das Instrument der Nettoneuverschuldung weg, Gott sei Dank. Wenn dieses Instrument weggefallen ist, dann müssen sich die Menschen entscheiden. Wer in Nordrhein-Westfalen beispielsweise Rot-Rot-Grün wählt, der muss tiefer in die Tasche greifen, weil unsinnige Projekte finanziert werden. Das ist dann der Unterschied.
Ich freue mich auf das Ergebnis der Überlegungen von Prof. Kube und Prof. Feld, die uns aufschreiben wollen, wie man das systematisch machen kann. Ich freue mich aber auch auf ein neues Modell, das Verantwortung installiert, das möglicherweise dazu führt, dass Wahlentscheidungen auch Finanzentscheidungen sind. Man kann nicht Rot-Rot-Grün wählen und sich dann wundern, wenn es teurer wird. Die Menschen müssen die Verantwortung für ihre Wahlentscheidung tragen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Länderfinanzausgleich – wieder einmal. Ich habe mir die Mühe gemacht, zusammenzutragen, wie oft wir uns allein in dieser Wahlperiode über den Länderfinanzausgleich unterhalten haben. Die Regierungsfraktionen haben zehn Anträge zum Länderfinanzausgleich gestellt. Heute findet die fünfte Aktuelle Stunde zu diesem Thema statt – nein, die vierte, denn einmal haben CDU und FDP für den gleichen Tag eine Aktuelle Stunde dazu beantragt; da hat die Abstimmung nicht funktioniert. Die Titel lauteten: „Verhandlungen zum LFA zügig abschließen“, „Für mehr Gerechtigkeit im LFA“. Vor zwei Jahren hieß es im September: „LFA – Hessen packts an“ und im Dezember: „LFA – jetzt reicht es“.
Meine Damen und Herren, uns reicht es wirklich, dass Sie nichts anpacken, sondern ständig Anträge zum LFA produzieren, die lediglich dazu da sind, sich selbst Mut zu machen.