Das, was ich Ihnen jetzt geschildert habe, ist nicht der hessische Schutzschirm, sondern das ist der kommunale Stärkungspakt, wie er im Land Nordrhein-Westfalen genannt wird. So wird mit Kommunen umgegangen, wenn SPD und GRÜNE regieren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD sowie des Abg. Günther Schork (CDU))
Der Staatskommissar ist die schärfste Waffe zur Abschaffung der kommunalen Demokratie. Deshalb wundert es mich sehr, dass Kollege Schmitt den Mut hat, das hier so vorzutragen.
Wir haben auf ein anderes Verfahren gesetzt. Wir haben auf das Verfahren gesetzt, das Konzept gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden zu erarbeiten, das Konzept gemeinsam weiter zu verfeinern, Modifikationen anzubringen. Wir zwingen niemanden unter den Schutzschirm. Es ist eine freiwillige Entscheidung.
Es kann jeder entscheiden: Hält er es für richtig, mitzumachen, hält er es für vertretbar, oder lässt er es bleiben? Das ist eine Entscheidung in kommunaler Eigenverantwortung, nichts anderes.
Wir schreiben keine allgemeingültigen verbindlichen Zeitpläne vor, sondern sagen: Grundsätzlich soll der Haushaltsausgleich bis 2020 erreicht werden. Wer der Auffassung ist, er schafft es bis dahin nicht, kann uns dies ausdrücklich begründet vortragen. Dann werden wir individuell mit der betreffenden Kommune schauen, ob es einen Weg gibt, ob der Weg möglicherweise verlängert werden muss, individuell auf das Bedürfnis jeder einzelnen Kommune ausgerichtet.
Meine Damen und Herren, wir haben mit den Kommunalen Spitzenverbänden vereinbart – das können Sie der Rahmenvereinbarung vom Januar entnehmen –, dass der Rechnungshof gemeinsam mit den Institutionen der Landesregierung all die Punkte zusammenträgt, die der überörtlichen Prüfung des Rechnungshofs jemals begegnet sind, wie Kommunen konsolidiert haben. Diese Handreichung ist im Moment im Gespräch mit den Kommunalen Spitzenverbänden. Ich erhoffe mir von ihnen noch Ergänzungen, sodass es nicht bei den 500 Vorschlägen bleibt, sondern dass aus der Praxis der Kommunen vielleicht noch 100 oder 200 hinzukommen, um allen Kommunen die Chance zu geben, eine möglichst umfassende Liste von Möglichkeiten zu haben, die man ergreifen könnte, wenn man sie ergreifen will. Es bleibt aber dabei, in kommunaler Eigenverantwortung, dem Ausdruck kommunaler Selbstverwaltung, diese Entscheidung am Ende zu treffen.
Deshalb bin ich am Ende sehr gelassen. Wenn sich zahlreiche Kommunen entscheiden, das Angebot nicht anzunehmen, dann ist das auch eine Entscheidung in eigener
Verantwortung. Das spart dem Land am Ende Geld. Das ist ein Teil; das Finanzministerium freut sich darüber.
Dann ist aber am Ende auf der kommunalen Seite – das wird im Moment dort nur sehr rudimentär gesehen – auch das im Moment extrem günstige Kassenkreditniveau in den Blick zu nehmen. Teilweise können sich Kommunen derzeit zu einem Zinssatz von unter 1 % über ihren Kassenkredit refinanzieren. Unabhängig davon, ob in den nächsten Jahren das allgemeine Zinsniveau steigen wird, werden die Belastungen für diejenigen Kommunen, die hohe Altschulden haben, sicherlich schon alleine deshalb steigen, weil die finanzierenden Banken aufsichtsrechtlich gezwungen werden, bei jenen Kommunen, die besonders hoch verschuldet sind, Eigenkapital zu unterlegen. Bisher war das nicht erforderlich. Die Folge wird sein, dass die Zinsen in möglicherweise dramatische Dimensionen steigen.
Der Rheingau-Taunus-Kreis ist in besonderer Weise mit Kassenkrediten gesegnet – in weitem Abstand vor allen anderen. Sie können ausrechnen, was dort ein oder zwei Prozentpunkte an Zinsdifferenz bedeuten.
Deshalb bin ich relativ gelassen und optimistisch, dass in einer Abwägung der Risikosphäre am Ende auch der Rheingau-Taunus-Kreis dazu kommen wird, dieses Angebot anzunehmen. Mancher Brief, der vorher von links nach rechts geschrieben wurde, wird dann sicherlich mit einer gewissen Gelassenheit zur Abheftung kommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein Angebot an die kommunale Familie. Nach den zahlreichen Gesprächen der letzten Wochen und Monate bin ich sehr zuversichtlich, dass – nach manchen schwierigen Gesprächen vor Ort – am Ende die große Mehrzahl dieses Angebot annehmen wird. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, ich darf feststellen, dass auch die Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU (Einzigartiger Schutzschirm – „Blockadepolitik“ der SPD schadet den Kommunen) abgehalten wurde.
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Rüstungsexporte unterbinden – Konversion einleiten – Drucks. 18/5448 –
Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend fragwürdige Exporterfolge der Rüstungsindustrie widersprechen friedenspolitischen Zielen Deutschlands – Drucks. 18/5489 –
Das Wort darf ich dem Vorsitzenden der Fraktion DIE LINKE, Herrn van Ooyen, erteilen. Die Redezeit beträgt zehn Minuten pro Fraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der in der Friedensbewegung gebräuchliche Ruf „Deutsche Waffen,
deutsches Geld morden mit in aller Welt“ mag vielen der hier Anwesenden als eine Überzeichnung vorkommen. Wer sich jedoch ernsthaft mit Rüstungsproduktion und deutschem Waffenexport auseinandersetzt, kommt zu dem traurigen Ergebnis: Dieser Satz trifft zu. Mehr noch: Er ist aktueller denn je.
Wirtschaftskrise hin, Finanzkrise her – der Waffenhandel bleibt eine Wachstumsbranche. Es sind gerade deutsche – zahlreiche in Hessen ansässige – Waffenschmieden, die beim Geschäft mit dem Tod ganz vorne dabei sind.
Nach den aktuellen Zahlen des Friedensforschungsinstituts SIPRI steht Deutschland bei den Rüstungsexporten weltweit an dritter Stelle. Ein Weltmarktanteil von rund 10 % und Rüstungsexporte in Spannungsgebiete und Krisenregionen machen deutlich: Eine angeblich restriktive deutsche Rüstungskontrolle ist längst Makulatur geworden.
Wir erinnern uns: Als eine wichtige Lehre aus der unrühmlichen deutschen Geschichte haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes in Art. 26 das Folgende festgeschrieben:
Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorbereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.
Doch das, was im Grundgesetz und in der Hessischen Verfassung steht, ist im Laufe der zurückliegenden Jahrzehnte von der Regierungspraxis immer mehr unterhöhlt und ad absurdum geführt worden. Wer das bestreitet, muss sich nur einige Fakten vor Augen führen.
Fakt ist: Die Türkei hat unter anderem von der hessischen Firma Fritz Werner eine Munitionsfabrik erhalten. Deutschland ist eine der wichtigsten Waffenlieferanten der Türkei. Fotos aus den kurdischen Gebieten des Landes belegen, dass nicht zuletzt deutsche Panzer im Einsatz sind, wenn kurdische Dörfer beschossen und Menschen vertrieben werden.
Wer das nicht glaubt: Ich habe eine Dokumentation der in Frankfurt ansässigen Hilfsorganisation medico international dabei, die dies eindeutig belegt.
Ein anderes Beispiel. In den Sechziger- und Siebzigerjahren ist dem Iran und Pakistan gleichzeitig die Produktion des deutschen G3 in Lizenz gestattet worden. Seither kann die Bundesrepublik nicht mehr kontrollieren und auch nicht mehr beeinflussen, an wen diese Länder das Sturmgewehr verkaufen. Mittlerweile taucht es regelmäßig auf vielen Kriegsschauplätzen auf, auch in den Händen von Kindersoldaten.
Ein weiteres Beispiel. Der Irak unter der Präsidentschaft von Saddam Hussein war für einige Jahre einer der größten Abnehmer deutschen Kriegsgeräts. Bei einem Chemiewaffeneinsatz der irakischen Armee auf die mehrheitlich von Kurden bewohnte Stadt Halabdscha im Norden Iraks starben im März 1988 mehr als 5.000 Männer, Frauen und Kinder. Das Giftgas, das bei diesem Angriff eingesetzt wurde, stammte zu 70 % aus deutscher Produktion – wie die 1994 im Irak erschossene Frankfurter
Zu den deutschen Firmen, die damals maßgeblich zum Aufbau der irakischen Giftgasanlagen beigetragen haben, gehörten auch die hessische Firmen Pilot Plant und Karl Kolb. Gegen 22 Beschuldigte von zehn beteiligten deutschen Unternehmen wurde damals ermittelt. Am Ende wurden gerade einmal drei Händler des Todes zu Bewährungsstrafen verurteilt – und dies, obwohl die Bundesregierung seit 1984 durch die USA und den Bundesnachrichtendienst über die Rolle deutscher Firmen beim Bau der irakischen Giftgasanlagen informiert war. Die Ermittlungen waren so lange verschleppt worden, bis sie in mehreren Fällen wegen Verjährung eingestellt wurden.
Ein Beispiel aus jüngster Zeit. Deutschland war vor dem Sturz Gaddafis der zweitwichtigste Handelspartner, nach Italien. Produkte im Wert von 996 Millionen € wurden exportiert. Auch die Rüstungsindustrie profitierte von den Geschäften mit Gaddafi.
Und ganz aktuell: Saudi-Arabien hat Interesse an bis zu 270 Leopard-Panzern bekundet. Der Bundessicherheitsrat – ihm gehören die Kanzlerin und mehrere Fachminister an – hat grünes Licht zum Export gegeben.
An dieser Stelle möchte ich Christoph Müller, Sprecher von Krauss-Maffei Wegmann in Kassel, zu Wort kommen lassen, der zu diesem Panzer sagt: Kein anderer Panzer in der Welt kann dem Leopard 2 das Wasser reichen. Er ist nahezu eine perfekte Tötungsmaschine. – In Europa ist er ein Ungetüm einer längst überholten militärischen Strategie.
Zudem: Von der Bundeswehr allein könne man sich nicht ernähren, sagt KMW-Sprecher Müller. Deswegen habe der Konzern „schon vor sehr langer Zeit begonnen, eine sogenannte Internationalisierungsstrategie einzuleiten“.
Selbst im ansonsten hier wenig Skrupel zeigenden schwarz-gelben Lager gibt es Kritik an diesem Panzerdeal. Gott sei Dank.