Danke, Frau Erfurth. – Bevor ich Herrn Caspar für die CDU-Fraktion das Wort erteile, freue ich mich, auf der Tribüne den früheren Staatssekretär im Sozialministerium, Herrn Seif, begrüßen zu dürfen. Herzlich willkommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben uns den Auftrag gegeben, dafür zu sorgen, dass die Haushalte in Ordnung kommen, dass der Landeshaushalt in Ordnung kommt. Das heißt vor allem, dass zwischen Ausgaben und Einnahmen eine Übereinstimmung hergestellt wird und es in wenigen Jahren nicht mehr so ist, dass wir mehr ausgeben, als wir einnehmen. Insoweit ist es völlig richtig, dass wir darüber nachdenken: Wie können wir das regeln?
Hier liegt bei uns in der Politik eine ganze Menge Arbeit, in diesem Sinne zu wirken und zu arbeiten. Aber so einfach können wir es uns nicht machen, dass wir diesen Ball, den die Bürger uns gegeben haben, zurückspielen, nach dem Motto: „Dann zahlt ihr mehr Steuern, und dann haben wir unser Problem gelöst.“ Ich glaube, so einfach kann man es sich nicht machen.
Die Grunderwerbsteuer ist eine kleine Steuer. Selbst wenn man sie verdoppeln würde, würde sie unser Verschuldungsproblem nicht lösen. Das ist nur ein kleines Stellrad. Aber wenn man sie erhöhen würde, müsste man sehen, was man damit bewirkt.
Es ist nicht so, dass die Grunderwerbsteuer immer 3,5 % betrug. Wer die Geschichte der Bundesrepublik und die Steuergesetzgebung kennt, der weiß, dass die Grunderwerbsteuer früher sogar 7 % betrug. Allerdings gab es wesentliche Ausnahmen. Zum Beispiel das selbst genutzte Wohneigentum, der soziale Wohnungsbau und bestimmte Fördermaßnahmen wurden zeitweise davon ausgenommen.
Man hat dann im Rahmen einer Grunderwerbsteuerreform gesagt: Wir haben ein unglaublich kompliziertes Grunderwerbsteuergesetz mit sehr vielen Ausnahmeregelungen. Wir können nur dann zu einer vernünftigen Lösung kommen, wenn wir die ganzen Ausnahmen abschaffen und im Gegenzug dazu den Steuersatz von – damals – 7 % auf 2 % absenken. – Dieses Gesetz hat die Dinge vereinfacht. Es hat auch dafür gesorgt, dass man sich nicht mit allen möglichen Umgehungen der Steuerpflicht entzieht. Denn die 2 % waren so gering, dass sich Umgehungsmodelle nicht gelohnt haben.
Nun hat man zwischenzeitlich, wie wir alle wissen, auch als Kompensation zur weggefallenen Vermögensteuer, die
Grunderwerbsteuer von 2 auf 3,5 % erhöht. Das ist der Satz, der zunächst bundesweit galt, bis die Länder selbst die Kompetenz erhalten haben, über ihren Steuersatz zu befinden.
Sie haben die Beispiele genannt, wo wir nach wie vor 3,5 % haben. Das sind Sachsen und Bayern, die Bundesländer, die auch sonst wirtschaftlich gut aufgestellt sind. Ich glaube, dass die Höhe des Steuersatzes der Grunderwerbsteuer sicherlich nicht dazu beitragen kann, die Haushalte in Ordnung zu bringen. Denn interessanterweise beträgt gerade in den Ländern, wo die Haushalte in Ordnung sind, der Grunderwerbsteuersatz 3,5 %. Sie sehen, dass Ihre Argumentation hier überhaupt nicht zusammenpasst.
Man muss auch sehen: Welche Folgewirkungen haben Steuererhöhungen? Wen trifft man damit? – Man trifft damit diejenigen, die sich eigengenutztes Eigentum, eine eigengenutzte Wohnung verschaffen wollen. Das sind Menschen, die sich in ihrem Beruf engagieren, die nicht alles konsumieren, was sie einnehmen, sondern die einen Teil von dem, was sie verdienen, zurücklegen und die sagen: Ich will selbst etwas für mein Alter tun. Ich will unabhängig werden. Ich will mir ein eigengenutztes Einfamilienhaus, ein eigengenutztes Reihenhaus, eine eigengenutzte Wohnung kaufen. – Wir finden es sehr beachtenswert, dass es viele Menschen gibt, die so denken; denn durch dieses Denken tragen sie dazu bei, dass die öffentlichen Haushalte auf dem Gebiet der Alterssicherung und der sozialen Abgaben entlastet werden. Insoweit glaube ich, dass es für uns alle eine wichtige Maßnahme ist, dass diese Menschen sparen und bereit sind, in eine eigengenutzte Wohnimmobilie zu investieren.
Wir geben als Land Hessen sogar Fördermittel dafür aus, damit Menschen dies tun. Es wäre doch völlig absurd, wenn wir auf der einen Seite sagen: „Wir wünschen und fördern die Eigentumsbildung“, und sie auf der anderen Seite mit einer Steuererhöhung überziehen, die genau die gegenteilige Wirkung hat.
Es kommt noch hinzu – das hat der Kollege von der FDP hier schon völlig richtig ausgeführt –, dass wir mit einer solchen Maßnahme auch preistreibend auf die Mieten wirken würden. Denn die Höhe einer Miete ergibt sich aus der Kalkulation der Herstellkosten eines Gebäudes. Wenn ich die Grunderwerbsteuer erhöhe, erhöhe ich die Herstellkosten und damit auch die Mieten. Wer die Grunderwerbsteuer erhöhen will, der soll auch so ehrlich sein und sagen: „Damit erhöhe ich auch die Mieten für die Mieterinnen und Mieter.“ Das verschweigen Sie.
Deswegen ist es aus unserer Sicht ganz klar nicht erforderlich, die Steuer zu erhöhen. Im Gegenteil – das ist das dritte Argument –, durch eine solche Erhöhung der Grunderwerbsteuer würde man die Bautätigkeit bremsen.
Jede Steuererhöhung macht die Bautätigkeit unattraktiver. Wenn Sie weniger Angebot an Mietwohnraum haben, dann ist das wiederum ein preistreibender Faktor bei den Mieten.
Ich sage noch einmal: Wer Ihrem Gesetzentwurf zustimmt, der bewirkt eine Erhöhung der Mieten für die Mieterinnen und Mieter in unserem Land. Deswegen machen wir das nicht mit und werden Ihren Gesetzentwurf ablehnen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei aller Kontroverse bei der Beurteilung des Grundanliegens des Antrags der Fraktion DIE LINKE, nämlich den Steuersatz der Grunderwerbsteuer zu erhöhen, hat der Antrag doch ein Gutes, ich glaube sogar, ein Novum. Erstmals sehe ich einen Antrag der LINKEN, der einen Beitrag leisten will, die Verschuldung des Landes zu verringern. Jedenfalls schriftlich niedergelegt habe ich das von den LINKEN bisher nicht gelesen.
(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Steuerfahnder! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Es gibt viele Haushaltsanträge von uns, Herr Minister!)
Es ist aber nur ein erster Schritt; denn an anderer Stelle, wenige Zeilen vorher, schreiben Sie, dass Sie damit Ausgaben decken wollen. Aber ein gewisser, tendenzieller Schritt in die richtige Richtung ist beobachtbar.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich spiegeln sich in den Fragen der Steuerpolitik immer wieder unterschiedlichste Sichtweisen in einem Parlament. Wir haben über die Frage der Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von Steuererhöhungen auf der nationalen Ebene in dieser Runde schon häufiger miteinander die Debatten geführt, die ich an der Stelle gar nicht verlängern will.
Der Übergang der Kompetenz für die Grunderwerbsteuer vom Bund auf die Länder setzt die Länder in die unmittelbare Verantwortung, über diese Frage immer wieder neu zu entscheiden. Wir sehen im Vergleich der Bundesländer, auch in jüngster Vergangenheit, dass die Bundesländer unterschiedliche Entscheidungen getroffen haben. Die einen haben entschieden, auch unter Zurückstellung anderer Prioritäten, ihre Haushaltskonsolidierung ausschließlich auf der Ausgabenseite vorzunehmen. Andere haben sich für eine Kombination entschieden und dies anders gemacht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wird unser Bestreben sein, weiterhin den Versuch zu unternehmen, ohne eine Anhebung der Grunderwerbsteuer unsere Haushaltskonsolidierung, unseren Abbaupfad hin zur Nettoneuverschuldung null zu realisieren. Das wird unser
politisches Ziel bleiben, und wir werden versuchen, diesen Weg weiterzugehen. Das ist keine Garantie bis hin zum Jahr 2020. Jede Mehrheit, jede Regierung muss in jeder Phase, zu jedem Haushalt neu für sich diskutieren und entscheiden, wie die Sätze sind. Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir alle Hoffnung, dass es gelingt, die Haushalte der nächsten Jahre, über die wir in Kürze zu befinden haben, auch vor dem Hintergrund der zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben zu einem solchen Ergebnis zusammenzubringen, dass der Konsolidierungspfad weiterhin den Verlauf nehmen wird, den wir uns gemeinschaftlich vorgenommen haben.
Unter diesem Gesichtspunkt sollten wir diesen Gesetzentwurf in den Ausschüssen weiter unaufgeregt diskutieren. – Herzlichen Dank fürs Zuhören.
Danke, Herr Dr. Schäfer. – Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der ersten Lesung des Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE für ein Hessisches Gesetz über die Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
Zur Vorbereitung der zweiten Lesung soll der Gesetzentwurf an den Haushaltsausschuss überwiesen werden. – So beschlossen.
a) Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP für ein Gesetz zur Regelung der Personalvertretung bei der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland – Drucks. 18/5544 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist ungewöhnlich, dass CDU, SPD und FDP einen Gesetzentwurf einbringen, der aber in der Sache unstrittig ist. Es geht darum, die Amtszeit der Personalräte bis zum 31.12.2012 zu verlängern, weil ab 01.01.2013 die Landwirtschaftliche Sozialversicherung durch Neuorganisation generell anders strukturiert wird. Von Personalräten wurde der Wunsch an die Fraktionen herangetragen, die Amtszeit zu verlängern, damit nicht zweimal Personalräte gewählt werden müssen. Das spart Zeit und Geld und ist deswegen ein vernünftiges Anliegen.
An der Stelle bedanken wir uns auch beim Innenministerium, das bei dem Gesetzentwurf beratend mitgeholfen hat. Deswegen kann das gesamte Haus zustimmen, und darum werben wir.
Ich beantrage gleichzeitig gemäß § 14 Abs. 3 der Geschäftsordnung, dass wir ohne Ausschussberatung in die zweite Lesung eintreten. – Vielen Dank.