Wenn dieser Dissens in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung besteht, dann gehe ich davon aus, und deswegen habe ich extra im Haushaltsauschuss nachgefragt, dass gerade Sie, Herr Staatsminister Dr. Schäfer, als Hüter der hessischen Finanzen vehement auf den Tisch gehauen und gesagt hätten: „Liebe Leute, halt, stopp! Das schauen wir uns bitte noch einmal schön an.“
Das ist aber nicht passiert. Da wir bis jetzt keine Antworten auf diese Fragen bekommen haben und wir finden, dass sie dringlich sind, haben wir uns entschieden, für die Osterferien bis jetzt erst einmal noch keine Sondersitzung zu beantragen, sondern Sie zu bitten, hier die Fragen zu beantworten, um Klarheit zu schaffen und den dringenden Informationsbedarf, den wir und das ganze Haus als Haushaltsgesetzgeber haben, zu befriedigen. Darum bitte ich Sie, und darum stehe ich hier. – Vielen Dank.
Nächste Wortmeldung, Herr Staatssekretär für das hessische Ministerium der Justiz. Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Weiß, ich gebe gern zu, dass ich beim Studium des Antrags zwei unterschiedliche Gefühle hatte. Das erste Gefühl war: Eigentlich arbeiten wir im Unterausschuss Justizvollzug extrem kollegial zusammen und versuchen, uns bei dieser schwierigen Aufgabe Justizvollzug nur an den Punkten in harte Kontroversen bringen zu lassen, wo es wirklich unumgänglich ist, und uns ansonsten gemeinsam der schwierigen Verantwortung gegenüber den Inhaftierten zu stellen. Vor diesem Hintergrund war ich irritiert, dass mit dieser Anfrage plötzlich die ganz selbstverständliche Aussage infrage gestellt wird, dass diese Landesregierung den Unterausschuss Justizvollzug als Ansprechpartner in allen Fragen, auch der JVA Hünfeld, selbstverständlich informieren wird, bevor wir einen Vertragsabschluss machen.
Ich bin durch Ihren Wortbeitrag jetzt außerordentlich beruhigt, dass diese Selbstverständlichkeit auch von Ihnen nicht infrage gestellt wird. Von daher will ich hier noch
einmal ausdrücklich sagen: Das, was in der JVA Hünfeld ab dem 01.01.2013 erfolgen wird, wird selbstverständlich als Allererstes dem Landtag und damit dem zuständigen Ausschuss, dem Unterausschuss Justizvollzug, vorgelegt werden.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Günter Ru- dolph (SPD): „Pure Selbstverständlichkeit“! – Dr. Frank Blechschmidt (FDP), zur SPD gewandt: Wir sind halt höflich!)
Das zweite Lesen des Antrags hat mich zu der Frage geführt: Wie kann gefragt werden, wie Bemerkungen des Rechnungshofs aussehen, wenn das Prüfungsverfahren des Rechnungshofs zu der Fragestellung noch nicht abgeschlossen ist? – An dem Punkt möchte ich hier ausdrücklich darlegen: Der Hessische Rechnungshof hat seit September 2010 die Wirtschaftlichkeit der JVA Hünfeld überprüft. Dieses Prüfverfahren ist mit Sicherheit schwieriger als kleine Prüfverfahren, ob wir unsere PCs ordentlich bestellen oder sonst irgendetwas, weil teilprivatisierte Justizvollzuganstalten für alle Beteiligten Neuland sind.
Zwischen dem hessischen Justizministerium, der betroffenen Justizvollzuganstalt und dem Hessischen Rechnungshof haben deswegen umfangreiche Gespräche stattgefunden. Diese Gespräche sind noch nicht abgeschlossen. Herr Abg. Weiß, aus diesem Grunde kann ich Ihnen überhaupt nichts über Dissense, wenn dieser Plural überhaupt möglich ist, berichten; denn wir wissen noch gar nicht, wo wir am Ende einen Dissens zwischen dem Justizministerium und dem Rechnungshof haben werden. Wir haben festgestellt, dass der Rechnungshof einige Anregungen gegeben hat. Diese Anregungen haben wir ganz selbstverständlich in das Ausschreibungsverfahren für die Zeit ab dem 01.01.2013 übernommen. Insofern haben wir im Augenblick keinen festgestellten Dissens, weil wir uns noch im Dialog befinden.
Der dritte Punkt, den ich hier noch einmal ausdrücklich darstellen möchte, ist: Wir haben im Unterausschuss Justizvollzug über die Vergangenheit, über das, was mit der JVA Hünfeld in den vergangen Jahren erfolgt ist, regelmäßig und sehr ausführlich berichtet. Herr Weiß, Sie wissen, dass wir den Unterausschuss Justizvollzug z. B. am 10. November 2009 in einer ausführlichen Sitzung über die von Ihnen angesprochene Verlängerung des Vertrags informiert haben. Am 30. März 2011 haben wir über die Neuausschreibung informiert; und wir haben Sie am 14. März, gerade vor wenigen Tagen, unterrichtet, dass das Ausschreibungsverfahren weiter läuft und noch nicht abgeschlossen ist.
Sehr geehrter Herr Abg. Weiß, von daher können wir heute weder zu dem künftigen Ausschreibungsverfahren etwas sagen noch über das, was der Rechnungshof irgendwann einmal als Prüfungsbericht vorlegen wird, weil das Prüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Insofern kann ich nur sagen: Alle Antworten, die Sie wollen, werden Ihnen im Laufe der nächsten Wochen und Monate gegeben.
Eine letzte Anmerkung. Ich gebe zu, dass ich in der Vertraulichkeit des Unterausschusses Justizvollzug gerne versuche, die Anspannung mit dem einen oder anderen vielleicht etwas flapsigen Satz aufzulockern. Wenn mir jetzt negativ ausgelegt wird, dass ich mir mit der Angabe „zwischen Ostern und Pfingsten“ bei diesem Thema bewusst eine größere Zeitspanne gelassen habe, weil das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, dann bitte ich Sie, dass Sie mich in der nächsten Sitzung des Unterausschusses
Justizvollzug bremsen, damit ich dann nur noch ganz technokratisch antworte. Es würde meinem Wesen widersprechen. Aber wenn es dann hilft, solche Debatten zu verhindern, dann werde ich das eben machen. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Dringlichen Antrag der SPD zur JVA Hünfeld hat soeben Staatssekretär Dr. Kriszeleit ausführlich informiert, was Stand der Ausschreibung bzw. des Vergabeverfahrens ist. Er hat das auch schon in vielen Sitzungen im Unterausschuss Justizvollzug getan. Wir sind jeweils umfassend informiert worden. Fakt ist auch, dass Staatssekretär Herr Dr. Kriszeleit derzeit aus Rechtsgründen nicht mehr über das laufende Vergabeverfahren mitteilen kann. Auch darauf wurde im Unterausschuss Justizvollzug schon hingewiesen.
Meine Damen und Herren, zur Wirtschaftlichkeitsprüfung der JVA Hünfeld durch den Hessischen Rechnungshof ist das Verfahren ebenfalls, wie wir eben gehört haben, noch nicht abgeschlossen. Wir müssen diesen Bericht abwarten. Es gibt deshalb derzeit keinen Beratungsbedarf. Tatsache ist auch, dass die Landesregierung die notwendigen Maßnahmen ergriffen hat, damit die JVA Hünfeld auch künftig effizient, wirtschaftlich und sicher betrieben werden kann, so wie das seit Inbetriebnahme dieser Haftanstalt im Dezember 2005 der Fall ist.
Meine Damen und Herren, die teilprivatisierte JVA Hünfeld – das will ich für die CDU hier noch einmal feststellen – ist eine gut funktionierende, sichere und wirtschaftlich effiziente Haftanstalt, in der ein moderner und auf Resozialisierung ausgerichteter Strafvollzug praktiziert wird. Ich denke, mit dieser Haftanstalt wurde der richtige Ansatz für einen modernen Strafvollzug gefunden. Darauf können wir auch ein Stück weit stolz sein.
Auch daran ändert die ständige Kritik der SPD nichts. Kollege Weiß, das sollte ja auch so ein bisschen unterschwellig Kritik an dieser Haftanstalt sein, die eben teilweise privat betrieben wird. Denn der SPD war schon immer ein Dorn im Auge, dass bestimmte Aufgabenbereiche dieser neu errichteten Justizvollzugsanstalt von einer Privatfirma wahrgenommen werden.
Was haben SPD und teilweise auch die GRÜNEN in den vergangenen Jahren nicht alles an Bedenken vorgetragen? – Von Sicherheitsrisiken, Illegalität, Verfassungsverstoß und Unproduktivität war die Rede. All diese Kritikpunkte wurden widerlegt. Die JVA Hünfeld ist nach wie vor eine Vorzeige-Haftanstalt mit Modellcharakter, was auch von vielen Fachleuten so beurteilt wird.
Die Zusammenarbeit zwischen privaten Dienstleistungen und staatlichen Hoheitsaufgaben, die von Justizvollzugsbediensteten vorgenommen werden, ist gut und ohne Beanstandungen. Daher muss unser Ziel sein, dass die hohen Qualitäts- und Betreuungsstandards in dieser Haftanstalt fortgesetzt werden und wir nur dort nachsteuern, wo dies nötig ist.
Das gilt im Hinblick auf den bevorstehenden Vertragsabschluss, über den wir, wie Staatssekretär Kriszeleit zugesagt hat, zuvor informiert werden. Im Unterausschuss Justizvollzug haben wir auch Gelegenheit, über den Prüfbericht des Hessischen Rechnungshofs zu diskutieren und unsere Schlüsse zu ziehen.
Es gibt, was die JVA Hünfeld betrifft, keinerlei Anlass, misstrauisch zu sein. Das Justizministerium war und ist immer um Transparenz bemüht. Es hat bisher alle Fragen beantwortet. Das sollten die Oppositionsfraktionen auch endlich beherzigen. Herr Staatssekretär Kriszeleit hat recht, wenn er sagt, wir arbeiteten kollegial im Unterausschuss Justizvollzug zusammen. Das sollte auch künftig der Fall sein. Dafür will ich werben und an Sie appellieren. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Kriszeleit, es geht doch hier nicht um die sensiblen Themen, die wir normalerweise im Unterausschuss Justizvollzug behandeln. Es geht doch nicht um die Sensibilität von Einzelschicksalen, sondern es geht hier darum, dass die Teilprivatisierung der JVA Hünfeld falsch war.
Falsch, weil hoheitliche Aufgaben nicht in diesem engen Schulterschluss zu erbringen sind, und auch nicht in diesem engen Schulterschluss, wie er gerade noch einmal gelobt worden ist.
Meine Damen und Herren, „privat vor Staat“ als Maxime ist immer falsch, und bei Ihnen leider immer öfter. Jetzt müssen Sie auch noch, z. B. durch mangelnde oder fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen, verschleiern, dass sich diese Teilprivatisierung noch nicht einmal gerechnet hat. Also brauche ich eine Steigerung des Wortes „falsch“. Mir fällt da „fälscher“ ein.
Ich glaube nicht, dass das die richtige Steigerung ist. Auf jeden Fall ist sie zu nah am unparlamentarischen Sprachgebrauch, und deswegen formuliere ich es anders.
Meine Damen und Herren, ein falsch gesetztes Ziel haben Sie mit falschen Methoden nicht erreicht. Kehren Sie um. Hoheitliche Aufgaben gehören in die öffentliche Hand. Ihr Privatisierungswahn schafft uns nur Probleme: in Gießen und Marburg, in Hünfeld und, an die Adresse der SPD, auch hier in Wiesbaden. – Danke.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was für ein schöner Donnerstag!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir leben in Zeiten, in denen wir erleben, dass ein Leuchtturm der Landesregierung nach dem anderen erlischt. Dazu gehört auch die teilprivatisierte JVA Hünfeld. Ich erinnere mich noch daran, was Herr Dr. Wagner damals als Justizminister angekündigt hat: Es wäre 660.000 € preiswerter. – Es ist jetzt schon ein paar Tage her, als wir von der Landregierung einmal einen Kostenvergleich bekommen haben. Da waren es gerade noch 180.000 €, die das preiswerter war. Das Ganze wurde dadurch erkauft, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der privaten Firma rund 1 Million € weniger verdienen, als sie im öffentlichen Dienst verdienen würden. Das ist wahrlich kein Erfolgsmodell.
Deswegen sollten Sie sich in dieser Frage auch einmal an Baden-Württemberg orientieren. Der dortige Justizminister hat entschieden, dass der dortige Vertrag für die teilprivatisierte Anstalt Offenburg nach Auslaufen nicht verlängert wird. Auch Bayern hat sich inzwischen nach einigen Überlegungen gegen die Teilprivatisierung entschieden. In Sachsen-Anhalt stellt man gerade fest, welche Schwierigkeiten man sich einhandelt, wenn man langfristige Verträge eingeht. In diesem Fall geht es um die Errichtung einer Justizvollzugsanstalt in Public-PrivatePartnerschaft. All das ist kein Erfolgsrezept und sollte deswegen aus unserer Sicht aufgegeben werden.
Herr Präsident, erlauben Sie vielleicht, dass ich den Rest meiner Redezeit auf ein paar Sätze in eigener Angelegenheit verwende.