Meine Damen und Herren, es ist gut, dass das Thema Europa auch durch die Ansiedlung beim stellvertretenden Ministerpräsidenten zusätzlich an Bedeutung gewonnen hat.
Damit komme ich nach den beiden modernen und eher jungen Politikfeldern zu der Justizpolitik, die auf eine Tradition zurückblicken kann. Dennoch sind auch hier – das hat die SPD anerkannt – neue Ansätze erkennbar. Das Justizministerium, aber auch die Gerichte und Staatsanwaltschaften sowie die Justizvollzugsanstalten in Hessen leisten eine hervorragende Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger in Hessen. Dafür an dieser Stelle ein herzlicher Dank.
Sie sind in weiten Teilen besser aufgestellt als in benachbarten Bundesländern. Sie arbeiten mit hoher Motivation. Wir Liberale sind froh, dass der Haushalt 2009 die Grundlage dafür legt, dass dies auch in Zukunft unter Wahrung der Unabhängigkeit der dritten Gewalt so bleiben wird.
Meine Damen und Herren, mit dem Haushaltsplan 2009 wird auf einzelne Problembereiche reagiert, die sich aufgezeigt haben. So werden zusätzliche Richterstellen im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit geschaffen, wo es aufgrund der hohen Fallzahlen zu einer erheblichen Belastung gekommen ist.
Es wird eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft Wirtschaft eingerichtet – auch von Ihnen begrüßt und schon länger gefordert –, in der die Kompetenzen gebündelt werden. Damit wird ein weiterer Beitrag zur Sicherung des Wirt
schaftsstandortes Hessen und Rhein-Main geleistet. Die Verluste – Frau Hofmann, das hatten Sie gesagt –, die dort jedes Jahr entstehen, sind immens. Deswegen ist es wichtig, dass wir dort tätig werden. Weiter wird eine zentrale Stelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität eingerichtet.Die Mittel für den Opferfonds werden aufgestockt – Herr Honka hat das angedeutet –, sodass künftig ein größerer Kreis von Betroffenen entschädigt werden kann.
Schließlich liegt ein ganz besonderer Schwerpunkt auf der Jugendkriminalität. Sowohl die Taskforce Staatsanwälte wird um sechs Stellen, als auch die Taskforce Richter wird um vier Stellen aufgestockt. Es werden zur Beschleunigung der Jugendstrafverfahren neue Stellen bei den Staatsanwaltschaften in Darmstadt, Frankfurt und – wo sonst, Entschuldigung – in Offenbach eingerichtet. Damit wird erreicht, dass die jungen Straftäter schneller abgeurteilt werden können, sodass sich die erzieherische Wirkung der verhängten Maßnahmen auch entfalten kann. Im Frühjahr 2010 wird in Frankfurt das erste Haus des Jugendrechts eröffnet.
Meine Damen und Herren, zur sozialpädagogischen Betreuung werden 26 weitere Stellen im Rahmen der Umsetzung des Jugendstrafvollzugsgesetzes eingerichtet. Natürlich wird mit all diesen Maßnahmen im Bereich des Jugendrechts und der Jugendkriminalität nicht erreicht,dass Jugendliche keine Straftaten mehr begehen. Aber ich denke, dass hier der richtige Weg eingeschlagen wird, um alles zu tun, die Zahl der Straftaten und die Zahl der kriminellen Karrieren von Beginn an möglichst klein zu halten.
Es steht außer Frage, dass das alles viel Geld kostet.Aber der Rechtsstaat und die Unabhängigkeit der Justiz müssen uns dies wert sein.
Auch die Europapolitik wird, wie ausgeführt, immer mehr Einfluss auf die hessische Politik gewinnen. Es besteht Einigkeit darüber, dass die Integrationspolitik nicht zuletzt auch aufgrund des demografischen Wandels eine ganz erhebliche Bedeutung für uns alle hat und noch in Zukunft haben wird.
Die FDP sieht Hessen mit dem neuen Justiz-, Europaund Integrationsminister Hahn bei allem auf einem sehr guten Weg. – Vielen Dank.
Schönen Dank, Herr Kollege Müller. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Herr Dr. Jürgens das Wort. Hier sind fünf Minuten vorgesehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Müller, in einem Punkt gebe ich Ihnen recht. Es gibt eine ganze Reihe von Änderungen im Einzelplan 05 gegenüber den Vorjahren – nicht nur Integration und Europa, sondern auch im Bereich der klassischen Justiz.Allerdings stelle ich fest, dass die meisten Veränderungen doch in erstaunlichem Umfang aus der Übernahme von Projekten aus der rot-grünen Koalitionsvereinbarung bestehen.
Sie wissen, wir haben in der letzten Wahlperiode eine Vereinbarung mit der SPD abgeschlossen. Ich freue mich übrigens, dass Sie die in vielen Punkten umsetzen wollen. Schauen wir uns die einmal an.
Sie wollen Häuser des Jugendrechts einrichten.Das ist aus unserer Koalitionsvereinbarung direkt abgeschrieben. Sie wollen die ehrenamtliche Bewährungshilfe stärken. Sie wollen mehr Jugendstaatsanwälte und Jugendrichter einstellen – endlich, kann man sagen. Über den Umfang könnte man streiten, aber immerhin. Sie wollen das Übergangsmanagement in den Justizvollzugsanstalten ausbauen – alles übernommen aus der rot-grünen Vereinbarung. Sie wollen eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Wirtschaftskriminalität einrichten.
Sie haben schon selbst gesagt, dass das unsere Idee war. – Sie wollen den Schutz der Opfer von Straftaten ausbauen. Sie wollen die Sozialgerichtsbarkeit durch Umschichtung der Stellen aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit entlasten – auch das alles Kopien unserer rot-grünen Vereinbarung.
Meine Damen und Herren, Sie können froh sein, dass es auf politische Ideen kein Copyright gibt. Sonst müssten Sie in erheblichem Umfang Verwertungsgebühren an uns zahlen.
Ich war immer der Auffassung, dass es eine gute rot-grüne Vereinbarung ist. Ich bin nur erstaunt, in welchem Maße Sie sich tatsächlich da bedienen und dass vor allem die Anzahl der eigenen Ideen deutlich hinter dem zurückbleibt, was Sie bei anderen abgeschrieben haben.
Aber selbstverständlich gibt es auch erhebliche Unterschiede. Es wäre erstaunlich, wenn es nicht so wäre. Einen Punkt möchte ich hier herausgreifen, der aus unserer Sicht besonders dramatisch ist.
In der „Operation düstere Zukunft“ wurden sämtliche Hilfen für straffällig gewordene Jugendliche gestrichen. In der Diskussion im Wahlkampf 2008 über die Straffälligkeit von Jugendlichen ist deutlich geworden, wie notwendig es wäre, die Präventionsmaßnahmen wieder einzurichten. Sie tun weiterhin nichts. Es gibt nach wie vor keinen Cent mehr für diesen Bereich.
Der zentrale Fehler dabei ist: Sie setzen weiterhin auf Repression statt auf Prävention. Das war falsch, das ist falsch, und das bleibt falsch.
Uns geht es – bildlich gesprochen – darum, straffällig gewordene Jugendliche möglichst früh von der schiefen Bahn herunterzuholen; Ihnen geht es darum, dass Sie zuschauen, wie sie auf der schiefen Bahn immer weiter herunterrutschen, um sie dann am Ende mit der ganzen Härte des Strafvollzugs einzusammeln. Das ist nicht richtig.Auf straffällige Jugendliche müssen wir besser einwirken als nur und ausschließlich mit dem Jugendstrafvollzug.
Deswegen wollen wir ein neues Programm einführen, das wir „Gewalt ist keine Lösung“ nennen. Dort soll es AntiGewalt-Training, soziale Trainingskurse und pädagogisch begleitete Arbeitsleistung geben.
Das Geld dafür ist im Justizhaushalt auch tatsächlich vorhanden. Denn nach dem Urteil aller Fachleute ist es überflüssig, weitere Arrestplätze einzurichten, nachdem die Arrestanstalt in Friedberg in Betrieb gegangen ist. Nach Presseberichten hat Herr Hahn selbst erklärt, man habe jetzt eigentlich ausreichend Plätze. Deswegen können wir die 500.000 c, die dort für weitere solche Plätze vorgesehen sind, für das neue Programm „Gewalt ist keine Lösung“ gebrauchen.Wir wollen nicht nur in Beton, sondern vor allem in die Menschen investieren.
Lassen Sie mich zu den neuen Bereichen Integration und Europa kommen.Die FDP gibt immer vor, für einen schlanken Staat und für den Abbau von Bürokratie zu werben. Kaum aber ist sie an der Macht, sehen wir, dass sie den Staat selbst aufbläht. Für die Bereiche Integration und Europa schaffen Sie jeweils 13 neue Stellen.
Das wäre ja vertretbar und verstehbar, wenn es Ihnen darum ginge, dort wirklich etwas Neues voranzubringen. Aber wenn man sich einmal den Bereich Integration anschaut – wir haben es ja in der kursorischen Lesung erfahren –, dann sieht man, Sie übernehmen nur 1 : 1, was vorher in der Staatskanzlei oder anderen Ministerien ressortierte. Nicht ein einziger Cent wird für Neues ausgegeben, nicht ein einziges neues Projekt wird etatisiert.
Die Botschaft lautet: Wir tun nichts – oder jedenfalls nichts Neues –, brauchen dafür aber dreimal so viele Stellen. – Das ist überflüssige Bürokratie.
Auch hier wollen wir einen Teil der Kosten, die für diese Stellen entstehen sollen, dafür verwenden, wirkliche Integrationsmaßnahmen voranzubringen und zu etatisieren. Dafür braucht man dann in der Tat einen Teil dieser Leute.
Im Bereich Europa: 13 neue Stellen. Mit Verlaub, wenn jetzt gesagt wird, wir brauchen die neuen Stellen, um in Europa mehr Kohle – für wen auch immer – zu besorgen, dann bedeutet das im Grunde genommen doch, die dort tätigen 43 Mitarbeiter, die bisher dafür zuständig waren, müssen in Ihren Augen entweder faul oder unfähig gewesen sein. In unseren Augen sind sie das nicht. Sie haben bisher diese Aufgaben wahrgenommen, und sie sind nicht
Sie verlangen von Europa einen Abbau der Bürokratie, blähen aber in Ihrem eigenen Ministerium die Europabürokratie auf.Sie können doch den Bürokratieabbau in Europa gar nicht glaubwürdig vertreten, wenn Sie selbst die Bürokratie aufblähen. Das ist eine Schieflage, die wir nicht für richtig halten.