Protokoll der Sitzung vom 30.05.2012

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, heute zu sagen, all das, was ich Ihnen eben geschildert habe, auch das Verbot, habe nur stattgefunden, weil der Innenminister oder das Innenministerium „zu einer Verschärfung der Lageeinschätzung beigetragen“ habe, wie es im Antrag der Sozialdemokraten so entlarvend heißt, das ist jenseits jeglicher Kenntnis der Abläufe in einem Rechtsstaat, jenseits jeglicher Kenntnis der Abläufe, wie Veranstaltungen genehmigt bzw. verboten werden. Ich finde, derjenige, der so etwas behauptet, sollte sich noch einmal Gedanken darüber machen, welche Meinung er von der Urteilsfähigkeit der höchsten deutschen Richter hat. Diese Gedanken sollten Sie sich schon einmal machen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Gefährdungslagebewertung der Polizei, dass es in Frankfurt am Main zu Blockaden und anderen gewalttätigen Aktionen kommen sollte, war eine richtige Gefährdungslagebewertung, und sie war auch keine übertriebene Gefährdungslagebewertung. Schauen Sie doch einmal auf die Fakten, denn ein Blick auf die Fakten macht sehr schnell deutlich, dass wir es mitnichten mit friedlichen Tagen im Mai oder, wie Sie es so schön gesagt haben, mit einem fröhlichen, sommerlichen, einem „bunten, friedfertigen“ Spaziergang zu tun gehabt haben. So war es eben nicht.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Richtig! – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das sieht die Bevölkerung anders!)

Schauen wir uns doch einmal an, was in Frankfurt am Main in den Tagen vom 16. bis 18.05., trotz eines entsprechenden Verbots, alles stattgefunden hat: Das Occupy

Camp ist nach bundesverfassungsgerichtlicher Bestätigung geräumt worden.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das wurde aber auch Zeit!)

Aber erst nach dreimaliger Aufforderung ist es möglich gewesen, dort entsprechend zu räumen, auch nicht ohne dass Polizeibeamtinnen und -beamte attackiert worden sind. Wer dann mokant belächelt, dass Polizeibeamte mit Farbe beworfen werden, der soll das demnächst einmal in den GdP-Versammlungen oder bei ver.di erzählen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, am selben Tag, an diesem Mittwoch, fand eine verbotene Versammlung an der Hauptwache statt. Das Gleiche war am Donnerstag der Fall. Auch am Bahnhofsvorplatz, an der Bockenheimer Warte und am Paulsplatz fanden verbotene Versammlungen statt, dann auch auf dem Römerberg, der – ich betone – nach fünfmaliger Aufforderung geräumt worden ist,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Warum denn?)

und zwar deswegen, weil auf dem Römerberg Menschen waren, die aus dem Asphalt die Pflastersteine herausgelöst haben. – Warum haben sie denn die Pflastersteine aus dem Asphalt herausgelöst? Wahrscheinlich nicht, um friedlich zu demonstrieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): So ein Blödsinn!)

Exakt so ging es am Freitag weiter

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das stimmt nicht, was Sie sagen! Es ist die Unwahrheit!)

Frau Wissler, getroffene Hunde bellen –, als trotz eines eindeutigen Verbots versucht wurde, beispielsweise an der Friedensbrücke Blockaden aufzubauen. Es wurden beispielsweise im Kettenhofweg Barrikaden errichtet, und es haben über den gesamten Nachmittag Sitzblockaden stattgefunden. Was sind denn Barrikaden und Sitzblockaden? Ist das Rechtsstaat, oder was ist das? – Nach meiner Empfindung ist das nicht rechtsstaatlich.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wissen Sie, was? Ich will gar nicht erst über versuchte Brandstiftungen an Funkstreifenwagen und Sachbeschädigungen an anderen Örtlichkeiten in Frankfurt am Main in diesen Nächten reden.

(Zuruf von der CDU: Schade!)

Was ich aber im Hessischen Landtag ganz klipp und klar zum Ausdruck bringen will, ist, dass ich den Verlauf der Demonstration am 19.05. und das friedliche Verhalten des übergroßen Teils der Teilnehmer an dieser Demonstration ausdrücklich begrüße. Da gibt es überhaupt nichts zu diskutieren.

Aber Herr Dr. Wagner hat zu Recht darauf hingewiesen: Man darf bei alledem nicht vergessen, dass in dem Demonstrationszug in zwei schwarzen Blöcken ca. 1.000 – meine sehr geehrten Damen und Herren, 1.000 – gewaltbereite Personen des linksautonomen Spektrums gewesen sind, dass um diese Blöcke herum – auch darauf hat Herr Dr. Wagner hingewiesen – nochmals mehrere Tausend gewesen sind, die im Falle einer Eskalation zu Gewalttaten bereit gewesen wären.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Woher wissen Sie das denn? – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Pflastersteine!)

Das sage ich Ihnen. Verehrte Frau Wissler, kurz nachdem sich der Aufzug in Bewegung gesetzt hat, ist es zu massiven Auflagenverstößen im schwarzen Block gekommen. Drei Viertel von denen waren vermummt. Warum vermummt man sich? Kann man bei einer Demonstration nicht sein Gesicht zeigen? Was ist das denn, wenn man sich vermummt?

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Warum gibt es keinen Beifall von Rot-Grün? – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Dass Vermummte aus dem schwarzen Block heraus, aus dem Schutz der Menge heraus, Polizeikräfte mit Fußtritten und Steinwürfen traktiert haben, dass bengalische Feuer gezündet worden sind, dass Rauchbomben gezündet worden sind, dass Leuchtmunition verschossen worden ist, auch das darf man bei einer solchen Diskussion nicht vergessen. Meine Damen und Herren, da finde ich es schon einigermaßen empörend, dass Sie, Herr Schaus, über den Polizeibeamten sagen: „Der ist doch schon wieder zu Hause. Er ist doch schon wieder gesund.“ Was wollen Sie damit insinuieren?

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Glücklicherweise! Ich freue mich darüber! – Lebhafte Zurufe von der CDU)

Es sei vielleicht nicht so schlimm gewesen? Oder was wollen Sie damit insinuieren?

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) – Weitere Zurufe von der CDU – Glockenzeichen des Präsidenten)

Vielleicht sollte man bei alldem nicht vergessen: Die Polizei hat in einem großen Umfang angelegte versteckte Depots gefunden. Sie hat bei den Kontrollen, die sie gemacht hat, zahlreiche Masken mit Augenlöchern gefunden, usw. Da sage ich Ihnen sehr deutlich: Wer friedlich demons trieren will, der braucht keine Steine, und der braucht auch keine Masken.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Kein Beifall bei Rot-Grün!)

Ich habe großen Respekt vor all denjenigen – ich glaube, ich habe das eben zum Ausdruck gebracht –, die friedlich für eine Sache demonstrieren. Ich habe großen Respekt vor all denjenigen, die dorthin gehen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Richtig!)

Das ist auch nicht meine politische Meinung. Herr Mick, wahrscheinlich haben wir die gleiche Schnittmenge mit der Blockupy-Bewegung. Das ist nicht meine politische Meinung. Aber man kann sie äußern. Man muss sie in einem Rechtsstaat äußern dürfen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, all diejenigen sind es im Übrigen, für die die Polizei mit großer Besonnenheit, mit übergroßem Langmut und mit einer wirklich nicht enden wollenden Deeskalationsstrategie für einen erfolgreichen Samstag gesorgt hat. Es war die Polizei, die für einen erfolgreichen Samstag gesorgt hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP sowie bei Abge- ordneten der SPD)

Die Polizei hat kein einziges Bürgerrecht gegen das Recht ausgesetzt. Das ganz große Gegenteil ist der Fall. Die Polizei hat die Bürgerrechte nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts geschützt. Sie hat all denjenigen, die daran interessiert gewesen sind, eine gewaltfreie Demons tration zu machen, die daran interessiert gewesen sind, eine friedliche Demonstration zu machen, dies auch im Sinne ihrer Sache ermöglicht. Die Polizei ist es gewesen, die es ermöglicht hat.

(Beifall des Abg. Michael Siebel (SPD) – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Genau so ist es! – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Aber man darf bei alldem Ursache und Wirkung nicht verwechseln, was in der Diskussion oft geschehen ist. Es ist schon die massive polizeiliche Präsenz gewesen, die dafür gesorgt hat, dass der 31. März in Frankfurt am Main nicht ein zweites Mal passiert ist. Wir haben in der letzten Plenardebatte sehr deutlich diskutiert, dass dies nicht noch einmal passieren darf. Dafür hat die polizeiliche Präsenz gesorgt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Heute wissen wir auch aus der Kommunikation all derer, die da gewesen sind – das kann man alles nachlesen, mit nachrichtendienstlichen Mitteln nachprüfen –, dass diejenigen, die ihre Planungen, Frankfurt zu fluten, in der Tasche hatten, sie in der Tasche gelassen haben, weil sie schnell erkannt haben, dass in diesen Tagen in Frankfurt am Main nichts zu holen war, wenn man Gewalt ausüben wollte.

(Zuruf von der CDU: So ist es! – Zuruf der Abg. Ja- nine Wissler (DIE LINKE))

Sie haben erkannt, dass im Zusammenhang mit den Aktionen der Blockupy-Leute nichts zu holen war, auch nichts mit Kleingruppen irgendwo in der Stadt. Wir Frankfurter wissen, wie das ist, wenn nachts Kleingruppen marodieren und Dinge beschädigen. Sie haben vor allem erkannt, dass am Demonstrationssamstag nichts zu holen war gegen das Recht, dass in Frankfurt nichts zu veranstalten war.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Das oberste polizeiliche Ziel ist gewesen, das Demonstrationsgrundrecht und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die damit zusammenhängt, durchzusetzen. Genau das ist nach meiner festen Überzeugung gelungen. Die Stadt ist nicht lahmgelegt worden. Sie ist schon gar nicht durch die Polizei lahmgelegt worden. Ich war an allen Tagen vom 16. bis zum 19.05. in Frankfurt am Main unterwegs.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ich auch! Sind Sie auch U-Bahn gefahren?)

Ich war in der Befehlsstelle im Polizeipräsidium. Ich war in der Messe, bei den Verpflegungsstellen. Ich bin auch UBahn gefahren. Ich bin überall in Frankfurt gewesen. Frankfurt ist keine lahmgelegte Stadt gewesen. Die Polizei hat geplante rechtswidrige Aktionen verhindert. Sie hat Gewalttätigkeiten verhindert. Sie hat dafür gesorgt, dass an Ersatzobjekten nichts in großem Umfang passiert ist.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Die polizeiliche Strategie ist am Ende aufgegangen, nämlich von Anfang an Präsenz zu zeigen – das ist ein ganz wichtiger Punkt –,

(Beifall bei der CDU und der FDP)

in unproblematischen Situationen mit Langmut und mit Besonnenheit zu agieren und in problematischen Situationen entschlossen und konsequent einzuschreiten. Es ist die Aufgabe der Polizei eines Rechtsstaats, in problematischen Situationen entschlossen und konsequent einzuschreiten. Das ist voll aufgegangen. Die Polizei hat damit in Frankfurt am Main Schlimmeres verhindert.