(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh! – Hans- Jürgen Irmer (CDU): Sagen Sie doch einmal etwas zum Haushalt!)
Mein lieber Herr Hahn, mein Kollege Rudolph hat ihnen neulich Ihre eigenen Worte vorgehalten, als er Ihre Einlassung zu Frau Schwan als ungezogen bezeichnete.
Wie oft haben Sie anderen diese Schelle umgehängt und läuten doch selbst am lautesten. Sie haben Ihre Rolle leider offenkundig noch nicht gefunden – weder als Fachminister noch als stellvertretender Ministerpräsident. Ihre Äußerungen sind häufig grenzwertig, manchmal jenseits der Grenze.
Ich möchte allerdings nicht versäumen, Ihre konstruktive Haltung zu unserem Vorschlag zu würdigen, eine Enquetekommission zum Thema Integration einzurichten. Sie haben in dieser Frage dazugelernt. Das ist ganz definitiv ein Fortschritt.
Sie erlebt jetzt am eigenen Leib die Folgen der CDU-Parteibuchwirtschaft, die in den vergangenen fünf Jahren ungehindert praktiziert wurde.
Ich stelle das ohne Häme fest.Die neue Ministerin hat uneingeschränkt Anspruch auf die Loyalität ihres Hauses. Aber ich fordere Sie auch auf: Finden Sie die Kraft, sich von den Fehlern Ihrer Vorgängerin Karin Wolff zu befreien. – Das Ergebnis der Schulinspektoren war doch ein verheerendes Zeugnis für die Schulpolitik der vergangenen Jahre.
Dieser Hauch von frischem Wind, der bei Herrn Banzer ganz zart zu spüren war, ist bei Ihnen schon wieder einer Flaute gewichen. Sie haben bald 100 Tage hinter sich, und schon in weiteren 100 Tagen beginnt das neue Schuljahr. Angepackt haben Sie noch erkennbar wenig.Aber Sie haben die Möglichkeit,in den nächsten zwei Tagen noch heftig nachzulegen.
Ihr Krisenmanagement zu dem fehlerhaften Mathe-Abitur war einfach unterirdisch. Sie müssen jetzt endlich in die Gänge kommen.
Herr Wirtschaftsminister, Sie treten wenigstens bescheidener als Ihr Vorgänger auf, der das Boulevardblatt-Zeitungsgeplapper vom Super-Rhiel auch selbst geglaubt hat. Herr Posch, ich sage Ihnen auch: Es geht nicht nur um ordnungspolitische Grundsatzdebatten, sondern es geht um praktische und reale Wirtschaftspolitik hier in Hessen.
Damit komme ich zur dritten Feststellung dieser Generaldebatte. Dieses Kabinett ist weitgehend farblos. Die FDP ist mit ihrem Anspruch gescheitert, die Fehler der absoluten CDU-Mehrheit zu korrigieren. Inhaltlich ist kein Selbstbewusstsein spürbar. Die hessische FDP bleibt das, was sie in den letzten zwei Jahrzehnten immer war: die verlängerte Werkbank der Union.
Damit kommen wir zum aktuellen Krisenthema dieser Tage: die Rettung von Opel. Das ist eine wichtige Aufgabe, die uns alle eint.
So viel Gemeinsamkeit der Demokraten bei allem verständlichen Gerangel um die Meinungsführerschaft war selten und zeichnet unser Gemeinwesen als reifer aus, als es oft scheint.
Das begann sogar noch in der letzten Legislaturperiode. Aber machen wir uns nichts vor. Ohne den heraufziehen
den Bundestagswahlkampf sähe es anders aus, weil insbesondere die Union ihren alten ordnungspolitischen Vorstellungen nachhängt.Die Ankündigungen von Frau Merkel und Herrn Koch, dass es nach der Krise gerade so weitergehen soll wie vor der Krise, sind Ausweis mangelnder Lernfähigkeit.
Ich glaube nicht, dass der schwarze Baron zu Guttenberg in erster Linie die Interessen der Opelaner vor Augen hat. Er ist, wie weite Teile der Union und der FDP, von der ideologischen Blockade gebremst, dass öffentliche Beteiligung tabu ist.
Bis heute gibt es keine schlüssige Begründung dafür, warum es klüger sein sollte, einen Investor mit öffentlichen Mitteln abzusichern, statt sich die Option – nicht das Ziel – offenzuhalten, mit diesen öffentlichen Mitteln unmittelbaren Einfluss auf das Unternehmen zu erhalten.
Nicht jeder Investor – das weiß niemand besser als Herr Koch – ist ein guter Investor. Der Satz, der Staat sei nicht der bessere Unternehmer, ist an geistiger Schlichtheit nicht zu unterbieten.
Vor allem wurde uns vielfach vor Augen geführt, dass der Privatunternehmer weiß Gott nicht immer der bessere Unternehmer ist – und dass der Investmentbanker schon gar nicht immer zwingend ein Unternehmer, geschweige denn ein guter Unternehmer ist, und dass die Manager, die ihre Unternehmenspolitik an ihren Boni-Zahlungen ausrichten,keine guten Unternehmer und schon gar keine besseren sind.
Ja, hinter das Engagement von Fiat setzen wir weiterhin große Fragezeichen. Deren Hin und Her beim Thema Werkschließung war nicht gerade eine vertrauensbildende Maßnahme. Die offenen Fragen hinsichtlich der sehr ähnlichen Produktpaletten machen einen noch nachdenklicher.
Die Wirtschaftskrise ist in erster Linie ein Prüffall dafür, ob es uns gelingt, sie solidarisch zu überwinden, oder ob sie auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird. Diese Auseinandersetzung wird auch die beiden bevorstehenden Wahlkämpfe zur Europawahl und zur Bundestagswahl prägen.
Die Empfehlungen des CDU-Wirtschaftsrats zum Wahlprogramm kommen einem Schlag ins Gesicht der Arbeitnehmerinnen und -nehmer gleich. Es sind dieselben Forderungen, die Herr Koch in der Vergangenheit rauf- und runtergebetet hat: gegen Mindestlöhne, für den Abbau des Kündigungsschutzes, die Kopfpauschale im Gesundheitswesen und die Fortsetzung der Atompolitik.
Hier zeigt sich, was sich wirklich hinter dem Etikett CDU verbirgt: Mitten in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten geht der mächtige Wirtschaftsflügel der Union auf die Arbeitnehmerinnen und -nehmer los.
Mit der Forderung nach Abschaffung der Erbschaftsteuer und der Gewerbesteuer werden die Leistungsträger der Länder und der Kommunen geschont. Es gilt einmal mehr: Nur Reiche können sich den armen Staat leisten.
Machen wir uns nichts vor: Das, was der CDU-Wirtschaftsflügel vorschlägt, ist das wahre Wahlprogramm der Union. In der Sekunde, in der die Union ihr Wahlziel er
Herr Koch, im Wahlkampf haben Sie dazu wenig gesagt. Auch jetzt halten Sie sich öffentlich deutlich zurück.Aber ich will Sie doch an Ihren eigenen Worten messen.
Im Jahr 2007 haben Sie in einem Interview erklärt: „Die CDU muss sich stärker bemühen, allen Menschen verständlich zu machen, was sie will. Das ist richtig. Sie hat aber nicht die Absicht, ihre programmatischen Grundlagen zu ändern.“ Gemeint sind die Beschlüsse von Leipzig.
Deswegen verwundert es nicht, wenn in diesen Tagen zumindest in den Online-Medien berichtet wird, dass Sie sich zumindest intern ganz offensichtlich intensiv für die Position des Wirtschaftsflügels starkmachen. Sie müssen mir erklären, wie das alles gehen soll, was Sie da vorschlagen. Ich erwarte von Ihnen hier und heute eine klärende Stellungnahme.
Dies bringt mich zur insgesamt vierten Feststellung dieser Generaldebatte: Die Aufgabe marktradikaler Positionen bei der Union ist nur taktisch bedingt und wird bei der ersten sich bietenden Gelegenheit revidiert.